Liebe ff, deine Aufgabe ist es, deine Leser zu informieren, zu bilden. Wenn du hönisch frägst, ob denn deine Leserinnen wüssten, wie die Landeshauptleute von Tirol und Trentino hießen, dann machst du nichts anderes, als auf dein eigenes Versagen hinzuweisen. Ihr, die ihr immer so tut, als wären Mezzocorona und Arnbach tiefstes Ausland. Sollte sich einmal Berichterstattung aus Schmirn oder aus La Plié in eure Hände verirren, ich möchte wetten, dass die versammelte Redaktion Google Maps anwerfen müsste, um sie geographisch einordnen zu können. Bei der Kennst-Du-Deine-Heimat-Quiz-Frage, welches Gewässer in Richtung Südtirol fließt, würde euch nie und nimmer der Rambach einfallen. So schätze ich dich, liebe ff, so schätze ich dich als sonst dich schätzender Leser ein.
Wir kennen deine Geschichte. In politisch weit schwierigeren Zeiten wurdest du uns geschenkt, um endlich das oft missbrauchte Informationsmonopol in diesem Land zu brechen. Vielleicht habe ich mich deswegen noch nicht laut genug bei dir bedankt. Wie schwierig es war, Leute zu finden, die es wagten, gegen den Weinberg ihr Gesicht zu zeigen. Wie ehrenwert jene, die dich dafür finanzierten. Aus dem limitierten Budget hast du viel gemacht und stets der einen Aufgabe gedient, dem Südtiroler Informationsmonopol Parole zu bieten. Aus dieser Logik heraus ist es durchaus verständlich, dass du dich von Anfang an komplett auf Südtirol konzentriert hattest, weit mehr, als das Tagblatt das jemals tat. Aus dem Fokus sind aber Scheuklappen geworden, und du hast dir und deinen Leserinnen einen goldenen Käfig gebaut. Es schaudert mich, wie puddelwohl du dich darin fühlst. Mittlerweile hat deine Inzuchtperspektive bereits die zweite Lesergeneration versaut, wirkt gar bis nach Rom, wo wenig FLORierende Blüten diese Eindimensionalität eures „Welt“-Bilds regelmäßig bestätigen.
Dass es dir nicht unerträglich wird, welche Parallelen du damit zum patriotischen Lager der Freistaat-„Visionäre“ ziehst. Dass dir noch nie aufgefallen ist, dass letztendlich auch du der Humus bist, auf dem jene Südtiroler Selbstzufriedenheit gedeiht.
Du scheinst zu wissen (woher bitte?), dass die Südtiroler mehr nach München und Mailand schauen, als nach Innsbruck oder Trient. Na Gott sei Dank orientieren auch wir Provinzler uns ab und zu an den Metropolen. Wie soll man bitte etwa Interesse an einer Skiweltmeisterschaft samt zugehörigem Flughafen in Cortina (für dich, das liegt im Boitetal) entwickeln, wenn keine Sau darüber informiert? Die Valdastico Nord? Das Kraftwerk im Kaunertal? In dieser Wechselwirkung zwischen Interesse und Information liegt Verantwortung. Auch deine. Wenn sich ein Land abkapselt, dann hat das auch seine medialen Ursachen. Dein lästernder Hinweis auf das ‚k‘ der Nordtiroler spricht übrigens Bände über das Freitzeit-und-Fernsehen-Magazin, sagt aber kaum etwas über die Südtiroler Seelen.
Man muss sich schon ganz im Keller der gestalterischen Visionärspyramide befinden, wenn man überregionale Zusammenarbeit als „von oben installiert“ empfindet. Man muss den EVTZ als solchen ja nicht mögen, aber es ist bei dir mit der Region TAA, mit der Makroregion EUSALP, der Alpenkonvention, der Arge Alp und wie sie alle heißen nicht anders. Du, Opfer, du müsstest dich richtig anstrengen, dich vielleicht sogar neu erfinden, um diesen Trends Rechnung zu tragen. Lieber bleibst du in deiner Komfortzone und schreibst die Initiativen so schlecht, wie es halt geht.
Du hast natürlich völlig Recht, liebe ff. Ein Fest wie jenes in Hall neulich ist ein ziemlich hilfloses Unterfangen, die Euregio unter die Leute zu bringen. Da darf sich schon ein Mundwinkel leicht nach oben verziehen. Was dieser Euregio fehlt, sind aber nicht offensichtlich bemühte Politiker, ist nicht kulturelle oder wirtschaftliche Zusammenarbeit. Das Wichtigste, das dieser Euregio fehlt, sind Medien, die ab und zu durch die Gitterstäbe des goldenen Käfigs durchzublicken in der Lage sind.
Zum Leitartikel ff, Ausgabe 39 vom 24. September 2015
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