Umwelt | Pustertal

Mehr Skilifte für die Alpen

Die Drei Zinnen AG wirbt im Unesco Welterbe mit „unberührter Natur“ – und steht gleichzeitig kurz davor, genau diese mit einem neuen Großprojekt weiter zu erschließen.
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Foto: Gemeinde Sexten
Das Skigebiet 3 Zinnen Dolomites liegt oberhalb von Sexten an der östlichen Grenze zu Tirol und wird von der Drei Zinnen AG betrieben. Noch verbindet nur ein steiler Berghang in der Ödnis das weitläufige Skigebiet mit dem österreichischen Skizentrum Sillian Hochpustertal. Der Plan der Drei Zinnen AG und dem Betreiber des Nachbar-Skigebiets ist es, die beiden Erlebnis-Hochburgen mit einer Skischaukel zu verbinden.
 
 
Die neue Kabinen-Umlaufbahn der Drei Zinnen AG mit einer Förderleistung von bis zu 2.400 Personen pro Stunde soll ihre Talstation neben den Bergstationen von zwei bereits bestehenden Skiliften auf 2.091 Metern Höhe erhalten. Die Bahn führt dann parallel zur neuen Piste über hochalpines Gebiet zur Bergstation am Hochgruben auf 2.535,5 Metern Höhe. Es ist der Grenzkamm zu Österreich. Gleich daneben sollen auf österreichischer Seite zwei Kabinen-Umlaufbahnen vom Talboden aus bis zum Hochgrubenkopf errichtet werden.
Während die Südtiroler Landesregierung das Projekt bereits im Jahr 2020 genehmigte, muss es in Tirol erst noch bewilligt werden. Nachdem die Tiroler Umweltanwaltschaft einen äußerst kritischen Befund zum Bauvorhaben lieferte, muss nun die Vorprüfung bis Ende März abgeschlossen werden, bevor das Verfahren zur Umweltverträglichkeitsprüfung (UVP) eingeleitet werden kann.
 

Kritik am Projekt

 
Allerdings fehlt auf Südtiroler Seite noch das Einverständnis der Sextner Gemeindefraktion Mitterberg. Die eigenverwaltete Bergfraktion hat sich bisher dagegen ausgesprochen, ihren Grund für das Bauprojekt zur Verfügung zu stellen. Aus Kreisen der Fraktion ist zu hören, dass der Unmut über die neue Aufstiegsanlage der Drei Zinnen AG groß ist. Noch ist offen, ob und wann eine Aussprache zwischen dem Betreiber des Skigebiets und der Eigenverwaltung Fraktion Mitterberg stattfindet.
 
 
Auch die Alpenvereine aus Südtirol und Österreich kritisieren das Vorhaben. Die Gemeinden Sexten und Sillian erhoffen sich hingegen mit der Verbindung der Skigebiete einen wirtschaftlichen Zuwachs. „Die Errichtung dieses grenzüberschreitenden Skigebiets wird vor allem aus wirtschaftlicher und touristischer Sicht schon seit Jahren angestrebt. Darüber hinaus ist zu erwarten, dass durch die Verwirklichung dieses Vorhabens maßgebliche Synergien, sowie insbesondere die Schaffung von neuen Tourismusbetrieben und somit die Schaffung von neuen Arbeitsplätzen wohl beiderseits der Staatsgrenze verbunden sind“, erklärt die Gemeinde Sillian in ihrer Stellungnahme zum Projekt.  
Konträr dazu steht die Einschätzung des Südtiroler Alpenvereins (AVS): Er hält „die touristische Erschließung der Südtiroler Bergwelt durch Aufstiegsanlagen für abgeschlossen“. In Bezug auf das eigene Grundsatzprogramm lehnt der Verein die Ausweitung von Intensivtourismus im Alpenraum ab. Das gelte besonders für Gebiete, die für den Naturschutz wertvoll sind.
 

Auswirkungen auf die Umwelt

 
Laut der Stellungnahme des AVS wolle die Drei Zinnen AG, ihre Wasserkonzessionen für die Beschneiung der zusätzlichen Skipiste erneuern, da der Wasserbedarf die aktuell verfügbaren Wasserkonzessionen bei weitem übersteigt. Entnahmegewässer könnten beispielsweise der Fischleinbach und Helmbach werden, der Oberlauf des ersteren wurde als besonders sensibles Gewässer eingestuft.
 
 
Außerdem befürchtet der AVS, dass die am Hochgruben heimischen Hühnervögel Alpen-Schneehuhn, Birkhuhn und Steinhuhn durch den Neubau auf über 2.000 Metern Höhe und den darauffolgenden Pistenbetrieb ihren Lebensraum verlieren. Auch die alpine Vegetation ist bedroht: Die Vegetation von Schuttfluren, Krummseggenrasen und Zwergstrauchheiden wächst nur sehr langsam. Es sei fraglich, ob die sensiblen Gewächse wieder angesiedelt werden können. Krummseggenrasen als auch die Silikat-Schuttfluren gelten laut der Fauna-Flora-Habitat-Richtlinie der EU als geschützter Lebensraum. In seiner Stellungnahme zum Projekt konstatiert der AVS abschließend, dass auf Südtiroler Seite keine ausreichende Gesamtbewertung der Umweltauswirkungen erfolgt ist.
Die Drei Zinnen AG hat indessen Anfang dieses Jahres ihres Ausgleichsmaßnahmen überarbeitetet, da diese von der Landesregierung 2020 als unzureichend beurteilt worden waren. So will sie die Wintersportler*innen des Skigebiets künftig für den Schutz des Schneehuhnhabitats sensibilisieren, den Lebensraum für das Birkhuhn aufwerten und die umliegenden Wälder und Gewässer pflegen und instandhalten. Dazu gehört auch die Kanalisierung der in der Nähe liegenden Klammbachalm, die ihre Abwässer zurzeit in eine Sickergrube leitet.
 
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Dietmar Nußbaumer So., 26.02.2023 - 21:24

Vor Jahren wurde vom "sanften Tourismus" gepredigt, heute hört man nicht mehr sehr viel davon. Dabei gibt es durchaus Tourismusgebiete, die gute Ideen umsetzen.
Etwas anderes: Skigebiet speichern Regenwasser und der Kunstschnee speichert auch dieses Wasser für den Frühjahr. Das Ganze müsste aber nüchtern durchgerechnet werden, wobei alle Kollateralschäden berücksichtigt werden müssten. Statt Nachhaltigkeit labern sollte Nachhaltigkeit ordentlich durchgerechnet werden.

So., 26.02.2023 - 21:24 Permalink
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Franz Ladinser Mi., 01.03.2023 - 06:20

Finde dass quantitatives Wachstum im Tourismus keinen Sinn mehr macht. Reisende wie Bereiste hinterfragen das zunehmend. Die Qualität und Attraktivität von touristischen Destinationen wird morgen bestimmt nicht mehr an Pistenkilometern gemessen.

Mi., 01.03.2023 - 06:20 Permalink