Richtung Nullautonomie
An die "Vollautonomie" glaubt niemand mehr. Das liegt wohl daran, dass eine solche Vollautonomie im heutigen Italien, das deutlich zentralistischer wird, kaum durchsetzbar ist. Andererseits aber auch daran, dass die heutige Landespolitik lieber mit Italien auf Kuschelkurs geht, statt Eigenständigkeit und Unabhängigkeit durchzusetzen. Hatte Südtirol schon einmal eine schwächere Landespolitik ,als die heutige? Man darf sich diese Frage offen stellen und verneinen. Das mit dem Herankuscheln an Italien war beim Finanzabkommen so, wo man Italien mehrere Südtiroler Steuermilliarden zugesteht. Und das ist nun bei der Verfassungsreform so, wo man offensichtlich lieber eine Beschneidung unserer Autonomie in Kauf nimmt, als es sich mit den italienischen Freunden in Rom zu verscherzen. Roland Riz, einst Obmann der SVP und Senator, stellt heute klar, wir seien mit dieser Entwicklung auf dem Weg "zur ganz normalen italienischen Provinz". Und nicht nur das: Eine Abänderung der Autonomie stelle die internationale Absicherung in Frage. Eine Aussage, die man mit Blick auf den Autonomiekonvent voll und ganz teilen kann und muss. Insgesamt sind wir auf dem Weg in Richtung Nullautonomie.
"Solidarische“ Autonomie statt Vollautonomie
Begriffe sind wir Schall und Rauch. „Dynamische Autonomie“, „Vollautonomie“ oder neuerdings „Autonomiekonvent“ zum Beispiel, was noch gar nichts darüber aussagt, ob wir am Ende dieses Konvents mehr oder weniger Autonomie haben werden. Vieles spricht dafür, dass es weniger Autonomie sein wird. Der Begriff klingt vielleicht nett. Darin steckt aber auch eine klare Grenze: Bis zur Autonomie und nicht weiter. Gerade der PD als "Erfinder" des Konvents ist ja klar und deutlich dafür, dass sich Südtirol zur „solidarischen Autonomie“ weiterentwickeln und sich gegenüber einem Staat solidarisch zeigen, aden sich die Mehrheit der Bevölkerung Südtirols im Gegensatz zum klar italophilen PD nie ausgesucht hat. Beteiligung an der Staatsverschuldung und so. Andererseits geistert da im PD das Konzept einer „territorialen Autonomie“ herum: Wir sollen also nicht mehr „autonom“ sein, weil wir ethnisch vom Staatsvolk abweichen, sondern weil wir bestimmte „territoriale“ Gründe dafür haben. Wir sind vielleicht „schöner“ als die anderen Regionen. So oder anders wird das nicht mehr endende Neiddebatten mit anderen Provinzen, die ähnliche Kompetenzen wollen, herausfordern, die ebenso „schön“ sind. Und letztlich: Wie viele Südtiroler haben wirklich ein Interesse daran, dass man so, wie es der PD will, über zentrale Gegebenheiten unserer Autonomie verhandelt und wie es die SVP in ihrer völligen Orientierungslosigkeit zulässt? Proporz? Muttersprachliches Prinzip? Ansässigkeitsklausel? Ja, wie viele Prozent der Bevölkerung wollen das? Und wie viele wollen das nicht? Letztlich wissen alle: Mit dem Weg zur territorialen Autonomie geht jede internationale Absicherung verloren. Welches Interesse sollte die internationale Staatengemeinschaft an einer "territorialen"Autonomie haben, die nicht mehr Schutzinstrument ist für die deutsch-ladinische Volksgruppe? Keines.
Postdemokratie
Dieser Autonomiekonvent ist vor allem auch postdemokratisch veranlagt. Im Falle des Autonomiekonvents werden die Teilnehmer entweder von politischen Vertretungen (Gemeinden, Landtag, Landesregierung), Interessensvertretungen (Wirtschaft, Gewerkschaften) ins Rennen geschickt oder es kommen ausgesuchte Rechtsexperten zum Zug oder Bürger, die sich bewerben und ausgewählt werden. Interessant wird das Ganze, wenn man sich dann auch noch vergegenwärtigt, dass der Ausschuss des Konvents in regelmäßigen Abständen mit den Parlamentariern zusammenkommt und Entscheidungen des Konvents prüft und bewertet. Da können dann also die Südtiroler Parlamentarier in Rom letztlich entscheiden, was konkret in die Wege geleitet wird und was nicht. Zufällig gehören die Parlamentarier wegen eines fragwürdigen Wahlgesetzes mehr oder weniger den gleichen politischen Richtungen an, wie die „Erfinder“ des Konvents. Kurzum: Politische Vertretungen oder Interessensvertretungen, die nicht gewählt wurden, um an unserer Autonomie herum zu pfuschen, sondern aus anderweitigen Gründen, erfinden unsere Autonomie neu. Als ob es den Wählerauftrag gäbe, unsere Autonomie zu verändern. Der Durchschnittssüdtiroler spielt bei diesem Komvent absolut keine Rolle. Soll er auch nicht in dieser "erlesenen" Runde von Experten und Möchtegern-Experten. An eine Volksabstimmung, die - falls ergebnisoffen - auch Ziele jenseits der Autonomie beschließen könnte, denkt man schon gar nicht. So viel Demokratie soll es doch nicht sein.
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