Gesellschaft | Altenpflege

Die Bettenhalbierung

Die Betten in der Geriatrie-Abteilung am Meraner Krankenhaus werden von 40 auf 20 reduziert. Offiziell aus Sicherheitsgründen. Kritiker vermuten dahinter Sparmaßnahmen.

Es ist derzeit das Gesprächsthema auf den Fluren im Krankenhaus Meran. Und sorgt für große Verunsicherung. Bisher waren meist die kleinen Spitäler von Einschnitten betroffen. Nun soll es auch im zweitgrößten Krankenhaus des Landes so weit sein. Mit Anfang November werden die Betten in der Geriatrie-Abteilung halbiert. Von den insgesamt 40 Betten fallen 20 weg. “Aus Sicherheitsgründen”, lautet die offizielle Begründung.


Aus Sicherheitsgründen

Es ist der 13. Oktober, als der Leiter der Pflegedienste am Krankenhaus Meran, Frank Blumtritt, zu einer Sitzung mit den Pflegekoordinatoren aller Abteilungen zusammentritt. Dort verkündet Blumtritt, dass aufgrund des Personalmangels, der in der Geriatrie herrscht, die Bettenanzahl um die Hälfte reduziert werden soll. Andernfalls sei die durchgehende Betreuung und die Sicherheit der Patienten nicht mehr gewährleistet. So ganz glaubt man ihm nicht.

Von einem Personalmangel will man in der Geriatrie-Abteilung selbst nichts wissen: “So stimmt das nicht”, sagt einer, der die Internas der Abteilung bestens kennt. Nicht nur in der Geratrie sorgt man sich um die Patienten, die durch die Einschnitte willkürlich in andere Abteilungen verlegt werden müssen. Ein Insider:  “Das wäre sehr gefährlich, weil sich dann Pflegepersonal um sie kümmern würde, das bislang keine Erfahrung in der Betreuung älterer Menschen hat. Und ohne die praktische Erfahrung ist man nicht imstande, die Patienten so gut wie möglich zu betreuen.”

Krankenhaus Meran: Von den insgesamt 40 Betten der Geriatrie-Abteilung fallen 20 weg. Foto: Südtirolfoto/Othmar Seehauser

Und überhaupt: “Wie stellt man sich das vor? Dass Pfleger und Krankenschwestern anderer Abteilungen plötzlich von heute auf morgen solche Patienten betreuen? Die meisten kommen sowieso schon geschwächt und sehr krank ins Krankenhaus und benötigen eine wirklich gute integrierte Betreuung. Dazu gehören qualifizierte Pfleger und Ärzte, aber auch Sozialassistenten, Logopädisten und Ergotherapeuten.” In anderen Abteilungen fehlen diese Fachkräfte.


Patienten auf Reisen

Bereits heute ist die Geriatrie voll belegt. Neben den 40 dort stationierten Patienten sind weitere sieben in anderen Abteilungen untergebracht – in der Geriatrie war schlicht und einfach kein Platz. Der Bedarf an der aktuellen Bettenanzahl ist mehr als gegeben. Das sieht auch Frank Blumtritt so. “Wenn nun aber weniger Betten im Krankenhaus zur Verfügung stehen, heißt das nicht, dass Patienten weg geschickt werden”, versucht der Pflegedienstleiter zu erklären. Allerdings könnte es passieren, dass manche früher entlassen, manche erst später aufgenommen und manche anderen Abteilungen zugewiesen werden.

Abteilungen mit Personal, das sich in der Altenpflege nicht auskennt? Dieser Einschätzung kann Blumtritt nichts abgewinnen. “Wenn die Patienten auf verschiedene Abteilungen aufgeteilt werden, dann werden sie dort von Pflegern versorgt, die die selben Kompetenzen wie jene der Geriatrie-Abteilung haben. Und die Ärzte des Fachbereichs Geriatrie gehen dann hin, machen die Visite und die nötigen Therapien”, sagt er. Die Geriater müssen sich also darauf einstellen, im ganzen Haus ihre Patienten abzuklappern. Der Zugang zu den einzelnen Betreuten verschlechtert sich dadurch enorm. “Und wenn man jetzt anfängt, alles zu vermischen und die Patienten hin und her zu schieben, sind es am Ende sie, die darunter leiden”, sagen argwöhnische Stimmen im Krankenhaus. Man will Klarheit. Eine offizielle Mitteilung über den Bettenabbau gibt es bisher nicht. Selbst die Ärzte der Abteilung tappen völlig im Dunkeln. “Es ist unglaublich, dass diese Entscheidung einfach so hineingeschmissen wird, mit einer Begründung, die nicht schlüssig ist”, meint ein Beschäftigter.

Frank Blumtritt: “Wir haben ganz einfach Pech. Wenn nun aber weniger Betten im Krankenhaus zur Verfügung stehen, heißt das nicht, dass Patienten weg geschickt werden”

“Das ist Interpretationssache”, kontert Blumtritt. Der Personalmangel sei zwar nur eine momentane Problematik, doch die Abwesenheiten im Pflegesektor seien Realität. Davon, dass aus einem anderen Grund die Anzahl der Geriatrie-Betten gestutzt wird, will Blumtritt nichts wissen: “Es schaut manchmal so aus, als wollten wir absichtlich oder aus Spargründen irgendwo Personalstellen streichen. Das stimmt im sanitären Bereich überhaupt nicht. Aber weil die Personalsituation nicht einfacher wird, muss ich das Team irgendwie organisieren. Das hat dann irgendwann seine Grenzen.”


Vorgeschobener Personalmangel?

Die Lösung, ganz einfach die Betten einer ganzen Abteilung zu halbieren, wird im Meraner Krankenhaus aber vehement kritisiert. Man vermutet, dass der Personalmangel nur vorgeschoben wird. Hinter der Entscheidung werden sehr wohl Einsparungsgründe vermutet. Einer der Kritiker sagt: “Anderswo werden Geriatrie-Abteilungen gerade erst aufgebaut. Etwa in Deutschland, Österreich und der Schweiz. Weil man gesehen hat, wie wichtig es ist, dass man im Alter die Leute professionell betreut. Bei uns geht es wohl mehr darum, irgendwie beweisen zu wollen, dass die Abteilungen, wie sie viele denken, keinen großen Sinn mehr machen.”

Das will Frank Blumtritt nicht von der Hand weisen: “Die Krankenhäuser befinden sich in einem großen Umbruch und wir müssen sie immer besser organisieren. Wir haben heute zum Beispiel noch keine optimale Verteilung der Betten, da gibt es noch viel Potential.” Rationalisierung durch Zusammenlegung von Abteilungen oder gemeinsamer Betreuung macht für den Meraner Pflegedienstleiter durchaus Sinn: “Dann könnten wir weniger Ressourcen einsetzen, bei gleichzeitiger Garantie der gewohnten Qualität.”

Doch genau darum sorgen sich viele im Krankenhaus Meran. Dass durch die Umstrukturierung den Patienten die bestmögliche Betreuung und Versorgung verwehrt bleibt. Dabei ist die Geriatrie kein Einzelfall. “Wir hatten schon die Diskussion, ob wir nicht auch Betten in der Intensivabteilung reduzieren müssen”, gesteht Blumtritt. Auch hier habe man “ganz einfach Pech” – durch den Pflegermangel. Die Intensivbetten scheinen vorerst gesichert. Aber in der Geriatrie schaut es düster aus. Wenn sich in den kommenden zwei Wochen nichts ändert, wird es für 20 Patienten bald heißen, Koffer packen, Licht aus und umziehen.

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Frank Blumtritt Sa., 17.10.2015 - 12:48

Sehr geehrte Frau Gasser, ich habe Ihnen klar und deutlich gesagt, dass es keinerlei Entscheidung bezüglich einer Reduzierung von Betten gibt und dass lediglich interne Diskussionen stattfinden, wie auf die momentane Personalknappheit durch Wartestände und sonstige Ausfälle reagiert werden könnte. Niemand kann verhindern, dass solche (notwendige) interne Diskussionen von Mitarbeitern für falsche Mitteilungen an die Medien missbraucht werden, aber ich würde ich mir gerade von salto.bz eine seriöse Berichterstattung erwarten und keine reisserische Aufmachung, die schon im Titel eine reine Hypothese als entschiedene Tatsache darstellt. Salto.bz enttäuscht hier sehr, nachdem es sich anfänglich mit Erfolg als Alternative zur gewohnten Skandal-Medienlandschaft zeigen wollte..

Sa., 17.10.2015 - 12:48 Permalink
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Jutta Kußtatscher Sa., 17.10.2015 - 15:14

Antwort auf von Frank Blumtritt

Frank Blumtritt, Sie glauben im Ernst, dass die Autorin nur mit Ihnen gesprochen hätte? Nicht im Ernst, oder? Täuschen Sie sich bitte mal nicht in dem, was jemand "klar und deutlich" sagt und was jemand anderer dazu ebenfalls "klar und deutlich" sagt.
Sie könnten (z. B.) erschrecken, dass es an Ihrem Arbeitsplatz mehr als eine, Ihre, Meinung gibt.
salto.bz wird bei genau diesem Stil der Gegenrecherche bleiben.
Gruß
Jutta Kußtatscher
PS. Nicht Querrundumschläge auf salto, wenns um die eigene Sache geht.
Bitte. Danke.

Sa., 17.10.2015 - 15:14 Permalink
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Profil für Benutzer Frank Blumtritt
Frank Blumtritt Sa., 17.10.2015 - 15:26

Antwort auf von Jutta Kußtatscher

Frau Kusstatscher, es geht hier nicht um die freie Meinungsäußerung (deren Verfechter ich als Blogger auf salto von Anfang an war, wie Sie wissen sollten..), sondern darum, dass der Artikel eine falsche Behauptung aufstellt, nämlich, dass wir die halbe Abteilung schließen. Mit solchen, politisch und gesellschaftlich relevanten Aussagen treibt man keinen Unfug!

Sa., 17.10.2015 - 15:26 Permalink
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Michael Bockhorni So., 18.10.2015 - 10:14

irgendwie verwirrend der Artikel, werden jetzt wenige Patient_innen betreut? durch nichtqualifiziertes Personal? oder doch nicht? oder ist es Widerstand gegen Veränderung?

So., 18.10.2015 - 10:14 Permalink