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Gesellschaft | Fritto Misto

Soli mit Michl!

Alle stehen mit Salto, doch einer feelt mit Ebner.
Lieber Michl,
da bekommst du ja viel Häme ab jetzt, im In-und Ausland gibt’s Empörung, weil du Salto.bz verklagst, man spricht von einem Angriff auf die Presse-, ja auf die Meinungsfreiheit sogar! Sei getröstet, ich mache dir keinen Vorwurf, ich bin ganz bei dir. Ich habe am eigenen Leib erfahren, was es heißt, immer und immer wieder in der Berichterstattung vorzukommen, obwohl es dafür, wie ich finde,  eigentlich wenig Grund gibt. Ich weiß, was es heißt, wenn es jemand, meiner Meinung nach völlig ungerechtfertigt, auf einen abgesehen hat. Ich bin sozusagen dein Leidensgenosse: Ich, der Wolf.
Ich bin sozusagen dein Leidensgenosse: Ich, der Wolf.
Nicht der Armin, nein, der würde dich wahrscheinlich genauso lehrmeistern wie all die anderen Wichtigtuer, die jetzt mit den Menschenrechten kommen (als ob die so wichtig wären: Ich bin ja der Meinung, der Mensch wird generell überschätzt). I bims, der richtige Wolf, canis lupus, und ich, wie sagt man so schön auf neudeutsch: I feel you. Lass dich umarmen, würde ich gern sagen, aber ich hab schon länger nicht geduscht und war auch letzte Nacht wieder auf Raubzug, also lassen wir das, Luftbussi muss genügen. Sollen sie ruhig alle solidarisch sein mit Salto, ich bin solidarisch mit dir, Buddy.
 
 
 
Du beklagst ein stalking mediatico durch Salto.bz, ein mediales Stalking also, und wer könnte das besser nachfühlen als ich? Im Wald bin ich ja der, der umherstalkt, die Rehlein und die Häslein, und okay, immer öfter hole ich mir auch ein paar Pamperlen beim Bauer ab, aber was ich dafür auf den Deckel krieg?! Mediales Stalking reicht da nicht aus, ein mediales Kreuzigen ist es: Du beklagst dich über 58 Artikel in den letzten Jahren, aber schau mal, wie oft ich in den letzten Jahren auf der Titelseite deiner, ja leider müssen wir das thematisieren, DEINER Zeitung war! Und nie besonders vorteilhaft, sondern geifernd, mit gefletschten Zähnen, nicht selten mit blutverschmiertem Maul.
Das ist dir, soweit ich das beurteilen kann, zumindest erspart geblieben, auf den Bildern der Salto-Artikel schaust du immer recht ordentlich und gekampelt aus. Seh ich etwa stets derangiert aus? Nein! Renne ich immer raubend und reißend durch die Gegend? Nein! Trotzdem zeigt man mich nicht auf einem meiner bedächtigen Spaziergänge, wie ich gedankenverloren an einem Blümlein schnuppere (ja, auch das bin ich), sondern immer nur als Monster, als mordendes Ungeheuer. Warum, Michl, warum?
Du beklagst dich über 58 Artikel in den letzten Jahren, aber schau mal, wie oft ich in den letzten Jahren auf der Titelseite deiner, Zeitung war! Und nie besonders vorteilhaft, sondern geifernd, mit gefletschten Zähnen, nicht selten mit blutverschmiertem Maul.
So wie dir wäre auch mir lieber, es bliebe im Dunkeln, was ich so mache. Es muss ja nicht jede*r wissen, wo ich mich rumtreibe. So wie du will auch ich nur mein Revier vergrößern, mit nicht immer schönen Mitteln, das liegt in unserer Natur. Klar, dass das nicht alle gut finden, aber muss man uns deshalb dermaßen exponieren? Ich meine, bei mir druckt ihr sogar die Bilder meiner „Opfer“ ab, gerissene Schafe und Ziegen, grausligst, da muss sogar ich wegschauen: Ich bin ein Wolf, aber auch ich habe einen Sinn für Ästhetik. Und das ist dir zumindest erspart geblieben, dass du mit unappetitlichen Bildern in Verbindung gebracht wirst. Bei dir sind es höchstens ungustiöse Umstände, die den Leser*innen den Appetit verderben, aber in den Morgenkaffee gekotzt hat deshalb wahrscheinlich noch keine*r.
 
Eine „ossessione persecutoria“ unterstellst du dem Franceschini, und eigentlich könntest du ja geschmeichelt sein, weil Vergleichbares gibt’s ja in der Weltliteratur: Der Captain Ahab hatte seinen Moby Dick, der Typ vom „Parfum“ hat’s mit diesem Mädchen, der Franceschini anscheinend mit dir, und du und deine Zeitung, ihr wiederum könnt mich einfach nicht in Ruhe lassen (was ja kein Wunder ist, weil wir halt einfach tolle Typen sind). Deshalb hab ich mir gedacht, ich verklag dich jetzt einfach auch (gleich nachher ruf ich den Brandy an und frag, ob er einen halben Pamper als Zahlungsmittel akzeptiert). Ich hab ja lange gezögert, weil’s halt auch immer ein Zeichen von mangelnder Souveränität ist, wenn so ein Alpha-Tier, wie du ja auch eines bist, einen vergleichsweise mickrigen Störenfried anfährt. Zudem gerät das Ganze dann noch mehr ins Licht der Öffentlichkeit, wie du gerade erfahren musst, Streisand-Effekt und so. Dass sogar die SZ darüber berichtet, dass du Salto verklagst, also das kann ja wirklich nicht in deinem Sinn gewesen sein, weil, da stehst du jetzt schon ein bissl blöd da, im deutschsprachigen Ausland. Aber dann hab ich mir gedacht, vielleicht ist jetzt der richtige Zeitpunkt, vielleicht hast du jetzt Verständnis für meine Situation, wo du dich selbst so schrecklich gejagt fühlst. Dass dir ein popeliges "Medium unter der Wahrnehmungsgrenze", wie es dein Bruder genannt hat, so zusetzen kann, das wundert mich allerdings schon ein bissl. 
Deshalb hab ich mir gedacht, ich verklag dich jetzt einfach auch (gleich nachher ruf ich den Brandy an und frag, ob er einen halben Pamper als Zahlungsmittel akzeptiert).
150.000 Euro ist eine schöne Summe, das wäre auch für mich okay, und weil du so nobel bist, würde auch ich sie einem guten Zweck zuführen: Wir zwei könnten ja eine Selbsthilfegruppe gründen, für Dudes des öffentlichen Lebens, die gern selbst bestimmen würden, was und wie über sie berichtet wird. Da finden sich bestimmt noch einige Interessenten, was meinst du? Ich lasse mal meine connections in die Türkei und Russland spielen, die haben sicher gute Tipps für uns. Derweil grüßt dich solidarischst
 
Dein Wolfi
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Markus K. Do., 23.03.2023 - 08:28

Sensationeller Artikel! Herrlich aber auch der Bruder, "Medium unter der Wahrnehmungsgrenze" muss einem erst einmal einfallen.

Do., 23.03.2023 - 08:28 Permalink