Politik | Syrienkrieg

Schockstarre

Die Unesco-Welterbestätte Palmyra steht vor dem Fall. Nur syrische Regierungssoldaten versuchen den Vormarsch der IS-Terrormilizen zu stoppen. Die NATO schaut zu.

Schwuppdiwupp! Und schon wieder sind die Terroristenmilizen vom ISIS unter den Augen des Atlantischen Bündnisses und der Spionageabwehren aus aller Herren Länder ein gutes Stück weiter in syrisches Staatsgebiet vorgerückt. Daesch, wie der von Mörderbanden geleitete IS-Staat auf arabisch genannt wird, steht jetzt vor den antiken Ruinen der ehemaligen Oasenstadt Palmyra.

Palmyra ist, laut UNESCO, eine Stätte von überragendem universellem Wert, in der griechisch-römische und persische Baukunst vereint sind. Den Kamikaze-Banden von Al Baghdadi stehen in Palmyra nur die verbliebenen regierungstreuen syrischen Soldaten gegenüber, die trotz ihrer guten Ausrüstung den Selbstmord-Kommandos der Gegenseite wenig entgegenzusetzen haben. 

Die sogenannte zivilisierte Welt scheint hilflos-entsetzt  zuschauen. Doch in Schockstarre befindet sich nur das wehrlose Publikum des untergehenden Abendlandes.  Die skrupellosen Hintermänner dieser Verbrechen beobachten mit kaltem Zynismus diese Kultur-Katastrophe.

Zu den Hintermännern gehören in erster Linie die grossen Waffenfabrikanten und alle dazugehörigen Finanzgruppen , Investoren , Politiker  und Militärabteilungen . Sie sind die grossen Gewinner dieses kriegerischen Flächenbrands im Nahen und Mittleren Osten und in Afrika.  

Der alte Spruch bewahrheitet sich , wonach einer Weltwirtschaftskrise nur durch grosse Kriege beizukommen ist , weil die Produktion und der Verkauf von Waffensystemen jede noch so schwächelnde Ökonomie wieder in Schwung bringt. Das war bei den Weltkriegen des vergangenen Jahrhunderts so und es wiederholt sich jetzt.

Alle beteiligten Kriegsparteien rüsten wie wild auf. Kein noch so strenges Embargo verhindert erfahrungsgemäss die Lieferung von Kriegsgerät auch an die verfemtesten Schurkenstaaten, wie den Islamischen Staat, der besonders waffenhungrig ist.  Der IS  ist im Besitz  modernster Waffensysteme, die er von der irakischen Armee erobert hat.  Doch jetzt wird dringend Nachschub gebraucht. Über Dritt-Länder bekommen die Terror-Milizen Waffen , Munition und tolle Zivilfahrzeuge, soviel sie nur wollen. 

Zu Beginn des Syrienkrieges wurden die Anti-Assad-Rebellen , wozu auch die IS-Terroristen gehörten, mit Waffen aus Ex-Jugoslawien und Albanien ausgestattet. Auch die  Türkei half und hilft fleissig mit, die in Flüchtlingscamps aufgezogenen syrischen Rebellen zu bewaffnen. Neben dem politischen Kalkül, ein gutes Stück Syrien nach dem Sturz Assads einzuverleiben , geht es dem türkischen Regime auch ganz brutal ums Geschäft, ums grosse Geld, das bei Waffengeschäften garantiert ist.

Um von der Verwicklung  in diese unsäglichen Waffendeals abzulenken , vergiesst der türkische Aussenminister Cavusoglu in regelmässigen Abständen vor internationalem Publikum Krodidilstränen ,   weil  so viele  "Foreign Fighers " über die eigenen Grenzen nach Syrien und den Irak zum Daesh strömen.  

Am 7. Mai wurden im türkischen  Adana drei Staatsanwälte und ein Offizier verhaftet, weil sie einen illegalen Waffenschmuggel nach Syrien aufgedeckt hatten.  Sie hatten sich der Order " von oben" widersetzt,  mehrere vom türkischen Geheimdienst MIT abgesegnete LKW  unkontrolliert nach Syrien durchzulassen. 

Die Staatsanwälte ordneten Kontrollen  an. Dabei wurden Mengen an Waffen und Munition beschlagnahmt, die für " Anti-Assad-Rebellen" bestimmt waren, zu denen auch der IS gehört. Die LKW waren von MIT-Leuten begleitet. Doch nicht sie sitzen jetzt im Gefängnis, sondern die drei Staatsanwälte. Sollten sie verurteilt werden, droht ihnen - nach übereinstimmenden Berichten - eine lebenslange Haftstrafe.

 Der türkische Staatspräsident und seine Mitstreiter der regierenden AKP begünstigen weiterhin alles, was die regierungsfeindlichen  syrischen Rebellen stärkt.  So erklärte der türkische Oppositionspolitiker Mehmet Ayhan erst kürzlich, dass mit Hilfe der türkischen Geheimdienste neben den herkömmlichen  Waffen auch vermehrt als landwirtschaftliche Düngemittel getarnte Chemiestoffe über die Grenze nach Syrien gebracht werden.

Die Säcke mit diesen Chemiestoffen werden nicht mehr von Mittelsmännern, sondern direkt  von ISIS-Terroristen abgeholt und für die Herstellung von Autobomben und Kamikaze-Gürtel verwendet .  

Der Gipfel der Absurdität besteht darin, dass die USA zwar gelegentlich IS-Stellungen bombardieren, doch gleichzeitig als Führungsmitglied der NATO die Türkei  verhätscheln und aufpäppeln. Dabei tut die derzeit regierende Führungsriege der Türkei nichts , um den Vormarsch und die Zerstörungswut der IS-Mörder zu stoppen.  

Parallel  dazu jammern die oft von Waffenfabrikanten finanzierten "westlichen" Medien  über die Vernichtung der UNESCO-Kulturstätten.  Doch wems ums Geschäft geht, dem sind diese jahrtausendealten Kulturgüter letztendlich schnurzegal.  Wäre dem nicht so,  wuerden sich die Entscheidungsträger der sogenannten zivilisierten Welt ernsthaft mobilisieren und dem Mördertreiben ein Ende setzen.  

 

 

 

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Sepp.Bacher So., 17.05.2015 - 17:39

Die Unesco-Welterbestätte Palmyra - eine Stätte von überragendem universellem Wert - steht vor dem Fall und die NATO schaut zu. Schlimm oder? Und was ist mit den vielen Menschen, die sterben und fliehen? Die sind wohl auch von überragendem Wert oder? Währe wohl zynisch, wenn sich die Nato wegen Palmyra einmischen würde und wegen der Not der Menschen nicht!!

So., 17.05.2015 - 17:39 Permalink
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Thomas Eccel So., 17.05.2015 - 23:50

super =) habe auch gerade dieses Thema angeschnitten, nicht so journalistisch ausgeschmückt wie Frau Brugger...aber bereit dieses Handwerk zu perfektionieren.

So., 17.05.2015 - 23:50 Permalink
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Marco Putti Mo., 18.05.2015 - 05:04

Gut beobachtet Frau Brugger . Hab selbst einige Bekannte ,welche sich in Syrien freiwillig dem IS Stellen... Sobald ich einen Sponsor finde welcher mir Zuhause den Rùcken deckt begeb ich mich an die Front sowie es tausende von Europàern tun.

Mo., 18.05.2015 - 05:04 Permalink
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Bernhard Oberrauch Mo., 18.05.2015 - 16:34

guter Artikel mit den Hintergründen! Es ist erschreckend, wie viele größere und kleinere Kriege heute noch geführt werden!
Als langfristige Strategie gegen das Morden ist wahrscheinlich eine Ächtung der Produktion und des Handels mit Waffen eine wesentliche Voraussetzung.

Mo., 18.05.2015 - 16:34 Permalink