Gesellschaft | Kommentar

Willkommen in Alto Adige

Erster offizieller Arbeitstag für den neuen Generaldirektor des Südtiroler Sanitätsbetriebs Thomas Schäl. Mit herzlichem Empfang der Patrioten-Front.

Nun haben wir also wieder einen von der Sorte. „Ach ja die ausländischen Super-Experten“, wurde  der neue Generaldirektor Thomas Schäl nach seiner Ernennung durch die Landesregierung vergangene Woche in Internetforen willkommen geheißen. Kennen wir sie nicht schon alle? Da waren ein Karl Kronsteiner, der einst die Südtirol Marketinggesellschaft auf Vordermann bringen sollte, oder ein Marc Günther, der im fernen Jahr 2000 ein kurzes Gastspiel in der Stiftung Stadttheater Bozen hinlegte. Da waren Museions-Direktorin Corinne Diserens oder Sparkasse-Manager wie der Amerikaner Timothy Brooks und der Deutsche Thomas Schedl. Alles anfänglich mit Vorschusslorbeeren bedachte Experten mit internationaler Erfahrung und klingenden Lebensläufen, die früher oder später mehr oder weniger unsanft aus ihrem Amt verjagt wurden.

Und nun also Schäl.  Gebürtiger Sauerländer mit jahrzehntelanger Arbeitserfahrung in Italien und einem 30-seitigem Curriculum, aus dem nicht nur eine umfassende Erfahrung im italienischen Gesundheitswesen, sondern auch eine beeindruckende Vielseitigkeit des promovierten Maschinenbauingenieurs und Informatikers hervorgeht. „Ich glaube, dass es hier in Bozen eine große Herausforderung ist, eines der besten Sanitätssysteme im italienischen und europäischen Vergleich aufzubauen“,  sagt der neue Generaldirektor des Südtiroler Sanitätsbetriebs in seinen Antrittsinterviews Ende vergangener Woche. Ambitiöse Ziele eines als Sanierer bekannt gewordenen Managers, der in seinen ersten Statements den Dauerbrenner Kleinkrankenhäuser als „Bestandteil der Grund- und der Krankenhausversorgung“ bezeichnet - oder verspricht, endlich das Informatiksystem der Sanität zu modernisieren.

Und was bekommt er dafür? Applaus? Einen herzlichen Willkommensgruß? Nein, Thomas Schäl erhält Schlagzeilen wie „Peinlicher Erstauftritt des neuen Sanitätsdirektors“. „Thomas Schäl trat bei seiner offiziellen Vorstellung gleich kräftig ins Fettnäpfchen und bezeichnete Südtirol auf Deutsch (!) als „Alto Adige“, lästerte da beispielsweise umgehend die patriotische Newsplattform unsertirol24.com. Wirklich schlimm für jemanden, der die Welt in den vergangenen drei Jahrzehnten von unterhalb der Salurner Klause aus betrachtet hat.

1,2 Milliarden Euro im Jahr oder 3,3 Millionen Euro pro Tag kostet Südtirols Gesundheitsversorgung die Steuerzahler des Landes. Und auch wenn der neue Generaldirektor diesmal keinen Sanierungsfall zu betreuen hat, ist die Post-Fabi-Ära nicht nur für die Sanität, sondern für den gesamten Landeshaushalt von zentraler Bedeutung. Wie können die gewaltigen Kostensteigerungen in diesem Bereich eingedämmt werden, ohne die Qualität zu beeinträchtigen? Wie können hirnrissige Mehrgleisigkeiten und kleine Königreiche in den einzelnen Gesundheitsbezirken endlich in die Vergangenheit verbannt werden? Wie die gesamte Sanitätsreform mit ihren vielen Baustellen möglichst zügig umgesetzt werden?

Bei all diesen Aufgaben mag es nützlich sein, einen Direktor zu haben, der sich im Gegensatz zu vielen seiner Angestellten tatsächlich perfekt in den zwei wichtigsten Landessprache ausdrücken kann. Doch worüber sich in der Tourismuswerbung noch streiten lassen mag – in der Sanitätsdirektion ist es tatsächlich vollkommen unerheblich, in welcher der beiden Sprachen Thomas Schäl seinen neuen Arbeitsort in den ersten Arbeitstagen benennt. Lassen wir ihn also erst einmal arbeiten, bevor Wetten abgeschlossen werden, wie lange sich der nächste „ausländische Super-Experte“ im Amt halten kann. „Ich bin gekommen, um zu bleiben – auch über die  fünf Jahre meines Vertrages hinaus, der verlängert werden kann“, meint Thomas Schäl. Deshalb vorerst einmal herzlich willkommen, Herr Schäl. Im schönen Alto Adige. 

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Hartmuth Staffler Mo., 15.06.2015 - 20:57

Dieser Herr Schäl hat mit seiner Wortwahl bewiesen, dass er von Südtirol keine Ahnung hat, oder dass er, schlimmer noch, die faschistischen Ortsbezeichnungen den historischen vorzieht. Die Vorliebe gewisser Deutscher für den italienischen Faschismus ist ja bekannt und bedeutet für Südtirol nichts Gutes.

Mo., 15.06.2015 - 20:57 Permalink
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Armin Mutschlechner Mo., 15.06.2015 - 22:59

Antwort auf von Hartmuth Staffler

Ob nun alto adige, südtirol oder sudtirolo ist mir egal, wenn ich fuer eine visite nicht zig wochen warten muss. Es geht ums gut verwalten von öffentlichen mitteln. Es geht um menschen die hier zu hause sind. Es geht um den inhalt und nicht um die hülle. Jeder der glaubt südtirol ist das allheilmittel, soll sich mit einer tirolerfahne ins bett legen, in der hoffnung auf genesung.

Mo., 15.06.2015 - 22:59 Permalink
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Hartmuth Staffler Di., 16.06.2015 - 12:09

Antwort auf von Harald Knoflach

Zur Präzision: Ich halte bei weitem nicht alle Bundesdeutschen für überheblich, aber diejenigen, die es sind, können das perfekt ("bei uns ist alles besser"). Da die Zusammenarbeit von italienischen Faschisten und deutschen Nazis für uns schon einmal verhängnisvoll war, reagiert man besonders allergisch, wenn man bei heutigen Bundesdeutschen Sympathie für Faschismus bemerkt.

Di., 16.06.2015 - 12:09 Permalink
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Hartmuth Staffler Di., 16.06.2015 - 13:38

Antwort auf von Harald Knoflach

Ich neige auch eher zur Ansicht, dass es sich um Ignoranz handelt (ich habe ja beide Optionen offengelassen). Wenn der Herr laut eigener Aussage nicht einmal weiß, was er hier eigentlich machen soll, dann kann man ihm auch zutrauen, dass er von der Geschichte und den Eigenheiten unseres Landes keine Ahnung hat. Die Frage, ob wir lieber einen ignoranten Sanitätsdirektor haben oder einen, der mit der extremen Rechten liebäugelt, lasse ich offen.

Di., 16.06.2015 - 13:38 Permalink
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Harald Knoflach Di., 16.06.2015 - 09:40

Antwort auf von Alfonse Zanardi

schmalspur-weltbild verorte ich eher bei jenen menschen, die sich aus einer vermeintlichen überlegenheit heraus mit den gegebenheiten an dem ort, an dem sie sich befinden, nicht auseinandersetzen.
die spanien-urlauber, die sich beschweren, dass es keinen schweinsbraten gibt und die karte nicht auf deutsch ist. die europäischen kolonialherren in afrika, die einfach system und werte ohne rücksicht auf andere befindlichkeiten auf gesellschaften übertragen, leute, die meinen, dass der dalai lama ein "chinesischer mönch" sei, alpinisten, die einen berg in asien kurzerhand "mt. everest" taufen, obwohl besagter berg bereits sagarmatha bzw. chomolungma heißt usw. usw.

an der spitze des gesundheitswesens wünschte ich mir einen menschen mit fachkenntnis aber auch mit empathie. freilich gibt es in südtirol leute, die mit "alto adige" kein problem haben. wobei ich persönlich der verwendung dieser bezeichnung überhaupt keine "fortschrittlichkeit", "weltmännigkeit" oder dergleichen attestieren kann. im gegenteil. gleichzeitig gibt es aber auch welche, die - meines erachtens - aus triftigen gründen sehr wohl bauchweh bei dieser bezeichnung bekommen. und diese stößt man mit so einer art vor den kopf. es geht also weniger um "hinterwäldler" oder "turbopatriotismus" sondern schlicht und einfach um empathie, die man von einem weltoffenen Menschen erwarten können muss.

liebe grüße aus der ostmark.

Di., 16.06.2015 - 09:40 Permalink
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Harald Knoflach Di., 16.06.2015 - 11:50

Antwort auf von klemens hacht

geh bitte. wer sagt denn da was von verboten? ich habe lediglich gesagt, dass ich es absolut verständlich finde, dass man mit einem namen wie alto adige so sein problem haben kann. und dass ich es als "empatischen zug" empfände, dass jemand diese m. e. legitime empfindlichkeit berücksichtigt.
ich habe in indien erlebt, dass es sensibilitäten bezüglich mumbai/bombay gibt. ich habe in vietnam erlebt, dass es das auch für saigon/ho-chi-minh-city gibt. und in australien bei den anangu für uluru/ayers rock. ich habe in argentinien mit einem veteranen gesprochen, der von den briten in seinem flugzeug abgeschossen wurde und für den falkland/malvinas eine sensible sache ist. und in vielen anderen orten habe ich ähnliche befindlichkeiten beobachtet. als urlauber, der ich meist nur wenige wochen vor ort war, habe ich gemerkt, dass das sensible dinge sind, die die menschen berühren. daher denke ich, dass es das mindeste ist, dass ein vermeintlich weltoffener mensch, der einen "sensiblen" posten im land bekleidet, zumindest über ein klein wenig gespür verfügt.

Di., 16.06.2015 - 11:50 Permalink
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Alfonse Zanardi Di., 16.06.2015 - 12:20

Antwort auf von Harald Knoflach

Deine Geduld in Ehren Harald, aber ich finde den Kommentar des Stafflers einfach überzogen (und er legt nach mit unpassendem Nachtreten), wie ich finde dass man sich statt nur mit dem Ausrutscher doch mit substanziellen Aussagen wie der Zielsetzung "eines der besten Sanitätssysteme im italienischen und europäischen Vergleich aufzubauen" beschäftigen sollte.

Di., 16.06.2015 - 12:20 Permalink
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Manfred S. Di., 16.06.2015 - 10:06

"in der Sanitätsdirektion ist es tatsächlich vollkommen unerheblich, in welcher der beiden Sprachen Thomas Schäl seinen neuen Arbeitsort in den ersten Arbeitstagen benennt." Nein, ist es nicht !! Das ist typische salto Argumentation. Wenn ein Südtiroler keine Lust hat, sich mit Gegebenheiten in anderen Ländern auseinander zu setzen, dann ist er provinziell, hinterwäldlerisch, ein "miar-sein miar"-Tscheggl. Wenn aber der neue Sanitätsdirektor seine neuen Arbeitsort als Alto Adige bezeichnet, dann ist das unerheblich. Da lobe ich mir den marokkanischen Jugendlichen, mit dem ich vor ein paar Monaten am Bozner Bahnhof zufällig ins Gespräch kam. Der spricht vier Sprachen (Arabisch, Französisch, Englisch, Italienisch), ist erst seit einigen Monaten hier und lernt gerade Deutsch. Der kannte das Wort Südtirol und wußte sogar ein wenig von unserer Geschichte. So jemanden heiße ich gerne willkommen, aber in Südtirol, nicht in Alto Adige, gell Frau Pitro !

Di., 16.06.2015 - 10:06 Permalink
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Sepp.Bacher Di., 16.06.2015 - 11:25

Da bin ich auch nicht einverstanden Susanne Pitro! Soviel muss er sich über Südtirol/Alto Adige informiert haben, dass er weiß, worauf man bei uns Wert legt. Es hat aber den Anschein, dass er zu den Sätzen "„(…) wenn mein Auftrag – politisch gesehen – Sanierer ist, saniere ich. Wenn mein Auftrag – politisch gesehen – Innovator ist, innoviere ich.“ hinzufügen hätte können : ohne Rücksicht auf Empfindlichkeiten und Verluste. Wenn er da nicht mehr Empathie und Einsehen zeigt, wird er nicht lange............

Di., 16.06.2015 - 11:25 Permalink
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Gabriele Di Luca Di., 16.06.2015 - 12:14

Recentemente, in una discussione su fb, mi è capitato di usare il toponimo "Sudtirolo". Siccome io dico generalmente "Sudtirolo" - e molto raramente "Alto Adige" - non me ne accorgo neppure. E' possibile che tempo fa abbia cominciato ad usare "Sudtirolo" al posto di "Alto Adige" in seguito a una riflessione di tipo storico-politico, ma adesso è diventato un automatismo, e insomma non ci penso più. Il mio interlocutore - un politico brissinese vicino ad Alessandro Urzì - mi ha rimproverato dicendo che "Sudtirolo" era in primo luogo una storpiatura dell'italiano (al limite avrei dovuto dire "Tirolo meridionale" o "Tirolo del Sud"). Non ho approfondito molto la discussione perché ne ho fatte a centinaia, di discussioni simili, e non hanno MAI portato a nulla. Prevedo che anche questa polemica, quindi, si ripeterà pari pari tra due mesi, un anno, cinque anni, venti anni ecc. E aggiungo: uno dei modi migliori affinché le cose non cambino è continuare a parlarne e a discuterne in tono polemico. Per dire: ogni volta che io leggo un commento di Staffler, mi viene immediatamente da abbandonare la mia abitudine a dire "Sudtirolo" e passare ad "Alto Adige". Se Staffler stesse zitto e si dedicasse a qualcosa di più serio rispetto a queste polemiche, io direi invece "Sudtirolo" senza pensarci, come faccio quasi sempre.

Di., 16.06.2015 - 12:14 Permalink
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Harald Knoflach Di., 16.06.2015 - 12:58

Antwort auf von Gabriele Di Luca

wobei es hier ja mehr darum geht, dass er in einem deutschen kommentar alto adige verwendet hat. was zwar nicht verboten (wie herr hacht meint), aber unpassend ist. im hawaii-hemd zur hochzeit des besten freundes zu gehen ist auch nicht verboten - aber unpassend. es zeugt einfach von mangelndem gespür. wobei ich deinen "sudtirolo"-habitus sympatisch finde. außerhalb südtirols ist "sudtirolo" gar nicht mal so selten. ich habe den begriff im italienischen fernsehen schon öfters gehört. in südtirol seltener. die zeitung alto adige zensiert den gebrauch sogar. beispielsweise haben sie unlängst in einem wörtlichen (!!) zitat von außenminister paolo gentiloni den begriff sudtirolo, den der minister gebrauchte, durch alto adige ersetzt.

Di., 16.06.2015 - 12:58 Permalink