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Der Fall Widmann

Während Thomas Widmann in Sachen Landtagskandidatur taktiert, tut SVP-Obmann Philipp Achammer so, als würde die Partei nichts dagegen haben. Nur Arno Kompatscher.
Wenn ihm etwas nicht gefällt, meldet sich Philipp Achammer keine zehn Minuten nach Erscheinen eines Artikels.
Der Dolomiten-Artikel „Landtag: Wenn Widmann will ...“ ist inzwischen fast 72 Stunden alt und noch ist kein Dementi oder keine Richtigstellung erschienen. Demnach muss man annehmen, dass das Ebner-Tagblatt den SVP-Obmann richtig zitiert hat.
Das heißt, innerhalb der SVP bricht eine alte Wunde wieder auf. Denn das Ganze ist ein bewusster öffentlicher Dolchstoß gegen Landeshauptmann Arno Kompatscher.
 

Tommys Taktieren

 
Die Vorgeschichte des Falles Widmann ist hinlänglich bekannt. Nach den Bekanntwerden der Äußerungen über die Unfähigkeit des Landeshauptmann, entzog Kompatscher dem amtierenden Sanitätslandesrat zuerst die Kompetenzen und warf ihn dann aus der Landesregierung. Thomas Widmann sitzt seitdem als einfacher SVP-Abgeordneter im Landtag.
Die große Frage lautet jetzt: Was tut Widmann bei den Landtagswahlen 2023?
Es gibt dabei zwei mögliche Antworten. Thomas Widmann, der Zeit seines Politlebens auch noch andere wirtschaftliche Eisen im Feuer hat, geht in die Privatwirtschaft. Oder der Langzeitpolitiker will es wissen und er tritt auf der SVP-Liste bei den Landtagswahlen im Oktober noch einmal an. Es wäre ein bewusster Affront gegen Landeshauptmann Arno Kompatscher.
Formal ist der Weg für eine Kandidatur durchaus noch offen. Widmanns SVP-Bezirk Bozen Stadt und Land nominiert seine bindenden Kandidaten als letzter Bezirk am 5. Mai. Bis dahin kann jemand den ehemaligen Landesrat, Landtagspräsidenten, SVP-Landessekretär und Wahlkampfleiter noch vorschlagen.
 
 
 
Ich bin von mehreren aus der Partei gefragt worden, ob ich kandidieren würde, aber ich habe noch nicht entschieden“, sagt Thomas Widmann selbst zu den Dolomiten.
Der abgestrafte Landesrat tut jetzt so, als würde ein Wiederkandidatur allein von seiner Entscheidung abhängen. Innerhalb seines Bezirkes sieht man das aber anders. „In einer möglichen Stichwahl“, meint ein Mitglied des Bozner Bezirksausschusses, „hat Widmann keine Chance“.
Kennt man die Qualitäten, die Wahlkampferfahrung Widmanns und die offene Unterstützung durch den Machtblock Athesia, muss man diese Einschätzung aber relativieren.
 

Philipps Einladung

 
Vor allem aber lässt eine Aussage in diesem Zusammenhang aufhorchen.
Ich habe schon vor einiger Zeit gesagt, dass es von Seiten der Parteigremien aktuell gegen niemanden aus der Partei Maßnahmen gibt, die eine Kandidatur verbieten würden“, sagt SVP-Obmann Philipp Achammer zu den Dolomiten. Achammer weiter: „Die Entscheidung für eine Nominierung der Kandidaten liegt bei den Ortsgruppen und die definitive Entscheidung über die Liste dann bei der Landesleitung.“
Süffisant kommentiert das Ebner-Tagblatt: „Ein klares Nein zu einer Kandidatur von Thomas Widmann klingt anders.
 
 
 
 
Diese Sätze sind ein offener Dolchstoß gegen Arno Kompatscher.
Denn das Duo Kompatscher-Achammer hat vor Monaten klare Bedingungen für einen Burgfrieden unterm Edelweiss festgelegt. Eine der nicht verhandelbaren Bedingungen, die Arno Kompatscher für die Wiederkandidatur unmissverständlich eingefordert hat, war kein Thomas Widmann auf der SVP-Liste.
Wenn ich mit Widmann zusammen wieder auf einer Bühne stehen muss“, argumentiert der Landeshauptmann im kleinen Kreis, „dann verliere ich meine Glaubwürdigkeit“. Kompatscher hat dabei mit Philipp Achammer von Anfang an Klartext geredet: „Entweder er oder ich“.
Vor diesem Hintergrund wirken der Dolomiten-Artikel und noch mehr die Äußerungen von Philipp Achammer ein halbes Jahr vor den Landtagswahlen wie ein Molotowcocktail .
Schon jetzt schiebt man öffentlich den Schwarzen Peter dem Landeshauptmann zu. Nur sein Veto und sein persönliches Beleidigt-Sein stehen gegen eine Widmann-Kandidatur.
 

Pusterer Schützenhilfe?

 
Die Chancen Widmanns gegen den Willen des Landeshauptmanns am Ende doch noch den Sprung auf die Landtagsliste zu schaffen, haben sich dabei in den vergangenen Tagen deutlich erhöht.
Weil Waltraud Deeg und Gert Lanz über die vom Duo Kompatscher/Achammer zusammengestellte 10er-Liste gesetzt wurden und zudem über diese Schiene auch der Brunecker SGB/CISL-Vorsitzende Dieter Mayr auf die SVP-Landtagsliste kommt, hängt der Haussegen innerhalb der SVP schief.
Mit den vier bindenden Bezirkskandidaten hat das Pustertal damit bereits 8 Kandidatinnen und Kandidaten. Am Ende könnten es sogar zehn werden. Die Pusterer Bezirksspitze ist darüber empört. Der Prettauer Bürgermeister Robert Alexander Steger droht jetzt seine Kandidatur zurückzuziehen.
 
 
 
Und Bezirksobmann Meinhard Durnwalder kündigt bereits jetzt über die Dolomiten an: „Den 4. Platz geben wir an Obmann und Landeshauptmann zurück“.
Kompatschers Hausmacht ist in den vergangenen Tagen deutlich gewachsen. Mit der sicheren Kandidatur des Brixner Bürgermeisters Peter Brunner und der wahrscheinlichen des Rittner Bürgermeisters Paul Lintner hat die Gruppe der Kompatscher-Befürworter vieles an Gewicht gewonnen. Brunners unerwartetes Antreten bringt zudem das Gleichgewicht im SVP-Bezirk Eisacktal durcheinander. Ein Revanchefoul wird deshalb nicht lange auf sich warten lassen.
Und man weiß, dass der Tritt der Arno Kompatscher am meisten weh tun, Thomas Widmann heißt.
Wir werden im Westen Kandidaten suchen“, beruhigt Philipp Achammer die Pusterer Kritiker.
Liegt Afing - wo Thomas Widmann wohnt - im Westen?
 
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Johannes A. Fr., 21.04.2023 - 16:10

Ich frage mich mittlerweile schon, welches Demokratieverständnis in der SVP vorherrscht, wenn ein Kandidat, der sich kritisch zum Landeshauptmann äußert, nicht mehr kandidieren darf.

Hat es nicht in der Zeit unter Durnwalder (vor allem vom sonst so kritischen Autor) stets geheißen, dass es zu wenig innerparteiliche Demokratie gäbe?

Fr., 21.04.2023 - 16:10 Permalink