Gesellschaft | Altersarmut

Nur „cure palliative“

Die Rentergwerkschaft des AGB/CGIL schlägt Alarm: Immer mehr Menschen fehlt das Geld fürs Essen und um die Rechnungen zu bezahlen.
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Foto: Pixabay

„Es ist traurig, dass diese Menschen nur mehr mithilfe vom Land über die Runden kommen“, so Alfred Ebner, Generalsekretär der Rentnergewerkschaft AGB/CGIL. Zwar habe es bereits vor der Krise Bedürftige im Land gegeben, nun sei allerdings zunehmend die Mittelschicht betroffen. Die vom Land versprochenen finanziellen Hilfen in Form einer Einmal-Zahlung seien allerdings nur „cure palliative“, wie Ebner anmerkt.

Wer mit Gas heizt, kann ohnehin nachts nicht mehr schlafen.

Denn die Kosten für Strom, Lebensmittel und anderer Dinge seien mittlerweile explodiert. „Wer mit Gas heizt, kann ohnehin nachts nicht mehr schlafen“, betont der Generalsekretär der Rentnergewerkschaft. Denn die Angst stehe im Raum, dass das Gas nicht bis zum Frühjahr reicht, zudem verbreiten die Medien eine Hiobs-Botschaft nach der anderen: Krieg, Krise, Inflation, Stagflation und sogar die Angst vor dem Einsatz der Atombombe drücken aufs Gemüt.

 

 

„Uns suchen immer mehr Leute auf und bitten um Hilfe. Wir können ihnen nur Auskünfte erteilen, ihnen beim Ausfüllen von Formularen helfen sowie an die jeweiligen zuständigen Stellen verweisen“, erklärt Ebner und betont: „Mich beunruhigt, dass ein Drittel der Rentner in Südtirol nicht mehr als 1.000 Euro Brutto bekommt.“ Das sei nicht gerade viel. Die wirklich bedürftigen Personen würden zwar aufgefangen – das sei bereits vor der Krise schon so gewesen – allerdings gebe es eine nicht unbeträchtliche Gruppe von Rentnern, die aus den Leistungen herausfallen, weil sie knapp über dem ISEE-Indikator von 12.000 Euro liegen. „Für diese Menschen besteht ein hohes Risiko, in die Armut abzurutschen“, so der Generalsekretär, der davon berichtet, dass die Betroffenen teilweise nicht mehr in der Lage sind, sich eine Zahnarztbehandlung zu leisten.

Jeder weiß, wie sehr sich die Menschen in den Dörfern schämen, wenn sie um Hilfe bitten müssen.

Mit Stromrechnungen von 200 bis 300 Euro gerate die Haushaltskasse ziemlich schnell in Schwierigkeiten, denn bei einem niedrigen Gehalt seien auch Spareinlagen nicht möglich gewesen. Besaßen diese Personen bis dato einen einigermaßen soliden Lebensstandard, so sind sie nun plötzlich auf Hilfen angewiesen. „Jeder weiß, wie sehr sich die Menschen in den Dörfern schämen, wenn sie um Hilfe bitten müssen“, so Ebner. Gilt in unserer Gesellschaft jemand als arm,  dann verschließt sich der Freundeskreis und er zählt nichts mehr. Ein ganz besonderes Augenmerk müsse man deshalb nun auf den Mittelstand richten, denn „hier braut sich etwas zusammen“, ist Ebner überzeugt. Betroffen seien auch jene, die einer geregelten Arbeit nachgehen und ein geregeltes Einkommen beziehen – ein Nährboden für den Populismus und ein riesiges Protestpotential. 
Derzeit diskutieren Landesregierung und Landtag über die Modalitäten einer gestaffelten Einmal-Zahlung, eine zeitlich unbegrenzte und damit auch nachhaltige Hilfe wäre jedoch die Anhebung der Einkommensgrenzen und Sozialleistungen wie beispielsweise bei den Mietbeihilfen, ist Ebner überzeugt. „Dadurch könnten diese Personen auch längerfristig unterstützt werden.“

 

Werden die Renten eingefroren?

 

Mit Ende November ist die neue Regierung in Rom gefordert, die Anpassung der Renten an die Inflation zu beschließen. „Dafür werden zwischen 24 bis 30 Milliarden Euro benötigt. Unsere Sorge besteht darin, dass im Haushalt keine Gelder dafür vorgesehen werden“, betont Ebner. In der Vergangenheit habe man bereits schlechte Erfahrungen machen müssen, als aufgrund von fehlender Mittel die Erhöhung jener Renten, die über dem Lebensminimum bzw. im mittleren Bereich liegen, kurzerhand eingefroren wurden. Nachdem der Staat bereits zig Milliarden Euro an Hilfen ausgeschüttet hat, ist die Befürchtung groß, dass es dazu kommen könnte, so Ebner.

 

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Dietmar Nußbaumer Fr., 14.10.2022 - 20:55

Auf einer Doku gestern gesehen: Scharen von Leuten, zumeist Rentnern, die bei der Lebensmittelausgabe Schlange stehen (in den USA, bei über 10 % Inflation). Wie lange wird es dauern, bis auch bei uns das Selbe passiert?

Fr., 14.10.2022 - 20:55 Permalink
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Michael Bockhorni So., 06.11.2022 - 11:03

"Gilt in unserer Gesellschaft jemand als arm, dann verschließt sich der Freundeskreis und er zählt nichts mehr." das liesse sich schneller ändern und liegt nicht an Rom

So., 06.11.2022 - 11:03 Permalink