Politik | Pressekonferenz

Volksabstimmung Flughafen 2016

Flugplatz Bozen. Die Gegner stellen ihre Argumente vor
Hinweis: Dieser Artikel ist ein Beitrag der Community und spiegelt nicht notwendigerweise die Meinung der SALTO-Redaktion wider.
Breites Nein zum Flughafen Bozen

Eine breite, großteils im Komitee „no-airport.bz“ (www.no-airport.bz) organisierte Front von Vereinen und Verbänden spricht sich gegen den Bozner Flughafen und damit auch (und vor allem) gegen eine weitere öffentliche Finanzierung dieser bis dato nie funktionierenden Infrastruktur aus. Zu den Flughafengegnern gehören der Dachverband für Natur- und Umweltschutz, der Alpenverein Südtirol, der Heimatpflegeverband, Ambiente & Salute, der Südtiroler Schützenbund, etliche lokale Umwelt- und Sozialorganisationen sowie Bürgerinitiativen (etwa die Arbeitsgemeinschaft Lebenswertes Unterland), die insgesamt rund 90.000 Mitglieder im Lande zählen.

Ihr „Nein“ zum Bozner Flughafen fußt auf einer langen Liste unterschiedlicher Argumente, deren Palette von umwelt- und demokratiepolitischen über finanzielle und wirtschaftliche bis hin zu technischen Gründen reicht, die allesamt gegen die Wiederaufnahme des Linienflugbetriebs sprechen. Die wichtigsten sind:

1. Zusätzliche Belastung für Menschen und Umwelt - Das Entwicklungskonzept des Bozner Flughafens setzt auf ein einfaches Rezept: mehr Flüge mit größeren Flugzeugen. Dass dies mit einer enormen zusätzlichen Lärm- und Emissionsbelastung für ein ohnehin bereits stark belastetes Gebiet einhergeht, liegt auf der Hand.

- Um auf die angepeilte Passagierzahl zu kommen, müssen jede Stunde rund sechs Starts und Landungen in Bozen erfolgen, und zwar von 6.30 bis 23.00 Uhr. Das heißt, dass alle zehn Minuten ein Flugzeug (und in Stoßzeiten wesentlich mehr) in Bozen mit Vollschub und einer Lärmentwicklung von rund 130 Dezibel (die menschliche Schmerzgrenze liegt bei 120 Dezibel) starten oder mit der mindestens ebenso lauten Schubumkehr landen.

- Die Lärmbelastung im Bozner Talkessel, im Unterland und im Überetsch wird sich auf die Gesundheit der Bevölkerung auswirken. Studien renommierter Forschungseinrichtungen belegen, dass Menschen in Flughafennähe signifikant stärker unter Bluthochdruck und Herz-Kreislauferkrankungen leiden sowie einem höheren Herzinfarkt- und Schlaganfallrisiko ausgesetzt sind.

1 - Der CO2-Ausstoß pro Passagier und Kilometer liegt beim Flugzeug mit 380 Gramm rund zehn Mal höher als beim Zug und rund 20 Mal höher als beim Bus.

- Die Klimastrategie des Landes, die eine signifikante Verminderung des CO2- Ausstoßes anpeilt, wird durch die Wiederbelebung des Bozner Flughafens ad absurdum geführt. Ober ist das KlimaLand Südtirol nur eine inhaltsleere Marketingstrategie?

- Auch der Ausstoß von Stickoxiden, im Unterland und im Bozner Talkessel ohnehin bereits ein massives Problem, wird durch den Flugverkehr noch weiter erhöht. Rechnet man internationale Studien auf Südtirol um, so ist davon auszugehen, dass die Stickoxid-Belastung in Südtiroler für 250 vorzeitige Todesfälle jährlich verantwortlich ist.

2. Finanzielle Belastung der Südtirolerinnen und Südtiroler (Kosten und Nutzen) - Der Bozner Flughafen ist nicht ein vernachlässigbarer Kostenfaktor für die öffentlichen Haushalte, wie uns so manch einer einzureden versucht, sondern eine teure Angelegenheit. Nicht weniger als 204 Millionen Euro kostet der Flughafen Bozen die Südtiroler Steuer- und Beitragszahler bis 2035, davon stehen (laut offiziellen Dokumenten) Ausgaben in Höhe von rund 80 Millionen Euro noch aus. Eine stolze Summe in einem Land, das bei Gesundheit und Sozialem sparen muss.

- Diese Summe muss von allen Steuer- und Beitragszahlern in Südtirol geschultert werden, kommt aber nur Wenigen zugute. So geht man im Flughafenkonzept von 170.000 (unterste Schwelle für die öffentliche Finanzierung) und – optimistischen – 500.000 Passagieren aus.

- Jeder Fluggast kostete das Land 2014 84,60 Euro, jeder Zugnutzer 5,80 Euro, jeder Busnutzer 2 Euro. Kurz: Jeder Fluggast kostet 42 Mal mehr als ein Busnutzer.

- Auf absehbare Zeit bleibt der Flughafen Bozen ein Subventionsbetrieb. Oder wie Johann Frank, einer der Autoren des Flughafenkonzeptes, sagt: „Ein Privater müsste schon bei der Caritas sein, um den Flughafen zu übernehmen.“

- Ein Argument für das öffentliche Finanzieren dieser enormen Kosten ist ein angeblicher Schub für den Tourismus. Dieser ist aber weder quantitativ nennenswert (man geht von einem Gäste-Plus von nicht einmal 1% aus), 2 noch qualitativ wünschenswert. Oder wollen wir einen Turbotourismus mit Kürzest-Aufenthalten im Land?

- Ein zweites Argument der Befürworter ist die wirtschaftliche Entwicklung. Was man dabei geflissentlich übersieht, ist der wirtschaftliche Schaden, den der Flughafen bringt. So werden die Immobilien im Bozner Talkessel, im Unterland und Überetsch massiv entwertet. Zudem wird die Entwicklung der Unternehmen in den ausgedehnten Gefahrenzonen nicht nur gebremst, sondern weitestgehend zum Stillstand gebracht (siehe Fall „Twenty“), also auch im größten Gewerbe-Ballungsgebiet des Landes (Bozen Süd, St. Jakob, Leifers).

- Die „Gefahrenzonen“ heißen übrigens nicht von ungefähr so: Der gesamte Flugverkehr wird in Bozen über dicht besiedeltem Gebiet abgewickelt.

3. Fehlende Glaubwürdigkeit der Politik - Das erste Versprechen eines funktionierenden Flughafens ist mittlerweile rund 20 Jahre alt. Der Flughafen steht aber noch immer (oder vielmehr wieder) wegen seines Nicht-Funktionierens still. Trotzdem will die Landesregierung dem Flughafen noch weitere fünf Jahre Probezeit einräumen.

- Damit der Bozner Flughafen nach 20 Jahren des ständigen Scheiterns künftig funktionieren könnte, müssten sich die Rahmenbedingungen grundlegend ändern. Das tun sie aber nicht: Die landschaftlich ungünstige Lage des Flughafens lässt auch künftig nur eine einzige Einflugschneise zu, das Einzugsgebiet ist auch künftig zu klein für einen funktionierenden Flughafen und die umliegenden Flughäfen in Innsbruck, Verona und München sind auch künftig problemlos zu erreichen.

- Die Ausgangslage für den Bozner Flughafen wird sogar schlechter: Auf Kurzstrecken wird die Bahn dank der Hochgeschwindigkeitstrassen im Vergleich zur Flugverbindung immer attraktiver, die Strecke Bozen-Rom, das Kerngeschäft des Bozner Flughafens, ist heute per Bahn bereits in rund vier Stunden zurückzulegen, jene von Bozen nach Neapel in sechs Stunden: vom Zentrum ins Zentrum. Die Erreichbarkeit Südtirols wird daher künftig – auch ohne Flughafen – nicht schlechter, sondern laufend besser.

- Das Flughafenkonzept baut auf hypothetischen Daten „beispielhafter“ Fluggesellschaften auf. Selbst die Autoren des Konzepts, „Airport Consulting Vienna“, empfehlen dringend eine konkrete Marktstudie, die allerdings bis dato fehlt.

- Bis dato galt für die Politik beim Ausbau des Bozner Flughafens stets eine Salamitaktik. Das scheint sich angesichts geheimer Ausbaustudien und „Plan B“ in den Schubladen nicht geändert zu haben.

Für das Komitee „no-airport.bz“:

Dachverband für Natur- und Umweltschutz, Ambiente&Salute, Umweltgruppe Bozen, Heimatpflegeverband Südtirol, Arbeitsgemeinschaft für Vogelkunde und Vogelschutz, Plattform Pro Pustertal, Umweltschutzgruppe Vinschgau, Naturtreff Eisvogel, WWF Bozen, Legambiente Bozen, Bibliothek "Kulturen der Welt", LAC (Libertà Andiam Cercando), Arbeitsgemeinschaft Lebenswertes Unterland, Hyla-Umweltgruppe Eisacktal, Baubiologie Südtirol, Umweltgruppe Eppan, Umweltgruppe Kaltern, Lia per Natura y Usanzes, Südtiroler Schützenbund, committee no airport Laives-Leifers und andere mehr. 

Bild
Profil für Benutzer Sepp.Bacher
Sepp.Bacher Mo., 07.03.2016 - 10:07

Die Einkesselung des Flugplatzes in einem schmalen Tal-Grund umgeben von steilen Hängen mit Felswänden wirkt einerseits wie ein Schallkörper, der den Lärm noch verstärkt und als Echo wiedergibt und andererseits in diesem Kessel zu bestimmten Zeiten sich die Abgase stauen. Dabei sind diese nicht so harmlos, wie sie im Bericht des ABD wiedergegeben werden. Die Streubreite der Schadstoffemissionen ist (laut dieser Studie) für eine Start- bzw. Landebahn 18 km. Zwischen dem Felshang unter Seit oder dem Breitenberg einerseits und dem Mittelberg andererseits liegen aber höchsten 4-5 km. D. h. der Ausstoß, der sich sonst auf 18 km streut, konzentriert sich hier auf weniger als Drittel. Also drei bis vier mal konzentrierter.
Laut einer Studie sind die Abgase und Giftstoffe ein Vielfaches von dem, was im oben genannten Bericht angegeben wird. (Warum werden diese nicht alle auch in Bozen gemessen?) Die wichtigsten Auszüge:
„Wir alle sprechen vom Fluglärm, doch die Schäden der Kerosin-Abgase sind genau so bedrohlich. Die Nachbargemeinden des Flughafens in Chicago haben eine Studie über Luftschadstoffe in Auftrag gegeben. Die Ergebnisse sind alarmierend.“
Nachdem eine ganze Menge von Abgasen und Giften aufgezählt werden, wird auch eine erhebliche Anzahl von Krankheiten aufgelistet, welche drohen, wenn Menschen diesen Giften längere Zeit ausgesetzt sind. Dann wird der Fokus auf die häufigsten und schlimmsten Krankheiten gelegt. Z. B. „Das US-Bundesamt für Gifte und Krankheiten ließ wissen, dass die Abgase, Butadin und Benzol erhöhte Risiken für Leukämie und Schilddrüsenkrebs bedeuten. Bei einem anderen Flughafen bei Seattle fand man heraus, dass die Krebserkrankungsrate 31 % höher, und die Lungenkrankheiten bei Kindern mehr als doppelt so hoch waren wie in anderen Gegenden.
In Gemeinden in der Nähe der Flughäfen und Einflugschneisen wurden folgende Statistiken dazu erarbeitet:
• 57% höheres Aufkommen an Asthma
• 28% mehr Lungenentzündungen/Grippeerkrankungen
• 26% mehr Erkrankungen der Atmungsorgane
• 83% mehr Komplikationen während der Schwangerschaft
• 50% mehr Kindersterblichkeit
• höheres Aufkommen an genetischen Krankheiten
• Kinder entwickeln Sprachstörungen, weil sie in ihrem Gehirn verschiedene Schallwellen ausblenden, um sich zu schützen.
• Kürzere Lebenserwartung
http://www.flughafen-braunschweig.info/Aktuell/130927_Krebsrisiko_durch…
http://www.salto.bz/de/article/03032016/die-luegen-maerchen-erzaehler

Mo., 07.03.2016 - 10:07 Permalink
Bild
Profil für Benutzer Argante Brancalion
Argante Brancalion Mo., 07.03.2016 - 23:39

Per favore Sepp manda tutto a questo indirizzo e chiedi una valutazione di impatto sanitario. o almeno una Valutazione di Impatto ambientale (VIA)

Alla Ripartizione Provinciale per l'Ambiente
Ufficio Valutazione dell'impatto ambientale
Palazzo 9, via Amba Alagi 35
39100 Bolzano
Grazie

Mo., 07.03.2016 - 23:39 Permalink
Bild
Profil für Benutzer Sepp.Bacher
Sepp.Bacher Di., 08.03.2016 - 06:44

Antwort auf von Argante Brancalion

Hallo Argante Brancalion, ich habe schon die Landesrätin für Gesundheit mit dieser Problematik konfrontiert. Sie wiegelt ab und wollte nicht dazu Stellung nehmen. Ich hatte ein Gespräch mit dem Umwelt-Landesrat Theiner. Der riet mir, zum Bericht des ABD für das Screening Stellung zu nehmen und auf diese Problematik hinzuweisen und ich habe das getan. Ich wurde von einem Basisarzt auf Dr. Lino Wegher verwiesen, der bei der Umweltagentur arbeitet. Ich habe ihm geschrieben, er war abwesend. Ich hoffe, dass er reagiert, wenn er wieder im Dienst ist. Ich habe auch noch weitere Ärzte kontaktiert und um eine Bewertung gebeten. Ich warte noch auf ihre Antwort. Ich nehme diese Bedrohung sehr ernst und hoffe, dass man mit Informationen über diese gesundheitliche Bedrohung Bürger, die sich noch passiv verhalten, aus ihrem "Schlaf" wecken kann.

Di., 08.03.2016 - 06:44 Permalink