Wirtschaft | Gemeinwohlökonomie

Gemeinwohlökonomie funktioniert auch in der Baubranche

Der Baustoffhandel Schönthaler aus Eyrs hat begonnen, gemeinwohlökonomisch zu wirtschaften. Eine Herausforderung für ein Unternehmen das in einem Sektor arbeitet, der durch Konkurrenz und Krise gefordert ist.
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Foto: © Oswald Stimpfl

Das Betonsteinwerk Schönthaler mit Sitz in Eyrs im Vinschgau ist ein Familienbetrieb mit 30 Mitarbeitern und wird von den Geschwistern Brigitte und Martin Schönthaler geführt. Die Firma fertigt Betonpfähle für den Obstbau, Betonziegel und Pflastertsteine; das meiste wird in Südtirol umgesetzt, 10% im Ausland. Werner Schönthaler war es, der auf die Gemeinwohlökonomie aufmerksam wurde: „Eine Philosphie die nur die Tradition unserer Firma weiterführt, denn bereits unserem Vater, dem Firmengründer, war das gute Wirtschaften ein Anliegen.“

Gutes Wirtschaften, was bedeutet das konkret für ein Unternehmen in der Baubranche, das zwischen bürokratischen Vorgaben und einem hohen Konkurrenzdruck bestehen muss?

„Nun, es fängt damit an, ein Bewusstsein zu entwickeln, dass Veränderung möglich ist, das ist das Allererste. In unserer Branche sind zum Beispiel die Umweltauswirkungen ein großes Thema, also haben wir begonnen, dort Sensibilisierung-Maßnahmen zu setzen, zum Beispiel die Styropordämmung in Frage zu stellen. Diese Dämmung ist zwar handelsüblich, jedoch nur bis zu 50 bis 60 Jahre haltbar und in der Entsorgung sehr teuer. Wenn dies dem Kunden mitgeteilt wird und auf ökologische Isolierungen hingewiesen wird, findet oft ein Umdenken statt, weil es im Sinne des Kunden ist, auch für die nächste Generation zu bauen.

Lieferanten nach neuen Kriterien hin abklopfen

Ein weiteres Beispiel sind die Abfallprodukte, die bei den Betonpfählen anfallen. Normalerweise würden diese entsorgt, doch nun gibt es ein Projekt in Zusammenarbeit mit der Universität Bozen und einer Künstlerin, die diese Betonabfälle für weitere Zwecke nutzbar machen sollen. Auch beim Verpackungsmaterial wird umweltbewusst eingespart, zwar werden die eingekauften Ziegel nach wie vor in Nylon abgepackt geliefert, doch die eigenen werden mit Eisen- bzw. Plastikbändern zusammengehalten. Auf diese Weise lässt sich eine Menge Abfall vermeiden, sagt Werner Schönthaler. Hier komme auch das Umweltmanagementsystem ISO 14000 zum Tragen. Auf der Basis der Gemeinwohlbilanz und des integralen Denkens hat die Geschäftsführung jeden Bereich des Unternehmens durchforstet und analysiert, wo Verbesserunge angestellt werden können. So wurde bei den Lieferanten ein Punktesystem eingeführt, mit dem die Produktqualität, die Termintreue, die Transportwege und der Umweltschutz unter die Lupe genommen wurden.

„Nicht bei allen Lieferanten, jedoch bei den wichtigsten haben wir das gemacht“, sagt Werner Schönthaler. „Bei den Holzfaserplatten beispielsweise haben wir uns die Datenblätter der bisherigen Lieferanten angeschaut und fanden sie wenig transparent, die Firmen haben uns ihre Arbeitsmethoden und Zusatzstoffe nicht offengelegt. Jetzt arbeiten wir mit einem Holzfaserhersteller in Deutschland zusammen, der uns garantieren kann zu 100% ohne Zusatzstoffe auszukommen.“ Schwieriger werde es dort, wo man die längeren Transportwege in Kauf nehmen muss, weil die Hersteller hierzulande fehlen. „Beim Sand schauen wir sehr darauf, jenen aus der Nähe zu nehmen, einen weiteren Qualitätssand kaufen wir aus Oberitalien dazu.“

Lieferanten wechseln

So wurden ganz konkret Lieferanten gewechselt, die besser zu den unternehmerischen Qualitätskriterien passen. Die Geschwister Schönthaler sind hier auf einer Linie, Brigitte Schönthaler hat eine baubiologische Zusatzausbildung gemacht, um genau einschätzen zu können, was Sinn macht und was nicht. Auch die Mitarbeiterführung ist ein wichtiges Thema für die Erstellung einer Gemeinwohlbilanz. So wurde in den Verwaltungsabteilungen die Frauenquote erhöht und die Anzahl der Teilzeitarbeitplätze aufgestockt. „In der Produktion geht das aber schlecht,“ meint Werner Schönthaler, „denn dort wollen die Leute mehr arbeiten und auch Überstunden machen.“

Wird das Wirtschaften nach Gemeinwohlbilanz auch nach außenhin kommunizert oder bringt es gar neue Geschäftsbeziehungen? „Das kann man noch nicht sagen, Fakt ist, dass über das Zusammentreffen mit den anderen Gemeinwohlbilanz-Unternehmen neue Aufträge hereinkommen.“ Das Netzwerk sei zwar noch klein, meint Werner Schönthaler, aber effizient und sehr motiviert. „Wir wollen das auch über unser Netzwerk hinaustragen, wollen sagen, schaut her, Gemeinwohlökonomie funktioniert auch in der Privatwirtschaft.“

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gorgias Sa., 11.05.2013 - 12:16

Ich weiss nicht ob ich das für Schleichwerbung halten soll oder nicht, jedenfalls wenn man sich mit der Gemeinwohlökonomie auseinandersetzt müsste man wissen, dass man eine Gemeinwohlbilanz erstellen muss und sie veröffentlichen muss. (Was von der sog. Gemeinwohlökonomie zu halten ist ist dann wieder eine andere Sache)

Sa., 11.05.2013 - 12:16 Permalink
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Michael Bockhorni So., 12.05.2013 - 08:57

Antwort auf von gorgias

steht eigentlich ziemlich klar im Artikel, dass eine Gemeinwohlbilanz gemacht worden ist. Jede Bilanz kann schlecht, mittel, gut, etc. ausfallen und einem Stärken, Schwächen und Veränderungspotentiale aufzeigen. Danach sollten sich die Handlungen ausrichten, wie dies ebenfalls im Artikel beschrieben wurde. Ich weiß nicht was ich von sog. kritischen Kommentaren halten soll, denen es an Argumenten und Begründungen mangelt.

So., 12.05.2013 - 08:57 Permalink
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Josef Pedevilla So., 12.05.2013 - 09:40

Antwort auf von Michael Bockhorni

Ich habe das Buch "Die Gemeinwohl-Ökonomie" von Christian Felber gelesen und wäre nie auf die Idee gekommen, dass ein Betrieb eine Gemeinwohlbilanz erstellt, um "Schleichwerbung" zu betreiben.
Wenn ein Betrieb das macht, ist er dabei die Gemeinwohlbilanz zu fälschen und das sollte bestraft werden wie jede andere Fälschung.

So., 12.05.2013 - 09:40 Permalink
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Michael Bockhorni So., 12.05.2013 - 10:22

Antwort auf von Josef Pedevilla

also wenn wir wollen, dass sich unser Wirtschaftssystem ändert, dann brauchen wir Unternehmen, die sich verändern und KonsumentInnen bzw. andere Unternehmen, die diese Veränderungen honorieren, in dem sie bei diesen Unternehmen einkaufen bzw. mit ihnen Geschäfte machen. Dazu muß mensch wissen, wer diese Unternehmen sind und daher, denke ich, ist es sehr sinnvoll über diese Aktivitäten zu berichten. Übrigens findest sich jede Menge "Schleichwerbung" für Unternehmen auf der offiziellen Homepage der Gemeinwohlökonomie: http://www.gemeinwohl-oekonomie.org/de/content/gemeinwohl-unternehmen-v…

So., 12.05.2013 - 10:22 Permalink
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gorgias So., 12.05.2013 - 11:59

Antwort auf von Josef Pedevilla

meinte ich diesen Artikel und nicht die Bilanz. Ich habe im Internet nach der Gemeinwohlbilanz dieses Unternehmen gesucht. Das Ziel ist ja dass eine Transparenz für den Konsumenten entsteht und dass der Unternehmer sich anhand der Gemeinwohlbilanz ein Bild von seinem eignen Betrieb machen kann.

Wenn aber ein Betrieb sich an die Öffentlichkeit wendet mit dem Anspruch ihren Betrieb nach den Regeln der Gemeinwohlökonomie zu führen, aber deren Herzstück die Gemeinwohlbilanz nicht anwendet, ist das für mich sehr dürftig und dieser salto.bz-Artikel nichts weiter billige Werbung in eigener Sache.

So., 12.05.2013 - 11:59 Permalink
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Greta S So., 12.05.2013 - 12:30

Antwort auf von Greta S

Wobei ich davon ausgehe, da das Unternehmen im Verband der Gemeinwohlökonomie-Unternehmen drin ist, wenn ich das richtig verstehe. Ich finde die ganze Sache jedenfalls großartig. Endlich tut sich auch bei uns etwas, das nicht nur pro forma Umweltschutz, sondern auch die soziale Seite berücksichtigt.

So., 12.05.2013 - 12:30 Permalink
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HannaH Donà So., 12.05.2013 - 10:13

Antwort auf von gorgias

Die Gemeinwohlbilanz ist nur das "Zertifikat" für die Anstrengungen. Wichtiger ist meiner Meinung nach, dass es immer mehr Unternehmen gibt, die den Mittelpunkt und das Ziel ihrer Tätigkeit vom kurzfristigen Gewinn auf langfristige Ziele wie nachhaltiges, umweltbewusstes Wirtschaften, zufriedene Mitarbeiter, ethische Auswahl der LIeferanten usw. umstellen.
Wenn sie so etwas dann nicht marketingtechnisch ausnutzen würden, wären sie keine Unternehmer... Ein großes Lob der F.a Schönthaler!

So., 12.05.2013 - 10:13 Permalink
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gorgias So., 12.05.2013 - 12:04

Antwort auf von HannaH Donà

Die Gemeinwohlbilanz ist mehr als ein Siegel oder Gütezeichen, sondern ein Analyseinstrument für das Unternehmen als auch für Außenstehnde. Eventuell täusche ich mich und es wurde die Gemeinwohlbilanz erstellt, ich konnte aber das besagte Unternehmen nicht auf einem eigenen Internetauftritt finden. Man kann gerne sich als Unterstützer der Gemeinwohlökonomie ausgeben, aber in dem Moment wo man behauptet einen Betrieb nach den prinzipien der Gemeinwohlökonomie zu führen ist die Gemeinwohlbilanz ein muss.

So., 12.05.2013 - 12:04 Permalink
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Sebastian Felderer So., 12.05.2013 - 21:37

Antwort auf von gorgias

Nun habe ich mir die Mühe gemacht, den Beitrag von Christine Helfer und alle Kommentare aufmerksam durchzulesen.
Meine Antwort gilt aber dem ersten Kommentar: Schleichwerbung? Zum Glück steht das Fragezeichen dahinter. Trotzdem kann ich nur fragen: "Sind Sie von allen guten Geistern verlassen?
Muss eine Betriebsleitung nicht zuerst von einer Idee überzeugt sein, dann nach Möglichkeiten suchen, diese Idee im Betrieb umzusetzten. Erst wenn die Machbarkeit und die ersten Erfolge sichtbar werden, kann Bilanz erstellt werden.
Wie kommen Sie auf den Gedanken einer Schleichwerbung, wenn eine neutrale Journalistin den Beitrag verfasst? Es wurde schon angemerkt, dass jeder Beitrag über Gemeinwohlökonomie eine Werbung ist, aber keine Schleichwerbung, sondern ein Aufzeigen der Qualitätsunterschiede zu anderen Unternehmen der Branche und ein neuer, nachhaltiger Weg für das Wirtschaften in der Zukunft.
Was Sie aber mit solchen unsinnigen Vorstößen gegen sinnvolle Entwicklungen bezwecken, ist mir völlig unverständlich. Klar ist mir aber, dass Sie großen Schaden anrichten bei salto. Wenn eine Plattform durch ehrliches Bemühen und die Mitarbeit vieler Freiwilliger innerhalb kürzester Zeit eine beachtliches Niveau erreicht, hat sie es nicht verdient, dass durch solche Kommentare Negativwerbung gemacht wird. Die ist nämlich schlimmer als Schleichwerbung.

So., 12.05.2013 - 21:37 Permalink
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gorgias Mo., 13.05.2013 - 02:09

Antwort auf von Sebastian Felderer

ob jemand der sich das Etikett "Gemeinwohlökonomie" anheftet, essentielle Elemente nicht vorweisen kann. Ok, ich habe jetzt erfahren man habe die Gemeinwohlbilanz gemacht, aber das Auditing habe noch nicht stattgefunden.
Es gibt genug Unternehmen die Trendhopping und Greenwashing betreiben, so ist es wohl berechtigt hier auch skeptisch zu sein.

Ich finde man hatte hier schlechtes Timing. Man hätte warten sollen bis die Bilanz verhöffentlicht wurde und eventuell diese im Artikel verlinkt, so könnte man eine vollständige Information abgeben.

Übrigens weiss ich nicht was man unter einer "neutralen Journalistin" vorstellen soll. Jedenfalls mutet mir der Begriff ein naiv an.

Mo., 13.05.2013 - 02:09 Permalink
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Werner Schönthaler So., 12.05.2013 - 16:04

Die Gemeinwohlbilanz wurde vor wenigen Wochen fertig ersellt. Es ist nicht Pflicht diese zu veröffentlichen; bevor man nicht extern auditiert ist finde ich eine Veröffentlichung auch nicht sehr weise und glaubwürdig. Betreffend Punktezahl sind wir mit 300 Punkten in der untersten Schublade anzusiedeln, was in der Baubranche wahrscheinlich derzeit gar nicht anders möglich ist. Es geht in der GWÖ aber nicht darum der Beste zu sein, sondern um die Analyse der Ist-Situation und dem Weg der Verbesserungsmöglichkeiten, der einem dann bewusst wird und ein langer Weg ist.
Mit der Sozialgenossenschaft Lebenswertes Ulten haben wir 700 Punkte erhalten und finden auch dort überall Verbesserungsmöglichkeiten, die wir angehen.
Als Schleichwerbung war es auf keinem Fall gedacht, falls dies so empfunden wird war das nicht das Ziel.

So., 12.05.2013 - 16:04 Permalink
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Christine Helfer So., 12.05.2013 - 16:51

Antwort auf von Werner Schönthaler

Als Autorin des Artikels bin ich froh, dass mir Werner Schönthaler die Möglichkeit gab, anhand von konkreten Beispielen aufzuzeigen, nach welchen Kriterien ein Privatunternehmen gemeinwohlökonomisch arbeiten kann; frühere Berichte bezogen sich auf öffentliche Einrichtungen wie die vier Vinschger Gemeinden, die ebenfalls eine GW-Bilanz erstellen wollen, während ein Privatbetrieb einer ungleich härteren Konkurrenz ausgesetzt ist. Der Artikel sollte zeigen, wie und ob dies funktioniert. Zum Thema werden wir am Ball bleiben, wenn der eine oder andere hier Beitragende Wünsche dazu hat, bitte hier posten.

So., 12.05.2013 - 16:51 Permalink
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Johannes Engl Mi., 15.05.2013 - 20:46

Antwort auf von Werner Schönthaler

Ich finde es sehr gut, dass Betriebe aus den "schwierigen" Wirtschaftszweigen sich an den Kriterien der Gemeinwohlökonomie messen. Die erreichte Punktezahl ist ein Ausgangspunkt, auf dem aufgebaut weden kann. Unser Betrieb hat bei der ersten Bilanz 320 Punkte erreicht. Ich schäme mich nicht dafür. Besonders nicht gegenüber jenen, welche sich gar nicht trauen, sich der Bewertung zu unterziehen! BRAVO und weiter so !

Mi., 15.05.2013 - 20:46 Permalink
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Rupert Gietl -r So., 12.05.2013 - 19:20

Leider ist es wieder mal typisch, dass hier um ein Dokument namens "Gemeinwohlbilanz" gestritten wird, während da draußen jemand konkrete Schritte zur Verminderung der Umweltschädigung durch die Baubranche gemacht hat.
Wer je gesehen hat, welche Müllberge eine konventionelle Baustelle erzeugt, ist dankbar für so eine Initiative!
Weiter so!

So., 12.05.2013 - 19:20 Permalink
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gorgias Mo., 13.05.2013 - 02:14

Antwort auf von Rupert Gietl -r

Wer sich minimal mit der Gemeinwohlökonomie beschäftigt hat, wird unweigerlich erfahren, dass das "Herzstück" der Gemeinwohlökonomie die Gemeinwohlbilanz ist. Dies als sega mentale abzutun weist einfach Unkennnis des aus.

Ich finde es grunsätzlich toll wenn ein Unternehmen versucht umweltschonend zu arbeiten und es auch nach außen kommuniziert. Wenn es sich aber das Etikett "Gemeinwohlökonomie" umhängen möchte, so ist es wünschenswert es würde auch nach deren Richtlinien handeln. (was sich ja dann am Ende herausgestellt hat)

Mo., 13.05.2013 - 02:14 Permalink