Politik | Pro und Contra

Schlagabtausch zu BBT-Studie

Der Grüne Landtagsabgeordnete Hans Heiss und der Geschäftsführer der BBT-Beobachtungsstelle Martin Ausserdorfer waren zu Gast in der Sendung Pro und Contra. Es ging um die geheimgehaltene Umweltstudie von Hans Peter Lercher.

Zu einem echten Schlagabtausch der Kontrahenten kam es auf RAI Südtirol  in der Sendung Pro und Contra. Einmal mehr ging es um den Brennerbasistunnel und seine Sinnhaftigkeit. Zu Gast waren der Geschäftsführer der BBT-Beobachtungsstelle in der Franzensfeste, Martin Ausserdorfer und der Grüne Landtagsabgeordnete Hans Heiss, einer der frühen Kritiker des 64-Kilometer langen Tunnels unter dem Brennerpass für den Güter- und Warenverkehr.

Im Mittelpunkt stand die Studie des Innsbrucker Universitätsprofessors Hans Peter Lercher, mit der zwischen 2004 und 2006 die Belastungen für den Menschen und die Umwelt durch den Tunnel erhoben wurden. Der Rückgang der Schadstoffe durch den Tunnel liege laut Studie letztlich nur zwischen zwei und sieben Prozent, berichtete die Tiroler Tageszeitung damals. Und dass es für die Verbesserung der Luftqualität zusätzliche Maßnahmen brauche. Der eigentliche Skandal ist der, dass diese Studie niemals zu den Umweltverträglichkeitsprüfungen der BBT-Gesellschaft herangezogen wurde. Erst eine parlamentarische Anfrage durch den M5-Stelle Abgeordneten Riccardo Fraccaro brachte die Studie wieder aufs Tapet. 

Warum wurde die Studie so lange unter Verschluss gehalten?

Den Vorwurf dass es sich um eine "geheime Studie" handeln würde, konnte Martin Ausserdorfen nur teilweise widerlegen. Als die Public-Health-Studie im Jahr 2007 vorgelegt wurde, sei auf Nordtiroler Seite bereits kein Bedarf mehr vonseiten der Umweltverträglichkeitsprüfungen da gewesen, argumentiert der Beobachtungsstellenleiter. "Es ist zwar richtig, män hätte die Studie auf Eigeninitiative in den vergangenen Jahren nochmal vorstellen können, wir haben das nicht gemacht, weil wir diese Studie nicht im Genehmigungsverfahren benötigt haben." Seit 6. Dezember 2012 ist die nördliche Unterinntaltrasse in Betrieb, der Teil der nördlichen Zulaufstrecke des BBT, und der zeige sehr wohl Verbesserungen dadurch auf, dass nun kein Güterzug mehr in der Nacht durch die Landschaft fahre.

Hans Heiss prangerte vor allen Dingen die Geheimhaltung der Public-Health-Studie an: Bereits 2007 hätten die Grünen eine Anfrage zur Aushändigung der Studie gestellt, "Landesrat Laimer sicherte das auch zu, doch geschehen ist nichts, im Gegenteil es gab eine ständige Blockade bei den diversen Anfragen," so Hans Heiss. Die Studie habe heute noch große Aktualität, vor allem aber sei es eine mit öffentlichen Geldern finanzierte Studie, die über 2 Millionen Euro gekostet habe, bei der 3.600 Wipptaler befragt wurden und 30.000 Gesundheitsdaten erhoben wurden. Die Bevölkerung habe ein Recht darauf, diese Daten zu erfahren.

Im Nordtiroler Unterinntal fährt kein Güterzug mehr durch die nächtliche Landschaft.

Doch genau das Gegenteil wurde in den Vertragsabschluss der 2004 gegründeten Tunnel-Gesellschaft hineingeschrieben, dass nämlich die Studie erst veröffentlicht werden sollte, nachdem sämtliche Genehmigungsverfahren abgeschlossen seien. "Ich und auch Konrad Bergmeister sind aber erst 2006 bzw. 2007 zur Brennerbasisgesellschaft gekommen, das hatte damals die BBT-EWIV, die Europäische Wirtschaftliche Interessensvereinigung beschlossen," verteidigt sich Martin Ausserdorfer. "Wir werden die Studie am 28. Mai der Öffentlichkeit vorstellen, das habe ich mit Hans Peter Lercher bereits vereinbart." Man solle doch die in der Zwischenzeit geschehene Arbeit miteinbeziehen, etwa die erfolgreich beschlossenen Arbeiten in Nordtirol.

"Der springende Punkt ist ja wohl ein anderer," konterte Hans Heiss, "die Lercher-Studie sagt mit Nachdruck aus, dass auch nach dem Bau des Brennerbasistunnels eine Lärm- und Erschütterungsbelastung bestehen bleibt. Viel sinnvoller wäre es, jetzt Maßnahmen für ein Nachtfahrverbot und Mauterhöhung, sowie für die Errichtung von Lärmschutzwänden zu ergreifen, als auf einen Tunnel zu warten, der wahrscheinlich auch im angekündigten Jahr 2025 noch nicht fertiggestellt ist." 

Die Nordtiroler Situation könne in keinem Fall mit der Lage südlich des Brenners verglichen werden, so Hans Heiss, hier sei der BBT und seine Finanzierung noch Zukunftsmusik. Die Bevölkerung im Wipp- und Eisacktal müsse jetzt vor Luft- und Lärmbelästigung geschützt werden. Ausserdorfer stimmte dem zu, verwies abschließend auf die bereits getätigten Arbeiten, auch auf die Lärmschutzwände im Wipptal, die gerade errichtet werden. Doch der Brennerbasistunnel sei bereits jetzt Realität und hierzu solle die Politik gemeinsam mit den Betreibern konstruktiv arbeiten, so der Wunsch Ausserdorfers.

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Andrea Terrigno Mi., 14.05.2014 - 10:49

Warum können die Bergdurchlocherer nicht einfach zugeben, woran sie wirklich interessiert sind, und zwar am Profit, egal ob auf Kosten der Allgemeinheit und mit unlauteren Methoden? Einfach krank...

Mi., 14.05.2014 - 10:49 Permalink
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Fritz Gurgiser Mi., 14.05.2014 - 22:03

Was aber würde sich die Bevölkerung und Wirtschaft entlang der Brennerautobahn vom Brenner bis Salurn wünschen? Diesen "Gockel-Schlagabtausch" um Fakten, die seit mehr als 20 Jahren (!) bekannt sind? Wann hat es denn einen Schlagabtausch darüber gegeben, dass die Bauherren des BBT - die EU und Italien - das Verlagerungsziel gar beim EuGH verklagt und seit 21.12.2011 Müll, Schrott, Steine, Erden, Fahrzeuge und alles andere wieder von der Schiene auf die Straße zwingen? Wann hat es denn einen Schlagabtausch um die Belastungen der Brennerautobahn vom Brenner bis Salurn um die hohen Stickstoffdioxidbelastungen an den Messstellen in Klausen und Neumarkt gegeben? Wann hat es einen Schlagabtausch wegen der hohen Lärmbelastungen entlang der Autobahn vom Brenner bis Salurn gegeben?
Immer nur "gegen den BBT" und dabei geflissentlich die katastrophalen Missstände an der Autobahn "übersehen" und damit den BBT-Erbauern in die Hände zu arbeiten. Nicht umsonst konnte sich am Montag der "Baron von Berghausen" wieder im RAI wohlfühlen und seine Märchenstunde halten und der neue Landeshauptmann mit lachendem Gesicht den BBT als Transitlösung verkünden. Einen BBT, der NIEMALS die Transitbelastung reduzieren wird, weil er dafür nicht gebaut wird. Er ist, weil dieselben PolitikerInnen, die uns dafür Milliarden Euro Steuergeld stehlen, die notwendigen verkehrs- und finanzpolitischen Rahmenbedingungen auf der Straße nicht setzen, die teuerste politische Nebelgranate. Er erfüllt aber politisch seinen Zweck: Es wird die Tunnelbauklientel mit Milliarden bedient, die weder Österreich noch Italien haben; es wird die Transitklientel bedient, indem ihr für die nächsten 10 oder 20 Jahre "freie Fahrt" ermöglicht wird ("zuerst muss schon der Tunnel gebaut werden, bevor verlagert werden KANN" - obwohl schon heute genug Kapazitäten da wären, wie das Müll- und Schrottverbot bewiesen haben) und es wird auch die Bevölkerung "bedient", um die es eigentlich geht: Die Menschen, die mit gesetzwidrigen Lärm- und Gesundheitsbelastungen leben müssen - ihnen gehört ganz allein der BBT als "Generationenverrat". Erst unlängst habe ich am Coron di Tres ins Bozner Unterland geschaut und das gehört, was ich auch auf den Gipfeln im Karwendel gut höre - Das Summen der Reifen und das Dröhnen der Motoren.
The Tunnel-Show must go on - mit einer sündteuren Tunnel-Beobachtungsstelle statt das zu beobachten, was in zahlreichen Studien längst AUSSER STREIT steht: Die hohen Lärm- und Schadstoffbelastungen. Für so eine Beobachtungsstelle würde sich wohl ein kleines Platzl in einer der Wein- oder Apfelkulturen neben der Autobahn finden, meine ich.
Fazit: Wer sich nur gegen den BBT stellt, arbeitet für die, die auf der Autobahn ungestört ihr Unwesen treiben können. Wer wissen will, warum der Brenner gar so beliebt ist für den Lkw-Transit, die/der wirft einen Blick auf:
http://www.transitforum.at/pdf/20130219DerBrennerAlsUmwegtransitkaiserS…
LG
Fritz Gurgiser

Mi., 14.05.2014 - 22:03 Permalink