Politik | Ernährung

22 : 3 für die Bauern und Grünen

Lange Diskussionen und zahlreiche Änderungsanträge sind dem Gesetz zur Herkunftskennzeichnung von Lebensmitteln vorausgegangen. Gestern wurde es mehrheitlich genehmigt.
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Foto: Pixabay
22 Abgeordnete stimmten gestern (14. April) für die Verabschiedung des Landesgesetzesentwurfes, der die Herkunftskennzeichnung von Lebensmitteln in der Gemeinschaftsverpflegung wie beispielsweise Mensen und Restaurants regelt. Der Gesetzesentwurf sieht eine verpflichtende Herkunftsangabe bei Fleisch, Milch und Eiern vor, eine freiwillige bei allen übrigen Lebensmitteln. Die Herkunft der Zutaten muss in deutlich lesbarer, schriftlicher und gut sichtbarer Form durch Aushänge, Hinweise in der Speisekarte, oder in anderen gleichwertigen informationstechnischen Systemen gekennzeichnet werden.
Die breite Zustimmung bewerten die Einbringer, die SVP-Abgeordneten Manfred Vallazza, Franz Locher, Josef Noggler und Brigitte Foppa von den Grünen, durchaus als Erfolg, wird damit doch ein erster, wichtiger Schritt in Richtung Unterstützung der regionalen Lebensmittelproduktion und Transparenz für die Konsumenten getan, die wissen wollen, woher die Lebensmittel auf ihren Tellern stammen.
 
 
 
Die beiden großen Verbände, HGV und hds, liefen bereits im Vorfeld Sturm gegen dieses Gesetz, da es ihrer Meinung nur mehr Bürokratie für die betroffenen Betriebe bringt. Beide Verbände meinten eine Verfassungswidrigkeit darin zu erkennen, welche lautstark an die Medien weitergegeben wurde. Sogar der Europarechtsexperte Walter Obwexer, der bei der Ausarbeitung des Gesetzesentwurfes zu Rate gezogen wurde, wurde mit der Aussage ins Feld geführt, dass der vorliegende Entwurf mit dem europäischen Recht nicht vereinbar sei. Aufgrund der Rechts-Experten-Debatte wurde das Gesetz schließlich dahingehend abgeändert, dass der Verweis auf die entsprechende EU-Gesetzgebung und die darin enthaltene Einteilung in „EU“ und „nicht EU“ eingefügt wurde – ein Passus, welcher der Miteinbringerin Brigitte Foppa übrigens einige Bauchschmerzen bescherte – Foppa hatte eine Streichungsantrag eingereicht, der allerdings nicht angenommen wurde. Auch für viele andere Abgeordnete war dieser Schritt nicht nachvollziehbar bzw. erklärten sie, dass damit das gesamte Gesetz eigentlich „ad absurdum“ geführt würde – die bloße Angabe von „EU“ oder „nicht EU“ biete für den Konsumenten nämlich keinen Mehrwert, so die Kritiker. Die Befürworter argumentierten jedoch damit, dass es im Interesse der Betreiber von Gemeinschaftsverpflegungen liege, die Herkunft ihrer verarbeiteten Lebensmittel nach bestem Wissen anzugeben bzw. im Idealfall sogar ihr Einkaufsverhalten neu auszurichten. Entsprechende Reaktionen bei den Konsumenten, die diese Angaben hinterfragen, seien nämlich vorprogrammiert. Wie Foppa erklärte, wäre ihr statt des „sanften“ Zwanges ein strengeres bzw. klareres Gesetz lieber gewesen, „aber es geht eindeutig in die richtige Richtung.“
 
 
 
 
 
Für Reibereien innerhalb der SVP, insbesondere zwischen dem HGV-Vertreter Helmut Tauber, der übrigens mit „Nein“ stimmte, und der Bauern-Fraktion, sorgten insbesondere die Strafen, die für die Nichteinhaltung der Kennzeichnungspflicht vorgesehen sind. Wie der HGV in seiner Pressemitteilung lobend hervorhob, sei es Tauber gelungen, „das Strafausmaß zu reduzieren“ – von ursprünglich 300 Euro auf 100 Euro. Tauber wie auch Vallazza sind als Hotelier bzw. Buschenschankbetreiber vom neuen Gesetzesentwurf direkt betroffen. Während der HGV-Vertreter aber vor allem die bürokratischen Herausforderungen als Gründe für seine Ablehnung nennt und eine freiwillige Kennzeichnung einer verpflichtenden vorgezogen hätte – für kleine abgelegene Gasthäuser sei die Kennzeichnungspflicht seiner Meinung nach kaum zu stemmen, ist diese ablehnende Haltung für Vallazza nicht nachvollziehbar. In seinem Familienbetrieb sei es zum einen nicht besonders schwer, sich an die Vorgabe zu halten, und zum anderen brächte sie einen deutlichen Nutzen. In weiterer Folge könnten auch die Genossenschaften davon profitieren, welche durch dieses Gesetz mehr regionalen Absatz erwarten dürften und nicht mehr gezwungen wären, ihre Produkte an die Handelsketten weiterzugeben – somit ein indirekter Mehrwert für die Genossenschaftsmitglieder, welche von einem höheren Auszahlungspreis profitieren könnten.
Die Herkunftskennzeichnung in der Gemeinschaftsverpflegung wurde mit 22 Ja, 3 Nein und 4 Enthaltungen angenommen.

 

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G. P. Sa., 15.04.2023 - 21:21

Lächerlich, einfach lächerlich, Zeit- und Ressourcenverschwendung, wenn am Ende der Kompromiss herauskommt, dass die Angabe "EU" oder "nicht EU" ausreichend ist.

Sa., 15.04.2023 - 21:21 Permalink
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Klemens Riegler Sa., 15.04.2023 - 22:20

Wichtig ist dass der Südtiroler Speck weiterhin aus der EU kommt! hi hi hi
Restaurants können freiwillig ohne weiteres eine "regionale" Herkunft angeben. Das kommt immer gut an, und der Kunde zahlt dann vielleicht auch lieber die paar teils unverschämten Euro mehr ... Nur wenn das dann alle tun, fliegt vielleicht ein Schwindel auf? Denn Südtirol hat wohl nicht die Kapazität entsprechende Fleischmengen zu produzieren. Und wenn wir ganz ehrlich sind, dann ist ein Top-Filet aus Argentinien (z.B. auch für Top-Tartar / Steak / Burger) eben besser als unseres. (einfach auch unsere Michelin-Köche ganz privat dazu befragen)
P.s. ich brauch weder das eine noch das andere! Außer vielleicht 5 Mal im Jahr.

Sa., 15.04.2023 - 22:20 Permalink
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Salto User
Manfred Gasser Sa., 15.04.2023 - 22:23

Also ist jetzt ein Tönnies-Schwein gutes Fleisch, da EU, und ein Bioschwein aus der Schweiz schlechtes Fleisch, da nicht EU? Oder habe ich da was falsch verstanden?

Sa., 15.04.2023 - 22:23 Permalink
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Josef Fulterer So., 16.04.2023 - 05:55

Der Landtag hat nutzlos Zeit vertrödelt, in der dringendere Angelegenheiten zu besprechen gewesen wären, aber dem mit seinem Beitrags-Skandal angeschlagenen Valazza hat die Mutter-Partei "gütig die Bühne gewährt, um seinen an seinem desolaten Ruf herum zu flicken."

So., 16.04.2023 - 05:55 Permalink
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Johann Georg B… So., 16.04.2023 - 09:33

So leid es mir tut, ich erkenne in der Verordnung keinen Mehrwert.Es gibt mir nur zu bedenken, der öffenliche Sanitätsbetrieb kauf seine Lebensmittel nicht im Land Südtirol ein und der Gastwirt im eigen Land, welcher schon immer die einheimische Wirtschaft unterstützt, wird bestraft wenn er nicht die Herkunftsbezeichnung angibt. Unser Politiker allen voran die Einbringer des Gesetzes sind Scheinheilige Personen, selbst niergens in Ordnung machen sie arbeitende Steuerzahlende Personen unnötige Vorschriften. Die erzeugten Lebensmittel im Land reichen für circa einen Monat im Jahr , darüber haben sie anscheinend nicht nachgedacht.

So., 16.04.2023 - 09:33 Permalink
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Manfred Klotz So., 16.04.2023 - 13:45

Antwort auf von Johann Georg B…

Bei der Herkunftsbezeichnung geht es nicht darum Gastwirte zu zwingen sich lokal einzudecken. Der Gast soll aber wissen wo er sich eindeckt. Ihr Kommentar ist daher für die Fische. Der Sanitätsbetrieb unterliegt strengen gesetzlichen Regeln bezüglich der Auftragsvergabe und kann nicht willkürlich entscheiden von wem er seine Ware bezieht.

So., 16.04.2023 - 13:45 Permalink
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Stefan S So., 16.04.2023 - 14:51

Antwort auf von Manfred Klotz

"Der Sanitätsbetrieb unterliegt strengen gesetzlichen Regeln bezüglich der Auftragsvergabe"
Wie für alle öffentlichen Verwaltungen nach EU Recht per öffentl. Ausschreibung ab ca. 200.000 € für Liefer- und Dienstleistungen und ab ca. 5 Mio für Bauleistungen.
Leider sind die gesetzlichen Vorgaben nicht streng genug bzw. werden zu wenig kontrolliert so das hier noch viel Schindluder getrieben wird.
Bezüglich Herkunftsmachweis kommt man mit der Regelung aber auch nicht weiter dafür sorgt schon die Agrar und Lebensmittellobby.

So., 16.04.2023 - 14:51 Permalink
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Johann Georg B… So., 16.04.2023 - 14:14

Das einzige was passieren wird, alles wird teurer,die Unternehmer sind unzufrieden, es funktioniert nichts, die ganze Landespolitik und Gemeindepolitk geht mir schon lange auf den Geist.
Die ganzen Sikanen sind einfach nicht mehr zu ertragen.

So., 16.04.2023 - 14:14 Permalink
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Ludwig Gruber Mo., 17.04.2023 - 09:40

Während im Lebensmittelhandel bei vielen Produkten die Herkunft zu nennen ist und als einziger Qualitätshinweis "aus biologischer Landwirtschaft" etabliert werden konnte, bleibt im Außerhausverzehr das Märchenerzählen ohne jegliche Verbindlichkeit der Standard. 
Damit ist sicher gestellt, dass Zutaten aus globaler Intensivproduktion und Fertiggerichte auch in Zukunft den Großteil des gastronomischen Angebots ausmachen. 

Die Branche kann sich auch künftig nach dem günstigsten Angebot orientieren und jene Betriebe, die freiwillig zur besseren Qualität greifen, bleiben weiterhin benachteiligt, weil das Angebot teurer wird und/oder der Kommunikationsaufwand größer.

Mo., 17.04.2023 - 09:40 Permalink