Wirtschaft | Landwirtschaft

Müssen in Richtung Tierwohl galoppieren

Die Vorträge des österreichischen Bio-Bauern Hannes Royer über Lebensmittel und Landwirtschaft werden mittlerweile gestürmt. Am Samstag ist er in Feldthurns mit dabei.
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Foto: Land schafft Leben
Bio-Bergbauer, Gründer und Obmann des Vereins „Land schafft Leben“, erfolgreicher Podcaster über die heimische Landwirtschaft und deren Lebensmittelproduktion sowie gefragter Interview-Partner und Referent: Hannes Royer aus Schladming ist in der Bauern-Szene mittlerweile bekannt wie ein bunter Hund. Am kommenden Samstag (4. März) wird er bei der Bauernversammlung in Feldthurns an der Podiumsdiskussion teilnehmen. Sein Geheimnis? Er redet Tacheles, nicht nur mit den Konsumenten und den Wirtschaftsvertretern, sondern auch mit seiner eigenen Zunft, den Bauern.
 
 
Salto.bz: Herr Royer, Sie werden am kommenden Samstag an der Podiumsdiskussion über die Milchwirtschaft und ihre Zukunftschancen teilnehmen. Kennen Sie Südtirol und seine Bauern bereits?
 
Ich bin gespannt, was mich erwartet. Bei uns glaubt man nämlich, dass in Südtirol alles besser ist. Die Touristiker und Gastwirte loben besonders die Südtiroler Küche und es heißt bei uns auch, dass es den Bauern in Südtirol besser geht als bei uns. Aber anscheinend ist man auch in Südtirol mit der Situation nicht ganz zufrieden. Ich kenne die Südtiroler Landwirtschaft ein wenig durch die Grünlandtage, die von der Österreichischen Arbeitsgemeinschaft für Grünland und Viehwirtschaft (ÖAG) öfters in Südtirol veranstaltet werden. Und natürlich habe ich auch einige Male meinen Urlaub dort verbracht.
 
Sie sind Gründer des Vereins „Land schafft Leben“. Was tut dieser Verein? Was war die Motivation, diesen Verein zu gründen?
 
Ich habe „Land schafft Leben“ mit meinen beiden Vorstandskollegen Maria Fanninger und Mario Hütter im Jahr 2014 gegründet, zwei Jahre später haben wir dann den Verein der Öffentlichkeit präsentiert. Ich bin Bio-Bergbauer und bewirtschafte einen 800 Jahre alten Bauernhof. Zur Ski-Weltmeisterschaft in Schladming habe ich mir die Frage gestellt, ob mein Hof noch eine Zukunft hat, wenn die Menschen immer nur das Billigste kaufen. Wir haben in Österreich nicht die klimatischen und geographischen Voraussetzungen, um große Massen an Lebensmitteln produzieren zu können. Wenn man sich die Voraussetzungen in Ländern wie Polen oder der Ukraine vor Augen hält – die ukrainischen Landwirte sind zwar durch die Kriegsgeschehnisse derzeit sehr eingeschränkt –, dann wird klar, dass auf unserem Grund und Boden niemals diese Mengen an Getreide und anderen Lebensmitteln produziert werden können.
 
 
Wir können hohe Qualität produzieren, aber nicht zu einem billigen Preis.
 
 
Es war für mich völlig klar, dass wir der Bevölkerung verständlich machen müssen, dass wir hohe Qualität produzieren können, aber nicht zu einem billigen Preis. Wenn wir das nicht schaffen, dann wird es uns irgendwann einmal nicht mehr geben. Das Ziel von „Land schafft Leben“ ist es, Bewusstsein für Lebensmittel zu schaffen. Ich erkläre den Konsumenten transparent und ungeschönt, aber auch nicht skandalisierend, wie Lebensmittel hergestellt werden und wie sich diese wiederum auf unseren Körper und unser Klima auswirken. Es geht mir auch nicht darum, Bauern zu retten, sondern darum, dass die Menschen verstehen, dass es bei Lebensmitteln um ihr eigenes Leben geht und dass die Landwirtschaft dabei eine zentrale Rolle spielt.
 
Können Sie uns ein Beispiel nennen?
 
Österreich ist ein tolles Urlaubsland. Die Gäste kommen beispielsweise im Winter zu uns, um Ski zu fahren. Die Skigebiete existieren aber nur, weil im Sommer auf den Pistenflächen Kühe grasen. Auch unsere schönsten Seen liegen eingebettet in eine Kulturlandschaft, die nur existiert, weil wir Landwirtschaft betreiben und Lebensmittel produzieren.
 
 
 
 
 
Sie sind in der Kälberaufzucht tätig und halten rund 80 Kalbinnen. Warum haben Sie sich auf die Aufzucht spezialisiert und betreiben nicht selbst Milchwirtschaft?
 
Ich ziehe die Kalbinnen für Partnerbetriebe auf. Bis zum Jahr 2001 war ich selbst Milchviehbauer, stand dann aber vor der Entscheidung, ob wir investieren bzw. unseren Betrieb verdoppeln sollen. Zu dieser Zeit war es üblich, die Betriebe zu spiegeln, sprich den Viehbestand auf das Doppelte zu erweitern. Ich habe den Rechenstift angesetzt und die Situation analysiert. 2001 hatten wir 20 Milchkühe und hätten auf 40 bis 45 Tiere aufstocken müssen, was aufgrund der Betriebsflächen auch möglich gewesen wäre. Ich habe mir aber auch die Frage gestellt, was in 20 Jahren auf mich zukommen wird. Meine Berechnungen haben ergeben, dass mein Betrieb dann mit 40 Kühen zu klein sein würde. Genau so ist es auch gekommen. Ich hatte vollkommen Recht mit meiner Entscheidung, die Milchwirtschaft aufzugeben, denn ich könnte heute damit nicht im Vollerwerb bestehen. Deshalb habe ich mich vollkommen auf den Nebenerwerb spezialisiert und beispielsweise Urlaub am Bauernhof angeboten. Zudem war ich Geschäftsführer des Maschinenrings in Schladming. Für mich war eigentlich klar, dass mein Betrieb immer auf mehreren Standbeinen stehen muss. Heute habe ich fünf Einkommen am Hof und das ist mein eigentliches Erfolgsmodell.
 
Könnten Sie rein von der Arbeit am Hof leben?
 
Ich kann aufgrund der verschiedenen Standbeine sehr gut leben, wobei das Einkommen aus der landwirtschaftlichen Tätigkeit ein Nullsummen-Spiel ist – wofür ich aber sehr dankbar bin. Ich kenne nämlich genügend Bauern, die nicht einmal eine schwarze Null erwirtschaften – trotz Ausgleichszahlungen. Nichts von meinem extern verdienten Geld muss ich aber in den Betrieb stecken.
 
 
Ich kenne nämlich genügend Bauern, die nicht einmal eine schwarze Null erwirtschaften – trotz Ausgleichszahlungen.
 
 
Ohne Nebenerwerb geht es also auch in Österreich nicht.
 
Das Traurige ist, dass die landwirtschaftlichen Produkte in den vergangenen Jahrzehnten enorm an Wert eingebüßt haben. Wenn ich auf die Zeiten meines Vater zurückdenke, der zwar auch bereits im Nebenerwerb tätig war, dann besaß ein Stück Rind in den 60er und 70er Jahren noch einen vergleichsweise hohen Wert und vom Erlös durch den Verkauf konnte man sich sehr viel leisten. Heute sind wir meilenweit davon entfernt.
Meine Elterngeneration hat rund 40 Prozent des Einkommens für Lebensmittel ausgegeben. Es war kein Geld für Urlaub da und auch kein Geld, um irgendwo fein Essen zu gehen. Man hat das Geld fürs Leben gebraucht. Heute geben wir zirka 12 Prozent unseres Einkommens für Lebensmittel und Getränke aus. Es stimmt, dass es auch arme Menschen in Österreich gibt, aber es gibt noch immer sehr viele Menschen in Österreich, die im absoluten Luxus leben. Wenn man weltweit das BIP vergleicht, dann liegt Österreich unter den Top 5 der reichsten Länder dieser Welt. Wenn wir uns ständig darüber beschweren, dass Lebensmittel viel zu teuer sind, dann ist das für mich nicht nachvollziehbar, weil es nämlich wirklich sehr viele Menschen auf der Welt gibt, die nicht wissen, wie sie satt werden sollen. Hier sollte man einfach ehrlich sein und mit dem Dramatisieren aufhören.
 
 
 
 
Sie halten in Ihren Vorträgen nicht nur den Konsumenten einen Spiegel vor, sondern auch den Bauern, wie beispielsweise beim Tierwohl.
 
Die Bauern tragen wie auch alle anderen Mitglieder der Gesellschaft eine Mitverantwortung. Für mich muss ein Bauer drei Kriterien erfüllen: die Liebe, Freude und Begeisterung für den eigenen Beruf, selbst das vorzuleben, was man sich von den anderen erwartet, und drittens ein tierwohlgerechter Umgang mit dem Vieh.
 
Was heißt das konkret?
 
Wir Bauern verlangen immer von den anderen Mitgliedern der Gesellschaft, dass uns Wertschätzung entgegengebracht wird und dass unseren Produkten ein Wert beigemessen wird. Häufig begegne ich jedoch Bauern, die über ihre Arbeit jammern, beispielsweise, dass sie samstags und sonntags arbeiten müssen. Dann frage ich mich wirklich, weshalb derjenige eigentlich Bauer geworden ist. Beim heutigen Arbeitskräftemangel könnte er überall und zu jeder Zeit eine gute Stelle bekommen. Wenn du in Österreich arbeiten willst, dann bekommst du auch Arbeit. Ich für meinen Teil sehe meine Tätigkeit als Privileg. Ich arbeite nämlich gerne mit Tieren, weiß meinen Heimathof zu schätzen und die Tatsache, dass ich inmitten der Natur lebe. Das ist ein Privileg. Wenn ich meinen Hof verkaufen würde, würde ich derzeit dafür wahrscheinlich sehr viel Geld bekommen und ich und meine Kinder bräuchten niemals wieder zu arbeiten. Dass die Bauern auf einem unglaublichen Wert sitzen, wollen sie sich aber selten eingestehen. Wie kann ich mir von der übrigen Bevölkerung Wertschätzung erwarten, wenn ich mir diesen Wert nicht selbst beimesse? Was das Verhalten betrifft, so wundere ich mich manchmal darüber, was die Bauern in ihren eigenen Kühlschränken aufbewahren: nämlich Lebensmittel von billigen Preiseinstiegs-Eigenmarken. Das ist eine Voll-Katastrophe. Wir müssen bei uns selbst anfangen und unser Kaufverhalten ändern bzw. das vorleben, was wir von unseren Konsumenten fordern.
 
 
Was das Verhalten betrifft, so wundere ich mich manchmal darüber, was die Bauern in ihren eigenen Kühlschränken aufbewahren.
 
 
Und beim Tierwohl …
 
Was das Thema Tierwohl betrifft, scheinen einige Bauern immer noch zu glauben, dass der Bevölkerung im Jahr 2023 die Haltungsweise der Tiere egal ist. Bei uns gab es die Anbindehaltung bis in die 80er Jahre, ich habe – ohne irgendwelche Aufforderungen von außen – im Jahr 2001 auf Laufstall-Haltung umgestellt. Ich habe damals bereits verstanden, dass ein Wandel in unserer Gesellschaft passiert und man auf Laufstall- und Weidehaltung umstellen muss. Für mich heißt Tierwohl: Laufstall mit Weide. Der Grund dafür, dass Tierwohl immer wichtiger wird, ist, dass sich die Menschen heute – Gott sei Dank – wieder mehr mit dem Thema Essen beschäftigen.
Die jungen Menschen von heute wollen nicht, dass Tiere gequält werden.
 
 
Für mich heißt Tierwohl: Laufstall mit Weide.
 
 
Ich behaupte dabei nicht, dass die Kombinationshaltung für die Kühe eine Qual ist, aber wenn wir wollen, dass die Menschen weiterhin Milchprodukte und Fleisch konsumieren, dann müssen wir auf die Menschen zugehen. Wir Bauern haben nämlich nur deshalb eine Daseinsberechtigung, weil es Menschen gibt, die unsere Produkte kaufen. Ansonsten ist es vielleicht besser, wenn man es als Hobby betreibt. Im Grunde genommen stehen wir Bauern vor dem gleichen Problem wie der Tourismus, wo das eine Hotel voll ist und das nächste leer. Der Eigentümer des ausgebuchten Hotels macht Angebote, die die Leute super finden und hinfahren. Der andere hingegen geht nicht auf die Wünsche der Kunden ein und wird deshalb auch keine Gäste haben. Auch wir Bauern müssen mit der Zeit gehen, die Einhaltung von Tierwohlstandards muss deshalb für uns eine Selbstverständlichkeit werden, und nicht nur weil es uns vom Gesetzgeber vorgeschrieben wird. Diesen Respekt und diese Demut vor dem Tier und der Natur müssen wir verinnerlichen. Das muss eine Grundpassion sein für jeden, der einen Bauernhof bewirtschaftet. Wenn er diese Passion nicht hat, dann muss er etwas anderes machen. Das gehört den Bauern ganz klar gesagt.
 
Wir beobachten momentan viele Ernährungstrends wie Vegetarismus und Veganismus.
 
Der Hauptgrund liegt darin, dass gerade junge Menschen sagen, ich möchte kein Fleisch essen oder keine Milch trinken von einem Tier, dem es nicht gut gegangen ist. Wenn wir also wollen, dass in zehn oder 15 Jahren noch Fleisch und Milch konsumiert werden, dann müssen wir in Richtung Tierwohl galoppieren und nicht nur darüber nachdenken oder diskutieren.
 
Seit geraumer Zeit fordern die Sudtiroler Milchbauern mehr Mitbestimmmungsrecht bei den Entscheidungen der Genossenschaften. Diese gelten als alternativlos. Stimmt das Ihrer Meinung nach oder gibt es Alternativen?
 
Die Bauern haben einerseits die Möglichkeit, in die Direktvermarktung zu gehen. Das wird für einige wenige funktionieren, aber nicht für alle. Als Mitglied einer Genossenschaft hat man die Möglichkeit, sich zu spezialisieren oder beispielsweise auf Masse zu setzen und kann versuchen, am Weltmarkt zu bestehen. Was den Wunsch nach mehr Mitspracherecht betrifft, muss den Bauern klar werden, dass sie die Eigentümer der Genossenschaften sind. Ein völlig neues System zu gründen, halte ich allerdings für einen Blödsinn. Also entweder Direktvermarktung oder mehr Einfluss nehmen auf die Molkerei. Diese gehört den Bauern und die bestimmen, wo es langgeht.

 

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Sonja Günthner Do., 02.03.2023 - 23:01

Sehr gute Ansichten und Einsichten! Besonders weil sie von einem Landwirt selbst kommen und er dabei die Situation um das Tierwohl in der Berglandwirtschaft weder beschönigt noch verklärt darstellt sondern mögliche Wege aufzeigt. Konsumenten und Produzenten sollten gemeinsam Verantwortung tragen, dafür bedarf es Ehrlichkeit und sachliche Information auf beiden Seiten. Ich wünsche Hannes Royer viel Erfolg bei seinem Vortrag, hoffentlich erfährt er breite Unterstützung und keine Blockaden aus dem Berufsstand.

Do., 02.03.2023 - 23:01 Permalink
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Martin M. Lintner Sa., 04.03.2023 - 10:17

Ich finde es wichtig und richtig, dass das Thema Tierwohl immer mehr von den Bauern und Bäuerinnen selbst thematisiert und diskutiert wird. Hannes Royer spricht dabei eine entscheidende Frage an, nämlich die Akzeptanz der bäuerlichen Nutztierhaltung bei der Bevölkerung, besonders bei jungen Menschen. In Zukunft wird diese mehr und mehr davon abhängen, ob die Form von Landwirtschaft und Tierhaltung ökologisch nachhaltig ist. Meines Erachtens müsste das Thema Tierwohl aus tierethischer Sicht auch um der Tiere selbst willen diskutiert werden, aber auch die Sichtweise von Herrn Royer geht in die richtige Richtung.

Sa., 04.03.2023 - 10:17 Permalink
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Peter Gasser Sa., 04.03.2023 - 10:51

Antwort auf von Martin M. Lintner

Ich sehe dies auch so und kann dem bestens zustimmen.
Ich möchte es gar noch erweitern, da mir auch die viel vertretene Einstellung, dass man sich vegan ernährt und daher dem Tierwohl genüge tut, nicht auszureichen scheint.
Wenn durch die weltweite höchst intensive und in brutalster Monokultur betriebene Pflanzenproduktion Urwälder gerodet und Grasländer mit Monokulturen besetzt werden, wird das Tierwohl der dort lebenden Tiere massivst vernachlässigt, genauso wie das dadurch beeinträchtigte und vernichtete Leben in der Luft (Insekten, Vögel) und im Wasser (Fische).
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Die Landwirtschaft muss insgesamt betrachtet werden, und es muss allen klar sein, dass ein respektvoller Umgang mit dem pflanzlichen und tierischen Leben und eine regionale und nachhaltige Produktion zum Schutz von Meeren und Klima - kostet!
Ethisch und zugleich billig - das ist nicht zu haben.

Sa., 04.03.2023 - 10:51 Permalink
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Martin M. Lintner Sa., 04.03.2023 - 14:27

Antwort auf von Peter Gasser

Lieber Peter Gasser, dieses Problem muss differenziert gesehen werden. Ich nehme nicht an, dass Sie meinen, die vegane Ernährungsweise führe zu höchst intensiver und in brutalster Monokultur betriebener Pflanzenproduktion, zur Rodung von Urwäldern und Grasländern mit Monokulturen. Das ist vielmehr durch den Anbau von Pflanzen bedingt, die zu Futtermittel für die Tiere verarbeitet werden. Wenn wir den Fleischkonsum auf ein ökologisch vertretbares Maß reduzieren, müssten wir weniger Tiere füttern, dadurch würden viele Flächen frei zur Produktion von pflanzlichen Lebensmitteln für den Menschen, und zwar so, dass man damit sehr viel mehr Menschen ernähren könnte als heute mit dem Fleisch der Tiere, für diese Futtermittel bestimmt sind. Ich stimmen Ihnen zu, dass die Landwirtschaft insgesamt betrachtet werden muss und dass es viele Stellschrauben gibt, an denen korrigierend gedreht werden müsste!

Sa., 04.03.2023 - 14:27 Permalink
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Peter Gasser Sa., 04.03.2023 - 16:18

Antwort auf von Martin M. Lintner

Ich möchte die nette Anrede, die mich freut, aufgreifen, lieber Martin Lindner, das gefällt mir.
Nein, das meinte ich natürlich nicht; ich bezog mich allgemein auf die derzeitige Pflanzenproduktion, die in weiten Teilen nicht besser ist als die Tierproduktion, da sie eben auch Leben sinnlos vernichtet.
Beim Tier liegt das Ärgste, so meine ich, besonders in den unnötigen und sehr oft barbarischen Lebendtiertransporten, besonders von Tieren, welche für die Schlachtung bestimmt sind. Wieso lebende Tiere über die Ozeane schippern, um diese am Bestimmungsort zu schlachten - das kann man dann besser gleich vor Ort tun und das Fleisch transportieren?
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Ich bin auch der Ansicht, dass bei tiergerechter und regionaler Produktion und fairem Preis der Fleischkonsum von alleine zurückgeht (was er in der Tat „muss“, wie Die bemerken), da das Produkt Fleisch dadurch kostbarer (auch: teurer) wird.
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„kostbarer“ fällt mir da auf, verstehen wir in der Wortbedeutung als gemeinhin „teurer“; aber bedeutet es in seinem Kern nicht auch KOST-barer, also besser zu „kosten“, zu schmecken...?

Sa., 04.03.2023 - 16:18 Permalink
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Sonja Günthner Sa., 04.03.2023 - 14:30

Ja, sehr richtig, ein respektvoller Umgang mit dem pflanzlichen und tierischen Leben sowie eine Betrachtung der Landwirtschaft allgemein ist notwendig! Billig statt ethisch, das wäre nicht der richtige Weg.

Zum Aspekt "vegan" bzw. pflanzliche Ernährung möchte ich etwas ergänzen, weil vielleicht bei dem ein oder anderen (es war sicherlich nicht so gemeint) ein falscher Eindruck entstehen könnte. Bei den meisten Monokulturen die zur Zerstörung des Regenwalds beitragen, handelt es sich verschiedenen Angaben zufolge in 75 bis 86 Prozent um die Produktion von Soja als Futtermittel für die Tierproduktion. Unser Getreide/Leguminosen wie Hafer oder Soja für die menschliche Ernährung, stammt im Allgemeinen aus Europa, wie durch groß angelegte Umfragen von Lebensmittelketten und Herstellern zu erfahren ist. Die Produkte sind entsprechend deklariert und die Aufschrift "aus Nicht-EU Landwirtschaft" ist mir persönlich dabei noch nicht begegnet. Für die Produktion von Fleisch wird ein Vielfaches an Getreide gebraucht um satt zu werden, als wenn man das Getreide ohne Umweg über das Tier isst. Die Kleinbauern in Südamerika werden leider, ebenso wie die Natur, durch die großen Fleischproduzenten verdrängt, nicht durch Anbau von Getreide für den menschlichen Verzehr. Wenn man nicht nur auf Tierwohl achtet (i.d.R. wird der Begriff nur auf den Umgang mit dem vom Menschen gehaltenen Tier bezogen), sondern auch auf den Artenschutz von Pflanzen und Tieren achtgibt, dann muss man bei seinem Einkauf natürlich auch über Produkte nachdenken, in denen z. B. Kokosmilch oder Palmfett enthalten ist.

Aber Nachhaltigkeit, Ökologie ist das eine.... was mir gut gefällt am Ansatz von Hannes Royer ist sein Beitrag zur Tierethik - unabhängig davon- welche Gründe ihn dazu bewogen haben:
"Für mich heißt Tierwohl: Laufstall mit Weide. Der Grund dafür, dass Tierwohl immer wichtiger wird, ist, dass sich die Menschen heute – Gott sei Dank – wieder mehr mit dem Thema Essen beschäftigen. Die jungen Menschen von heute wollen nicht, dass Tiere gequält werden."

Es muss nicht immer nur um UNS Menschen und unsere Ängste gehen, weil wir langsam merken, dass wir unsere eigenen Lebensgrundlagen gefährden. Wir können auch einmal hinschauen, wenn es darum geht, wie Tiere für unseren Genuss von Milch, Fleisch und Eiern durch Haltung oder andere Aspekte leiden. Hier braucht es dringend Verbesserungen und teilweise auch Verzicht, unabhängig von allen sonstigen Themen.

Sa., 04.03.2023 - 14:30 Permalink