Politik | Diplomatie

Die Retourkutsche

Die italienische Botschaft in Wien äußert sich zu den angeblichen Bestechungsversuchen und weist die Vorwürfe der Süd-Tiroler Freiheit aufs Schärfste zurück.
Sven Knoll
Foto: STF
Im angeblichen Bestechungsskandal, den die Süd-Tiroler Freiheit gestern (20. März) in einer Pressekonferenz in Bozen ausführlich dargelegt hat, nimmt nun auch die italienische Botschaft in Wien Stellung und verurteilt die Anschuldigungen aufs Schärfste.
Die Süd-Tiroler Freiheit hat kritisiert, dass die Fraktionssprecher*innen des Südtiroler Landtags bei ihrem Besuch in Wien nächste Woche von dem italienischen Botschafter, Stefano Beltrame, zu einem gemeinsamen Abendessen eingeladen werden. Bei dem Besuch stehen auch politische Gespräche mit dem österreichischen Bundespräsidenten Alexander Van der Bellen sowie mit Vertreter*innen des Südtirol-Unterausschusses des Parlaments auf dem Programm.
„Ich habe mich schon gefragt, was es die italienischen Behörden angeht, wenn ich nach Wien fahre“, erklärte der Landtagsabgeordnete und Fraktionssprecher der Süd-Tiroler Freiheit, Sven Knoll, auf der Pressekonferenz. Das gemeinsame Abendessen mit dem italienischen Botschafter als Akt diplomatischer Höflichkeit scheint sauer aufzustoßen.
Außerdem verweist die Partei auf eine Begebenheit aus dem Jahr 2009: Der damalige italienische Botschafter in Wien, Massimo Spinetti, soll angeblich dem ehemaligen FPÖ-Nationalratsabgeordneten Werner Neubauer in einem Vier-Augen-Gespräch eine Summe von 1,5 Millionen Euro angeboten und im Gegenzug von ihm verlangt haben, sich nicht mehr politisch für Südtirol einzusetzen. Auf eine Anzeige sei unter anderem wegen mangelnder Beweismittel verzichtet worden. Für die italienische Botschaft in Wien ist diese Behauptung „völlig falsch und unbegründet“.
 
  

Die Reaktion der Botschaft

 
„In den sozialen Medien und in einigen Presseartikeln sind phantasievolle Berichte über den Stand der Beziehungen zwischen Italien und Österreich und die Rolle der Italienischen Botschaft in Wien zu lesen“, erklärt die diplomatische Vertretung in einer Stellungnahme.
Sowohl Ministerpräsidentin Giorgia Meloni als auch der stellvertretende Ministerpräsident und Außenminister Antonio Tajani hätten seit dem Amtsantritt der derzeitigen Regierung klare Worte zur Achtung der Autonomie Südtirols gefunden. „Im vergangenen Juni gedachten Italien und Österreich in Bozen gemeinsam des 50. Jahrestages der Autonomie Südtirols, des 30. Jahrestages der Streitbeilegungserklärung und des 27. Jahrestages der gemeinsamen Mitgliedschaft in der Europäischen Union. Die Autonomie Südtirols wurde bei der UNO als erfolgreiches Modell der Zusammenarbeit und des Zusammenlebens der Volksgruppen vorgestellt“, teilt die diplomatische Vertretung mit.
Die italienische Botschaft in Wien nutze „stets und ausschließlich das alleinige Instrument des Dialogs“ mit den österreichischen Institutionen und deren Vertreter*innen „unter Einhaltung der größtmöglichen Transparenz“. Die Vorwürfe der Bestechung kommentiert die Botschaft so: „Jegliche Behauptung über angeblich intransparente Absprachen ist somit als völlig falsch und unbegründet zu bewerten.“
 
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pérvasion Mi., 22.03.2023 - 13:56

Leider sind STF und FPÖ nicht wirklich glaubwürdige Akteure.

Aber was sollte die italienische Botschaft auch anderes sagen? Dass der italienische Staat und die Geheimdienste Dreck am Stecken haben, ist jedenfalls quasi ein offenes Geheimnis, und dass die Geschichte der Repression nie ernsthaft öffentlich aufgearbeitet wurde, schwer leugbar.

Mi., 22.03.2023 - 13:56 Permalink
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Manfred Klotz Mi., 22.03.2023 - 15:09

Antwort auf von pérvasion

Nehmen wir an, dass die Behauptungen Neubauers und in der Folge Knolls nicht stimmen (was ja angesichts der Vorgeschichten so abwegig nicht wäre), weshalb sollte die italienische Botschaft dann etwas anderes sagen? Beweise konnte Knoll jedenfalls wieder mal keine vorlegen. Es gibt übrigens wohl kaum einen Staat, der nicht Dreck am Stecken hat, das zeigen doch die Vorkommnisse in Österreich rund um Strache und Kurz am besten.

Mi., 22.03.2023 - 15:09 Permalink
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pérvasion Mi., 22.03.2023 - 16:01

Antwort auf von Manfred Klotz

Sie missverstehen (oder ich habe mich nicht klar genug ausgedrückt): Egal ob Knolls Aussagen stimmen oder nicht, könnte die Botschaft kaum etwas anderes sagen, solange sie nicht durch Beweise in die Enge getrieben wird. Was Strache und Kurz getrieben haben, ist Gegenstand von Ermittlungen und hat zu Rücktritten geführt. Ich wüsste auch nicht, dass die Österreicher:innen nach dem Motto »eh wuascht weil sowieso jeder Staat Dreck am Stecken hat« vorgegangen wären. In Italien gibt es bis heute keinerlei Konsequenzen, ja noch nicht einmal eine Entschuldigung für das, was sich Politik, Geheimdienste und Polizei geleistet haben.

Mi., 22.03.2023 - 16:01 Permalink
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Manfred Klotz Do., 23.03.2023 - 07:53

Antwort auf von pérvasion

Es ist NICHT egal, ob Knolls Aussagen stimmen oder nicht, denn sollten sie stimmen (und ich traue mich zu wetten, dass sie auch in diesem Zusammenhang nicht stimmen), würde die Botschaft gar nicht darauf reagieren, getreu dem Motto "Ein Diplomat ist ein Mensch, der zwei Mal überlegt, bevor er gar nichts sagt." Es gibt in Italien in vielfacher Hinsicht Konsequenzen für Politiker, auch wenn zu wenige, da haben Sie recht. Berlusconi ist ein Paradebeispiel dafür. Aber es gibt zig Politiker, meist aus der rechten Szene, die angeklagt und verurteilt wurden. Die Machenschaften in den Sechzigern hier ins Spiel zu bringen, geht am eigentlichen Thema vorbei. Dafür gibt es übrigens auch von österreichischer Seite (die da auch kräftig mitgemischt hat) kaum eine ehrliche Aufarbeitung.

Do., 23.03.2023 - 07:53 Permalink
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pérvasion Do., 23.03.2023 - 12:49

Antwort auf von Manfred Klotz

Ich hatte ja oben auch vorausgeschickt, dass ich STF und FPÖ für grundsätzlich wenig glaubwürdig halte. Auch Ihnen dürfte aber klar sein, dass es Kaffeesudleserei ist, an der Reaktion der Botschaft ihre Schuld oder ihre Unschuld ablesen zu wollen.

Do., 23.03.2023 - 12:49 Permalink