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Foto: Salto.bz
Politik | Medienmacht

Gezwitscher im Weinbergweg

Das Personal des Athesia-Konzerns hat jetzt Post vom Anwalt erhalten. Derweilen positioniert sich auch SVP-Obmann Philipp Achammer. Auf der Seite des Monopols.

Stellen Sie sich vor, Sie haben 80 Prozent des Medienmarktes in einer Region in der Hand, dürfen aber keine Zeile über die Nachricht in den eigenen Medien veröffentlichen. Denn zum Selbstverständnis im Hause Ebner gehört auch ein klares Credo: „In Südtirol passiert nur das, was wir schreiben“. Was also weder in den Dolomiten oder auf STOL noch im Alto Adige steht, das gibt es eigentlich erst gar nicht in diesem Land.
Stellen Sie sich vor, Sie haben 80 Prozent des Medienmarktes in einer Region in der Hand, dürfen aber keine Zeile über die Nachricht in den eigenen Medien veröffentlichen.
Vor diesem Hintergrund war es absehbar, dass man in den Athesia-Medien keine Zeile über die Pressekonferenz von salto.bz und das Solidaritätsmanifest von Hans Heiss lesen wird, das inzwischen von weit über 1.000 Südtirolerinnen und Südtirolern unterzeichnet wurde. Am heutige Samstag ist in den Dolomiten zwar ein triefsinniger Kommentar des Chefs vom Dienst Klaus Innerhofer erschienen, aber auch er hält sich an den ungeschriebenen Leitsatz im Ebnerreich, den Parias auf keinen Fall beim Namen zu nennen. So philosophiert der Samstag-Kolumnist eben über die „Taschenspielertricks eines kleinen Onlineportals“.
 
Gleichzeitig hat man am Bozner Weinbergweg aber ein anderes Problem. Der Athesia-Konzern hat in seinen über zwei Dutzend Unternehmen rund 1.000 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, die seit Tagen in den lokalen, nationalen und internationalen Medien die Geschichte mitbekommen. Auch auf der Kommandobrücke des medialen Flugzeugsträgers muss man davon ausgehen, dass die Belegschaft, den „Il fatto quotidiano“, „Domani“, die „Süddeutschen Zeitung“ den „Standard“ oder die FAZ liest, die allesamt auf die „Taschenspielertricks“ hereingefallen sind und über die „Medienaffäre in Südtirol“ (FAZ) berichten.
Wie soll man dagegen vorgehen, ohne gegen das eigene Totschweige-Edikt zu verstoßen?
Die Antwort ist ein Brief des eigenen Konzernanwaltes.
 
 
 
So haben die Beschäftigten des Athesia-Konzerns am vergangenen Donnerstag Post von Anwalt Giancarlo Massari erhalten. Der Ebner-Anwalt versucht in dem Rundschreiben die Aussagen aus der Salto-Pressekonferenz aber auch den Inhalt einer Pressesaussendung der Journalistenkammer Trentino Südtirol „richtigzustellen“.  „I contenuti, per come esposti dai legali di Salto e dal legale rappresentante di Demos.02, sono stati confezionati in maniera tale da mistificare il reale oggetto e portata dell’iniziativa di miei mandanti“, heißt es in dem Massari-Brief. Das Schreiben endet mit der Feststellung, „dass die zuständigen Stellen, die Ansprüche der Athesia bewerten werden“.
Damit dürfte das Bozner Landesgericht gemeint sein.
 
Es sind längst über ein Dutzend SVP-Funktionäre, die das Solidaritätsmanifest von Hans Heiss unterschrieben haben. Auffallend ruhig ist es an der Spitze der Regierungspartei. SVP-Obmann Philipp Achammer hat bekanntlich einen besonders guten Draht in den Bozner Weinbergweg. Deshalb weiß Achammer auch zu gut, dass eine neutrale Haltung in diesem Konflikt im Hause Ebner kaum goutiert wird.
Philipp Achammer weiß nur zu gut, dass eine neutrale Haltung in diesem Konflikt im Hause Ebner kaum goutiert wird.
Auch deshalb dürfte sich der SVP-Obmann recht klar positioniert haben. Auf Twitter.
Salto.bz-Kolumnistin Alexandra Kienzl hat vor drei Tagen das Manifest von Hans Heiss gepostet und dazu geschrieben: „Viel Unterstützung, aber auch viel Stille. Dabei geht die Sache uns alle an: Wenn ein Medium eingeschüchtert wird, zahlt die Meinungsfreiheit drauf. Deshalb: Farbe bekennen!
Es ist Willy Vontavon, der wenig später antwortet.
„Na ja, Meinungsfreiheit in der Presse hat aber auch ihre Grenzen, die vom Gesetz geregelt sind. Und wo es Regeln gibt, sollte es von einem Betroffenen auch die Möglichkeit geben, diese einzufordern. Journalisten sind schließlich nicht unfehlbar. Oder doch? ;-)“, laut sein Retweet.
 
 
 
Willy Vontavon ist der Chefredakteur des „Brixner“, SVP-Gemeinderat und er war bis vor eineinhalb Jahren Vizepräsident der Journalistenkammer Trentino-Südtirol.
Es sind zwei bekannte Personen, die diese Erwiderung Vontavons liken. hds-Präsident Philipp Moser und SVP-Obmann Philipp Achammer.
Achammer gibt sein „Gefällt mir“ von seinem offiziellen Twitter-Account als „Obmann der Südtiroler Volkspartei - Landesrat für Deutsche Bildung und Kultur, Handel und Dienstleistung, Handwerk, Industrie, Arbeit und für Integration“ ab.
Auch so kann im Jahr der Landtagswahlen seine Verbundenheit erklären.

 

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Klemens Riegler Sa., 11.03.2023 - 13:44

Was ist das für ein Beitrag?
"... dass die Belegschaft, den „Il fatto quotidiano“, „Domani“, die „Süddeutschen Zeitung“ den „Standard“ oder die FAZ liest". Die Belegschaft darf auch Salto und TZ usw. lesen und muss nicht auf o.g. Medien im In- und Ausland zurückgreifen! Salto.bz ist meines Wissens im Wlan des Hauses Athesia nicht gesperrt. Würde höchstens passieren wenn die Belegschaft mehr Salto lesen würde als zu arbeiten. FaceBook, TikTok ist z.B. in gewissen Firmennetzwerken genau darum, oder aus Datenschutzgründen gesperrt.

Und warum sollte ein Willy Vontavon nicht anderer Meinung sein dürfen? Es geht doch genau darum. Bzw. genau darum darf Salto nicht Schaden nehmen.

Sa., 11.03.2023 - 13:44 Permalink
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Hartmuth Staffler Sa., 11.03.2023 - 14:29

Willy Vontavon ist ein leuchtendes Beispiel dafür, dass Journalisten nicht unfehlbar sind. Daher Zustimmung zu diesem gelungenen Eigentor von Willy Vontavon. Sehr interessant finde ich auch, dass die ATHESIA an ihre aktiven Mitarbeiter (nicht an die im Ruhestande, denn da würde ich auch dazu gehören) nur in italienischer Sprache schreiben lässt. Wenn ich noch aktiv wäre, hätte ich das Schreiben mit der Bitte zurückgeschickt, mir eine deutsche Übersetzung zukommen zu lassen, auf die Gefahr hin, dass die dann kaum verständlich gewesen wäre, denn Deutschkenntnisse sind bei ATHESIA inzwischen absolute Mangelware.

Sa., 11.03.2023 - 14:29 Permalink
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Christoph Moar Sa., 11.03.2023 - 18:56

Antwort auf von Hartmuth Staffler

Da steht: "der Brief wurde *auch* auf Deutsch verschickt". Daraus würde zumindest ich recht unproblematisch schließen, dass jemand bei Athesia den Brief des (italienischen) Anwalts übersetzt hat. Glaube nicht, damit recht falsch liegen zu können.

Dass Franceschini auf einem zweisprachigen Medium für ein Recht unproblematisch mit beiden Sprachen umgehendes Publikum den Wortlaut des Anwalts im italienischen Original abbildet ist dann eigentlich auch ziemlich okay.

Sa., 11.03.2023 - 18:56 Permalink
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Hartmuth Staffler Sa., 11.03.2023 - 20:57

Antwort auf von Christoph Moar

Für das salto-Publikum mag es ja egal sein, in welcher Sprache das Schreiben verfasst wurde. Als Journalist, dem das (korrekt) geschriebene Wort wichtig ist, finde ich es aber gar nicht in Ordnung, wie hier von der ATHESIA, die sich ja vor nicht allzu langer Zeit die Pflege der deutschen Sprache zur Pflicht gemacht hat, mit eben dieser Sprache geschludert wird. Nachdem bereits die Klageschrift in einem erbärmlichen Deutsch verfasst wurde, wäre es interessant zu wissen, ob auch das Schreiben an die ATHESIA-Mitarbeiter in einer solchen beinahe unverständlichen Sprache verfasst wurde. Es wäre an der Zeit, gegen die ATHESIA-Medien eine Klage wegen Verhunzung der deutschen Sprache einzureichen. Da würde man nicht nur 58, sondern Hunderte von Artikeln finden.

Sa., 11.03.2023 - 20:57 Permalink
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Salto User
Günther Alois … So., 12.03.2023 - 07:14

Der Philip und der Moser,warum äußern Sie sich nicht
Klar und deutlich zum Athesia Skandal? Angst vor Goliath? Also bleibt nur das billige goutieren??

So., 12.03.2023 - 07:14 Permalink
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Stefan S So., 12.03.2023 - 11:08

Ob Deutsch, Italienisch, Englisch... wenn mich meine Geschäftsleitung über einen Anwalt anschreiben würde wäre das für meine Kollegen und mich ein Vertrauensbruch. Hier zeigt sich ein law and order Führungsstil aus dem letzten Jahrtausend wo der Mitarbeiter zum Befehlsempfänger degradiert ist und somit sein Potenzial und die Kreativität kaum zum Tragen kommt.
Außerdem offenbart es eine Persönlichkeitsstörung vom "Chef" die sich auch deutlich mit dieser "Krah" Aktion gezeigt hat.
Alles sehr subtil und manipulativ.

So., 12.03.2023 - 11:08 Permalink
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Stefan S So., 12.03.2023 - 11:45

Antwort auf von Stefan S

Hier noch eine Story aus GB welche ähnlich gelagert ist und wo die BBC um die öffentlichen Gelder fürchtet und im voraus eilenden Gehorsam die Regierung in Schutz nimmt
https://www.tagesschau.de/sport/sportschau/fussball-lineker-bbc-101.html
quote
George Orwell als Statement für Meinungsfreiheit: "Falls Freiheit überhaupt etwas bedeutet, dann bedeutet sie das Recht darauf, den Leuten das zu sagen, was sie nicht hören wollen."
quote

So., 12.03.2023 - 11:45 Permalink
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Hartmuth Staffler So., 12.03.2023 - 14:28

Im Schreiben des Rechtsanwaltes an die ATHESIA-Angestellten gibt es allerdings auch etwas Positives, was hier bisher untergegangen ist. Der Rechtsanwalt hat erstmals das Wort "salto" in den Mund bzw. in seine Computer-Tastatur genommen. Das ist unerhört. Es wundert mich, dass noch niemand auf diesen Tabubruch aufmerksam geworden ist.

So., 12.03.2023 - 14:28 Permalink
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Profil für Benutzer kurt duschek
kurt duschek Mo., 13.03.2023 - 09:32

Die Medienvielfalt ist ein Reichtum!

Wer diesen Reichtum nicht schätzt, ja wenn es Personen gibt, welche dieser Vielfalt durch Einfalt und Eingaben bei Gericht den Garaus machen wollen, ja dann ist es mit unserer Demokratie auch nicht mehr weit her.

Lieber Michl Ebner, (ich kenne ihn persönlich, deshalb erlaube ich mir diese Anrede), bitte mach einen kleinen Schritt zurück und lass das kleine und unscheinbare Pflänzchen salto.bz weiter sprießen!

Du kann ja trotzdem mit Deiner dir zu Füßen liegenden mächtigen eigenen Medienwelt weiterhin glänzen und Deine Sichtweisen und echte Wahrheiten verbreiten!

Sei bitte gnädig und verschone dieses kleine unbedarfte aber recht nachhaltige Pflänzchen salto.bz!

PS: bei Annahme dieses Gnadengesuchs verspreche ich Dir hoch und heilig, meine Leserbriefe nicht mehr an die Dolomiten, Deinem Bruder Toni, zu senden,sondern diese nur mehr an die Neue Tageszeitung zu schicken!

NB: um eine Anzeige zu vermeiden, die Info an Athesia: Ironie Ende.

Mo., 13.03.2023 - 09:32 Permalink
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Profil für Benutzer Walter Kupa
Walter Kupa Mo., 13.03.2023 - 10:25

Was ist in Südtirol anders als in China,Russland,Iran,Türkei bezüglich Pressefreiheit? Auch hier versucht man,Presse,die nicht nach der Dolomiten und SVP Pfeife tanzen, einzuschüchtern und mundtot zu machen.(Emojis not available)

Mo., 13.03.2023 - 10:25 Permalink
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Profil für Benutzer Hartmuth Staffler
Hartmuth Staffler Mo., 13.03.2023 - 13:41

Antwort auf von Walter Kupa

Der Unterschied ist der, dass man in China im Gefängnis bzw. "Umerziehungslager" landet, in Russland mit Gift um die Ecke gebracht wird, im Iran ganz offiziell zum Tode verurteilt wird und in der Türkei als angeblicher "Terrorist" im Gefängnis landet. In Südtirol versucht man, missliebige Presse wirtschaftlich zu ruinieren, man kann sich aber rechtlich dagegen wehren und auf die Solidarität eines beachtlichen Teiles der Gesellschaft zählen. Das macht den Unterschied aus.

Mo., 13.03.2023 - 13:41 Permalink
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Profil für Benutzer Karl Trojer
Karl Trojer Di., 28.03.2023 - 09:56

Wer mit großer Monopol-Macht und behäbigen finanziellen Mitteln die Pressefreiheit behindert, handelt gegen demokratische Grundsätze ....

Di., 28.03.2023 - 09:56 Permalink