Politik | Mitbestimmung

Katalonien sagt Referendum ab

Der katalanische Präsident Artur Mas hat am Montagabend das für den 9. November geplante Referendum zur Unabhängigkeit definitiv abgesagt.

Was ein heißer Herbst der Separatisten in Europa zu werden schien, ist nun schlussendlich zu einem freundlichen Autonomielüftchen verkommen. Die Schotten stimmten am 18. September über die Zukunft ihrer Region ab und wählten den Verbleib beim Britischen Königreich. Die Katalanen planten für den 9. November ebenfalls ein Referendum, von vornherein gegen den Willen der spanischen Regierung, ja, das spanische Verfassungericht hatte die Abstimmung nach einem Rekurs durch die spanische Regierung aufgehoben. Laut der spanischen Verfassung sind Volksabstimmungen zwar rechtlich bindend, aber nach Meinung vieler Juristen eben nur, wenn das gesamte Volk abstimmt, also alle 34 Millionen Spanier und nicht nur die 7,5 Millionen Katalanen, schreibt Die Zeit. In Katalonien wollte man sich darüber hinwegsetzen, die Befragung sollte trotzdem stattfinden, forderten die Linksnationalen ERC in Barcelona, der Bündnispartner von Artur Mas CiU.

Nun hat sich die katalanische Regionalregierung dem Druck aus Madrid gebeugt. Auf einem Treffen mit den anderen katalanischen Parteien gab Regierungschef Artur Mas am Montagabend in Barcelona bekannt, dass die gesetzlichen Grundlagen für das Referendum fehlten, und er sich daran halten werde, das heißt, das Votum zur Unabhängigkeit wird nicht stattfinden, auch keine alternative Volksbefragung mit beratendem Charakter.

Dies wiederum könnte für noch mehr Druck aus den Hardliner-Reihen seiner Regierung sorgen, so die Frankfurter Allgemeine Zeitung: 

"Nach der Absage des Votums zeigte sich die Partei (die linksnationale ERC) am Montagabend unnachgiebig: Es gebe jetzt „nur einen Weg“, hieß es in einer Erklärung. Das Regionalparlament müsse „umgehend“ einseitig die Unabhängigkeit Kataloniens erklären und eine Verfassunggebende Versammlung einrichten. Mas’ Partei CiU ist im Regionalparlament auf die Stimmen der ERC angewiesen. Umfragen zufolge könnten die Linksnationalisten bei Neuwahlen bedeutende Gewinne einfahren, womit Madrid sich mit einer noch schärfer nach Unabhängigkeit strebenden Region konfrontiert sähe."

 

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Harald Knoflach Di., 14.10.2014 - 08:32

frage: sollte großbritannien in zwei jahren über den eu-austritt abstimmen, dürfen dann auch alle anderen eu-länder darüber befinden, ob großbritannien gehen oder bleiben darf?

Di., 14.10.2014 - 08:32 Permalink
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Sylvia Rier Di., 14.10.2014 - 15:33

Antwort auf von Manfred Gasser

nein, so weit habe ich nicht gedacht, eher so: angenommen, Südtirol entscheidet sich direktdemokratisch für Abspaltung und, sagen wir mal, Angliederung an Tirol. Dann müssten wir aber doch erst mal dort anklopfen = die Tiroler Bevölkerung mitbestimmen lassen - ob die uns überhaupt wollen. Oder würdest du das nach der direktdemokratischen Abstimmung hierzulande mit deren Regierungsvertretern klären? Konsequenterweise müssten wir aber auch bei den Trentinern nachfragen, ob die uns ziehen lassen wollen... wo ist mein Denkfehler?

Di., 14.10.2014 - 15:33 Permalink
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Harald Knoflach Di., 14.10.2014 - 17:51

Antwort auf von Sylvia Rier

ad tirol: sollte eine angliederung an das bundesland tirol gewünscht sein (mein wunsch wäre es nicht), müsste natürlich die nord- und osttiroler bevölkerung gefragt werden. das ist wie beim heiraten. beide müssen einverstanden sein. von zwangsheiraten halte ich wenig :-).
ad trentino: mit scheidungen verhält es sich ein wenig anders. einvernehmlich ist natürlich die beste variante. aber hin und wieder kommte es dazu, dass eine verbindung einseitig aufgelöst wird bzw. werden muss.
gleich wie niemand zu einer ehe gezwungen werden kann, darf auch niemand gezwungen werden, in einer ehe zu bleiben. selbst wenn der andere ehepartner dies möchte. ist eigentlich relativ einfach das ganze.

Di., 14.10.2014 - 17:51 Permalink
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gorgias Di., 14.10.2014 - 18:07

Antwort auf von Harald Knoflach

Was ist das jetzt für eine unqualifizierte Diskussion. Hier hat weder das Trentino noch Tirol mitzubestimmen sondern Rom und Wien. Damit sich Südtirol von Italien trennen darf muss die Regierung zustimmen und ggf. die Verfassung geändert werden. Für den Anschluss Südtirols an Österreich und die umbildung der Bundesländer sind die Österreichischen Bundesorgane zuständig.

Di., 14.10.2014 - 18:07 Permalink
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Harald Knoflach Di., 14.10.2014 - 08:53

fehler:
das verfassungsgericht hat die abstimmung nicht für gesetzeswidrig erklärt, sondern einen rekurs gegen die abstimmung angenommen. dadurch wurde das referendum ausgesetzt. urteil gibt es noch keines.

Di., 14.10.2014 - 08:53 Permalink
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Harald Knoflach Di., 14.10.2014 - 10:49

ich kann mich irgendwie des eindrucks nicht erwehren, dass hier ein wenig schadenfreude mitschwingt. wörter wie "autonomielüftchen" versuchen, die katalanische bewegung ein wenig ins lächerliche zu ziehen. und sogleich werden freilich die "rechtlichen gründe" vorgeschoben. wo kämen wir auch hin, wenn immer und überall demokratisch abgestimmt werden dürfte.
interessant ist in diesem zusammenhang, dass bei der malser volksabstimmung auf salto stimmen laut wurden, die forderten, dass sich die malser durch etwaige "das referendum ist illegal"-sager nicht von ihrem weg abbringen lassen sollten. schließlich müsse der wille der bürgerinnen und bürger gehört und darf nicht ignoriert werden.

Di., 14.10.2014 - 10:49 Permalink
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Christoph Moar Di., 14.10.2014 - 12:26

Antwort auf von Harald Knoflach

Ob sie Schadenfreude hat, müssten wir Frau Helfer fragen. Journalistisch betrachtet ist der obige Text eigentlich ein klarer Bericht - neben der Kurzmeldung an sich werden eine handvoll Hintergründe oder Zitate beider "Parteien" eingebettet. Meinung lese ich da keine heraus. Der Modus, den Intro-Text etwas spannender zu gestalten "Was ein heißer Herbst der Separatisten in Europa zu werden schien, ist nun schlussendlich zu einem freundlichen Autonomielüftchen verkommen. " finde ich positiv, regt zum Lesen an da man ja neugierig wird, was hinter der belletristischen Formulierung landet. Inhaltlich ist der Satz korrekt und nicht wertend: Wir alle haben mit Spannung ein ziemliches Showdown erwartet (ich, zumindest), bei dem Schottland und Katalonien auf der einen Seite, und manchen zentralistischen Regierungen oder der EU-Kommission auf der anderen Seite durchaus ein schwieriger und stürmischer Herbst bevorgestanden wäre. Hätte nicht sein müssen, hätte aber ein Szenario sein können, wohlgemerkt.

Nun schaut die (momentante!) Situation etwas freundlicher aus. Aus einem "heißen Herbst" wurde ein "freundliches Autonomielüftchen". Sturmwolken ziehen keine auf, aber eine freundliche Brise der Autonomie weht den Initiatoren der Referenden entgegen. Vielleicht, zumindest. ich wünsche allen, dass aus dem "freundlichen Autonomielüftchen" auch ein ordentlicher, robuster, zukunftssicherer und ertragreicher Wind, ob der Autonomie oder der Selbstbestimmung wird wohl die Zeit zeigen, werden mag.

Di., 14.10.2014 - 12:26 Permalink
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Harald Knoflach Di., 14.10.2014 - 14:12

Antwort auf von Christoph Moar

der bericht ist durchaus sachlich. und die "subjektivitäten" lockern den schreibstil. das ist richtig. ebenso kann sich ein medium durchaus politisch positionieren. ich hab nur das gefühl, dass das thema selbstbestimmung in südtirol mit einer leicht spöttischen note rezipiert wird. während für gewöhnlich instrumente der direkten demokratie in medien wie diesen hoch im kurs stehen. zudem sind die betreiber der abstimmung in schottland und katalonien ideologisch genau in jener ecke angesiedelt, wie die meisten verfechter direktdemokratischer instrumente hierzulande.

Di., 14.10.2014 - 14:12 Permalink