Gesellschaft | Gewalt

Woher kommt der aggressivste Schläger?

"Aktion scharf“ der Polizei in Bozen und Meran, Banner-Aktion gegen Rassismus und selektive Berichterstattung in den Medien: Neues von der Anti-Gewalt-Front.

Der Ruf nach mehr Polizei wird gehört: Auf die Sicherheitsgipfel in Bozen und Meran folgt seit Donnerstag Abend eine „Aktion scharf“ der Sicherheitskräfte in den beiden größten Städten des Landes. Personenkontrollen, Straßensperren, Streifenwägen als Abschreckung in der ganzen Stadt. „La polizia presidia tutto la città“, übertitelt die Tageszeitung Alto Adige in ihrer Samstag-Ausgabe einen Bericht über die nächtlichen Kontrollen in der Passerstadt.

In beiden Städten ging den Ordnungskräften bei ihren massiven Kontrollen auch so mancher Kleinkriminelle ins Netz. Mehr als die Hälfte der kontrollierten Personen waren laut Medienberichten ausländischer Herkunft. Die Anzeigen verteilten sich gleichmäßig auf Einheimische und Zuwanderer: So wurden auf den Bozner Talferwiesen ein Peruaner und ein Bozner wegen Weitergabe von Marihuana an Minderjährige angezeigt. In Meran wurden eine bereits 2013 wegen Hehlerei angezeigte Meranerin und ein Tunesier ohne gültige Aufenthaltsgenehmigung aufgegriffen. In der Landeshauptstadt stellten die Polizeikräfte darüber hinaus einen Syrer, der ein Auto aufgebrochen und eine Brieftasche entwendet hatte, und zeigten einen Bozner an, der mit einer Elektroschockpistole spazieren ging. Die habe er sich zugelegt, weil er in der Zeitung von Überlegungen der Polizei zur Verwendung der Taser gelesen haben, erklärte er.

Als Gegengewicht zum massiven Polizeieinsatz starteten Meraner BürgerInnen bereits in der Nacht auf Freitag eine nächtliche Banneraktion, mit der ein Ende der medialen Hetze und der Kriminalisierung von Einwanderern gefordert wurde. „Gegen die Fälle brutaler Gewalt muss vorgegangen werden. Den rechten Kräften geht es aber nicht um die Lösung des Gewaltproblems in Meran, sondern um die Kriminalisierung von Einwanderern. Das ist auch vielen Stadtbewohnern bewusst“, heißt es in einer Aussendung der Anti Meran zur Aktion.

Hausarrest für Arlind Cikaqi?

So gar nicht in das Bild der laufenden Medienkampagne passt in diesem Zusammenhang auch der mutmaßliche Haupttäter des brutalen Übergriffs in Meran. „Deutscher Vorname, italienischer  Nachname“, schreibt die Südtiroler Tageszeitung über den 17-Jährigen Südtiroler, der laut aktuellem Stand der Ermittlungen am aktivsten und gewalttätigsten gegen Norbert Pixner vorgegangen sein soll. Deshalb scheint es nach einer Verhandlung am Freitag auch wahrscheinlich, dass der bisher als Haupttäter gebrandmarkte 19-jährige Kosovare Arlind Cikaqi in den Hausarrest überstellt wird. Eine Maßnahme, für die sich auch der für die Ermittlungen verantwortliche Staatsanwalt Axel Bisignano aussprach: Denn Arlind Cikaqi sei strafrechtlich unbescholten, erst seit kurzem volljährig und laut dem auch durch ein Video gestützten aktuellen Ermittlungsstand nicht der Hauptakteur des Übergriffs. 

Das allerdings gibt die Titelschlagzeile der Wochenendausgabe der Tageszeitung Dolomiten nicht wider: „Paukenschlag: Staatsanwalt will Hausarrest für Schläger“, heißt es dort. Wer erfahren will, dass der Kosovare gar nicht für die schweren Fußtritte gegen den Brustkorb und in das Gesicht von Gewaltopfer Norbert Pixner verantwortlich sein soll, muss sich im Innenteil der Zeitung schon bis zur Hälfte des entsprechenden Artikels durchschlagen. Auch dort wird allerdings nur das Alter und nicht die Nationalität des vermutlichen Haupttäters genannt. Um einen minderjährigen Einheimischen zu schützen oder das eigene Gesicht zu retten? 

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Thomas Kobler Sa., 04.10.2014 - 18:32

Ich bin der Meinung, dass die Phalanx aus Dolomiten, Athesia, Stopp der Gewalt-Kampagne einen Bärenanteil daran hat, dass die Stimmung auch in Südtirol immer mehr richtung rechts auszuschlagen scheint. Die Leute am Weinbergweg sind ihrer gesellschaftlichen Aufgabe als öffentliches Medium nie nachgekommen, im Gegenteil, sie haben ihre Position schamlos ausgenutzt und schon viel zu viel Hass, Missgunst und Vorurteile unter den Südtirolern verbreitet. Diese Leute, die dort die Hebel in der Hand haben sind tausendmal schlimmer als alle Hobbyrassisten und Halbnazis die sich in den verschiedensten social media-Kanälen tummeln. Ihr von salto seid die ersten die dieses Thema ein wenig anschneiden. Dabei wäre es eigentlich Aufgabe unserer Politiker diese unverantwortlichen Verhaltensweisen öffentlich und in aller Deutlichkeit zu geißeln.

Sa., 04.10.2014 - 18:32 Permalink
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Michael Bockhorni Sa., 04.10.2014 - 21:23

Antwort auf von Thomas Kobler

ich muss sagen, dass ich die dolomiten früher nicht ausländerfeindlich empfunden habe. rund um den brandanschlag in vintl z.b. waren die töne sehr gemäßigt und wohlwollend im vergleich zur österreichischen presse bei ähnlichen fällen. allerdings hat sich der ton seit der "stopp gewalt" kampagne drastisch verändert.

Sa., 04.10.2014 - 21:23 Permalink
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Edo Plane So., 05.10.2014 - 07:08

Antwort auf von Thomas Kobler

Ich denke auch, dass Athesia erst seit dieser Stopp-der-Gewalt-Kampagne so nach rechts abgedriftet ist. Dahinter mag in erster Linie die persönliche Verflechtung der Ebner-Familie stecken, die Opfer einer Gewalttat wurde. Tatsache ist für mich, dass Athesia längst die Kontrolle über ihre mediale Kampagne verloren hat. Das zeigt sich in den vielen braungefärbten Kommentaren auf stol.it oder südtirolnews.it. Wo man sich auf dieses Terrain begibt, darf man sich nicht wundern, dass die Fliegen angezogen werden. Ich glaube aber auch, dass sich die Verantwortlichen und die Redakteure der Athesia-Gruppe sich nach wie vor dessen nicht bewusst sind.

So., 05.10.2014 - 07:08 Permalink