Gesellschaft | Justiz

Gar nicht lustig

Heinz Peter Hager hat die Betreiber der selbsterklärten Satire-Seite kaufhaus-bozen.bz angezeigt. Diese setzen sich zur Wehr: "Lassen uns nicht entmutigen."

“Achtung: Diese Seite ist Satire.” Dieser Hinweis findet sich am unteren Ende der Webseite von kaufhaus-bozen.bz. Seit 2. März 2015 ist die Seite, hinter der “eine kleine Gruppe von AktivistInnen” steht, online. Wie die Gruppe nun mitteilt, hat sie ein Strafbefehl der italienischen Behörden erreicht, der mit einer Geldstrafe von 2.000 Euro dotiert ist. Der Vorwurf: Urheberrechtsverletzung mit Absicht zur Täuschung. Die Anzeige erstattet hat Heinz Peter Hager persönlich.


Vorsorglich beschlagnahmen

“Seit ihrer Eröffnung diente und dient die Seite der kritischen Auseinandersetzung mit einem großangelegten Investitionsprojekt, welches das Gesicht der kleinen Stadt Bozen in den künftigen Jahrzehnten grundlegend ändern wird und über deren vielfältigen Auswirkungen noch grundlegender Informationsbedarf bei den Bürgern besteht.” So wird auf kaufhaus-bozen.bz der Auftrag beschrieben, den man sich gegeben hat. Als redaktionell Verantwortliche werden Michael Schlauch, Gaia Palmisano und Paolo Plotegher angeführt. Mit Unverständnis reagiert man, als am 21. Jänner dieses Jahres ein Strafbescheid eintrudelt. Basierend auf einer Strafanzeige, die Heinz Peter Hager, Vorsitzender der Kaufhaus Bozen GmbH, im Auftrag von René Benkos Signa Holding, am 13. März 2015 gegen die Betreiber der “Klonseite” von kaufhaus-bozen.com (der offiziellen Homepage der Kaufhaus Bozen GmbH) eingereicht hat. In seiner Anzeige bittet Hager die Justiz, “unverzüglich und aus Dringlichkeit die Webseite ‘www.kaufhaus-bozen.bz’ vorsorglich zu beschlagnahmen”. Er wittert “Urheberrechtsverletzung und Diffamierung” (violazione del diritto d'autore e diffamazione).

Auszug aus der Strafanzeige


Unerwünscht?

Das Unverständnis auf der anderen Seite rührt nun daher, dass sich die Gruppe keinerlei Schuld bewusst ist: “Diese Seite enthält weder kopierte Bilder noch Inhalte aus www.kaufhaus-bozen.com und kann im Layout nichts Originelles vorweisen, was den üblichen Standard der meisten Seiten im Web übertrifft (Header, Menu, Bildergallerie, Textspalten, Footer mit Impressum, weißer Hintergrund und graue Farbtöne). Auch besitzt niemand registrierte Markenrechte auf die generischen Namenskombination ‘Kaufhaus Bozen’.” Der Vorwurf der “Diffamierung”, den die Staatsanwaltschaft allerdings nicht bestätigt sehe, beruhe im Wesentlichen auf einem auf der Webseite vorhandenen Link zu Suchergebnissen auf Google, unter denen einige von der rechtskräftigen Verurteilung René Benkos wegen Korruption berichteten, erklären die Seitenbetreiber.

Besorgt nehmen wir zur Kenntnis, dass es zwei Möglichkeiten gibt. Entweder Benko traut den Einwohnern Bozens nicht zu, Satire erkennen zu können oder die absurden Darstellungen dieser Seite liegen gefährlich nah an der Realität (was wir lieber nicht glauben möchten). Nur so können wir uns erklären, dass man trotz Überspitzung und unseriöser "Renderings" eine so große Verwechslungsgefahr zwischen der "ernsten" und der satirischen Seite vermutet, dass man bereit ist, gerichtlich lautstark nach Zensur zu verlangen (worauf sich die Justiz nach unserem Kenntnisstand nicht einlassen wollte).
(kaufhaus-bozen.bz)

In einer Stellungnahme bekräftigt die Aktivisten-Gruppe, dass sie ihre Rechte “vor Gericht zu verteidigen” gedenkt. Man hat bereits einen Rechtsanwalt eingeschaltet und Einspruch eingelegt. “Wir nehmen zur Kenntnis”, so die Gruppe abschließend, “dass die Signa Holding auf Kritik (sei es auch in Form von einer Parodie) mit dem Versuch antwortet, Kritikern den Mund zu verbieten und es nicht zu einer offenen Debatte kommen zu lassen” und weiters, “dass im Hinblick auf die baldige Bürgerbefragung Ende März 2016, die über das Projekt in Bozen (zum zweiten Mal) entscheiden soll, ein Interesse besteht, den Bürgern Benkos Korruptionsvergangenheit vorzuenthalten.”

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Martin B. Di., 08.03.2016 - 19:21

Die Satire Seite ist technisch besser als das Original: kaufhaus-bozen.com leitet auf zukunft-bozen.it um, läd eine Weile und brachte meinen Browser dann zum Absturz ;-)

Di., 08.03.2016 - 19:21 Permalink
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Sepp.Bacher Di., 08.03.2016 - 21:13

Obwohl die Seite schon ein Jahr im Netz ist, erfahre ich erst heute davon. Ich habe sie mir noch nicht angeschaut, finde aber schon einmal gut, dass es auch in Südtirol Satire und Parodie als Meinungsbildungs- und Kampfmittel gibt. Ist sonst ja rar!

Di., 08.03.2016 - 21:13 Permalink