Politik | Finanzen

Eva Klotz will Südtirol freikaufen

Auf das Finanzabkommen mit Rom, das Landeshauptmann Arno Kompatscher verteidigt, hat Eva Klotz eine Antwort: Sparen wir uns das Geld, und kaufen wir uns frei.

Landeshauptmann Arno Kompatscher verteidigt das Finanzabkommen mit Rom scharf. Südtirol verschenke kein Geld, sondern zahle wesentlich weniger als jetzt. 476 Millionen Euro werden es jährlich sein, die die Provinz an Rom zahlt, zuzüglich der 100 Millionen Euro aus dem Mailänder Abkommen. Unterschrieben wird das Finanzabkommen am Dienstag, 21. Oktober, unfreiwillig habe Südtirol in den letzten Jahren 800 Millionen Euro jährlich an den Staat gezahlt. Damit ist nun Schluss. Und der Landeshauptmann frohlockt: "Das ist zu schön um wahr zu sein - aber ich sage Euch: Das ist die Wahrheit."

Darüberhinaus sei das Abkommen international abgesichert, versichert Kompatscher. Der Staat übermittelt den Text an Österreich "unter ausdrücklichem Verweis auf die Streitbeilegungserklärung", erklärt der Landeshauptmann und er stellt einen Vergleich an. Anders als die Verbalnote, die von Altlandeshauptmann Luis Durnwalder 2010 nach dem Abschluss des Mailänder Abkommens nach Wien geschickt wurde, sei dieses Finanzabkommen "sicherer".

Eva Klotz von der Südtiroler Freiheit greift nach den Sternen. Ihr Gegenvorschlag ist nicht neu, Landesrat Thomas Widmann hatte ihn vor zwei Jahren lanciert, die Idee ist simpel - aber die Umsetzung? Für 15 Milliarden Euro soll sich Südtirol von Italien freikaufen, Abkommen nein danke! Südtirol habe eine BIP von 18 Milliarden Euro, Italien eine Staatsverschuldung von etwa 2 Billionen Euro. Pro Kopf auf Südtirol umgerechnet wären das 30.000 Euro, so kommt Eva Klotz auf die veranschlagte Freikaufsumme von 15 Milliarden Euro. Natürlich wäre man verschuldet, aber ähnlich wie Deutschland oder Österreich, sagt die Frontfrau der Südtiroler Freiheit. Doch welches Gut kann höher sein, als die Freiheit?

Landeshauptmann Kompatscher wird nicht müde und erklärt: "Andere Regionen müssen den Gürtel noch enger schnallen, wir bekommen eine Abmilderung." Freikauf? Darüber kann Kompatscher nur schmunzeln.

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Stephan H. Sa., 18.10.2014 - 18:39

Antwort auf von Oskar Egger

Ich denke sie meint damit wohl wie jeder andere vernünftige Südtiroler, dass man dann Planungssicherheit hätte und man unabhängiger von Italien wäre. Wenn man neben der rein poltisch-wirtschaftlichen Situation noch die historische (eigentlich für jede andere Minderheit außer die verwöhnten Südtiroler die wichtigste Sache) Komponente bzw. Gerechtigkeit mit dazunimmt, dürfte kein Südtiroler mehr Zweifel an so einen guten Vorschlag haben, egal wer so einen Vorschlag bringt.

Sa., 18.10.2014 - 18:39 Permalink
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klemens hacht Sa., 18.10.2014 - 20:25

Antwort auf von Stephan H.

im ersten moment gedanklich vielleicht als wirtschaftlichen ansatz interressant. aber südtirol als soveräner staat auf kultureller, intellektueller und medialer ebene ist für mich eine reine horrorvorstellung. gerade weil ich NICHT verwöhnt bin. vernunft sollte nicht zu genügsam sein.

Sa., 18.10.2014 - 20:25 Permalink
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Stephan H. Sa., 18.10.2014 - 20:52

Antwort auf von klemens hacht

"kultureller, intellektueller und medialer ebene"
Das ist doch nur so weil wir eben als Minderheit bei Italien sind. Athesia und Co. und das Einigeln mit Nabel der Welt-Gehabe usw. gibt es doch nur wegen dem. Ich denk es wären mehrere Modelle interessant, z.B. ein Kondominiums-Staat Österreich-Italien nach Vorbild von Andorra (zwei Staatsoberhäupter), dann wäre der geschichtlichen Gerechtigkeit genüge getan und alle Beteiligten könnten zufriedengestellt werden.

Sa., 18.10.2014 - 20:52 Permalink
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gorgias Sa., 18.10.2014 - 18:48

Antwort auf von Oskar Egger

Wenn man diese Frage vollständig beantworten möchte müsste man eine pro- und kontra-Liste erstellen. So wie es hier Frau Klotz meint, ist die Möglichkeit eines souveränen Staates Südtirol gemeint:

Würde es wirklich die Möglichkeit geben sich "Freizukaufen" und es würde eine einvernehmliche Trennung stattfinden, dann würden viele Probleme nicht entstehen, die bei einer "feindseligen" Trennung entstehen. Italien wäre damit das erste Land Südtirols anzuerkennen (sonst hätte so ein Abkommen kein sinn) und ein großer Schritt zur internationalen Etablierung Südtirol in der Staatengemeinschaft. Der Beitritt zur EU würde auch leichter fallen und auch von vielen Staaten unterstützt, sonst würde man die Maut auf Schweizer Verhältnisse setzten. Südtirol könnte die Stromerzeugung durch Wasserkraft durch eine eigene Strompolitik zu seinen Gunsten regeln. Was auch ein großes Plus ist, ist nicht mehr der Unberechenbarkeit der italiensichen Politik ausgesetzt zu sein. Wir könnten unsere Steuerpolitik neu regeln und die Abwanderung von Betrieben aus Steuergründen entgegenwirken.

Natürlich gibt es auch Nachteile. Südtirol könnte nicht mehr die Brückenfunktion oder Pilotprojekt für deutsche Betriebe sein die in den italienischen Markt möchten. Bestehende Firmensitze könnten aus diesem Grund in den Süden abwandern. Wir müssten den Aufwand selbst Tragen Außenpolitik zu betreiben. Was zwar nicht unmöglich ist für einen kleinen Staat wie Luxenburg. - Uns fehlt aber die lange Erfahrung und es würde sicher auch nicht immer alles gut laufen deswegen. Wir müssen selbst. Alle Dienste die wir von Italien genossen haben wie interne Sicherheit müssten wir selbstaufbauen. Für viele Betriebe die mit der italiensichen Wirtschaft stark verzahnt sind könnten unter dann bestehende bürokratische Hürden leiden. Südtirol fehlt eine Rechtskultur (siehe schwammig formulierte Gesetzte, ad personam Gesetzte). Es ist zweifelhaft ob Südtirol eine unabhängige Richterschaft besitzt. (Siehe Vorwurf Holzeisen, für den sie freigesprochen wurde). Es könnten neue Spannungen zwischen den Sprachgruppen entstehen, wenn das bestehnde Gleichgewicht (was natürlich nicht wirklich gut ist aber irgendwie Funktioniert) nicht durch einem umsichtigen Ausgleich abgelöst wird in dem keine Vindikationen und Ressentiments die Oberhand gewinnen.

Ich kann mir gut vorstellen, dass es besser werden kann, wenn die richtigen Schritte und Entscheidungen getroffen werden, dafür Voraussetzung müsste es sein, man es schafft die Sprachgruppen mit einzubeziehen.

Sa., 18.10.2014 - 18:48 Permalink
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Profil für Benutzer magda baur
magda baur Sa., 18.10.2014 - 20:32

Antwort auf von gorgias

Der Vorschlag eines "Freikaufs" klingt in einem ersten Moment vielleicht absurd, aber ich glaube auch, dass eine Diskussion darüber durchaus Sinn macht. Es gibt viele Für und Wider. Eine sachlich geführte Auseinandersetzung damit kann uns viel über den jetzigen Zustand Südtirols sagen. Gorgias hat in seinem gut durchdachten Beitrag gezeigt, wie eine solche Diskussion zu führen wäre.

Sa., 18.10.2014 - 20:32 Permalink
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Profil für Benutzer Harald Knoflach
Harald Knoflach Sa., 18.10.2014 - 18:35

ich kann hingegen nur schmunzeln, dass italien laut salto.bz 2 mrd. euro staatsverschuldung hätte. es sind 2 billionen. also 2000 mrd. oder als zahl 2.000.000.000.000 euro!!!

das finanzabkommen, welches von römischer seite nicht gebrochen wird, muss erst erfunden werden. stichwort mailänder abkommen. stichwort svp-pd abkommen. stichwort bozner memorandum.

Sa., 18.10.2014 - 18:35 Permalink
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Profil für Benutzer Harald Knoflach
Harald Knoflach So., 19.10.2014 - 12:25

Antwort auf von Ursula Lüfter

nochwas:
die tageszeitung hatte genau den gleichen fehler. heißt das, dass die aussendung von klotz die falsche zahl beinhaltete? oder habt ihr den fehler von der tageszeitung übernommen? bemerkenswert jedenfalls, dass so ein fehler gleich bei zwei medien durchgeht.

So., 19.10.2014 - 12:25 Permalink