Politik | Wohnbauförderung

Lochers Wohnbauhilfe

Franz Locher hat in das neue Wohnbauförderungsgesetz eine Bestimmung geschmuggelt, die das Vorgehen von Manfred Vallazza gesetzlich verankert. Und die SVP stimmt zu.
Consiglio, Landtag
Foto: Consiglio Provinciale
Bauern helfen sich untereinander. Wie weit diese bäuerliche Notstandshilfe innerhalb der SVP-Fraktion geht, zeigt sich jetzt am Fall Vallazza.
Manfred Vallazza und Franz Locher sind nicht nur politisch, sondern auch privat eng befreundet. Der Sarner SVP-Landtagsabgeordnete hat jetzt still und leise eine Gesetzesänderung eingebracht, die das Vorgehen der Familie Vallazza nicht nur sanieren, sondern für die Zukunft auch gesetzlich verankern soll. Die Änderung wurde vorvergangene Woche im zuständigen Gesetzgebungsausschuss des Landtages von der SVP-Mehrheit genehmigt.
Damit soll genau das Gesetz werden, was die Volkspartei angeblich bekämpfen und abschaffen will: jene Möglichkeit, mit der superschlaue Bauern an ihrem Wohnort über sogenannte Mikrozonen und den geförderten Wohnbau auf Kosten der Allgemeinheit zu besonders günstigen Eigenheimen für ihre engsten Verwandten kommen.
 
 
 
Die Kontroverse um die fehlende finanzielle Deckung des neuen Wohnbauförderungsgesetzes und der Streit zwischen der zuständigen Landesrätin Waltraud Deeg und Landeshauptmann Arno Kompatscher haben Einiges an medialer Aufmerksamkeit erfahren. Das SVP-interne Gemetzel bei der Behandlung des Gesetzes im vierten Gesetzgebungsausschuss hat selbst die Oppositionsvertreter in Erstaunen versetzt.
Im Schatten des Konflikts zwischen Deeg und Kompatscher hat die Bauernfraktion in der SVP einen Schachzug getan, der genau das Gegenteil von dem bewirkt, was vorher großmäulig angekündigt wurde.
Doch im Schatten dieses Konflikts hat die Bauernfraktion in der SVP einen Schachzug getan, der genau das Gegenteil von dem bewirkt, was vorher großmäulig angekündigt wurde.
 

Das geplante Verbot

 
Der Fall Vallazza braucht nicht mehr geschildert zu werden.  Tatsache ist, dass vor allem die SVP-Arbeitnehmer sich nach Bekanntwerden der Affäre damit gebrüstet haben, bereits einen Abänderungsantrag zum neuen Wohnbaugesetz eingebracht zu haben, der solchen Tricksereien in Zukunft einen Riegel vorschieben soll.
 
 
 
 
Im ursprünglichen Gesetzesentwurf, den die SVP-Abgeordneten und ArbeitnehmervertreterInnen Helmuth Renzler, Waltraud Deeg, Magdalena Amhof und Paula Bacher eingebracht hatten, stand auch ein kleiner, unscheinbarer Absatz. Mit Artikel 2, Absatz 7 des Gesetzentwurfes soll ein Zusatz in das geltende Wohnbauförderungsgesetz eingefügt werden. Der Text:
 
„Die Zuweisung eines geförderten Baugrundes in demselben Mischgebiet an die vorigen Eigentümer der enteigneten Flächen oder an deren Verwandte und Verschwägerte ersten und zweiten Grades ist nicht zulässig.“
 
Mit dieser Änderung sollte eine Immobilien-Operation, wie sie Manfred Vallazza gleich dreimal durchgezogen hat, nicht mehr möglich sein.  Im erklärenden Teil des Gesetzentwurfes stand als Begründung für diese Gesetzesänderung: „Um die Gewährleistung des öffentlichen Interesses zu sichern“.
Im Gesetzesentwurf 166/22, der demnächst im Landtag behandelt werden soll, ist von diesem Absatz aber nichts mehr zu finden.
 

Lochers Abänderung

 
Der Grund dafür ist einfach. Franz Locher hat einen Abänderungsantrag eingebracht, der genau das Gegenteil festlegt.
Demnach heißt es in Artikel 87 Absatz 7 des neuen Wohnbaugesetzes jetzt:
 
„Die Gemeinden oder ihre Verwaltungsgemeinschaften weisen die erworbenen Flächen nach den Vorschriften dieses Gesetzes zu und lasten dem Eingewiesenen, unbeschadet der Bestimmungen laut Absatz 5-bis des vorliegenden Artikels, einen Betrag in Höhe des dem Land für den Ankauf der Flächen rückzuerstattenden Betrags an. Wenn für das von der Zuweisung betroffene Mischgebiet folgende drei Bedingungen gleichzeitig zutreffen, entspricht der Zuweisungspreis dem doppelten des rückzuerstattenden Betrages:
 
a)  es handelt sich bei den Eingewiesenen um die vorigen Eigentümer der Flächen oder deren Verwandte und Verschwägerte ersten Grades;
b)  die urbanistischen Planungsinstrumente behalten mehr als 60 Prozent der Fläche bzw. der Baumasse für den geförderten Wohnbau oder Wohnungen mit Preisbindung vor;
c)  mit 40 Prozent der Fläche bzw. der Baumasse des Mischgebietes hätte für den vorigen Eigentümer eine Wohnung von wenigstens 495 Kubikmetern realisiert werden können.“
 
 
 
 
Der für Laien schwer verständliche Text ist eine perfekt austarierte Bestimmung, die auch in Zukunft das Gadertaler System der Mikrozonen und der Zuweisung von geförderten Bauland an die Schwester, den Bruder oder den Schwager der ursprünglichen Grundbesitzer ermöglicht. Klar dürfte auch sein, dass dieser Abänderungsantrag wohl kaum aus der Feder eines Sarner Bauern und Landtagsabgeordneten stammt.
Die Folge: Der Fall Vallazza wäre nach dieser Bestimmung völlig legal.
Auch die Einschränkung auf 495 Kubikmeter ist eine völlige Augenauswischerei. Denn für eine 110 Quadratmeter große Wohnung oder ein Wohnhaus bedarf es zwischen 350 und 400 Kubikmeter. Demnach ist es kein Problem, unter dieser Grenze zu bleiben.
 

Die Streichung

 
Um diese bauernschlauen Schachzug umsetzen zu können, musste aber vorher der ursprünglich geplante Artikel aus dem Gesetzentwurf verschwinden. Und das schaffte man im Gesetzgebungsausschuss nur mit Hilfe von Paula Bacher.
 
 
 
Die Abstimmung zur Streichung des Antrages ging im Ausschuss zunächst mit 4 Ja- und vier Neinstimmen aus. In diesem Fall ist die Stimme der Vorsitzenden ausschlaggebend.
Danach winkte die SVP- Mehrheit den neuen Locher-Artikel durch.
Diese 1Vorgangsweise zeigt exemplarisch, wie die Bauernfraktion unterm Edelweiß arbeitet. Still und leise setzt man die eigenen Interessen durch. Und die SVP-Arbeitnehmer wie Waltraud Deeg, Helmut Renzler oder Paula Bacher assistieren dabei und heben brav das Händchen.
Im vierten Gesetzgebungsausschuss sitzt auch Manfred Vallazza. Der Gadertaler SVP-Abgeordnete stimmte bei diesen Abstimmungen natürlich mit.
Das Wort Interessenkonflikt scheint es im Ladinischen nicht zu geben.
 
 
Bild
Salto User
Manfred Gasser Do., 24.11.2022 - 15:12

Es geht immer noch schlimmer! Das ähnelt schon stark an diesen süditalienischen Verein mit dem grossen M....! Ich hoffe sehr, dass all diese Machenschaften bis zur nächsten Wahl nicht vergessen werden.

Do., 24.11.2022 - 15:12 Permalink
Bild
Salto User
Günther Alois … Do., 24.11.2022 - 17:07

Meint die SVP tatsächlich das Volk kriegt ihre heimlichen Änderungen in Gesetzen zugunsten ihrer Nutznieser nicht mit? Wiedereinmal ein Skandal den wir Bürger.innen bei den Wahlen 2023 sicher NICHT VRRGESSEN werden.

Do., 24.11.2022 - 17:07 Permalink
Bild
Profil für Benutzer Klemens Riegler
Klemens Riegler So., 27.11.2022 - 14:17

Wohnbauförderung sollte prinzipiell anders aussehen! Wer "Grund" verfügbar hat (egal ob Bauer oder nicht) und dieser aufgrund einer Wohnbau-Notwendigkeit in Baugrund umgewandelt werden kann (entscheiden ja anscheinend die Gemeindestuben im Einvernehmen mit Land), ist eigentlich schon privilegiert genug. Er oder sie baut eh schon viel günstiger als all jene, die auch den Baugrund kaufen müssen. Dass den Herrn Vallazzas dann einige qm Heuwiese fehlen, sollte verkraftbar und vertretbar sein, zumal es sich schließlich um ein Erbteil handeln könnte oder sollte.
"Wohnbau-Förderung" sollte dort eingesetzt werden wo es auch "gefördert" werden muss. Also wo es auch finanziell notwenig ist, um dem Wohnungsmangel entgegen zu wirken.

So., 27.11.2022 - 14:17 Permalink