Gesellschaft | Faschismus

Tyrannei, in Marmor gemeißelt

Die Antwort von Christian Tommasini auf die Kritik der STF ob der Reliefs an der Cesare-Battisti-Schule: Entfernen will er sie nicht, doch untätig bleiben auch nicht.

“Insbesondere in Südtirol sind historische Sensibilität und Rechtsempfinden in besonderem Maße gefordert, um der doppelten Herausforderung zu begegnen, die Faschismus und Nationalsozialismus für unser Land bedeutet haben.” Mit diesem Satz endet die Prämisse des Begehrensantrags, mit dem die Grünen am vergangenen Mittwoch den Landtag zur Unterstützung eines Gesetzesentwurfs einiger PD-Parlamentarier aufgefordert hatten. Durch diese soll faschistische und nationalsozialistische Wiederbetätigung und das Merchandising entsprechender Artikel mit einer Haftstrafe von sechs Monaten bis zu zwei Jahren geahndet werden.

Mehr Sensibilität wünscht sich auch die Süd-Tiroler Freiheit. Insbesondere was die faschistischen Relikte aus dem vorigen Jahrhundert in Südtirol anbelangt. Seit nunmehr knapp zehn Jahren weisen die Vertreter der STF auf die zwei Marmorreliefs an der “Cesare-Battisti”-Schule in der Bozner Cadornastraße hin. Angebracht am Haupteingang der italienischsprachigen Handelsoberschule, stellten sie den Faschismus verherrlichend dar, so die Kritik. Seit die STF 2007 zum ersten Mal die Entfernung der beiden Tafeln gefordert hatte, ist jedoch nichts passiert. “Die damalige Schullandesrätin sah keinen Handlungsbedarf”, heißt es von den Vertretern der STF, die aus diesem Grund ihre Forderung im Dezember 2015 wiederholten.

“Auf der rechten Tafel erhebt ein römischer Soldat seine rechte Hand zum faschistischen Gruß. In der linken Hand hält er Gewehr und Spaten als Zeichen der Kolonialisierung fremder Länder und Völker. Auf der linken Tafel triumphiert ein römischer Feldherr über einem gebändigten Löwen. Rutenbündel, die mit Lorbeerzweigen geschmückt sind, marschierende Soldaten, eine altrömische Standarte sowie die Abkürzungen von faschistischen Organisationen, die nach dem Faschismus verboten und von der internationalen Völkergemeinschaft geächtet wurden, runden das faschistische Ideologiebild ab.” Text und Foto: Süd-Tiroler Freiheit

In einer schriftlichen Anfrage wollte man vom amtierenden Landesrat für die italienische Schule, Christian Tommasini, wissen, warum bislang nichts unternommen wurde, um die Reliefs zu entfernen oder zumindest zu entschärfen. Auch forderten sie Auskunft darüber, was in Zukunft mit den Tafeln passieren soll und wie die Landesregierung insgesamt zur Tatsache steht, dass faschistische Symbolik bis heute “bedauerlicherweise sogar vor öffentlichen Schulen nicht Halt machen”. In seiner Antwort, die nun vorliegt, weist Tommasini darauf hin, dass bei einer Entfernung und Verlegung  – die übrigens nicht im Ermessen der Schule selbst liegt – der beiden Reliefs mit einem erheblichen Arbeits- und Kostenaufwand zu rechnen wäre. “Weiters sollte”, so Tommasini, “auch die künstlerische Relevanz der Autoren dieser beiden Werke (Hans Piffrader und Eraldo Fozzer), die auch einen nicht unwesentlichen dokumentarischen und wirtschaftlichen Wert besitzen, berücksichtigt werden.” Eine Watschen für die STF. Dort unterstellt man dem Landesrat, einer Meinung mit dem neofaschistischen “Blocco Studentesco” zu sein. Die Studentenvereinigung von CasaPound hatte sich vehement für die Beibehaltung der Marmorreliefs ausgesprochen.

Doch geht es nach Christian Tommasini, soll sehr wohl etwas an den Tafeln verändert werden. Die italienischsprachige Schule plane nämlich, an den Schulen Tabellen oder Beschriftungen einzuführen, die eine Erklärung und Kontextualisierung der Werke liefern können. Dadurch soll es möglich werden, “diese Werke mit dem Kontext der faschistischen Tyrannei zu erklären und die gewaltsame Auferlegung einer autoritären und nationalistischen Kultur des Regimes auch an den Schulen zu erläutern”. Mit der Durchführung dieser Maßnahme sollen die Kultur- und Forschungsinstitutionen des Landes betraut werden. Darüber hinaus will Tommasini der von der STF befürchteten Verharmlosung der Marmorreliefs auch durch die Zur-Verfügung-Stellung entsprechender Lehrmaterialien “über diese totalitären Symbole” entgegenwirken. Warum das allerdings erst jetzt passieren soll, nach einem knappen Jahrzehnt des Protests, diese Antwort bleibt Tommasini schuldig.

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Hartmuth Staffler So., 07.02.2016 - 17:52

Nicht nur die faschistischen Reliefs, mit denen die Unterwerfung fremder Völker gefeiert wird, sind übel, sondern auch der Name der Schule. Cesare Battisti war ein fanatischer Kriegstreiber, der in der heutigen Zeit wohl kein Vorbild für Schüler sein sollte.

So., 07.02.2016 - 17:52 Permalink
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Alexander Wallnöfer Mo., 08.02.2016 - 17:51

Faschistische Relikte haben im öffentlichen Raum im 21. Jahrhundert nichts verloren - auch nicht in Italien. Vereinzelt kann es ja sinnvoll sein, diese in einem kontextalisierten Rahmen im öffentlichen Raum zu belassen. Dafür braucht es aber gute Argumente! Alle anderen faschistischen Artefakte - egal ob historisch oder künstlerisch wertvoll - gehören ins Museum. Etwas mehr Mut würde uns hier gut tun.

Mo., 08.02.2016 - 17:51 Permalink