Gesellschaft | Ukraine V

"Enfant perdu"

Heinrich Heine ... denn ich war ein braver Soldat im Befreyungskriege der Menschheit

Hinweis: Dieser Artikel ist ein Beitrag der Community und spiegelt nicht notwendigerweise die Meinung der SALTO-Redaktion wider.
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Foto: (C) Peter Gasser

Schildwache

Verlorner Posten in dem Freiheitskriege, 

Hielt ich seit dreißig Jahren treulich aus. 

Ich kämpfe ohne Hoffnung, daß ich siege, 

Ich wußte, nie komm ich gesund nach Haus. 

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Ich wachte Tag und Nacht - Ich konnt nicht schlafen, 

Wie in dem Lagerzelt der Freunde Schar - 

(Auch hielt das laute Schnarchen dieser Braven 

Mich wach, wenn ich ein bißchen schlummrig war). 

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In jenen Nächten hat Langweil' ergriffen 

Mich oft, auch Furcht - (nur Narren fürchten nichts) - 

Sie zu verscheuchen, hab ich dann gepfiffen 

Die frechen Reime eines Spottgedichts. 

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Ja, wachsam stand ich, das Gewehr im Arme, 

Und nahte irgendein verdächt'ger Gauch, 

So schoß ich gut und jagt ihm eine warme, 

Brühwarme Kugel in den schnöden Bauch. 

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Mitunter freilich mocht es sich ereignen. 

Daß solch ein schlechter Gauch gleichfalls sehr gut 

Zu schießen wußte - ach, ich kann's nicht leugnen - 

Die Wunden klaffen - es verströmt mein Blut. 

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Ein Posten ist vakant! - Die Wunden klaffen - 

Der eine fällt, die andern rücken nach - 

Doch fall ich unbesiegt, und meine Waffen 

Sind nicht gebrochen - nur mein Herze brach.

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(Heinrich Heine)

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... denn ich war ein braver Soldat im Befreyungskriege der Menschheit

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Ein Posten ist vakant! - Die Wunden klaffen - 

Der eine fällt, die andern rücken nach - 

Doch fall ich unbesiegt, und meine Waffen 

Sind nicht gebrochen - nur mein Herze brach.

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Ergänzung am 1. November 2022:

Demographie: Bevölkerungspolitik - Angriffs- und Vernichtungskrieg - Assimilierung:

(Quellen: verschiedene Fachartikel, Expertenaussagen, Originalzitate; besonders: watson.ch, spiegel.de, Falter.at, Manager.magazin, legonomics.de)

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Russlands Präsident Putin wählte vor der versammelten Politelite am 21. April 2021 in der „Manezh Central Exhibiton Hall“ in Moskau drastische Worte, um die dramatische Situation seines Landes zu beschrieben. „Die demographische Entwicklung ist ein Notfall“, resümierte . Die Dinge seien nun leider einmal so. Dies gelte es zu akzeptieren, man müsse den Umstand zugeben und *etwas* dagegen unternehmen.

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wird es bald einfach niemanden geben, der es verteidigt.

Der russische Präsident Wladimir Putin hat den Finger in der jüngeren Vergangenheit schon mehrmals persönlich auf diesen wunden Punkt gelegt. Bereits im Jahr 2006 erklärte er: «Russland hat ein riesiges Territorium, das grösste der Welt. Wenn die Situation sich nicht ändert, wird es bald einfach niemanden geben, der es verteidigt.» 2007 bezeichnete Putin die Bevölkerungspolitik als «erstrangige Aufgabe der russischen Politik». Und im November 2021 sagte er: «Aus humanitärer Sicht und unter dem Gesichtspunkt der Stärkung unserer Staatlichkeit sowie aus wirtschaftlicher Sicht ist das demographische Problem eines der wichtigsten.»

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«Weniger Volk bedeutet weniger Souveränität»

In den kommenden 30 Jahren wird Russland rund ein Sechstel seiner Bevölkerung im erwerbs- und wehrfähigen Alter verlieren. Ähnlich geht es in der zweiten Hälfte dieses Jahrhunderts weiter. Zusammengenommen wird Russland rund ein Viertel seiner aktiven Bevölkerung einbüßen, wie aus Projektionen der Vereinten Nationen  hervorgeht, die vor Kriegsbeginn erstellt wurden. Allerdings besteht die eigentliche «heraufziehende Katastrophe» für die russische politische Elite nicht primär im Bevölkerungsrückgang, sondern in der – vermeintlich daraus folgenden – schwindenden Weltgeltung. «Weniger Volk bedeutet weniger Souveränität», bemerkte dazu 2007 der Vorsitzende des russischen Rechnungshofes, Sergej Stepaschin.

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deren Tal etwa alle 25 Jahre wiederkehrt

Um 1900 hatte Russland (das eigentliche Russland innerhalb des Zarenreichs) mit rund 87 Millionen Einwohnern die drittgrösste Bevölkerung der Welt. In der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts brachen dann aber gleich mehrere demographische Katastrophen über Russland herein: Schon im Ersten Weltkrieg fielen mehr als 1,8 Millionen Soldaten, was zu einem Männermangel und dadurch zu weniger Ehen führte, aus denen Kinder hervorgingen. Der Krieg ging nahezu nahtlos in den Bürgerkrieg zwischen Bolschewiki und den Anhängern des Zaren über, der wiederum Millionen von Todesopfern forderte. Möglicherweise verlor Russland zwischen 1914 und 1921 etwa 30 Millionen Menschen – mehr als im Zweiten Weltkrieg. Auf den Bürgerkrieg folgten die Stalinschen Säuberungen, die im «Grossen Terror» von 1936 bis 1938 ihren Höhepunkt fanden. Diesen Säuberungswellen fielen mindestens 3 Millionen Menschen zum Opfer; manche Historiker nennen aber weit höhere Zahlen – die Schätzungen gehen bis zu 22 Millionen. Diese sehr hohen Angaben dürften aber vermutlich Opfer des Zweiten Weltkriegs enthalten. Dieser forderte einen enormen Blutzoll; die Verluste der Sowjetunion betrugen schätzungsweise 13 Millionen Soldaten und 14 Millionen Zivilisten. 1943, mitten im Krieg, wurden nur rund 1 Million Kinder geboren (zum Vergleich: 1939 waren es 4,3 Millionen). Dieser historische Tiefstand löste eine demographische «Welle» aus, deren Tal etwa alle 25 Jahre wiederkehrt – so beispielsweise um 1968 herum oder 1993, die beide geburtenschwache Jahrgänge waren.

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Höhere Sterberate als Geburtenrate!

Bereits kurz vor dem Zusammenbruch der Sowjetunion, auf den in Russland – wie auch in den anderen Nachfolgestaaten der Sowjetunion – eine tiefe ökonomische und gesellschaftliche Krise folgte, kam es neuerdings zu einem markanten Niedergang der Geburten. Während mehr als einer Dekade sank die Zahl der Geburten beinahe unablässig, bis um die Jahrtausendwende eine leichte Erholung einsetzte.

Die Zahl der Russen, die sich heute in ihren Zwanzigern und Dreissigern befinden, ist aufgrund dieser Entwicklung relativ klein. Auch dieses demographische Wellental beginnt sich jetzt auf die Gesamtpopulation auszuwirken, da diese Jahrgänge nun das Alter erreicht haben oder bald erreichen werden, in dem sie selber Kinder haben. Verschärft wurde der Geburtenrückgang durch frei verfügbare Verhütungsmittel, die zu Sowjetzeiten nur schwer zu erhalten waren. Hinzu kam eine unfassbar hohe Zahl von Abtreibungen: Die Häufigkeit von Schwangerschaftsabbrüchen war in Russland 2010 weltweit am höchsten. 1992 standen gemäss einem Bericht der RAND-Corporation 225 Abtreibungen 100 Geburten gegenüber, und auch noch im Jahr 2000 wurden rund 70 Prozent aller Schwangerschaften abgebrochen.

Die Fertilitätsrate fiel von 2,2 Kindern pro Frau in den späten Achtzigerjahren auf zeitweise weniger als 1,2 Kinder pro Frau. In entwickelten Gesellschaften gilt eine Fertilitätsrate von 2,1 Kindern pro Frau als Schwellenwert für den Bestandserhalt der Bevölkerung: Sinkt die Fertilitätsrate unter diesen Wert, schrumpft die Bevölkerung ohne Zuwanderung. Höhere Sterberate als Geburtenrate!

Putins 2012 verkündeter Plan, dass die russische Bevölkerung bis 2050 auf 154 Millionen Einwohner zunehmen solle, ging nicht auf. 2017 sank die Zahl der Geburten plötzlich stark – und nahm danach bis 2021, dem Jahr mit den letzten verfügbaren Zahlen, weiter ab. 2020 war zusätzlich ein steiler Anstieg der Todesfälle zu verzeichnen, der sich 2021 ungebremst fortgesetzt hat. Zwischen März 2020 und Januar 2022 starben rund 1 Million Menschen mehr, als gemäss Zahlen aus den Jahren von 2015 bis 2019 zu erwarten gewesen wären. Diese Übersterblichkeit ist mit sehr hoher Wahrscheinlichkeit auf die Corona-Pandemie zurückzuführen.

Diese dramatische demographische Krise trifft auch die russische Armee. Die geburtenschwachen Jahrgänge von Ende der Neunziger- und Anfang der Nullerjahre bilden nun das Reservoir, aus dem die Armee ihre Mannstärke von rund 900'000 schöpfen muss. Dies bedeutet, dass Verluste weit weniger einfach ausgeglichen werden können. Und das demographische Problem der russischen Armee wird sich voraussichtlich drastisch verschärfen. Ein UNO-Bericht aus dem Jahr 2019 – also noch vor der Corona-Pandemie und dem Krieg – hat für 2020 die Zahl der Männer zwischen 20 und 34 Jahren auf 14,25 Millionen veranschlagt. Diese Zahl werde laut der mittleren Schätzung voraussichtlich bis 2025 auf nur noch 11,55 Millionen sinken – und bis 2030 sogar auf 11,23 Millionen. Falls diese Prognosen zutreffen, heisst das, dass die Zahl der wehrfähigen Männer im Lauf der Zwanzigerjahre um etwa 20 Prozent abnehmen wird.

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Putin von Demografie besessen

»Wie andere weiße Nationalisten auch, ist Putin von Demografie besessen und von der Angst getrieben, dass seine Rasse zahlenmäßig in die Minderheit geraten könnte«, schreibt der US-Historiker Timothy Snyder von der Yale-University. In einer groß angelegten Analyse  für die aktuelle Ausgabe des Außenpolitikfachblatts »Foreign Affairs« seziert er Putins krude »rassische Arithmetik«, der sein Krieg folgt: »Die ersten russischen Soldaten, die im Kampf getötet wurden, waren ethnisch gesehen Asiaten aus dem Osten Russlands, und viele, die seither gestorben sind, waren zwangsrekrutierte Ukrainer aus dem Donbass. Ukrainische Frauen und Kinder sind nach Russland deportiert worden, weil sie als assimilierbar gelten, als Leute, die als Verstärkung für die weiße russische Bevölkerung dienen können.« Zugleich verfolge die russische Führung die Strategie, Afrika und Asien in Lebensmittelkrisen zu stürzen, weshalb der Rückgang der Getreidelieferungen aus der Ukraine bewusst einkalkuliert sei: »Nichts an diesem Hungerplan spielt sich im Verborgenen ab«, schreibt Snyder. Es liege alles offen zutage und werde auch so von den Propagandisten des Kremls benannt. Mit liberalen Vorstellungen von universellen Werten, Menschenrechten und friedlichem Interessenausgleich hat derartiges Gedankengut nichts zu tun. Es handelt sich um reine, rohe Machtpolitik, getrieben vom fatalistischen Glauben an einen Verdrängungskampf der Völker. Nach dem Motto: Es kann nur wenige Herrennationen geben. Die anderen werden assimiliert, unterjocht oder ausgelöscht.

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wären wohl nirgends mehr Grenzen sicher

Womöglich bezweckt die expansionistische Politik des Kremls unter anderem tatsächlich (auch), den Bevölkerungsrückgang Russlands durch den Anschluss ukrainischer Gebiete zu bremsen. Ganz abgesehen davon, dass aus allenfalls einverleibten ukrainischen Bevölkerungsgruppen wohl kaum loyale Untertanen des Kremls würden, dürfte dies zum Scheitern verurteilt sein: Durch den Krieg in der Ukraine hat Putin die demografische Krise, die er so fürchtet, nur noch angeheizt.

Nun sollen/müssen also die Weissrussen (Belarussen), die Kleinrussen (Ukrainer), alle in den Nachbarstaaten lebenden Russen (Heimholen der Gebiete) und wohl auch die Kasachen und andere zu Russen werden, um dem Volk seine notwendige und bedeutende zahlenmäßige Masse zu geben: Imperialismus, Faschismus, Rassismus, Nazismus - alles in einem: eine völkische Verbrecherbande im Kreml.

Potentaten rund um den Globus schauen Putin dabei zu. Sollte er aus dem von ihm begonnenen Krieg so hervorgehen, dass er sich als Gewinner inszenieren kann, wären wohl nirgends mehr Grenzen sicher. Ein russischer Sieg wäre ein gefährlicher Präzedenzfall, dessen Bedeutung weit über Europa hinausreicht. In einer Welt zunehmender demographischer Ungleichgewichte stünden eine Menge Konflikte bevor, manche davon könnten mit Atomwaffen geführt werden.

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Der Westen versucht, eine internationale Ordnung zu erhalten

Die Weltgemeinschaft wäre gut beraten, sich gegen dieses Szenario zu wappnen, indem sie gemeinsam Russland in die Schranken weist. Momentan machen die Ukraine und ihre westlichen Unterstützer allein die Arbeit. Sie – beziehungsweise wir – tragen den überwiegenden Teil der menschlichen, militärischen und wirtschaftlichen Kosten. Der Westen versucht, eine internationale Ordnung zu erhalten, die dabei ist, unter die Panzerketten zu kommen. Die anderen schauen zu und versuchen, sich opportunistisch zu bereichern, zum Beispiel durch den Kauf von billigem, weil sanktioniertem russischen Öl und Gas.

Im Kern ist es ganz simpel: Um ein Peak-Power-Domino zu verhindern, muss Russland diesen Krieg verlieren.

Whatever it takes.

(Quellen: verschiedene Fachartikel, Expertenaussagen, Originalzitate; besonders: watson.ch, spiegel.de, Falter.at, Manager.magazin, legonomics.de)

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Ergänzung 3. November 22 - Medwedew:

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1. Die Todesstrafe:

Todesstrafe für Saboteure

Nachdem junge Männer in Russland verhaftet wurden, weil sie aus Protest gegen den Krieg Eisenbahnanlagen sabotiert haben sollen, fasst Ex-Präsident Dmitri Medwedew laut einem Medienbericht die Todesstrafe für Saboteure und Auge. Das Moratorium für die Todesstrafe sei menschlich, könne aber geändert werden, zitiert ihn das Exilmedium "Meduza".

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2. Atomangriff:

Russland hat das Recht, Atomwaffen einzusetzen

"Ich muss Sie noch einmal daran erinnern, für die tauben Ohren, die nur sich selbst hören: Russland hat das Recht, Atomwaffen einzusetzen, wenn es nötig ist", schrieb Medwedew. Dies sei "sicher kein Bluff".

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Was für Entartungen im Kleinen und im Großen. Was für ein Drama spielt sich da im Kreml ab... man denkt unwillkürlich an den “Führerbunker” in Berlin, 1945

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Ergänzung 4. November:

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1. Schwerverbrecher:

Russlands Präsident Wladimir Putin hat ein Gesetz unterzeichnet, wonach Schwerverbrecher eingezogen werden können, so berichtet die staatliche Nachrichtenagentur RIA. Nun werden von staatlicher Seite verurteilte Schwerverbrecher zum Morden in das Nachbarland gesendet: was für eine weitere Entartung.

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2. Faschistisches Blut&Boden-Prinzip:

unsere Menschen

Der frühere russische Staatschef Dmitri Medwedew rechtfertigt zum Tag der nationalen Einheit in Russland den Krieg gegen die Ukraine. Wie Präsident Wladimir Putin stellt auch er die Ukraine als Teil Russlands dar und leugnet deren Existenz als Staat und Volk. "... es gibt Heimaterde, auf der unsere Vorfahren gelebt haben und auf der heute *unsere Menschen* leben. Wir geben sie an niemanden her", schreibt Medwedew auf Telegram.

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3. Satan:

den obersten Herrn der Hölle aufzuhalten

Russlands Gegner in der Ukraine und im Westen seien "Teil einer sterbenden Welt", erklärt der Vizesekretär des Sicherheitsrates. Er bedient das in Russland kursierende Propagandamotiv, man habe es in der Ukraine mit *teuflischen Kräften* zu tun: "Ziel ist, *den obersten Herrn der Hölle* aufzuhalten... - Satan, Luzifer oder Iblis", schreibt er.

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Todesstrafe - Atomangriff - Schwerverbrecher ins Nachbarland - Satan bekämpfen: was für eine giftige Brühe, jedes Wort, jede Tat eine Absage an ernsthafte Verhandlungen.

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Ergänzung am 5. November 2022;

Ergänzung zum Kommentar: https://www.salto.bz/de/comment/113909#comment-113909

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Hein Goemans, 65, stammt aus den Niederlanden und lehrt internationale Politik an der University of Rochester im US-Bundesstaat New York. Er befasst sich seit Jahren mit der Frage, wie militärische Konflikte enden, sein Buch »War and Punishment« aus dem Jahr 2000 gilt als Standardwerk.

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(Quelle: https://www.spiegel.de/ausland/konfliktforscher-ueber-atomdrohungen-putin-hat-leider-noch-viele-optionen-a-e46a61db-bb58-4bd2-be83-dec08894b7d3)

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Aus dem Interview:

Dann kommt es darauf an, wie der Westen sich verhält.

„Mal angenommen, Putin setzt eine Atomwaffe nicht direkt auf dem Schlachtfeld ein, sondern testet sie lediglich, vielleicht sogar in der Nähe der ukrainischen Grenze. Dann kommt es darauf an, wie der Westen sich verhält. Wie würde Bundeskanzler Olaf Scholz auf einen solchen Test reagieren? Was würde in Deutschland passieren? … Ich weiß es nicht. Aber von dieser erwarteten Reaktion hängt es ab, wie effektiv die Abschreckung durch Verweigerung im Vorfeld sein kann. Wenn Putin davon ausgeht, dass ein Atomtest zu Verunsicherung und zu Rissen in der Solidarität mit der Ukraine führt, dann wird er es ausprobieren. Was hat er zu verlieren?“

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(Was muss passieren, damit der Krieg endet?)

„Grundsätzlich müssen drei Voraussetzungen erfüllt sein, damit ein militärischer Konflikt zu Ende geht:

  1. Erstens müssen sich die Erwartungen der gegnerischen Parteien annähern, was den weiteren Verlauf der Auseinandersetzungen angeht – auch wenn sich das noch nicht zwangsläufig auf dem Schlachtfeld widerspiegeln muss.
  2. Zweitens müssen beide Seiten den Eindruck haben, dass eine Friedensvereinbarung durchsetzbar ist.
  3. Und drittens muss, ganz schlicht, das physische Überleben der Parteien gesichert sein. All das ist im Ukrainekrieg noch nicht klar.“

Angst vor demokratischen Gesellschaften

„Ich glaube, dass Putin Angst vor zunehmend instabilen, sich demokratisierenden Gesellschaften hatte, die die Herrschaft von Autokraten infrage stellen. Es gab die Orangene Revolution in der Ukraine, eine Beinahe-Revolution in Belarus, Proteste in Kasachstan. Am Ende der Dominoreihe sieht er sich selbst. Vermutlich hatte er den Eindruck, eine angebliche Verwestlichung seiner Nachbarschaft stoppen zu müssen, um Gefahr von seiner eigenen Macht abzuwenden. Er denkt wie ein Politiker des 19. Jahrhunderts, in den Kategorien von Großmächten und Einflusssphären. Das Problem ist, dass Russland keine Großmacht mehr ist“.

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(Hätte es einen Weg gegeben, den Krieg zu verhindern?)

Putin kann nicht mit freier demokratischer Ukraine leben

„Gegenfrage: Hätte Putin mit einer neutralen, unabhängigen, demokratischen Ukraine leben können, selbst wenn sie niemals Nato-Mitglied wird? Ich glaube nicht. Deshalb ist keine der Zusagen, die er macht, etwas wert. Auch wenn er sich morgen auf einen Waffenstillstand oder auf Verhandlungen einlässt, wird er vermutlich die Zeit nutzen, seine Truppen aufzustocken, neu zu bewaffnen und wieder loszuschlagen.

Gleichzeitig kann sich der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj nicht auf einen Deal einlassen, an dem sich Putin in derselben Ausgangslage wie am 24. Februar befindet. Das ukrainische Volk wird ihm das nicht durchgehen lassen.“

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(Im Moment sieht es aus, als hätten beide Seiten wenig Grund, sich auf Verhandlungen einzulassen)

„Putin ist vielleicht etwas pessimistischer geworden, was den Ausgang angeht, Selenskyj dagegen optimistischer. Selenskyj hat sogar wieder die Krim-Halbinsel ins Spiel gebracht, die er zurückerobern will. Auch auf ukrainischer Seite verändern sich also die öffentlich kommunizierten Ziele. Beide stellen Forderungen, die inkompatibel sind. Aber um den Krieg zu beenden, muss eine Seite ihre Forderungen ändern“.

(Es gibt auch in Deutschland Stimmen, die fordern, die Ukraine solle endlich mit Putin verhandeln, um das Töten zu beenden. Was halten Sie davon?)

Putin ist ein Mörder ... wo wird er aufhören

„Die Frage ist, was das im Moment bringen wird. Putin ist ein Mörder, er hat Attentäter quer durch Europageschickt, um Menschen umzubringen. Wo wird er aufhören? Es empört mich sowohl moralisch als auch intellektuell, dass jetzt gefordert wird, wir müssten Putin Zugeständnisse machen. Er und seine Leute wollen eine Form des Zarenreichs wiederherstellen. Warum sollte er, wenn er in der Ukraine gewinnt, damit aufhören?“

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(Würde die Lieferung deutscher Kampfpanzer am Ausgang des Krieges etwas ändern?)

Es kommt auf die Erwartungen an

„Der Fehler, den viele Leute derzeit machen, ist, dass sie sich an konkreten Waffen, Panzern und Zahlen festklammern. Darauf kommt es aber nicht an, sondern auf die Erwartungen der Kriegsparteien. Putins Erwartung ist, dass er Selenskyj unter Druck setzt, indem er die Europäer dazu bringt, die Ukraine zu einem Deal zu zwingen. Und die deutsche Position, wie sie sich derzeit für mich darstellt, ermöglicht das“.

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( Was sollte Deutschland tun?)

kein Kriegsgewinn für Putin

„Putin glaubt, dass er die Europäer gewissermaßen aus dem Konflikt herausfrieren kann, indem er ihnen das Gas abdreht. Erst wenn Deutschland seine Haltung fundamental ändert, könnten sich auch die Erwartungen Putins ändern. Die Europäer und Olaf Scholz müssten einen Weg finden, glaubhaft zu signalisieren, dass sie Selenskyj nicht zu Konzessionen zwingen werden, die Russland einen Sieg bescheren. Und mit Sieg meine ich ein Ergebnis, das für Putin besser ist als die Ausgangslage vom 24. Februar, in der Russland Teile des Donbass kontrollierte. Wenn Scholz glaubhaft signalisieren kann, dass er einen russischen Sieg nicht akzeptieren und sich nicht erpressen lassen wird, dann wäre das ein großer Unterschied. Eine Wischiwaschi-Politik wird nicht funktionieren.“

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bisher:

https://www.salto.bz/de/article/17082022/ukraine-iv-putin

https://www.salto.bz/de/article/16072022/ukraine-iii-oder-geschichte-und-tyran

https://www.salto.bz/de/article/24032022/ich-bin-heute-ukraine-ii

https://www.salto.bz/de/article/25022022/wir-alle-sind-heute-ukraine

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Manfred Klotz Di., 01.11.2022 - 07:40

Antwort auf von Ludwig Thoma

Weil Ihr Blick nicht differenziert ist, ganz einfach. Unter "differenziert" verstehen Sie offenbar, auf eine Rechtfertigung für die Spezialoperation zu finden. Sie beziehen sich hier auf einen Artikel der FR, der in keiner Weise Ihre Behauptung stützt oder zitieren eine pauschalisierende (und daher unbrauchbare) Aussage zur Meinungsbildung aus dem letzten Buch von Precht/Welzer. Von da an ist Ihr einziger Beitrag hier der Versuch, eine Aussage, die im Laufe der Diskussion präzisiert und richtig gestellt wurde, als Vorwand zu benutzen, die ganze Diskussion ad absurdum zu führen. Nach dem Motto, nachdem die Aussage, die NATO untersteht der EU, nicht korrekt ist, habe ich recht. So weit hat es nicht einmal Schopenhauer getrieben.

Di., 01.11.2022 - 07:40 Permalink
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Manfred Klotz Di., 01.11.2022 - 13:21

Antwort auf von Ludwig Thoma

Die Sache ist doch ganz einfach: Hätte Russland die Ukraine nicht angegriffen, würde die ukrainische Führung gar keine Fehler machen können. Zwei ganz gezielte Fragen an Sie, weil Sie es ja anders sehen: Hat Russland die Ukraine überfallen oder nicht? Ist der Krieg auf diese Invasion zurückzuführen oder nicht?

Di., 01.11.2022 - 13:21 Permalink
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Ludwig Thoma Di., 01.11.2022 - 14:09

Antwort auf von Manfred Klotz

Der Krieg in der Ukraine dauert seit mindestens 2014. Mit dem Grenzübertritt russischer Truppen im Februar diesen Jahres hat er eine nie dagewesene Eskalationsstufe erreicht. In den letzten 8 Jahren wurden viele Fehler gemacht. Auf beiden Seiten wird weiter eskaliert. Auf der russischen ungleich viel mehr aber eben nicht nur.

Di., 01.11.2022 - 14:09 Permalink
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Manfred Klotz Mi., 02.11.2022 - 07:52

Antwort auf von Ludwig Thoma

Dann informieren Sie sich doch bitte vorher, wer 2014 die Kampfhandlungen im Donbass angezettelt hat (recherchieren Sie beispielsweise, was die berüchtigten Grünen Männchen im Donbass zu suchen hatten). Die Ukraine eskaliert nicht, die Ukraine verteidigt sich. Auch in diesem Fall beten Sie das russische Narrativ nach. Auch die Ukraine hat ihre Fehler gemacht, allerdings haben sie mit der geheimen Invasion Russlands begonnen, sind also eine Folge davon.

Mi., 02.11.2022 - 07:52 Permalink
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Peter Gasser Do., 03.11.2022 - 09:19

Antwort auf von Ludwig Thoma

Der Krieg mit der Ukraine hat bereits mit der Machtergreifung Putins begonnen, spätestens mit dem angezettelten Krieg in Tschetschenien, und der Vernichtung von Großny.
Sicher aber mit der Bombardierung von Aleppo, dem Krieg, in welchem Putin seinen scheinbar erneuerten Militärapparat mit allen Truppengattungen und deren Zusammenspiel scheinbar erfolgreich, und ebenso die Reaktion des “Westens” darauf getestet hat: in beidem ist er einer verhängnisvollen Fehleinschätzung erlegen.
Sein Heer geht unter, der Westen widersteht der imperialen Aggression.
Im Kreml “Führerbunkerstimmung” anno 1945.

Do., 03.11.2022 - 09:19 Permalink
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Peter Gasser Mo., 31.10.2022 - 19:35

Um “glauben” geht es nicht.
Und wieder setzen Sie Meinung=Behauptung=Wirklichkeit, und sehen eigene Interpretationen und Behauptungen als Tatsachen an. Warum Sie dauerhaft diesen nicht korrekten Dialog-Stil anwenden, bleibt ihr Geheimnis.
Meiner Erkenntnis aufgrund meiner Quellen, und meiner Meinung nach sind die Behauptungen bzw. Schlüsse, welche Sie ziehen, faktisch nicht zutreffend.
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In der Ukraine führt nach allgemeinem Wissensstand Russland einen brutalen und unmenschlichen Angriffskrieg gegen das freie, demokratische Leben, das für seinen Machterhalt an seiner Grenze eine Gefahr darstellt.
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Wie kann sich “Europa” heraushalten, wenn doch die Ukraine im Herzen Europas liegt, der Angriffskrieg also mitten bei uns in Europa stattfindet?
Und wenn diese Ukraine uns als Nachbar um Hilfe gegen tausendfachen Mord bittet, da Staat und Volk eliminiert werden sollen?
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Das völlige Fehler jeder Empathie für die Opfer dieser brutalen Aggression, die völlig fehlende Sozialkompetenz den Mitmenschen und dem Nachbar gegenüber und das Schweigen zu tausenden Kriegsverbrechen gegen Soldaten und Zivilisten und die unsinnige Zerstörung ganzer Dörfer und Städte und Infrastrukturen bei Ihren Kommentaren lassen einem frieren.

Mo., 31.10.2022 - 19:35 Permalink
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Wilhelm B.L Mo., 31.10.2022 - 20:35

Antwort auf von Peter Gasser

Herr Gasser, Vielen Ihren Belehrun gen kann ich voll zustimnen. Diese sollten nicht notwendig sein, wenn alle Laender Europas zu ihren kultu rellen Wurzeln und damit zu dem banalen normalen Leben zurueck kehren. Das setzt aber vorraus, das sich eine Bevoelkerung nicht mehr als blosses Stimmvieh, Muell schlucker und Verfuegungmasse fuer an ihm, von spinnerten, sozialisti schen Eliten, durchgefuehrte aber niemals hinterfragte soziale Experi mente missbrauchen laesst.

Mo., 31.10.2022 - 20:35 Permalink
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Wilhelm B.L Di., 01.11.2022 - 13:25

Antwort auf von Wilhelm B.L

Nachtrag
Die einschuechternde Wirkung von Meinungs (Gesinnungs-) terroristen, wie z.B. Mullahs, neo-religioesen, europaischen Heilspredigern, inkl. Putinversteherinnen. Man erkennt die Anzeichen der von ihnen provo zierten Massenschizophrenie an folgenden hierfuer typischen Symptomen :
1. Dem zerfahrenen Denken von Politikern und der Massen. Folge der gegenseitig bedingten, eine abgehackte Flut von Halb - und Falschinformationen verstaerkenden, Einfluesse zwischen Massenmedien und Politikern 2. Der gefuehlsmaessigen (kata tonen) Erstarrung des unter dem Auge. des Gesetzes und
der Moral, also einem Ueberwach ungsorgan) zum auesserlich korrekt zugeknoeften, stramm stehenden und verschleierten Normopathen, Einem zum lnientreu - biegsamen, paranoi den Musterschueler und Hofschran zen ruhig (ver-)gestellten, bisher aus gesellschaftlicher Sicht, "unartigen" Kind.

Di., 01.11.2022 - 13:25 Permalink
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Ceterum Censeo Mo., 31.10.2022 - 20:56

Letztendlich glaubt jeder, was er möchte?
Nein, es gibt Fakten.
Fakt ist: der Ukraine wurde die Aufnahme in die NATO verweigert.
Fakt ist: Putin führt einen Vernichtungskrieg, weil der gar nicht das Existenzrecht der Ukraine anerkennt - die NATO hat mit dieser faschistischen Ideologie nichts zu tun.

Mo., 31.10.2022 - 20:56 Permalink
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Salto User
Manfred Gasser Mo., 31.10.2022 - 21:49

Ein Stellvertreterkrieg? Also vertreten die Ukraine die USA, aber wer vertritt Russland? Wer führt den Krieg in der Ukraine? Unbestritten ist, dass Putin diese "Spezialoperation" angeordnet hat, unbestritten ist, dass Russland die Grenze eines souveränen Landes überschritten hat, um dieses Land zu besetzen. Unbestritten ist ebenfalls, dass es keine Rechtfertigung für einen Krieg gibt, egal ob 09/11, oder Donbass, egal ob USA oder Russland.
Krieg ist immer menschenverachtend, aber was können wir dagegen tun? Dagegen schreiben? Dagegen demonstrieren? Ganz whrlich, ich weiss es nicht.

Mo., 31.10.2022 - 21:49 Permalink
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Profil für Benutzer Peter Gasser
Peter Gasser Mo., 31.10.2022 - 22:01

Sehen Sie, ich hatte Sie um etwas gebeten, ganz oben:
https://www.salto.bz/de/comment/113576#comment-113576 (“Weiters ist es meiner Ansicht und auch meinem Verlangen nach a priori unabdingbar, den Dialog ausschließlich themenbezogen zu führen, somit auf jedwede Bemerkung und Provokation ad personam zu verzichten: wem das nicht weitgehend zu gelingen vermag, dem fehlen sowohl die Kultur & die Bildung, als damit einhergehend auch die Fähigkeit & die Berechtigung, an einer ernsthaften Diskussion teilzunehmen”). Nun tun Sie (wieder) genau das und schreiben, wider besseres Wissen, offensichtlich ganz schamlos: “Sie sehen die Ereignisse in der Ukraine als plötzlich vom Himmel gefallen an beziehen die Berichte über die Zustände in der Ukraine aus den staatsfinanzierten Medien”:
Denn wiederum steht dort oben (selber link):
“ Politologen, Historiker, Experten in Zeitgeschichte sehen dies völlig anders, fundiert dargelegt in manchem Fachartikel der letzten Monate und in Büchern wie
- "in Putins Kopf - Logik und Willkür eines Autokraten" von Michel Eltchaninioff (2022),
- "Zeitenwende - Putin Krieg und die Folgen" von Rüdiger von Fritsch (2022),
- "Der Krieg gegen die Ukraine - Hintergründe, Ergebnisse, Folgen" von Gwendolyn Sasse (2022),
- "Putin - ein Verhängnis - wie Putin Russland in eine Despotie verwandelte und jetzt Europa bedroht", Robert Misik (2022),
- "„Homo sovieticus“, Alexander Sinowjew (1984)”.
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Also100te Fachartikel, Interviews mit direkten Akteuren des Zeitgeschehens und einige Bücher - ich nehme an, um Einiges und wesentlich differenzierter als Sie selbst, und doch sehe ich in Ihrer Behauptung “die Ereignisse in der Ukraine als plötzlich vom Himmel gefallen”...? Ad personam statt argumentum ad rem.
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Zu den “Hilfen und Sanktionen”: ohne diese wäre die Ukraine lämgst erobert und ausgelöscht, von der Erde getilgt, so nicht nur meine Schlussfolgerung, Russland wäre in weitere Staaten eingedrungen, Elend, Mord, Vergewaltigung, Deportation noch viel größer, der Krieg noch viel ausgeweiteter und viel näher bei, wenn nicht schon ganz bei uns.
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Was geschah, als man Hitler Polen ließ, gab er sich damit zufrieden??
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Aja, warum eigentlich können Sie meinen Bitten aus dem zitierten Link nicht entsprechen: erwarte ich wirklich zuviel, sind meine Ansprüche an einen korrekten und sachlichen Dialog zu wirklich hoch?

Mo., 31.10.2022 - 22:01 Permalink
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Profil für Benutzer Peter Gasser
Peter Gasser Di., 01.11.2022 - 09:51

Zitat: “Niemand bei Verstand will den Krieg gutheißen”: es handelt sich hier nicht um das, was Sie neutral “Krieg” nennen. Hier sind sich nicht 2 Staaten wegen etwas in die Haare geraten und kämpfen dies militärisch aus.
Hier handelt es sich um einen völkerrechtswidrigen Angriffskrieg, der inzwischen zu einem brutalen und barbarischen Vernichtungskrieg geworden ist, weil 1 Staat, Russland, im besten revanchistischen und imperialen Stil beschlossen hat, seinen Nachbarstaat als Staat und sein Nachbarvolk als Volk von der Erde zu tilgen: so sagen es jedenfalls Putin und seine Verbrecherclique selbst.
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Mit “den jetzigen Methoden” meinen Sie offensichtlich die Methoden des Terrorregimes Russland, das durch seine kriminelle und menschenverachtende, barbarische Kriegsführung gegen Zivilisten jeden Tag seine Weigerung, vom Angriffskrieg abzulassen und über Wiedergutmachung zu verhandeln, neu betont und zeigt.
Für all die Kriegsverbrechen und Verwüstungen und Vernichtungen durch Russland muss dieses ja, so unser Rechtsverständnis geradestehen - oder glauben Sie, das darf alles ungesühnt bleiben, Mord, Vergewaltigung, Plünderung, Deportation, Kinderraub, dazu Vernichtung hunderter ziviler Einrichtungen durch gezielten Raketenbeschuss und Bombenabwurf?
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Hier geht es längst nicht mehr “nur” um einen brutalen Überfall und einen militärischen Kampf an der Frontlinie, hier geht es um systematischen Mord, Vergewaltigung, Plünderung, Deportation, Kinderraub, Vernichtung hunderter ziviler Einrichtungen in einem Vernichtungskampf gegen ein ziviles Volk. Sie blenden das alles aus?
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Noch ein Zitat: “ ... und man die Situation im Hinblick auf die geopolitische Lage total unterschätzt hat”: das erachte ich als insofern richtig, als man trotz vieler Hinweise seit dem Jahr 2000 taub war und und blind und nicht richtig hingehört hat auf das revanchistische und imperiale Bestreben Russlands, Land zu erobern und ein von Russland autoritär dominiertes Europa zu schaffen, “von Wladiwostock bis Lissabon”. Man tröstete sich, indem man sich selbst vormachte, es werde schon nicht so schlimm kommen und er werde es schon nicht in die Tat umsetzen.
Die Geschichte zeigt: es ist noch viel schlimmer gekommen, noch viel viel schlimmer!
Und nun ist es unsere Aufgabe, so meine ich, dies für jetzt UND DIE ZUKUNFT zu beenden. Es darf nicht in einigen Jahren wieder losgehen... Das muss der Fokus sein im Bestreben, diesen Angriffskrieg zu beenden und die Verbrecher für Kriegsverbrechen, für systematischen Mord, Vergewaltigung, Plünderung, Deportation, Kinderraub zu bestrafen und dazu zu verurteilen, all den angerichteten Sachschaden zu begleichen.

Di., 01.11.2022 - 09:51 Permalink
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Stefan S Di., 01.11.2022 - 10:19

Antwort auf von Peter Gasser

An dieser Stelle will ich auch nochmal auf Wolf Biermann verweisen, da schließt sich der Kreis zur Artikelüberschrift.

" ZEIT: Auch Gewaltlosigkeit kann enorme Kraft entfalten.

Biermann: Gewiss. Aber ist es Ihnen schon mal aufgefallen, dass es noch niemals einen Krieg zwischen zwei Demokratien gab? Das ist vielleicht das Beste, was sogar für eine schwache, für eine kränkliche Demokratie spricht. Deutschland muss die Ukraine gegen Putins Dritter-Weltkriegs-Wahn auch mit Waffen unterstützen. Dieser Krieg gegen Putin ist ein Freiheitskrieg auch für unsere Freiheit. Uns kostet er nur Geld und Nerven ... Das Wort Freiheitskrieg hat übrigens Heinrich Heine erfunden. Darum liebe ich sein Gedicht Enfant perdu. Heine lebte in der Zeit der Freiheitskriege gegen Napoleon. Er hatte die Fantasie, das Modewort in den Singular zu setzen: Der Freiheitskrieg unter der Menschheit tobt schon seit der Steinzeit."

Di., 01.11.2022 - 10:19 Permalink
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Peter Gasser Di., 01.11.2022 - 11:40

Demographie: Bevölkerungspolitik - Angriffs- und Vernichtungskrieg - Assimilierung:
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Russlands Präsident Putin wählte vor der versammelten Politelite am 21. April 2021 in der „Manezh Central Exhibiton Hall“ in Moskau drastische Worte, um die dramatische Situation seines Landes zu beschrieben. „Die demographische Entwicklung ist ein Notfall“, resümierte . Die Dinge seien nun leider einmal so. Dies gelte es zu akzeptieren, man müsse den Umstand zugeben und *etwas* dagegen unternehmen.

Der russische Präsident Wladimir Putin hat den Finger in der jüngeren Vergangenheit schon mehrmals persönlich auf diesen wunden Punkt gelegt. Bereits im Jahr 2006 erklärte er: «Russland hat ein riesiges Territorium, das grösste der Welt. Wenn die Situation sich nicht ändert, wird es bald einfach niemanden geben, der es verteidigt.» 2007 bezeichnete Putin die Bevölkerungspolitik als «erstrangige Aufgabe der russischen Politik». Und im November 2021 sagte er: «Aus humanitärer Sicht und unter dem Gesichtspunkt der Stärkung unserer Staatlichkeit sowie aus wirtschaftlicher Sicht ist das demographische Problem eines der wichtigsten.»

In den kommenden 30 Jahren wird Russland rund ein Sechstel seiner Bevölkerung im erwerbs- und wehrfähigen Alter verlieren. Ähnlich geht es in der zweiten Hälfte dieses Jahrhunderts weiter. Zusammengenommen wird Russland rund ein Viertel seiner aktiven Bevölkerung einbüßen, wie aus Projektionen der Vereinten Nationen  hervorgeht, die vor Kriegsbeginn erstellt wurden. Allerdings besteht die eigentliche «heraufziehende Katastrophe» für die russische politische Elite nicht primär im Bevölkerungsrückgang, sondern in der – vermeintlich daraus folgenden – schwindenden Weltgeltung. «Weniger Volk bedeutet weniger Souveränität», bemerkte dazu 2007 der Vorsitzende des russischen Rechnungshofes, Sergej Stepaschin.

Um 1900 hatte Russland (das eigentliche Russland innerhalb des Zarenreichs) mit rund 87 Millionen Einwohnern die drittgrösste Bevölkerung der Welt. In der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts brachen dann aber gleich mehrere demographische Katastrophen über Russland herein: Schon im Ersten Weltkrieg fielen mehr als 1,8 Millionen Soldaten, was zu einem Männermangel und dadurch zu weniger Ehen führte, aus denen Kinder hervorgingen. Der Krieg ging nahezu nahtlos in den Bürgerkrieg zwischen Bolschewiki und den Anhängern des Zaren über, der wiederum Millionen von Todesopfern forderte. Möglicherweise verlor Russland zwischen 1914 und 1921 etwa 30 Millionen Menschen – mehr als im Zweiten Weltkrieg. Auf den Bürgerkrieg folgten die Stalinschen Säuberungen, die im «Grossen Terror» von 1936 bis 1938 ihren Höhepunkt fanden. Diesen Säuberungswellen fielen mindestens 3 Millionen Menschen zum Opfer; manche Historiker nennen aber weit höhere Zahlen – die Schätzungen gehen bis zu 22 Millionen. Diese sehr hohen Angaben dürften aber vermutlich Opfer des Zweiten Weltkriegs enthalten. Dieser forderte einen enormen Blutzoll; die Verluste der Sowjetunion betrugen schätzungsweise 13 Millionen Soldaten und 14 Millionen Zivilisten. 1943, mitten im Krieg, wurden nur rund 1 Million Kinder geboren (zum Vergleich: 1939 waren es 4,3 Millionen). Dieser historische Tiefstand löste eine demographische «Welle» aus, deren Tal etwa alle 25 Jahre wiederkehrt – so beispielsweise um 1968 herum oder 1993, die beide geburtenschwache Jahrgänge waren.

Bereits kurz vor dem Zusammenbruch der Sowjetunion, auf den in Russland – wie auch in den anderen Nachfolgestaaten der Sowjetunion – eine tiefe ökonomische und gesellschaftliche Krise folgte, kam es neuerdings zu einem markanten Niedergang der Geburten. Während mehr als einer Dekade sank die Zahl der Geburten beinahe unablässig, bis um die Jahrtausendwende eine leichte Erholung einsetzte.
Die Zahl der Russen, die sich heute in ihren Zwanzigern und Dreissigern befinden, ist aufgrund dieser Entwicklung relativ klein. Auch dieses demographische Wellental beginnt sich jetzt auf die Gesamtpopulation auszuwirken, da diese Jahrgänge nun das Alter erreicht haben oder bald erreichen werden, in dem sie selber Kinder haben. Verschärft wurde der Geburtenrückgang durch frei verfügbare Verhütungsmittel, die zu Sowjetzeiten nur schwer zu erhalten waren. Hinzu kam eine unfassbar hohe Zahl von Abtreibungen: Die Häufigkeit von Schwangerschaftsabbrüchen war in Russland 2010 weltweit am höchsten. 1992 standen gemäss einem Bericht der RAND-Corporation 225 Abtreibungen 100 Geburten gegenüber, und auch noch im Jahr 2000 wurden rund 70 Prozent aller Schwangerschaften abgebrochen.
Die Fertilitätsrate fiel von 2,2 Kindern pro Frau in den späten Achtzigerjahren auf zeitweise weniger als 1,2 Kinder pro Frau. In entwickelten Gesellschaften gilt eine Fertilitätsrate von 2,1 Kindern pro Frau als Schwellenwert für den Bestandserhalt der Bevölkerung: Sinkt die Fertilitätsrate unter diesen Wert, schrumpft die Bevölkerung ohne Zuwanderung. Höhere Sterberate als Geburtenrate!

Putins 2012 verkündeter Plan, dass die russische Bevölkerung bis 2050 auf 154 Millionen Einwohner zunehmen solle, ging nicht auf. 2017 sank die Zahl der Geburten plötzlich stark – und nahm danach bis 2021, dem Jahr mit den letzten verfügbaren Zahlen, weiter ab. 2020 war zusätzlich ein steiler Anstieg der Todesfälle zu verzeichnen, der sich 2021 ungebremst fortgesetzt hat. Zwischen März 2020 und Januar 2022 starben rund 1 Million Menschen mehr, als gemäss Zahlen aus den Jahren von 2015 bis 2019 zu erwarten gewesen wären. Diese Übersterblichkeit ist mit sehr hoher Wahrscheinlichkeit auf die Corona-Pandemie zurückzuführen.

Diese dramatische demographische Krise trifft auch die russische Armee. Die geburtenschwachen Jahrgänge von Ende der Neunziger- und Anfang der Nullerjahre bilden nun das Reservoir, aus dem die Armee ihre Mannstärke von rund 900'000 schöpfen muss. Dies bedeutet, dass Verluste weit weniger einfach ausgeglichen werden können. Und das demographische Problem der russischen Armee wird sich voraussichtlich drastisch verschärfen. Ein UNO-Bericht aus dem Jahr 2019 – also noch vor der Corona-Pandemie und dem Krieg – hat für 2020 die Zahl der Männer zwischen 20 und 34 Jahren auf 14,25 Millionen veranschlagt. Diese Zahl werde laut der mittleren Schätzung voraussichtlich bis 2025 auf nur noch 11,55 Millionen sinken – und bis 2030 sogar auf 11,23 Millionen. Falls diese Prognosen zutreffen, heisst das, dass die Zahl der wehrfähigen Männer im Lauf der Zwanzigerjahre um etwa 20 Prozent abnehmen wird.

»Wie andere weiße Nationalisten auch, ist Putin von Demografie besessen und von der Angst getrieben, dass seine Rasse zahlenmäßig in die Minderheit geraten könnte«, schreibt der US-Historiker Timothy Snyder von der Yale-University. In einer groß angelegten Analyse  für die aktuelle Ausgabe des Außenpolitikfachblatts »Foreign Affairs« seziert er Putins krude »rassische Arithmetik«, der sein Krieg folgt: »Die ersten russischen Soldaten, die im Kampf getötet wurden, waren ethnisch gesehen Asiaten aus dem Osten Russlands, und viele, die seither gestorben sind, waren zwangsrekrutierte Ukrainer aus dem Donbass. Ukrainische Frauen und Kinder sind nach Russland deportiert worden, weil sie als assimilierbar gelten, als Leute, die als Verstärkung für die weiße russische Bevölkerung dienen können.« Zugleich verfolge die russische Führung die Strategie, Afrika und Asien in Lebensmittelkrisen zu stürzen, weshalb der Rückgang der Getreidelieferungen aus der Ukraine bewusst einkalkuliert sei: »Nichts an diesem Hungerplan spielt sich im Verborgenen ab«, schreibt Snyder. Es liege alles offen zutage und werde auch so von den Propagandisten des Kremls benannt. Mit liberalen Vorstellungen von universellen Werten, Menschenrechten und friedlichem Interessenausgleich hat derartiges Gedankengut nichts zu tun. Es handelt sich um reine, rohe Machtpolitik, getrieben vom fatalistischen Glauben an einen Verdrängungskampf der Völker. Nach dem Motto: Es kann nur wenige Herrennationen geben. Die anderen werden assimiliert, unterjocht oder ausgelöscht.

Womöglich bezweckt die expansionistische Politik des Kremls unter anderem tatsächlich (auch), den Bevölkerungsrückgang Russlands durch den Anschluss ukrainischer Gebiete zu bremsen. Ganz abgesehen davon, dass aus allenfalls einverleibten ukrainischen Bevölkerungsgruppen wohl kaum loyale Untertanen des Kremls würden, dürfte dies zum Scheitern verurteilt sein: Durch den Krieg in der Ukraine hat Putin die demografische Krise, die er so fürchtet, nur noch angeheizt.
Nun sollen/müssen also die Weissrussen (Belarussen), die Kleinrussen (Ukrainer), alle in den Nachbarstaaten lebenden Russen (Heimholen der Gebiete) und wohl auch die Kasachen und andere zu Russen werden, um dem Volk seine notwendige und bedeutende zahlenmäßige Masse zu geben: Imperialismus, Faschismus, Rassismus, Nazismus - alles in einem: eine völkische Verbrecherbande im Kreml.
Potentaten rund um den Globus schauen Putin dabei zu. Sollte er aus dem von ihm begonnenen Krieg so hervorgehen, dass er sich als Gewinner inszenieren kann, wären wohl nirgends mehr Grenzen sicher. Ein russischer Sieg wäre ein gefährlicher Präzedenzfall, dessen Bedeutung weit über Europa hinausreicht. In einer Welt zunehmender demographischer Ungleichgewichte stünden eine Menge Konflikte bevor, manche davon könnten mit Atomwaffen geführt werden.

Die Weltgemeinschaft wäre gut beraten, sich gegen dieses Szenario zu wappnen, indem sie gemeinsam Russland in die Schranken weist. Momentan machen die Ukraine und ihre westlichen Unterstützer allein die Arbeit. Sie – beziehungsweise wir – tragen den überwiegenden Teil der menschlichen, militärischen und wirtschaftlichen Kosten. Der Westen versucht, eine internationale Ordnung zu erhalten, die dabei ist, unter die Panzerketten zu kommen. Die anderen schauen zu und versuchen, sich opportunistisch zu bereichern, zum Beispiel durch den Kauf von billigem, weil sanktioniertem russischen Öl und Gas.
Im Kern ist es ganz simpel: Um ein Peak-Power-Domino zu verhindern, muss Russland diesen Krieg verlieren.
Whatever it takes.

(Quellen: verschiedene Fachartikel, Expertenaussagen, Originalzitate; besonders: watson.ch, spiegel.de)

Di., 01.11.2022 - 11:40 Permalink
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Peter Gasser Di., 01.11.2022 - 13:31

Der Beitrag gibt doch gerade einen wesentlichen Teil des historischen Kontextes wieder; die angeführten Fachartikel und besonders die Bücher erklären umfassende Teile des historischen Kontextes. Im besonderen auch die Zitate von Putin und dessen Vertraten selbst. Zitate werden wohl auch Sie als Wirklichkeit, als Fakten anerkennen.
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Zitat: “Genau diese Haltung wird den Krieg ins Endlose weiterführen”: wiederum setzen Sie Meinung/Behauptung mit Fakten gleich: erkennen Sie die gewichtige Trennung von Fakten, Behauptung und Meinung wirklich nicht? Der Satz ist Ihre MEINUNG, und nicht Tatsache - Sie wollen die Netiquette und eine gesunde Diskussionskultur partout nicht annehmen.
.
Meine Ansicht zum Kommentar: genau “diese Haltung” ist die einzige, die den Krieg nachhaltig beenden wird - alles andere wird Expansion, Imperialismus, Kriegslust, Faschismus und Rassismus der Verbrecher im Kreml in die Zukunft weiterleiten. Diese verbrecherische Clique ist wie eine radioaktiv verstrahlte Quelle: nur das Wegsperren hinter Blei wird verhindern, dass sie mit Ihrem faschistischen Gift weiter die Zukunft belasten.
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Es hat seinen Grund, dass Sie mit keinem Wort auf die Fakten und vor allem auf die Zitate Putins und seiner Handlanger eingehen: Wegschauen und Ohren zu erscheint mir Ihre Devise zu sein, so meine Meinung.

Di., 01.11.2022 - 13:31 Permalink
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Peter Gasser Di., 01.11.2022 - 15:49

Ich empfinde es noch immer eigenartig bis sehr irritierend, wie Sie mit mit Fakten, Behauptungen, Meinungen umgehen: dieser neue Kommentar von Ihnen zeigt, dass sie diese weiterhin einfach gleichsetzen: Ihre Meinung zu etwas wird als Behauptung formuliert und im Weiteren dann als Tatsache betrachtet. Dies belegen Sie dann aufgrund eines einzigen Buches, welches in seiner formalen und inhaltlichen Richtigkeit sehr kritisiert wir: nur dieses Narrativ gilt für sie - so scheint es. Auf alle anderen Informationen, insbesondere auf direkte Aussagen von Putin und Konsorten, gehen Sie einfach nicht ein, ja ignorieren diese offensichtlich. Selbstverständlich steht Ihnen dies frei.
Sie schreiben: „Der Westen hat seit dem Zusammenbruch der UDSSR seine hegemoniale Politik im ehemaligen Gebiet des Warschauer Pakts unerbittlich weitergetrieben…“ und behaupten dies einfach. Dies ist, so meine Informationen und hier vielfach mit Quellen belegt, weder richtig (die Staaten in Osteuropa sind souverän in ihren Entscheidungen, und mussten nie und müssen nicht Putin um Erlaubnis fragen, wie sie sich ausrichten dürfen), noch ist dies der Grund für diesen Angriffskrieg: das ist das simple und verlogene russische Narrativ, die wirklichen Ursachen sind - so zeigen die meisten seriösen Quellen -
- der demographische Zustand Russlands,
- seine fehlende Wirtschaftskraft (dazu braucht er Europa),
- sein Revanchismus,
- seine imperialen Gelüste,
- sein Willen, mit Autoritarismus seine Macht zu erhalten,
- und daher die Freiheit des Menschen und die Demokratie von seinen Grenzen fern zu halten.
- .
Die Ursachen für diesen brutalen Angriffs- und Vernichtungskrieg haben nicht viel mit dem restlichen Europa zu tun, sehr viel aber mit Russland selbst und seiner fehlgeleiteten Elite.
Das Motto, der andere trägt an dem Schuld, was ich tu, ist psychologisch ein sehr infantiles.
Der Täter ist der Täter und bleibt der Täter.
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Sie schreiben: „Auch dies wenn man so will eine Vorgangsweise wie eben Geopolitik so ist“: das ist faktisch falsch: so ist Geopolitik (was immer Sie darunter verstehen) nicht, so ist Russland unter Putin, so ist Putin, so ist das russische Narrativ, das Sie vollumfänglich übernehmen, wie sich zeigt und wie Sie beharren.
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Sie schreiben: „Russland vernichten“: niemand will Russland vernichten, das ist auch so ein russisches Narrativ, eine russische Paranoia: sehr wohl aber will Russland die Ukraine vernichten - das ist Fakt. Täglich.
Niemand will in Russland einmarschieren, niemand will Russland bekriegen: Russland aber droht der ganzen Welt mit (hybridem) Krieg - auch das ist Fakt. Täglich.
Sie erkennen die Täter-Opfer-Umkehr, die Sie hier vorlegen?
Ich weiß, dass es ziemlich aussichtslos ist, jemandem, der ideologischen oder verschwörungstheoretischen Narrativen erlegen ist, mit Argumenten einen andere Sichtweise aufzuzeigen: es wird nicht gelingen. Darum sei wenigstens der Versuch gewagt, auf unrichtige und sich widersprechende Aussagen in diesem unseligen paranoiden Narrativ Putins hinzuweisen:
Putin sagte vor der versammelten Politelite am 21. April 2021 in der „Manezh Central Exhibiton Hall“ in Moskau drastische Worte, um die dramatische Situation seines Landes zu beschrieben: „Die demographische Entwicklung ist ein Notfall“. Die Dinge seien nun leider einmal so. Dies gelte es zu akzeptieren, man müsse den Umstand zugeben und *etwas* dagegen unternehmen.
Er unternimmt gerade etwas dagegen:
https://www.salto.bz/de/comment/113662#comment-113662

Aber auch Putins ureigene Worte und Putins ureigene Absicht, in Moskau geäußert, werden Sie nicht akzeptieren.

Di., 01.11.2022 - 15:49 Permalink
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Peter Gasser Di., 01.11.2022 - 17:38

"Das ist kurz gesagt, der Stand, der wie gesagt, nicht viel anders dargestellt werden kann".
Ich weiß, es kommt bei ihnen nicht an: dies ist lediglich Ihre Meinung (Meinung!), die Sie mit einem Buch und einer Theorie zu untermauern versuchen.
Diese Ihre Meinung ("das ist kurz gesagt, der Stand") ist in meinen Augen, nach meinen Recherchen und der vielen Fachartikel und Bücher, welche ich beilegte, unrichtig - und nichts als das Narrativ Putins oder Russlands, ganz wie man will.
In diesem Narrativ gibt es keine souveränen Staaten, keine UNO-Verträge, keine Menschenrechte, keine freie Entscheidung von Menschen, Völkern, Staaten - in diesem Narrativ gibt es nur das Recht des Stärkeren.
Was für eine gewalttätige Welt voller Kriege und Kriegsverbrechen, voller Vernichtung, Mord und Totschlag würde uns erwarten, würde dieses ihr Narrativ, nach dem der Stärkere alles darf und der Schwächere sich zu fügen hat, durchsetzen.
Mit derselben Ihrer Argumentation müssen wir dann Moldavien und Georgien aufgeben, dann Rumänien und Bulgarien, das Baltikum, Polen, letztlich uns selbst: immer gilt Ihr Narrativ.
Putin führt dann - wie er sagt - Russland zurück in seine Grenzen von 1914. Auch wenn das keines der Völker, welche er unterjochen oder auslöschen will, möchte.
.
Natürlich ignorieren Sie weiterhin alle anderen Hinweise, im besonderen die Worte Putins selbst.
Sie wollen hier einer kleinen Minderheitenmeinung, welche ausschließlich und völlig dem russischen Narrativ folgt, Allgemeingültigkeit geben, indem Sie vor der großen Mehrheit der Forschung der letzten 15 Jahre zur Ukraine und allem, was Putin selbst sagt und tut, die Augen und Ohren verschließen.
Natürlich dürfen Sie dies - es macht den Blick der anderen, auch meinen, umso klarer - und, im Sinne des einleitenden Gedichtes dieses Artikels, umso dringlicher, nur ja nicht nachzugeben.
Jede Generation, jede Zeit muss die Freiheit immer wieder neu definieren und verteidigen.
Heute tut dies die Ukraine mit dem Blut seiner Bürger, und wir helfen mit Sachlieferungen, Geld und Waffen, so gut wir es eben vermögen.
Wehret diesen "Führern", sie brachten immer nur und bringen nur Unheil!
Slava Ukraini.

Di., 01.11.2022 - 17:38 Permalink
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Salto User
Manfred Gasser Di., 01.11.2022 - 22:09

Und Sie glauben wirklich, dass Russland aus den besetzten Gebieten, und ich meine alle besetzten Gebiete, abziehen würde, wenn die Ukraine einer Neutralität, und einer weitreichenden Autonomie dieser Gebiete zustimmen würde? Sie glauben wirklich, dass Putin aus diesem Krieg als Verlierer aussteigen kann, ohne seinen Anspruch auf die totale Macht in Russland zu verlieren? Ich denke, er kommt da nicht mehr raus, nicht mal wenn er es wollte. Ich denke, er muss diesen Krieg gewinnen, um an der Macht zu bleiben, und genau das macht ihn so gefährlich.

Di., 01.11.2022 - 22:09 Permalink
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Ludwig Thoma Mi., 02.11.2022 - 20:36

Whatever it takes? Heißt das, dass ich mich schon mal darauf einstellen kann, dass ich mich dem Vorwurf aussetzen muss, der Kreml Propaganda auf den Leim gegangen zu sein, weil ich den atomaren Erstschlag gegen Russland nicht bedingungslos gut heiße?

Mi., 02.11.2022 - 20:36 Permalink
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Peter Gasser Do., 03.11.2022 - 09:10

Antwort auf von Ludwig Thoma

Ich versuche, positiv zu bleiben, und in Ihrem Extremismus und Ihrer Lust auf Angriff, Streit und Eskalation Ihre eigentlichen Beweggründe zu erfassen: einer Ahnung, was mit Ihnen los ist und was Ihre eigentlichen Ziele sind, kann ich mich nicht verschließen. Es sei aber hier unerwähnt.
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Zur Sache (ich gehe davon aus, dass Sie das eigentlich erfassen, andernfalls ist eh jedes Wort umsonst):
“Whatever it takes?” gilt selbstredend stets im Kontext. Wenn ich einem Freund in Sorge&Not sage, ‘was immer du brauchst, was immer nötig ist, mit dem stehe ich dir bei’, dann meine ich nicht, dass ich für ihn eine Bank ausraube, einen Mord begehe, oder mich selbst verleugnen würde. Wer klaren und reinen Herzens ist, für den versteht sich (dieser gesetzlich-moralische) Kontext von selbst.
Zudem begehen Sie in meinen Augen wieder offensichtliche Täter-Opfer-Umkehr (Ihr “Steckenpferd”, darin sind Sie gut, so meine Meinung), indem Sie dem Westen, dem Schreiber, den Erstschlag mit Atomwaffen vorhalten, obwohl diese die Verwendung von Atomwaffen mehrfach und kategorisch ausgeschlossen haben, dies sogar, sollte Russland solche Atomaren Waffen taktisch einsetzen. Dem entgegengesetzt haben Russland, Putin, Medwedew, Staatsfernsehen seit dem 24. Februar bereits über 100 Mal mit dem Einsatz von Atomwaffen gedroht.
Diese Täter-Opfer-Umkehr erscheint mir, nein nicht nur, sie ist verwerflich.
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Sie kritisieren NICHT den Täter, der etwas 100fach androht, Sie versuchen krampfhaft das Opfer zu kritisieren, dem dies angedroht wird, das seinerseits sogar die atomare Antwort ausschliesst: geht es entlarvender? Ich meine: nein!
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Natürlich stehen Sie der Kremlpropaganda zur Seite, wie sich in diesem Kommentar zeigt. Ich nehme Ihren Zynismus auf und sage, Sie zitierend (siehe oben): “Ich bin sprachlos ob solch inhaltlich fundierter Kritik”.

Do., 03.11.2022 - 09:10 Permalink
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Ludwig Thoma Do., 03.11.2022 - 21:24

Antwort auf von Peter Gasser

Ich habe nur gefragt, niemandem etwas vorgehalten, keine Täter Opfer Umkehr und was Sie sonst noch alles in meine Frage hinein interpretieren. Aber danke für Ihre Erklärungen. Ich kann nur hoffen, dass es dabei bleibt, dass man selbst den Zweitschlag ausschliesst und nicht irgend ein Politiker mit einer "Zeitenwende" aufwartet.

Do., 03.11.2022 - 21:24 Permalink
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Ludwig Thoma Fr., 04.11.2022 - 13:46

Antwort auf von Manfred Klotz

Die Nato „muss die Möglichkeit eines Atomwaffeneinsatzes durch Russland ausschließen. Wichtig ist aber – ich wende mich wie vor dem 24. Februar deshalb an die Weltgemeinschaft – dass es Präventivschläge sind, damit sie wissen, was ihnen blüht, wenn sie sie anwenden.“ Er betonte: „Nicht umgekehrt: Auf Schläge von Russland warten, um dann zu sagen: ‚Ach du kommst mir so, dann bekommst du jetzt von uns‘“.
https://www.welt.de/politik/ausland/article241463085/Selenskyj-irritier…
Selenski wurde natürlich falsch verstanden.

Fr., 04.11.2022 - 13:46 Permalink
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Manfred Klotz Fr., 04.11.2022 - 16:15

Antwort auf von Ludwig Thoma

Steht sogar im Artikel, den Sie verlinkt haben: "Selenskyjs Sprecher Serhij Nykyforow betonte umgehend, dessen Forderung sei falsch verstanden worden. Der ukrainische Präsident habe lediglich gesagt, vor dem 24. Februar – dem Beginn des russischen Angriffskriegs gegen die Ukraine – seien Präventivmaßnahmen nötig gewesen, um den Krieg zu verhindern."
Außer Sie wissen besser als sein Sprecher oder sogar Selenskyj selbst, was Selenskyj eigentlich sagen wollte.

Fr., 04.11.2022 - 16:15 Permalink
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Peter Gasser Do., 03.11.2022 - 00:18

Es gibt nur einen, der den Krieg ständig ausweitet: Putin. (kein einziger ukrainischer Soldat steht auf russischem Boden).
Sie verstehen meiner Ansicht nach nicht, dass völlig unbedeutend ist, was WIR tun oder wollen, Putin entscheidet nach SEINER Agenda, nicht nach unserer. Putin will imperial erobern, sein Ziel ist Russland 1914.
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Sie ignorieren einfach die wirklichen Kriegsgründe, welche Putin antreiben.

Do., 03.11.2022 - 00:18 Permalink
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Peter Gasser Do., 03.11.2022 - 10:55

... es macht nix, es hilft nix: Sie bleiben bei Ihrem russischen Narrativ - und stellen weiterhin Meinung als Behauptung dar.

Obwohl ich Ihre Links und Bücher recherchiere und mich damit auseinandersetze, tun Sie dies mit den von mir angegebenen Fachexpertisen und Büchern nicht. Sogar Aussagen Putins selbst scheinen Ihnen, so zeigt es sich, unbedeutend und irrelevant; was für Sie offensichtlich einzig zählt, ist nur das propagandistische (und meiner Auffassung nach in weiten Teilen unrichtige und vielfach belegt nicht ursächliche) ewige Narrativ der Geoploitik, in der der Starke alles darf und der Schwache alles erdulden muss, weder Eigenständigkeit noch Souveränität haben darf.
.
Sagen Sie, gibt es das ukrainische Volk, und darf dieses als Staat selbst entscheiden, was es möchte: nach der rückständigen, imperialen, autoritären und von Geheimdiensten gesteuerten “russischen Welt”, oder - nachdem über 10 Jahre Millionen Ukrainer im ‘Westen’ gearbeitet haben, un diese unsere Welt kennenlernten -nach der ‘westlichen freien Lebensart’, nach der auch Sie und ich leben?

Do., 03.11.2022 - 10:55 Permalink
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Peter Gasser Do., 03.11.2022 - 14:52

Hilflos.... Zitat: “Die einfachen von den Staatsmedien präsentierten und von manchen denen nachbetenden Experten präsentierten "Wahrheiten" genügen”:
Um Ihre Diktion aufrechtzuerhalten, beten jetzt Experten (Soziologen, Historiker, Militäristoriker, Experten verschiedenster Fachgebiete) und Autoren von Sachbüchern die Journalisten von “Staatsmedien” nach (anders als in Russland sind bei uns Staatsmedien nur ein kleiner Teil des Medienspektrums), und nicht, was natürlich Wirklichkeit ist, informieren Medien über das was Fachleute und Autoren sagen.
.
Sie meinen das jetzt wirklich so: Experten und Autoren von Büchern rufen bei Staatsmedien an und fragen dort, was sie schreiben sollen?
Krass... wir müssen den Dialog wohl doch lassen, das ist mir zu hahnebüchen... das ist Verschwörungstheorie in Reinkultur - da steige ich aus.

Do., 03.11.2022 - 14:52 Permalink
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Profil für Benutzer Stefan S
Stefan S Do., 03.11.2022 - 17:56

Antwort auf von Peter Gasser

"da steige ich aus."
Wundert mich eh schon wieviel Geduld und Zeit Sie mit dem Schwurbler FF hier aufbringen.
FF geht in keinster Weise auf Argumente und Fragen ein und betet immer den gleichen Mist runter welcher sogar noch direkt von anderen Schwurbelkanälen einkopiert wird.

Do., 03.11.2022 - 17:56 Permalink
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Profil für Benutzer Ceterum Censeo
Ceterum Censeo Do., 03.11.2022 - 21:49

Antwort auf von Peter Gasser

"Die einfachen von den Staatsmedien präsentierten und von manchen denen nachbetenden Experten präsentierten "Wahrheiten"

das ist eben Unsinn - danke Herr Gasser, es gibt nicht "Die Staatsmedien", wir haben keine Gleichschaltung.
Die Gleichschaltung hat man aber in Russland, und von deren Medien übernehmen die angeblich Erleuchteten ihre Lügen.

Do., 03.11.2022 - 21:49 Permalink
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Profil für Benutzer Manfred Klotz
Manfred Klotz Do., 03.11.2022 - 15:19

Ja die Verhandlungen hätte vielleicht schon früher beginnen sollen. Etwa 2014 als Russland gar nicht mal so versteckt bereits in den Donbass einmarschiert ist. Und Sie sehen, der Urheber des Konflikts ist immer der gleiche, auch wenn Sie noch so krampfhaft versuchen das Vorgehen Putins zu verteidigen.

Do., 03.11.2022 - 15:19 Permalink
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Profil für Benutzer Ludwig Thoma
Ludwig Thoma Do., 03.11.2022 - 20:37

Antwort auf von Manfred Klotz

@klotz, interessanter Link.
Precht/Welzer schreiben in ihrem Buch unter anderem, dass zum Zeitpunkt des "offenen Briefes" gegen Waffenlieferungen an Scholz laut Umfragen über 40% der Befragten gegen direkte Waffenlieferungen von Deutschland an die Ukraine waren. In den Talkshows wurden die "Intellektuellen" aber als Vertreter einer absoluten Randgruppe dargestellt. Einen Meinungsaustausch und eine Debatte gibt es nicht mehr. Bei Lanz &co. kann dann einer gegen 4 andere (oft samt Talkmaster) seinen Standpunkt darlegen und wird zwangsläufig schlecht aussehen. Die über 40% werden ganz einfach nicht mehr repräsentiert (egal ob sie jetzt richtig oder falsch liegen) und wenden sich "alternativen" Medien zu, was schädlich für die Demokratie ist, so eine These im Buch.

Do., 03.11.2022 - 20:37 Permalink
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Peter Gasser Do., 03.11.2022 - 21:56

Antwort auf von Ludwig Thoma

Betrachten wir gemeinsam die Konsequenz nicht erfolgter Unterstützung der Ukraine mit Waffen:
die gesamte Ukraine wäre längst erobert, ein Terrorregime würde alle Ukrainer gewaltsam zu braven Russen machen, Unfreiheit und Kolonialismus die Zukunft; Georgien und Moldavien wäre ebenfalls erobert, Rumänien und Bulgarien auch, in Finnland begänne der Krieg, das Baltikum ist gefallen: nun steht Putin vor Polen, und mit derselben Begründung wie bei der Ukraine wird auch Polen nicht unterstützt: schließlich darf man Putin nicht reizen, und eine Atommacht verliert sowieso nie einen Krieg...
...ja, da hätten wir heute das tausendjährige hüddler’rsche Reich in Europa, hätte man auch damals so gedacht.
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... mit Vollgas zurück ins 19. Jahrhundert, nicht Rechtsstaatlichkeit und internationale Verträge, sondern völkischer Wahnsinn und unberechenbare Tyrannen. Gott bewahre uns vor einer putinschen Welt.
Slava Ukraini.

Do., 03.11.2022 - 21:56 Permalink