Politik | Die Allianz mit Nigel Farage oder das europapolitische Harakiri des M5S

Grillo killed the M5S

Grillos Entscheidung, sich der Fraktion „Europa der Freiheit und der Demokratie“ (EFD) im EU Parlament anzuschließen, ist ein Schritt des politischen Harakiris für den Movimento 5 Stelle: So erledigt sich eine Bewegung selbst.
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Gewiss, die Basis hat die Entscheidung abgesegnet, mit 23.000 von 29.000 abgegebenen Online-Stimmen. Aber trotzdem markiert der Entschluss, sich einer Fraktion abzuschließen, die bereits UKIP, Lega Nord, Fratelli d’Italia, die ‚Wahren Finnen‘ und einer Reihe weiterer Rechtsaußen-Reaktionärer aufgenommen hat, den politischen Tod des M5S.

Der Grund ist einfach: Es gibt keine Notwendigkeit, dies zu tun. Es dient der Sache des M5S nicht, sich einer Fraktionen in die Arme zu werfen, die nicht nur den offen ausländerfeindlichen Nigel Farage und seine UKIP Partei einschließt, sondern auch Leute wie Magdi Allam (in der letzten Amtsperiode), einen islamophoben Franzosen wie Philippe de Villiers, nationalkonservative Griechen wie die Abgeordneten der LAOS Partei und so weiter und so fort. Gewiss, die Lega mag inzwischen versuchen, mit Le Pen und FPÖ eine neue Fraktion zu gründen; bis dato hat sie sich bei der EFD sehr wohlgefühlt.

Eigentlich muss es also ziemlich gewichtige Gründe geben, um derartige politische Kröten zu schlucken, oder?

Dabei kommen nur zwei mögliche Ziele in Frage: Einerseits jenes, das dem M5S am nächsten liegen muss: Die EU aufmischen! Zusammen mit Farage und der EFD das morsche EU Gebilde zum Einsturz bringen!! Also so, dass das Ergebnis die unschöne Allianz rechtfertigen würde... Das aber ist völlig unrealistisch. Die EFD hat überhaupt keinen Einfluss auf die Beschlüsse des EU Parlaments, weil sie zu klein ist und keine verbündete hat, sie hat keine Chance mehr zu bewirken als das bisschen Klamauk, für das Farage in der Vergangenheit gut war: Ein paar seiner Reden wurden zu Youtube-Hits, und das war’s. Wirkung gleich null.

Der zweite Grund, der den Ausschlag gegeben haben kann, ist wahrscheinlicher, aber unsäglich, weil er die Ankunft des M5S in der Casta anzeigt: Geld! Der Beitritt zu einer Fraktion ermöglicht dem M5S Zugang zu finanzieller Unterstützung, und mehr Sichtbarkeit im EU-Parliament, etwa in der Besetzung von Ausschüssen etc.

Kann es wirklich sein, dass der M5S aus derart banalem Grund sich einer rechtslastigen, reaktionären und ausländerfeindlichen Fraktion anschließt?

Gewiss wird Grillo dies damit rechtfertigen, dass es einem höheren Zweck dient. Nur ist der im EU Parlament ziemlich sicher nicht gegeben.

Was noch dazu kommt, ist die Art, wie Grillo seinen Anhängern die Allianz mit Farage verkauft hat: Nicht nur hat er ihm eine Persilschein ausgestellt, er sei kein Rassist, nicht xenophob, kurzum ein lupenreiner Demokrat. Nein, Grillo versucht auch, den Eindruck zu verwischen, das Farage zu weit rechts stehe. Dabei motiviert sich ja Farages politische Energie grötenteils daraus, die englischen Tories rechts zu überholen: in Bezug auf Einwanderung, Abschottung, und eben die EU. Farage ist noch neoliberaler als die Tories, wozu passt, dass Farage im Londoner Finanzsektor gearbeitet hat.

Grillo leugnet dies einfach: Farage „ha lavorato come broker al London Metal Exchange, non e' mai stato un banchiere e non ha nulla a che fare con le banche o servizi finanziari”. Dabei ist ein ‘broker’ am London Metal Exchange eben genau jemand, der mit Finanzspekulation (ein servizio finanziario) auf Metallpreise sein Geld verdient.

Das Grundproblem des M5S, ist dass Grillos Anhänger ihm so etwas abkaufen.  Nur: Am Ende bedroht Grillos Finte die politische Substanz der Bewegung. 

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gorgias Sa., 14.06.2014 - 13:06

Der Artikel ist ganz in Ordnung und so stimme dem gesamturteil zur EFD zu. Nighel Ferrel wird aber verzerrt dargestellt. Wenn jemand neoliberal ist und die Einwanderung kontrollieren will ist er noch lange nicht xenophob und rechtsextrem. Das wird im Artikel ein wenig vermischt.
Es gibt auch eine Debatte die von einer renommierten Diskussionssendung der Ferrel teilnimmt diese zeigt wie unentschlossen Großbritannien ist mit seiner EU Mitgliedschaft.
http://m.youtube.com/watch?v=N7DVUPTkLh4

Sa., 14.06.2014 - 13:06 Permalink
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salt & pepe So., 15.06.2014 - 10:39

Antwort auf von gorgias

Lieber Gorgias,
gewiss hast du recht, dass neoliberal und xenophob nicht das gleiche ist, gewiss kann man die eine position ohne die andere vertreten. mein punkt war aber, dass farage auf jeden fall beides ist: neoliberal (steuern runter für die reichen, sozialleistungen kürzen für die armen, der markt soll's richten etc), und ausländerfeindlich. letzteres macht er manchmal subtiler, und manchmal weniger, aber z.b. seine stellungnahme, ihm sei nicht wohl, wenn er neben einer gruppe von rumänen wohnen würde, und ähnliches dient genau dem zweck, ausländerfeindliche stimmung und stimmen zu erzeugen.

So., 15.06.2014 - 10:39 Permalink
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gorgias So., 15.06.2014 - 15:50

Antwort auf von salt & pepe

Ich kann gut nachvollziehen, dass sich Menschen nicht wohl fühlen, wenn größere Anzahl von Menschen mit einem anderen kulturellen Hintergrund in der eigenen Nachbarschaft niederlassen. Dies hat meines Erachtens nichts mit allgemeiner Fremdenfeindlichkeit zu tun. Aber wenn im eigenen Kondominuum Menschen wohnen, die sich nicht an die allgemeinen Spielregeln halten und man den nicht ausweichen kann, wenn dauernd eine Sprache gesprochen wird die man nicht versteht, alte Sitten-, Gebräuche und Gewohnheiten plötzlich nicht mehr geachtet werden und man in der eigenen Wohngegend zum Fremden wird, kann ich mir gut vorstellen dass man sich dann auch nicht wohlfühlen darf.
Dieses Gefühl dann von einigen vor lauter politischer Korrektheit tabuisiert und als Xenophobie brandmarkt und dann gleugnet um Fremdenfeindlichkeit nicht aufkommen zu lassen.
Doch genau das darf man nicht tun, man wird den Einheimischen nicht die in so einer Situation wohnen. Man hat zwar verständnis für Einwanderer und ihrem Migrationshintergrund aber blendet aus dass Einheimische auch einen kulturellen Hintergrund haben. Ich finde es jedenfalls besser, wie es mal besser mal wie es Nigel Farage getan hat, es einmal anzusprechen, das ist für mich noch lange nicht fremdenfeindlich. - Natürlich ist das noch nicht genug und es hängt davon ab was man als nächstes tut.

So., 15.06.2014 - 15:50 Permalink
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Kurt Spornberger So., 15.06.2014 - 16:13

Antwort auf von gorgias

Farange kapitalisiert dieses Gefühl aber, er tritt es breit und schlägt daraus Kapital. Das von dir beschriebene Problem ist auch nicht in erster Linie durch die Einwanderung verursacht sondern durch die Ghettoisierung im Zuge renditeorientierter Stadtplanung und einer verstärkten Stratifizierung der Gesellschaft, auch Folgen der neoliberalen Doktrin. Bei Leuten wie Farange gilt der alte Witz vom Banker, Bild-Leser und Ausländer am Küchentisch. Drauf stehte eine Schüssel mit 12 Keksen. Der Banker nimmt sich 11 und sagt zum Bild Leser: "Pass auf den Ausländer auf, ich glaub der will deinen Keks".

So., 15.06.2014 - 16:13 Permalink
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salt & pepe So., 15.06.2014 - 18:13

Antwort auf von gorgias

lieber gorgias,
du sprichst von einem gefühl das nicht fremdenfeindlich sei: um welches gefühl geht es da?
wenn dein kondominiumsnachbar dir auf die nerven fällt, weil er nächtens lärmt, dann hat das ja nix damit zu tun, ob er noch dazu auch noch albaner ist: dein ärger ist nicht rassistisch motiviert.
wenn du dich aber unwohl fühlst, nur weil er albaner/sizilianer/rumäne ist, selbst wenn er noch nie was verbockt hat, dann ist es ein rassistisches gefühl.
nigel farage meinte, der rumäne an sich sei ihm kein willkommener nachbar, ob sensibler dichterling oder zuhälter-gangster, also hat er sich klar rassistisch positioniert.
so einfach ist das, und 'politisch korrekt' ist daran erstmal nix.

So., 15.06.2014 - 18:13 Permalink
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Kurt Spornberger So., 15.06.2014 - 16:09

"Die EFD hat überhaupt keinen Einfluss auf die Beschlüsse des EU Parlaments, weil sie zu klein ist und keine verbündete hat, sie hat keine Chance mehr zu bewirken als das bisschen Klamauk, für das Farage in der Vergangenheit gut war: Ein paar seiner Reden wurden zu Youtube-Hits, und das war’s. Wirkung gleich null."

Da haben wir auch schon die inhaltliche Übereinstimmung zwischen Farange und Grillo. Das ist eine Personenehe, kein politisch sinnvolles Parteienbündnis. Tragisch dass die Basis des M5S so grillohörig ist um ihm seine Rhetorik des ewigen Opfers abzukaufen.

So., 15.06.2014 - 16:09 Permalink
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gorgias So., 15.06.2014 - 18:11

Antwort auf von Kurt Spornberger

Farange und die EFD sind für die Arbeit im Europaparlament irrelevant. Das war aber auch nicht das Thema des Artikels oder der Kommentare. Beppe Grillo wird sich aber demontieren, wenn er dieser Fraktion beitritt. Es ist aber nicht ganz verwunderlich, so hatte er teilweise auch in einem Gespräch mit Faschisten eine gewisse Sympathie kundgetan.
Wo Farange aber einen starken Einfluß spielen wird, ist bei der voraussichtlichen 2017 stattfindenden Abstimmung für die Zugehörigkeit des Vereinigten Königreiches zur EU. Hier kann er viel bewirken umd das Ergebnis zu beeinflussen. (Siehe den Link in einem meiner Kommentare)

So., 15.06.2014 - 18:11 Permalink