Politik | SVP-Spenden

Die zugespielte Liste

„Welche Gegenleistungen gab es für Kompatscher-Werbung?“, fragt Sven Knoll. Grund dafür ist die vollständige Spenden-Liste, die der Süd-Tiroler Freiheit zugespielt wurde.
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Foto: Salto.bz
Sven Knoll, Landtagsabgeordneter der Süd-Tiroler Freiheit und Mitglied des Untersuchungsausschusses „WIRNEUSNOI“, hat heute (18. November) gemeinsam mit seiner Parteikollegin Myriam Atz Tammerle die Medien überraschend zu einer Pressekonferenz eingeladen – mit der Ankündigung, dass nun die gesamte Spendenliste der SVP für die Landtagswahlen 2018 vorliege. Diese sei ihm anonym zugestellt worden, wie Knoll auf Nachfrage von Salto.bz mitteilte und dabei bemerkte, dass es offensichtlich einige in der SVP gestört habe, dass die Anfrage des U-Auschusses auf Anhörung der Mitglieder des SVP-Spendenkomitees abgeblockt wurde.
Bei dieser Liste handelt es sich um jene Spenden, die unterhalt der 5.000 Euro-Grenze liegen und somit per Gesetz auch nicht veröffentlicht werden müssen. Wie die Abgeordneten Knoll und Atz Tammerle bekräftigten, gehe es nicht darum, einzelne Namen preiszugeben, denn Parteispenden an sich seien nicht illegal und in keinster Weise anrüchig. Eine lückenlose Aufklärung müsse jedoch erfolgen, wenn Spenden an Parteien mit Gegenleistungen verbunden werden oder sogar der Verdacht besteht, dass für diese Spenden über Umwege öffentliche Gelder verwendet werden. Wer auf die Nennung von Ross und Reiter bzw. der Namen wartete, wurde jedoch enttäuscht. Diese will die Süd-Tiroler Freiheit aus Privacy-Gründen nicht öffentlich machen, einsehbar ist lediglich die geschwärzte Liste. Die Liste mit den Namen wird an den Präsidenten des Untersuchungsausschusses sowie an den Rechnungshof weitergeleitet, kündigten die beiden Abgeordneten an.
 

Vorgeschichte

 
Im Zuge der Veröffentlichung des Buches „Freunde im Edelweiß“ der beiden Autoren Christoph Franceschini und Artur Oberhofer, in welchem detailliert der Skandal rund um die SAD nachgezeichnet wurde, rückten die Spenden für die SVP während des Landtagswahlkampfes 2018 zunehmend in den Fokus. Ein weiterer Skandal schien aufgedeckt, als ein Teil der Spenderliste veröffentlicht wurde und auch seinen Nachhall in der ausländischen Presse fand. In den verschiedenen Medienberichten wurde unter anderem der Verdacht geäußert, dass der Wirtschaftsberater Heinz Peter Hager mehrfach Spenden getätigt haben soll – was dieser im übrigen auch im Rahmen einer Pressekonferenz zugegeben hatte.
 
 
 
So erklärte Hager im März, dass er insgesamt 35.675 Euro, aufgeteilt auf mehrere Beträge unterhalb der 5.000-Euro-Grenze gespendet habe. Hager hat in ebendieser Pressekonferenz den angeblichen Spenden-Skandal als Ablenkungsmanöver bezeichnet, um vom eigentlichen Skandal abzulenken. Die Oppositionsparteien und Medien witterten jedoch einen handfesten Skandal und forderten die Einrichtung eines Untersuchungsausschusses, welcher insbesondere prüfen sollte, ob es 2018 für die Wahlaufrufe für Arno Kompatscher und für die Wahlkampfspenden an die SVP Gegenleistungen gegeben habe. Unter Vorsitz des Landtagsabgeordneten des PD, Sandro Repetto, hat der Untersuchungsausschuss „WIRNEUSNOI“ seine Arbeit aufgenommen und unter anderem 240 Personen einen Fragebogen zukommen lassen, welche Landeshauptmann Arno Kompatscher im Zuge der Aktion „Wir für Arno“ öffentlich unterstützt haben. Auch bei der österreichischen Korruptionsstaatsanwaltschaft wurden Protokolle angefordert, die Hinweise auf verdächtige Geldspenden an die SVP enthalten sollen. Wie Knoll erklärte, sei die Arbeit des Untersuchungsausschusses mehrfach behindert worden, so sei beispielsweise die Befragung von bestimmten Personen blockiert und verweigert worden – laut Knoll habe er so etwas noch nicht erlebt.
 

Spende gegen Gegenleistung?

 
Doch was steht Brisantes in dieser Liste drinnen? Zum einen natürlich die Namen der Spender und zum anderen die Namen jener Personen, welche die Spenden gesammelt haben. Bekannt geworden sind diese bereits im Frühjahr, als die Spendenliste mit den Summen über 5.000 Euro veröffentlicht wurde: Karl Heinz Hager, Karl Zeller, Thomas Widmann, Patrick Bergmeister und Daniel Alfreider. Ebenfalls bekannt geworden ist im Zuge dieser Veröffentlichung, dass ein großer Teil der Spenden für den Wahlkampf von Landeshauptmann Arno Kompatscher verwendet wurde – die Süd-Tiroler Freiheit spricht von einer halben Million Euro.
 
Wir sind auf Auffälligkeiten gestoßen.
 
„Weiters sind wir auf Auffälligkeiten gestoßen“, so Knoll, der damit mehrere Beträge knapp unter der 5.000-Grenze ansprach. Diese stammten zwar von mehreren Betrieben, seien aber einem einzigen Unternehmen zuordenbar – man braucht nicht lange raten, wer damit gemeint ist – und Knoll spricht denn auch offen die Rolle von Heinz Peter Hager an, den er als „Statthalter“ von René Benko bezeichnet, gegen welchen in Österreich die Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft ermittelt.
 
 
 
Aber auch weitere Spendernamen haben die Abgeordneten der Süd-Tiroler Freiheit stutzig gemacht, die in der Folge die Namen mit Beitragsvergabgen des Landes abgeglichen haben. „Bei einer ersten Kontrolle der Spenderliste fällt auf, dass es sich dabei oft um Personen und Unternehmen handelt, die immer wieder im Kontakt mit der öffentlichen Verwaltung stehen und von dieser Genehmigungen, Aufträge und sogar Beiträge erhalten haben“, erklärt der Abgeordnete der Süd-Tiroler Freiheit und stellt gleichzeitig die Frage, ob die Spenden aus reinster Liebe zur Partei getätigt wurden oder ob es dafür eine Gegenleistung gegeben hat. Als Beispiel wurden die Spenden von Skigebieten genannt, die in der Liste aufscheinen. 
 
Dieselben Skigebiete, die direkte Spenden an den Landeshauptmann und einzelne Landesräte zahlen, bekommen kurz davor und danach öffentliche Beiträge ausbezahlt.
 
„Dieselben Skigebiete, die direkte Spenden an den Landeshauptmann und einzelne Landesräte zahlen, bekommen kurz davor und danach öffentliche Beiträge ausbezahlt“, so Knoll, der zudem erklärte, dass der Vertreter eines ungenannten Skigebietes ihm geraten habe, sich die Höhe der Beitragssummen anzusehen. Auch eine Marketingfirma, die großzügig spendet, habe kurz darauf einen Auftrag von der Landesregierung erhalten. „Merkwürdige Zufälle“, wie Knoll erklärt. Nun liege es am Rechnungshof zu prüfen, inwiefern die vergebenen Beiträge rechtmäßig verwendet bzw. ob die Höhe der ausbezahlten Beiträge gerechtfertigt waren, so Knoll, der erklärte, dass die Süd-Tiroler Freiheit einen Antrag stellen wird, die in der Liste genannten Personen und Unternehmen im Ausschuss vorzuladen. „Von der Landesregierung erwarten wir uns zudem eine transparente Offenlegung aller finanziellen Beiträge, Aufträge und Genehmigungsverfahren, die im Zusammenhang mit den Spendern stehen“, so Knoll und Atz Tammerle.
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Elisabeth Garber Sa., 19.11.2022 - 08:44

Atz Tammerle war so angetan, im Zentrum von Mikrophonen und Kameras zu stehen, dass ihr Dauerlächeln einen ziemlich eigenartigen (milde gesagt) Zug annahm.

Sa., 19.11.2022 - 08:44 Permalink
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Karl Trojer Sa., 19.11.2022 - 11:02

....fairer Weise müsste Herr Sven Knoll auch die Liste eventueller Spenden an die Süd-Tiroler-Freiheit veröffentlichen... Wenn Spendenbeträge an Parteien bis zu 5.000€ gesetzlich zulässig sind, was soll dann die Veröffentlichung einer solchen Liste ? Es dürfte weltweit wohl kaum Einrichtungen geben, die nicht irgendwelche Spenden bekommen. Würde Herr Sven sich selbst als den besseren Landeshauptmann vorschlagen ? .... Die für Arno Kompatscher gespendeten Wahlstützen erscheinen mir gut adressiert zu sein.

Sa., 19.11.2022 - 11:02 Permalink
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Sepp.Bacher Sa., 19.11.2022 - 11:40

Antwort auf von Karl Trojer

Ich bin kein Anhänger der Südtiroler Freiheit; ich finde aber das von Sven Knoll vorgetragene Anliegen berechtigt. Es wird sich nicht nachweisen lassen, aber es wäre schon interessant zu wissen, ob fleißige Spender von der Landesregierung bei Projekten oder Ansucher bevorzugt werden. Haben z. B. die vom Skigebiet Klausberg fest bezahlt, dass sie zu Zeiten des Klimawandels noch größere Waldflächen roden dürfen?
Einerseits gibt die Landesregierung viel Geld für diesbezügliche Veranstaltungen aus und der LH tourt durch Südtirol um zu sensibilieren und auf der anderen Seite werden solche Projekte genehmigt und großzügig finanziert.
Die Oppositiion hat die Aufgabe, solche Themen auf zu greifen, ohne dass Sven Knoll deswegen Landeshauptmann werden wollte. Und Spenden an eine Oppositionspartei sind meistens magerer und haben eine andere Funktion. Z.B. Herr Knoll kann niemals über Genehmigungen oder Finanzierungen von Projekten entscheiden, da könnte eine interessierte Person oder Gesellschaft noch so viel über Innsbruck an die Südtiroler Freiheit bezahlen!

Sa., 19.11.2022 - 11:40 Permalink
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Manfred Klotz Mo., 21.11.2022 - 07:21

Antwort auf von Sepp.Bacher

Es geht nicht um die Höhe der Spende, sondern in diesem Fall um die Tatsache, dass die STF offenbar Parteispenden am Fiskus vorbei manövriert und auf der anderen Seite das Spendensystem der größten Regierungspartei kritisiert. Die Liste ist ohne Aussagekraft, wenn er nicht gleichzeitig beweisen kann, dass tatsächlich Vorteile damit erwirkt wurden. Ansonsten ist es nur eine Vorverurteilung, ein populistischer Schachzug von beispielloser Geschmacklosigkeit.
Denn was ist denn mit dem häufigen Vorpreschen von Knoll und Atz Tammerle in Angelegenheite, die sie persönlich betreffen?

Mo., 21.11.2022 - 07:21 Permalink
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△rtim post Sa., 19.11.2022 - 11:08

Der Auftritt der STF erscheint mir eher ein Schnellschuss zu sein. Man müsse die Liste selbst erst noch genauer prüfen, auswerten, hieß es. Es ist für Sven Knoll und Myriam Atz Tammerle zu hoffen, dass sie mit dieser ihnen zugegangenen neuen Liste nicht nur plump reingelegt oder instrumentalisiert werden sollen. Erinnert mich jedenfalls ein wenig an Schach, bei dem es auch die Falle mit dem "giftigen Bauern" gibt.
Denn dass ausgerechnet ein Kompatscher so dumm gewesen sein soll, persönliche Direktspenden anzunehmen, darf man bezweifeln. Zumindest einmal.
Interessant wäre zu erfahren: Weicht diese nun der Süd-Tiroler Freiheit zugespielte SVP - Südtiroler Volkspartei-Spenderliste von der vorangegangenen bekannten ab?
Persönliche Direktspenden an Arno Kompatscher und etv. Verquickungen, wie behauptet, hätten wohl tatsächlich eine neue Dimension.
Bereits die Annahme, dass 2018 Organisator(en) der Spenden – auch aufgrund der anschließenden erfolgten parteiinternen Verteilung und Begünstigung Kompatschers – dies völlig selbstlos und ohne jedwede Eigeninteressen gemacht haben, wurde selbst von der SVP so nicht von allen geglaubt und war/ist Skandal. Auch, wenn man selbst von Seiten bestimmter Medien seither nicht müde wird, zu behaupten, das sei in Ordnung.

Sa., 19.11.2022 - 11:08 Permalink