Wirtschaft | Energie-Autonomie

Wo ein Wille, da ein Weg?

Die Landesregierung hat ein Experten-Gutachten zur Energie-Autonomie in Auftrag gegeben. Landeshauptmann Kompatscher ist sichtlich zufrieden – der SEV übrigens auch.
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Foto: SEV
Im vergangenen Oktober hat der Südtiroler Landtag die Regierung damit beauftragt, „sämtliche verwaltungstechnische Schritte in die Wege zu leiten, um die größtmögliche Energie-Autonomie für Südtirol umzusetzen.“ In der Folge wurden die beiden Rechtsexperten in Energiefragen, Giuseppe Caia von der Universität Bologna und Fulvio Cortese von der Universität Trient, mit der Erstellung eines Gutachtens beauftragt. Dieses wurde am vergangenen Dienstag im Rahmen der Sitzung der Landesregierung präsentiert. Sichtlich zufrieden zeigte sich Landeshauptmann Arno Kompatscher im Anschluss bei der Pressekonferenz, als er die Expertise mit den Worten kommentierte: „Die Dinge sind nicht so einfach, wie sie manchmal dargestellt werden – im Sinne von: man könnte doch einfach.“
 
 
 
Damit sprach er die Forderungen seitens einiger Politiker und Verbände nach einer eigenen Südtiroler Regulierungsbehörde an. Diese sollten dem Land eine weitreichendere Autonomie in Fragen des Strompreises und der Vertragsgestaltung ermöglichen. Im Auftrag des Südtiroler Energieverband (SEV) und der Handelskammer Bozen haben die beiden Rechtsexperten Professor Peter Hilpold (Universität Innsbruck) und Professor Paolo Piva (Universität Padua) ein eigenes Gutachten dazu verfasst, das sich mit der Frage auseinander setzte, ob eine eigenständige Regelung des Strommarktes in Südtirol möglich sei. Dies bejahten die beiden Experten grundsätzlich.
Über die Inhalte des neuen Gutachtens schwieg sich der Landeshauptmann zwar aus, die spärlichen Aussagen legten jedoch den Schluss nahe, dass es der SEV-Expertise widersprechen würde. Doch anscheinend weit gefehlt – auch der Energieverband zeigt sich zufrieden.
 
 

Mit Genugtuung zur Kenntnis genommen

 
In seiner aktuellen Aussendung bezieht nämlich auch der Südtiroler Energieverband (SEV) Stellung und erklärt, dass man mit Genugtuung zur Kenntnis genommen habe, dass auch die vom Land beauftragten Rechtsexperten Giuseppe Caia und Fulvio Cortese in ihrem Gutachten die Auffassung vertreten, dass die geltende italienische und europäische Rechtsprechung die Einrichtung einer – mit der staatlichen Energieaufsicht ARERA koordinierten – autonomen Regulierungsbehörde im Bereich der elektrischen Energie prinzipiell nicht untersagt. Auch eine eigene Gesetzgebung mit Eingriffen in die Preisgestaltung sei in einem von der EU festgelegten Rahmen möglich.
 
 
 
 
Das Rechtsgutachten der beiden Universitätsprofessoren Peter Hilpold und Paolo Piva, das vom SEV gemeinsam mit der Handelskammer Bozen in Auftrag gegeben wurde, sei zu ähnlichen Schlussfolgerungen gekommen, heißt es in der Aussendung. Auch müsste die Landesregierung – so die Position der Juristen – endlich die eigenen Zuständigkeiten wahrnehmen und in Südtirol eine autonome Regulierungsbehörde aufbauen.
 
 
Man muss es nur wollen und versuchen.
 
 
„Das Landesgutachten weist – natürlich – auch auf die juristischen Schwierigkeiten bei der Implementierung einer autonomen Regulierungsbehörde hin. Wir haben niemals gesagt, dass alles einfach ist, und wir haben niemals gesagt, dass man mit einem Landesgesetz alles ändern kann. Autonomiepolitik fand nie auf einer ‚gmahnten‘ Wiesn statt, sondern man musste um jeden Meter und manchmal um jeden Grashalm feilschen. Man muss es nur wollen und versuchen“, so SEV-Direktor Rudi Rienzner, der erklärt, dass man sich auf die energiepolitische Debatte freue und hoffe, dass eine gemeinsame Position zum Wohle unseres Landes möglich sei. Nach Meinung des SEV-Direktors würde das Landesgutachten nämlich sehr wohl einen Weg aufzeigen, man müsse ihn nur gehen.

 

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Karl Egger Fr., 31.03.2023 - 16:28

Das Thema hätte das Potenzial (nach „Vollautonomie“ und Doppelpass) zur Wahllüge der SVP für die kommenden Landtagswahlen zu werden.

Fr., 31.03.2023 - 16:28 Permalink
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Gianguido Piani Fr., 31.03.2023 - 17:30

In Österreich und Deutschland erlaubt das Gesetz die Bildung und die Funktion lokaler Energieunternehmen, z.B. Stadtwerke auf kommunaler Ebene. Diese dürfen den Strompreis nach den Gestehungskosten definieren und nicht unbedingt in Anlehnung an einen einheitlichen nationalen Preis, wie in Italien (Prezzo Unico Nazionale - PUN).
Ein berühmtes Beispiel eines unabhängigen Energieunternehmens sind die EWS Schönau https://www.ews-schoenau.de/
Ich meine hier nicht, dass die EWS alles richtig macht, sondern, dass ein ähnliches Unternehmen in Italien nicht gebaut werden darf. Wir sind in der EU genauso wie Österreich und Deutschland. Müssen wir aber akzeptieren, mit weniger Freiheiten leben zu müssen?
P.S. Was hier geschrieben gilt für den organisatorischen und wirtschaftlichen Teil der Regulierung. Der technische Teil darf nicht angetastet werden. In Südtirol würden auch die notwendigen Kompetenzen für eine lokale Behörde mit Verantwortung für die Technik fehlen.

Fr., 31.03.2023 - 17:30 Permalink
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Genius Universalis Sa., 22.04.2023 - 14:10

Und trotzdem wurde der SEV nicht zur Vorstellung des Klimaplans des Landes eingeladen. Wie will das Land dieses umsetzen, ohne die Energieproduzenten mit einzubinden?

Sa., 22.04.2023 - 14:10 Permalink