Gesellschaft | Zivilcourage

Nicht auf den Adler brunzen!

Patrioten dieses schönen Landes: Entpuppt ihr euch alle als Sympathisanten dieses armseligen Fremdenfeindlichkeitskultes, oder gibt es euch auch mit Charakter?

Ja? Warum lese ich dann an dieser Stelle nichts von euch?

Das Bild, das sich gerade abzeichnet, lässt nur einen Rückschluss zu: Ausländerfeindliche Sprüche kommen aus der patriotischen Szene. Immer mehr. Immer ungenierter. Nun mag jede Szene solche und anders Gesinnte haben. Nur, was schockiert, ist, dass es komplett den „linken Fundis“ überlassen wird, daran zu erinnern, dass wir mit dem Herz Jesu ein Bündnis haben. Und das ist eben kein Bündnis gegen die Menschlichkeit.

Fremdenhass ist ein Minderwertigkeitskomplex.

Früher einmal hatten gerade sieben der Gegner unserer Ehre gebührt, heute reichen uns g‘standenen Tirolern anscheinend schon zehn Prozent der Mitmenschen, um Schiss zu bekommen. Stinkt’s da aus den Lederhosen? Oder liegt das Selbstvertrauen unserer „Leitkultur“ derart im Argen, dass sie wegen ein bissel Farbe und ein paar fremden Genen wie ein Kartenhaus unterm Herrgottswinkel zusammenfällt und ureigenste christliche Grundprinzipien mit Füßen tritt? Selbstverrat wäre das! Da könnten wir ja gleich auf den Adler brunzen.

Nein, nein, ich denke, dass das ein verzerrtes Bild ist. Warum aber kommt der selbstreinigende Einspruch nicht prompt und selbstredend aus dem patriotischen Lager selbst? Wer kokettiert? Wer argumentiert hier? Und wer hetzt? Wer strapaziert die Grenzen des Anstandes?

Eine offene, unmoderierte Plattform wie Salto wird bis zur Schmerzgrenze strapaziert. Wie kleine Kinder, die ständig testen, wie weit sie bei der Mama gehen können, bevor es einen vor den Latz gibt. Ich sehe es schon vor mir, was kommen wird: Zuerst Rufe nach „moderierten“ Kommentaren, dann verzweifelte Schreie nach Zensur, irgendwann dann eine Notbremse, die nicht mehr zu verhindern ist, und schließlich das Geheul nach fehlender Meinungsfreiheit. Wer soll das wollen? Ich nehme die selbstreinigenden Kräfte in die Pflicht. Patriotismus ist nicht der schützende Mantel für allzu rechte Positionen. Darf es nicht sein, auch nicht schweigend.

Einen Aufschrei gegen Ausländerhetze ist das mindeste, was ich mir jetzt von der patriotischen Szene erwarte. G‘rad und gastfreundlich wie auf den Hochglanz-Propekten und nicht buckelig verlogen Herz und Hand zum Himmel heben, Leitln. Auch unsere Kindeskinder sollen einmal patriotisch stolz „was die Väter einst gelobt“ singen können, und mit „Väter“ unsere Generation (m/w) meinen. Darum lasst uns jetzt gegen Antiausländerparolen ein Zeichen setzen, das des Adlers würdig ist. Je lederner die Hosn, umso mehr Charakter verlange ich ab.

Es fehlt euch doch nicht an der Schneid, Landsleute?

 

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Salto User
Manfred Gasser Di., 07.10.2014 - 10:14

Da wird nichts kommen aus der patriotischen Ecke, Herr Kusstatscher, leider oder zum Glück?
Denn wenn doch was kommen sollte, hätte ich grosse Zweifel an deren Aufrichtigkeit.
Leider sind wir Südtiroler, in der Mehrzahl, nicht die Gutmenschen für die wir uns selbst oft und gerne halten, weil wir mal für arme Kinder in Afrika 5 € gespendet haben.
Aber wenn es Sie beruhigt, was ich nicht glaube und noch weniger hoffe, wir sind nicht die Einzigen in Europa, und bei weitem nicht die Schlimmsten, noch nicht.

Di., 07.10.2014 - 10:14 Permalink
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Martin B. Di., 07.10.2014 - 14:36

Benno Kusstatscher und Oliver H. schreiben wahre Worte. Ich kann keinen Politiker oder hier Kommentator des "rechten" Spektrums ehrlich nehmen, welcher die propagierten Tiroler Werte nicht selbst glaubhaft lebt: engagiert in der Kirchengemeinde, aktiv in zumindest einem traditionellem Verein (außerhalb der Schützen), Gründer einer Familie mit mehr als zwei Kindern (oder auf dem Weg dazu) und sozial und karitativ tätig. Paradoxerweise sind die lautesten Politiker und Kommentatoren dieses Spektrums meist genau das Gegenteil: ungebunden (oder nicht eheähnlich mit Kindern), präsent nur aufgrund der politischen Tätigkeit und Interessen, Passivität bei kirchlichen und sozialen Aktivitäten, etc.
Trotz diese verzerrten Situation, durch einige "Marktschreier", bin ich in der Debatte dafür, dass Mißstände und mangelnde (sprich familien- und gesellschaftlich nicht zielführende) Rechtssprechung zur Sprache kommt und ohne Rücksicht auf religiöse und kulturelle Befindlichkeiten angesprochen werden kann, auch zum Wohle der Ausländer, die sich bemühen Rechtsstaatlichkeit und europäische Grundwerte zu leben.

Di., 07.10.2014 - 14:36 Permalink
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Sylvia Rier Di., 07.10.2014 - 14:45

Antwort auf von Martin B.

Ich hoffe inständig, dass ich jedes einzelne Wort deines Kommentars falsch verstanden habe. Falls aber so gemeint sein sollte, was ich lese was du geschrieben hast, dann muss ich leider sagen, dass ich vor genau diesen "Patrioten" und "Tirolern", die du hier beschreibst und herbeiwünschst, eine Höllenangst habe.

Di., 07.10.2014 - 14:45 Permalink
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Christoph Moar Di., 07.10.2014 - 15:15

Antwort auf von Sylvia Rier

Das ist wohlgemeinte Kritik auf die Populisten des rechten Lagers, die so gar nicht den traditionellen katholischen Werten des christlichen Abendlands in unseren Breitengraden entsprechen. Gleichzeitig aber auch blütenreine Satire, in dem Sinne dass das echte Leben eben die beste Satire von allen schreibt. Titanic kriegts nicht besser hin.

Di., 07.10.2014 - 15:15 Permalink
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Salto User
Manfred Gasser Di., 07.10.2014 - 15:22

Antwort auf von Sylvia Rier

Und warum ,wenn ich fragen darf?
Ich habe 2 Kinder, aber keine Frau(mehr), die ist einfach durch.
Ich war in der Volkstanzgruppe aktiv, jetzt lass ich aber die Jungen.
Ich arbeite jeden Sommer 1 Woche als Freiwilliger auf einem Bergbauernhof.
Und ich bin ehrenamtlich für die "Anonymen Alkoholiker tätig.
Ich bin Tiroler, Europäer, Weltbürger, und stolz drauf.

Hast du Angst vor mir?
Ich hoffe nicht.

Di., 07.10.2014 - 15:22 Permalink
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Christoph Moar Di., 07.10.2014 - 15:35

Antwort auf von Manfred Gasser

Nee. Vor dir hat Sylvia glaube ich nicht Angst. Sie hat nur Angst vor der Klassifizierung von Martin B. Achtung, Satire. Dir fehlt aber eindeutig ein Kind zum Tiroler, laut der o.g. Definition. Und noch ärgerlicher, das die Immobiliensituation in Südtirol dergestalt ist, dass kaum noch eine Familie drei Jungspunde unterbringt. Sonach sterben wir Tiroler leider alle aus. Oder wir weichen die Definition auf. Satire Ende.

Di., 07.10.2014 - 15:35 Permalink
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Sylvia Rier Di., 07.10.2014 - 16:18

Antwort auf von Manfred Gasser

nein habe ich doch glatt nicht. bloß sorge ob ich - laut "Definition" von Martin b - dann auch so sein muss, um mich als stolze und vollblut-Südtirolerin fühlen zu dürfen, derweil ich aber mit einer stammhalterin und ohne mann vollauf zufrieden bis glücklich bin, nicht in die kirche gehe, keine tracht besitze und nicht einmal ein Dirndl, nie im Gasthaus bin, nicht watten kann und es auch nie lernen werde, an den schützen nur die Lederhosen spannend finde, stolz drauf bin, dass hier Pasta genauso gekonnt gekocht wird wie knödel, das Mehrsprachige im Lande spannender finde als das Einsprachige rundherum usw. usf.... wenn ich mich auch als vollwertige Südtirolerin fühlen darf, nein, dann darfst du gern auch Tiroler sein, so wie du's willst.

Di., 07.10.2014 - 16:18 Permalink
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Martin B. Di., 07.10.2014 - 22:36

Antwort auf von Benno Kusstatscher

LOL, nein die min. drei Kinder usw. sind nicht meine Definition eines "guten Tirolers". Sofern ich mich richtig erinnere muss jeder 2,1 Kinder haben, damit die Bevölkerung stabil bleibt. Da hab ich einfach auf drei aufgerundet, denn jene die keine Auswärtigen wollen, sollten doch bitte zuerst zumindest zum Erhalt der Bevölkerung beitragen. Und damit sie die ganzen "untätigen Linken und korrupten Pragmatiker" ausgleichen müssten sie vielleicht sogar vier oder fünf Kinder haben. Ob dies nun Satire oder Sarkasmus ist, lasse ich den weiteren Interpretationen; wohl wahr: die paradoxesten Geschichten schreibt das Leben ;-)

Di., 07.10.2014 - 22:36 Permalink
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Benno Kusstatscher Di., 07.10.2014 - 15:40

Antwort auf von Martin B.

Martin, ich kann mir die gezeichnete Karikatur gar bildlich vorstellen ;-) Allerdings gehören Familienstand und Vereins- und Kirchenwesen zu jenen Charakteristica über deren zu urteilen, mir ferner nicht liegen könnte.

Und gut, dass Du es erwähnst: Ja, die Dinge sollen zur Sprache kommen, aber bitte im vollen Bewusstsein, dass die Erde des Anstands leider bereits gut verbrannt worden ist, und dass wir teilweise von dramatischen Biographien sprechen, die man unmöglich hinter Zahlen, Statistiken und abgedroschenen Slogans enthumanisieren kann.

Di., 07.10.2014 - 15:40 Permalink
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Profil für Benutzer Benno Kusstatscher
Benno Kusstatscher Di., 07.10.2014 - 15:26

Oliver, wie schön, ich würde mich auch nicht als unpatriotisch bezeichnen und in der Krachledernen mach ich gar was her. Nur bekomm ich ständig mehr Berührungsängste mit unserer "patriotischen Szene", die einem die Unschuldigkeit des Patriotismus glatt vermiest. Ich habe nämlich überhaupt keine Schwierigkeiten damit, zwischenmenschlichen Respekt und Heimatgefühle in der einzig richtigen Reihenfolge zu werten - und hätte diese Eigenschaft gerne als Tiroler Tugend gelten lassen.

Di., 07.10.2014 - 15:26 Permalink
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angi angi Di., 07.10.2014 - 16:19

Danke für diesen Artikel Herr Kusstatscher! Ich finde diesen sehr interessant und er bringt mich zum Nachdenken. Dabei fällt mir ein Zitat ein: "Unsere Köpfe sind deshalb rund, damit unsere Meinungen die Richtung wechseln können!" Besonders dann, wenn man uns zum Umdenken bewegt!

Di., 07.10.2014 - 16:19 Permalink
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Profil für Benutzer Name Nachname
Name Nachname Di., 07.10.2014 - 23:10

Vielleicht kann ich Sie beruhigen, dass sich nicht alles im Web abspielt und sich manchmal auch gewisse Patrioten klar davon distanzieren. Eine Angst vor dem Zerfall der Kultur sollte jedoch von beiden Seiten nicht bestehen. Die meisten jedoch übersehen, das der Einfluss der Kulturen nicht einseitig geschieht, da auch die Südtiroler Kultur uns selbstverständlich beeinflusst. So kann ich mir ein Weihnachten ohne Christkindlmarkt oder Tuifltratzn gar nicht vorstellen, habe auch in meiner zweiten Heimat Südtiroler Spielkarten und "Hugo" gebracht. Wattn kann ich zwar auch nicht, dennoch spielen die Einheimischen Mao-Mao mit mir, immer mit dem Kommentar "woasch obr es negschte Mol muasches kennen". Das die Leute stolz auf ihr Land sind finde ich auch gut. Ich finde es oft schade, dass ich und andere es nicht auch sein können ohne aber den anderen kulturellen Teil meiner Persönlichkeit oder Geschichte zu negieren.

Di., 07.10.2014 - 23:10 Permalink