Gesellschaft | Eiertreter*in

Wixer*innen

„Hilf uns den (Aus)Verkauf der Dolomiten zu stoppen!“, schreibt das Team K unter seine Online-Petition. Ich werde euch „helfen“, so einen Unfug zu fordern.
Hinweis: Dieser Artikel ist ein Beitrag der Community und spiegelt nicht notwendigerweise die Meinung der SALTO-Redaktion wider.
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Foto: Change.org (Screenshot)
Ihr seid solche Wixer*innen. Links-linke Gutmenschen, grünversiffte Stadtler, naturromantische Nostalgiker. Ihr habt rein gar nichts verstanden. Ja ihr, ihr 12.140 die zu diesem Zeitpunkt diese grenzdebile Petition unterschrieben habt! Ich werde euch alle verklagen. Wenn wegen dieses wirtschaftsfeindlichen Schwachsinn mein Projekt jetzt baden geht, weil der zuständige Landhäusler das Muffensausen kriegt, werde ich euch alle vor den Kadi zerren. Dich Florian Hintertoler und dich Alessandra Valledietro. Euch alle! Was ihr da macht ist geschäftsschädigend - und Rufmord an allen Menschen, die das unternehmerische Risiko eingehen dieses Land und seinen Wohlstand vorwärts zu bringen. Jeden Tag aufs neue Landesbeiträge in die Hand nehmen für Investitionen in unser aller Zukunft - und ihren neuen Elektro-SUV.
Mein Ansuchen hat alle Ämter und Instanzen durchlaufen und ist erst letzte Woche auf die Zielgerade eingebogen: Ankauf des Pragser Wildsees. Also nur der Wasserfläche. Laut Wikipedia 31 ha. Und da man so eine Wasserfläche nicht bebauen kann - was nach längerer Diskussion auch dem zuständigen Beamten einleuchtete - haben wir uns auf einen symbolischen Preis von 1 Cent pro Quadratmeter geeinigt. Offengestanden hätte ich mir 30,5 Euro pro Quadratmeter wie am Rosengarten nicht leisten können. Schon der Zugang und die hundert Meter Wasserlinie bei der „Casa di Pietro“ schlagen monetär arg ins Gewicht. Wieviel sage ich jetzt aber nicht, weil das zum Betriebsgeheimnis zählt und für Südtirol generell der Leitspruch gilt: Über Geld und Subventionen spricht man nicht - hat man einfach und basta!
Nur soviel: Ist der See erst mal meiner, baue ich auf der Seite zum Parkplatz eine drei Meter hohe Bretterwand aus FSC zertifizieren Holz aus Rumänien (weil einheimisches Holz kein Gütesiegel hat). Entlang des Hotels Pragser Wildsee plant mein Geometer zur Zeit mit 15 bis 20 Meter, hängt aber noch davon ab, was der Statiker sagt, sonst stocke ich auf blickdichte 30 Meter auf. Privacy muss sein.
Anschauen und Instagramieren kostet dann Eintritt. Die Fotolizenz mit einmal Rundblick: 10 Euro. Koreaner und Japsen zahlen mehr. Wer um den halben Erdball jettet, um meinen See zu fotografieren, lässt sich wegen 50 Euro mehr, sicher nicht lumpen. Hochzeitsbilder sind ab 250 Euro zu haben (Schifflfahrt inklusive). Dazu kommt noch der Natura 2000-Zuschlag, wenn jemand bescheuerte Fotomodelposen nachahmt. Wer glaubt meine Exklusivverwertung mit Drohnen umgehen zu können, hat sich geschnitten: Das Gebiet wird großzügig mit Frequenzstörer für alle gängigen Modelle von DJI über Yuneec bis Parrot bestrahlt. Schließlich möchte ich meinen Gästen ein exklusives Naturerlebnis in beeindruckender Landschaft bieten, ohne dass über ihren Köpfen so ein Ding rumsumpert. Weil wir gerade bei Lärm sind. Natürlich wird die Anreise verkehrsberuhigt. Auf Landeskosten wird eine 10er-Kabinenbahn ab Schmieden gebaut und im Gegenzug die Zufahrtsstraße gesperrt. Ganz nach EU-Norm. Dann hat sich auch die leidige Diskussion um die Parkplätze erledigt. Kostenpunkt? Pi mal Schnauze wie bei der Tierserbahn, nur dass in meinem Fall der 110-Prozent-Bonus zur Anwendung kommt, also noch ein kleines Trinkgeld für meine unternehmerischen Bemühungen herausschaut. Bei den Preisen für Andata/Ritorno werde ich mich an der Seceda in Krädn orientieren. So um die 35 bis 40 Euro.
 

 

Ihr seht, alles noch im finanziellen Rahmen des „teuersten Lebensraums Europas“, mit dem die IDM immer wirbt. Apropos IDM. Richtig teuer wird es nur, wenn die Marketingfuzzis mit meinen Grund und Boden werben wollen. Unter einer Million werden wir uns nicht einig werden. Und die werden löhnen müssen. Ohne Motiv der Influenzer-Hotspots kommen ihre Hochglanzbilder hundert pro nicht aus. Gleichzeitig kaufe ich nämlich die zwei Fotopoints in Villnöss (Ranui und Kirchhügel von St. Magdalena), den bereits erwähnten Blick von der Bergstation der Seceda auf die Geisler und 2x Drei-Zinnen (Paternsattel und Dreizinnenhütte). Ihr glaubt letzteres sei nicht durchsetzbar, weil es da neben dem Klassiker für Fußlahme von der Auronzohütte, Zugänge vom Innerfeldtal, Dürrensee und Fischleintal gibt und das ganze Gebiet aufkaufen meine finanziellen Möglichkeiten erschöpfen würde? Aus diesem Grund habt ihr diese wirtschaftsfeindliche Petition des Team K unterschrieben: Ihr habt keine Phantasie, keinen Unternehmergeist, keine Risikobereitschaft, keinen Durchblick wo und für was man Beiträge einsacken kann.
Alles was ich brauche sind fünf, zehn Quadratmeter an einer Stelle, wo der Wanderweg nicht umgeleitet werden kann: Die Schlüsselstelle, um im Alpinjargon dieses alpinen Flecken Erden zu bleiben. Wart ihr letzthin beim Kirchlein St. Johann in Ranui in der Geburtsgemeinde unseres langsam alterssenilen 8000er-Königs? Neben einem Flugverbot für Drohnen gibt es ein mannshohes Drehkreuz mit Kassasystem und nur wer bereit ist die vier Euro Eintritt zu zahlen, bekommt das begehrte Fotomotiv in den Sucher. Ergo, braucht es maximal vier Quadratmeter - mit Blick auf die rasant zunehmenden Fetteln und Adipösen sollte das Drehkreuz etwas größer geplant werden.

 
Und genau an dieser Stelle entlarvt sich die Unterschriftensammlung der größten Oppositionspartei als reiner Wahlkampfgag. Irgendwo habe ich gelesen, der Kölle will jetzt die Probe aufs Example machen und selbst Quadratmeter am „Gartl“ kaufen. Ginge es dem Paul wirklich um die Sache, würde er zwei Quadratmeter am Santnerpass-Klettersteig und nochmal zwei am Zustieg von der Vaioletthütte kaufen und dann wie ein original echter Südtiroler Bauer ein Durchgangsverbot aussprechen. Kennt man ja zur Genüge und weiß wie man monetär damit umzugehen hat, wenn unsere Landschaftspfleger den Gotter am Mountainbike-Trail mit einem Vorhängeschloss versehen oder im Herbst diese orangefarbenen Plastikzäune quer über die Waldschneise ziehen, bevor die Skigebiets-Könige ihre Schneekanonen anschmeißen. Mit dem Sager „Des isch mein Grund“ wird dann eine höhere Entschädigung erpresst. Erpressen muss man bei der achtmal größer wiederaufgebauten Santnerpasshütte gar nichts - aushungern reicht völlig. Wie lange glaubt ihr halten die Wirtsleute des Gipfelhotels bei steigenden Kreditzinsen finanziell durch, wenn als potentielle Gäste vier, fünf Kletterer aufschlagen, die die Durchgangssperre über die Laurinswand oder den Südgrat umklettern? (Doch, doch. Habe mich über die Wortkombination Kletterer/aufschlagen auch sehr gefreut, als mir das eingefallen ist). Und wir Kraxler wollen dann keine Polenta con funghi, sondern zu unserem Tschigg allenfalls einen Macchiato.
 

 

Noch durchsichtiger wird das Manöver auf Change.org, wenn man bedenkt, dass damit allenfalls ein Brennpunkt gelöscht ist, wenn die Klage vor Gericht und Rechnungshof von Erfolg gekrönt sein sollte. Einmal abgesehen davon, dass ich keine „fiducia nella guiustizia italiana“ habe. Bevor bei uns wegen der Prozessdauer Recht gesprochen wird, ist die Straftat meist schon verjährt - oder Kläger oder Geklagter verstorben. Ich schweife ab.
Viel „nachhaltiger“ (kann dieses inflationäre Wort nicht mehr hören) für die Myriaden an Umweltfrevel wäre es, wenn man das Palais Widmann und sämtliche anderen Bürokratietempel aufkaufen würde, um sie anschließend bis auf die Grundmauern nieder zu baggern. Denn das Übel liegt genau dort - bei den verbeamteten SVP-Schärgen, die dieses Land abverkaufen. Geh mal zur Landesversamlung der Mutterpartei im Kurhaus und dann siehst du sie dort sitzen: Die Herrn Amtsdirektoren oder das blonde Gift aus dem Landespresseamt. Wie glaubt ihr kommen in diesem Land gewisse Karrieren ohne Parteikartl sonst zustande? Da wird für die SBB-HGV-Partei vorauseilender Gehorsam praktiziert.
Frag den Nachhaltigkeits-LH was er und die Wally und der Daniel und der Max (die Namen der anderen Regierungskasper fallen mir gerade nicht ein) sich gedacht haben, als sie ohne mit der Wimper zu zucken den „Gartl“-Deal durchgewunken haben? „Gar nichts“, wird er dir antworten. Alle Dienststellenkonferenzen und UVP-Prüfer und Ökonomat und weiß der Kuckuck wer noch, haben ihren Servus daruntergesetzt - warum hätten wir uns dagegen aussprechen sollen, wird er dir vermutlich entgegnen. Wir sprechen uns allenfalls gegen ein negatives Gutachten aus, wenn damit der Bau einer Skipiste verhindert würde. In einem katholisch versifften Land wo Wasser gepredigt und Wein getrunken wird, war auch kein gesunder Menschenverstand zu erwarten. Im Gegenteil.

 
Die Kombination der Nachhaltigkeitspredigt bei gleichzeitiger Hörigkeit gegenüber den Wirtschaftslobbies nennt man im Deutschen ein Oxymoron, einen Widerspruch in sich. Mein Daddy hätte das in die Worte „Fucking for virginity“ gekleidet. Weil English so en vogue ist, hat unsere Landesregierung das „Friday for Future“ in „Everyday for Future“ pervertieren. Dafür gibt es selbstverständlich auch einen englischen Begriff: Greenwashing. Und um im Englischen zu bleiben (damit man es nicht ins Walsche übersetzten muss) kommt bei der Umsetzung ins Praktische auch ein englisches Akronym zum Zug: IDM. Die Innovators.Developers.Marketers. hat man mit der Entwicklung eines „Nachhaltigkeitslabel Südtirol“ beauftragt! Der Ressourcenfresser par excellence  „verwaltet und verleiht das Label und unterstützt Antragsteller sowie Träger des Labels in ihrem Handeln“. Ich dachte die IDM wird zerschlagen? Haben nicht unsere Volkstreter sowas beschlossen? Wie will der Mann von Tchibo etwas verwalten, wenn es seine Kreativwüste gar nicht mehr gibt? Genau! Da gehören er und seine Werbeheinis hin - in die Wüste. Und die ganzen koreanischen Instagramer, die sie zwecks Overtourism ins Land locken wollen, können sie gleich mitnehmen. In so einer Wüste mit Dünen bis zum Horizont kann man nämlich viel geilere Fotos machen, als am Santnerpass - da ist beim fotografieren irgendwie immer so eine Hütte im Bild. Kriegst das dreistöckige Monstrum ums Verrecken nicht aus dem Bildausschnitt.

 

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Profil für Benutzer Josef Fulterer
Josef Fulterer Do., 09.03.2023 - 07:02

Antwort auf von Martin Mayr

Die / der Goggel Totsch hat das Geschäftsmodell "Pragser Wildsee" nicht zu Ende gedacht.
Man könnte dort ein Trauschiff in den See stellen (ein neues Geschäftsmodell für Dorfer & CO) und ein paar Meter vor- und zurück-fahren. Mehr wäre nicht notwendig, da wir Laut IDM im Schösten Fleck der Erde leben. Da wir dazu nur einen ganz kleinen Motor für sehr kurze Zeit brauchen würden und nicht 50.000 KW, könnte die IDM mit unserem Klima-Modell kräftig punkten.
Die darin enthaltenen 4.000 Betten, weil auf hoher See in und Hasen-Käfig-Kabinen, würden nicht in das Betten-Stop-Gesetz fallen.
Die heimischen Handwerker könnten damit die von der Meloni abgemurgste 110 % Investitions-Anschiebung einigermaßen überwinden und Südtirols-Voll-Beschäftigung wäre gerettet.

Do., 09.03.2023 - 07:02 Permalink