Politik | Kinderbetreuung

„Vielfältige Antworten“

Nachdem Trient den 11-monatigen Kindergarten eingeführt hat, will auch Südtirol Familien entlasten. Die Frage ist nur wie. Deeg und Achammer wollen dranbleiben.
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Foto: LPA / Fabio Brucculeri
Die Familienpolitik ist ein heikles, aber wichtiges Thema in Südtirol. Mittlerweile sinkt auch hierzulande die Geburtenrate, vergangenes Jahr sind in den fünf öffentlichen Krankenhäusern mit 4.875 Babys um 5,2 Prozent weniger Kinder geboren worden als im Jahr 2021. Gleichzeitig kämpfen Schulen und Betreuungseinrichtungen mit Personalmangel.
Laut der 2022 veröffentlichen Familienstudie von ASTAT wünschen sich über 60 Prozent der befragten Eltern flexiblere und längere Öffnungszeiten von Tagesstätten und Kindergärten sowie mehr Betreuungsdienste für Kinder und Jugendliche während den Schulferien. Wie es gehen könnte, macht inzwischen unsere Nachbarprovinz Trient vor: Sie hat das Kindergartenjahr bereits um 11 Monate verlängert. Die während der Pandemie eingeführte Notfallmaßnahme wurde kürzlich gesetzlich verankert, allerdings sind noch nicht alle Details geklärt.
 
 

Gespräche gestartet

 
Um Familien in ihrem Alltag besser zu unterstützen, haben sich Soziallandesrätin Waltraud Deeg und Bildungslandesrat Philipp Achammer Anfang Februar mit Vertreter*innen der Gemeinden in einer Videokonferenz ausgetauscht. Heute, am 6. Februar, haben sie ihre kurz- und mittelfristigen Maßnahmen für die Kinderbetreuung gemeinsam mit dem Gemeindeverbandspräsident Andreas Schatzer, Landesschuldirektorin Sigrun Falkensteiner und der Direktorin der Familienagentur Carmen Plaseller vorgestellt.
Laut Landesrätin Deeg sind nun drei Ziele notwendig, um Familien in der Betreuung ihres Nachwuchses besser zu unterstützen: Erstens brauche es Planbarkeit und Verlässlichkeit, zweitens die Vernetzung zwischen Gemeinden, Land und externen Partnern sowie drittens bedarfsorientierte Angebote.
„Familien brauchen vielfältige Antworten. Es gibt nicht die eine Lösung, die für alle gut geht“, so Deeg. „Wenn sich die Bereiche vernetzen, gut aufeinander abstimmen und den Familien zuhören, dann schafft man auch das richtige Angebot.“ Landesrat Achammer führt aus: „Unser Wille ist es, hierfür aufeinander zuzugehen: Für eine bessere Vereinbarkeit und ein flexibleres Angebot müssen wir alle Bedürfnisse im Blick haben und alle verfügbaren Ressourcen bündeln.“
Auch die Gemeinden unterstützen dieses Vorhaben bestmöglich, unterstreicht der Präsident des Gemeindenverbandes, Andreas Schatzer, und ergänzt: „Mittel- und kurzfristig gilt es, am Konzept der Ganztages- bzw. Ganzjahresbetreuung weiterzuarbeiten.“ Im Sinne einer familienfreundlichen Zeitpolitik gehe es darum, Synergien zu nutzen und auch schon kurzfristig tätig zu werden, fasst Landesrätin Deeg zusammen.
 

Nächste Schritte

 
Die Direktorin der Familienagentur, Carmen Plaseller, und Landesschuldirektorin Sigrun Falkensteiner haben in der Pressekonferenz gemeinsam die nächsten Schritte vorgestellt: Kurzfristig umsetzbar, im Hinblick auf das Bildungsjahr 2023/24, sei die Koordinierung und Gestaltung familienfreundlicher Betreuungszeiten. Dafür werde der Austausch zwischen Gemeindeverwaltungen und den Direktionen der Kindergärten und der Schulen gefördert. Dies sei eine der Maßnahmen, die von der Arbeitsgruppe Zeitpolitik festgelegt wurde. Zudem unterstütze das Land bei der Organisation von Nachmittagsbetreuung durch außerschulische Träger. Landesschuldirektorin Falkensteiner kündigte des Weiteren an, dass die Übergangsregelung zur Mensaaufsicht für das Schuljahr 2023/24 nach Möglichkeit verlängert werden solle. Damit werde gewährleistet, dass die Aufsicht von den Lehrpersonen als vergütete Überstunden übernommen werden könne.
 
 

Richtung Ganzjahresbetreuung

 
Als mittelfristige Maßnahme sei vor allem eine Analyse zu den Notwendigkeiten geplant, führt Familienagenturdirektorin Plaseller aus. Geplant sei dafür eine landesweite, einheitliche Bedarfserhebung, um dann gemeinsam mit den Gemeinden Lösungen anbieten zu können: „Eine allgemeine Lösung wird es hier nicht geben, es braucht Lösungen vor Ort“, so Plaseller.
Gleichzeitig sei es allerdings nicht möglich in jeder Ortschaft eine Ganztagesbetreuung anbieten zu können: „Wir wollen keine Illusionen verkaufen“, sagt Falkensteiner. Aufbauend auf die Bedarfserhebung soll ermittelt werden, wo zentral gelegene Kindergärten oder Schulen mit stabilem, verlängertem Angebot umsetzbar seien, führt die Landesschuldirektorin aus.
Auch ergänzende Modelle, beispielsweise jenes von Betriebskindergärten, könnten angeboten werden. „Wir werden es nicht schaffen, in jeder Ortschaft ein ganzjähriges Bildungsangebot anzubieten. Es geht aber darum, Sicherheit im laufenden Schuljahr und ein stabiles Angebot für alle beteiligten Seiten garantieren zu können“, hält die Landesschuldirektorin fest.
Um die Betreuungsmöglichkeiten auszubauen, werden laut Deeg auch Gespräche mit den Gewerkschaften notwendig sein. Schließlich sind die Arbeitsstunden, die die Fachkräfte mit den Kindern und Jugendlichen verbringen, in den Kollektivverträgen festgelegt. Mit genaueren Details zu den mittelfristigen Maßnahmen halten sich Achammer und Deeg aber zurück. „Wir wollen den Dialog nicht vorwegnehmen“, so Achammer.
 
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Daniel Kraler Mo., 06.02.2023 - 19:20

Das zentrale Problem fängt schon damit an, dass (auch in diesem Artikel) "ganzjährig Betreuung" und "ganzjähriges Bildungsangebot" nicht klar getrennt wird. Fakt ist nunmal, dass in Südtirol eine politische Entscheidung getroffen wurde, dass der Kindergarten erste Bildungsstufe ist. Demzufolge wurden auch Berufsbilder und Anforderungen definiert:

https://www.provinz.bz.it/verwaltung/personal/downloads/Aufgabenbereich…

https://www.provinz.bz.it/verwaltung/personal/downloads/Aufgabenbereich…

Ich kann nur jedem empfehlen sich diese Berufsbilder mal durchzulesen.
Für reine Betreuungstätigkeit ist das derzeitige Personal meiner Meinung nach jedenfalls überqualifiziert.

Mo., 06.02.2023 - 19:20 Permalink
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Josef Fulterer Di., 07.02.2023 - 06:34

Antwort auf von Martin Mayr

..., "dass die Aufsicht von den Lehrpersonen als vergütete Überstunden übernommen werden könne."
Während Lehrer zurecht die nicht zu unterschätzenenden (... wenn sie dem Bedarf der aus-zu-Bildenden angepasst werden) Unterrichts-Verbereitungs-Zeiten und die Korrekturen der Klassenarbeiten zu ihren Unterrichts-Zeiten vorweisen können, fällt in dieser Hinsicht bei den Kindergarten-Tanten recht wenig an.
Im übrigen Berufsleben sind 1.700 Stunden abzuleisten.

Di., 07.02.2023 - 06:34 Permalink
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Cornelia Brugger Mi., 08.02.2023 - 03:29

Antwort auf von Josef Fulterer

Schon die Bezeichnung, die sie verwenden Herr Fulterer für unser Berufsbild spricht Bände und erklärt warum sich die pädagogischen Fachkräfte für ihre Arbeit dauernd nur rechtfertigen müssen. Bevor sie einen solchen haltlosen Stumpfsinn verbreiten, informieren sie sich bitte über den Bildungsauftrag einer pädagogischen Fachkraft und den damit verbundenen enormen Arbeitsaufwand.

Mi., 08.02.2023 - 03:29 Permalink