Politik | Griechen-Krise

Erste Ausschreitungen in Athen

Etwa 400 vermummte Demonstranten verwandelten eine friedliche Demonstration von Troika-Gegnern in eine Strassenschlacht. Wer sind die Hintermänner ?

Die Parlamentsgruppe von Syriza hat dem Brüsseler Kompromiss zwischen der neuen griechischen Regierung und der Eurogruppe zwar zugestimmt - doch mit einigem Bauchweh.  Selbst der hochbetagte und sehr linke Komponist Mikis Theodorakis hatte seine ursprüngliche, harte Kritik  an der neuen Regierung zurückgenommen, um Ministerpräsident Alexis Tsipras nicht weitere Steine in den Weg zu legen.  

Doch  ein Teil der Basis von Syriza wirft den griechischen Unterhändlern vor, in Brüssel kapituliert zu haben.  Diese Unzufriedenen haben am Donnerstag  abend vor dem Parlament in Athen gegen die Fortsetzung der Austeritätspolitik protestiert.  Eine halbe Stunde später marschierten etwa 400 vermummte Jugendliche auf, ohne Fahnen, ohne Spruchbänder und insofern schwer zu identifizieren. Sie warfen Molotowcocktails, zündeten Autos an und schlugen Fensterscheiben ein. 

Laut griechischen Medien handelt es sich um "Anarchisten". Doch könnten auch gewaltbereite Fussballfans dahinterstecken, die im Auftrag der Club-Eigner das Klima anheizen, beziehungsweise zuspitzen sollen. Ministerpräsident Tsipras hatte zuvor weitere Fussballspiele der griechischen Meisterschaft verboten - auch um den Oligarchen zu signalisieren, dass die Schonzeit für Steuerhinterziehung abläuft.

Inzwischen mehren sich in Athen auch Stimmen, wonach die Eurogruppe darauf abziele, Griechenland aus dem Euroraum hinauszuwerfen.  Das Land ist wirtschaftlich ausgeblutet, es ist nichts mehr zu holen - weder zusätzliche, zukünftige Kreditrückzahlungen, noch billige,  zu privatisierende Staatsanteile. Die Linksregierung , die von der rechten ANEL-Partei unterstützt wird, hat die deutschen Privatisierungswünsche gestoppt.  Ganz besonders schmackhafte Häppchen, wie die Flughäfen von Santorini und Mykonos wollte der grosse Frankfurter Flughafenbetreiber noch schnell verspeisen, bevor die Links-Regierung die von der konservativen Vorrängerregierung begonnene Privatisierungswelle zurücknahm. 

Die geplante Privatisierung der staatlichen Stromgesellschaft hat die neue Athener Regierung gestoppt. Das ist verständlich, denn Tsipras hatte während des Wahlkampfs den besonders verarmten, hungernden Familien kostenlosen Strom versprochen. Ein privater Anbieter würde das kaum durchgehen lassen.

Dass ein Austritt aus dem Euroraum allerdings auch die letzte Rettung für Griechenland sein könnte, hat der ehemalige Wirtschafts-Vize-Minister und derzeitige PD-Parlamentarier Stefano Fassina erklärt. Er versteht sehr viel von Ökonomie, weil er fünf Jahre in Washington beim Internationalen Währungsfonds beschäftigt war. Fassina also sagte, in einem Interview mit der "Stampa":  Ich fürchte, dass Griechenland angesichts der neuerlichen harten Sparauflagen den Euroraum verlassen muss, um zu überleben.  Athen könne niemals die neuen Auflagen und gleichzeitig die Kreditrückzahlungen stemmen. Das sei mathematisch nachweisbar.  Wenn die Linksregierung verhindern will, dass Armut und Hunger weiter zunehmen, müsse sie aus der Eurozone austreten. 

Natürlich gibt es auch Griechen, die den gegenteiligen Vorschlag machen: dass nämlich Deutschland aus der Eurozone austreten solle. Dann könne Berlin, so heißt es sarkastisch,  die Früchte seiner so erfolgreichen Wirtschaftspolitik ganz alleine genießen.  Das wäre doch der Traum der meisten Deutschen, meint unsere Athener Bekannte, die in einer Bank arbeitet. Deutschland könne sich endlich  der verschwenderischen, faulen Südeuropäer entledigen , die den  braven,  deutschen Sparern das Geld abluchsen wollten . 

Noch ein Argument wird ins Feld geführt, wenn über ein Wegfallen Griechenlands aus dem Euroraum diskutiert wird. Die geopolitische, strategische Bedeutung  des Landes, das gegen Osten und Süden die einzige Barriere gegen Russland und die destabilisierten islamischen Staaten ist. Vor allem die USA bangen um die NATO-Zugehörigkeit Griechenlands, sollte die Regierung in Athen isoliert werden. Schon jetzt übt Russland einen grossen Einfluss auf die  griechische Wirtschaft aus (unter anderem aus historisch-religiösen Gründen).

Kremlchef Putin hatte nach dem Syriza-Sieg signalisiert, dass er dem Land wirtschaftlich unter die Arme greifen würde, sollten die Schwierigkeiten mit der Troika und der Eurogruppe weiter zunehmen.  Damals hatte Tsipras noch dankend abgelehnt, in der Gewissheit, die USA würden notfalls einspringen. Nachdem aber US-Präsident Obama vor Beginn der Eurogruppen -Verhandlung mit Athen plötzlich die Troika unterstützte und Griechenland fallenließ,  könnte die Linksregierung tatsächlich gemeinsame Sache mit Moskau machen.

Europa wäre dann "eingekesselt": im Osten von den in der Ukraine vorrückenden russischen Separatisten. Im Südosten von einem prorussischen Griechenland und im afrikanischen Süden von den vorrückenden ISIS und Boko-Haram-Milizen.    

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Mon Mon Fr., 27.02.2015 - 13:03

Selten so einen schlechten Artikel gelesen ....
1. wenn private Betreiber am griech. Flughafen interessiert sind, ist das eine riesen Chance für Griechenland und wo sie noch dazu xxx mio. Kapital erhalten.
2. Stefano Fassina versteht sehr viel von Ökonomie, weil er fünf Jahre in Washington beim IWF beschäftigt war?? ...kompletter Nonsens!!!
3. den Artikel abschließen mit ein Bedrohungsszenario aufzubauen wie es damals im Kalten Krieg die USA bzgl. Vietnam gemacht hat.
Alles natürlich nur meine Meinung! ;-)

Fr., 27.02.2015 - 13:03 Permalink
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Paul Stubenruss Fr., 27.02.2015 - 13:44

Privatisierung ist nicht das treffende Wort. Im Grunde handelt es sich um eine Eigenpfändung und sollte so auch genannt werden.
Grüße
Paul Stubenruss

Fr., 27.02.2015 - 13:44 Permalink
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Christian Mair Sa., 28.02.2015 - 08:45

Das Einführen der Drachme und eine starke Abwertung gegenüber dem Euro würde den Schulden Griechenlands (der ja in Euro gezeichnet ist) nochmals deutlich ansteigen lassen (50%?).
Wie soll daher ein Grexit Griechenlands Wirtschaft retten?
Ein Schuldenschnitt scheint unumgänglich.

Sa., 28.02.2015 - 08:45 Permalink
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Frank Blumtritt Sa., 28.02.2015 - 19:55

Wenn es "mathematisch" unmöglich ist, dass die Schulden zurückgezahlt werden können und der Austritt geopolitisch gefährlich wird und zudem wirtschaftlich der sichere Tod ist, dann sollte das gar so christliche Europa doch eine Schuldentilgung mit Marshall-Plan in die Wege leiten, wie mit Deutschland nach dem 2. Weltkrieg auch geschehen. Die reichen EU-Länder schnallen den Gürtel enger und unterhalten ihre schwächeren Brudernationen. Ein Umdenken in diese Richtung ist nicht nur in Europa, sondern global der einzige Ausweg aus der allgemeinen Misere.

Sa., 28.02.2015 - 19:55 Permalink