Politik | Flüchtlinge

Bemüht um Aufnahme

Um Bozen bei der Aufnahme von Asylbewerbern zu entlasten, werden ein Teil von ihnen in Brixen und Innichen untergebracht. Wie werden sich die anderen Gemeinden verhalten?

Am Donnerstag (1. September) ist im Bozner Herzogspalast das Koordinierungsgremium für ungeplante Migrationsströme zusammengetreten. An der Sitzung teilgenommen haben Regierungskommissärin Elisabetta Margiacchi, Bozens Bürgermeister Renzo Caramaschi, Soziallandesrätin Martha Stocker mit ihrem Abteilungsleiter Luca Critelli sowie der stellvertretende Quästor Luigi Aurelio Iacopino. Anwesend war auch Landesgeneralsekretär Eros Magano.

Schwerpunkt des Treffens war, einen Überblick über die aktuelle Flüchtlingssituation in Südtirol zu schaffen. Insbesondere ging es um die zahlenmäßige Präsenz der Flüchtlinge und ihre Verteilung im Land. Derzeit halten sich 1.358 Flüchtlinge auf dem Landesgebiet auf. 900 von ihnen sind Südtirol über den nationalen Aufnahmeplan vom Staat zugewiesen worden (die Provinz Bozen nimmt 0,9 Prozent der in Italien registrierten Flüchtlinge auf). Die Kosten für die Aufnahme dieser 900 Flüchtlinge trägt das Innenministerium. Weitere 320 Flüchtlinge sind in Einrichtungen untergebracht, deren Kosten vom Land übernommen werden. Es handelt sich dabei um die Unterkünfte in der Bozner Industriezone (Ex-Lemayr und Salewa). Die restlichen 138 haben selbstständig eine Unterkunft gefunden. Soweit die Auskunf aus dem Herzogspalast.

Besprochen und beschlossen wurde schließlich auch, dass Bozen, wo sich derzeit eine “beträchtliche Anzahl von Migranten” – rund 55 Prozent aller über die Quote zugewiesenen Personen sowie 300 “fuori quota” – aufhält, zu entlasten sei. Bei der gestrigen Sitzung einigte man sich darauf, einen Teil der Flüchtlinge, die sich in der Landeshauptstadt aufhalten, in Brixen und Innichen unterzubringen. Ein genauer Termin steht noch nicht fest, ebensowenig, wieviele Menschen es sein werden. “Darüber ist es zum jetzigen Zeitpunkt schwer, etwas zu sagen. Viel hängt davon ab, wie viele neue Flüchtlinge nach Südtirol kommen”, sagt Luca Critelli zum Alto Adige. Angesichts der anhaltenden Bootslandungen in Süditalien teilt das Innenministerium den Regionen neue Quoten zu. Inzwischen geht die Suche nach zusätzlichen Asylunterkünften weiter. Wie berichtet, sucht man beim Land seit April 700 neue Plätze für die Unterbringung von Asylbewerbern. Ungefähr 370 wurden inzwischen bereits realisiert oder es gibt konkrete Standorte. Fehlen noch weitere 330 Aufnahmeplätze. Bis 31. August hatten Bezirkgsgemeinschaften und Gemeinden Zeit, geeignete Unterkünfte beim Land zu melden. Dadurch soll eine möglichst ausgewogene Verteilung der Asylantragsteller gewährleistet werden – um wiederum Bozen zu entlasten. “Sollten die Gemeinden dem Auftrag des Landes nicht nachkommen, werden wir gemeinsam mit den Bezirken Immobilien oder Areale, die sich im öffentlichen Besitz befinden oder ausfindig gemacht werden, dieser Bestimmung zuführen müssen, gegebenenfalls auch ohne die bislang versuchte Einbeziehung der Gemeinden”, kündigte Landesrätin Stocker vor einer Woche an.  

Nach Ablauf der Frist teilte Abteilungsleiter Critelli am Mittwoch Abend mit: “Es sind verschiedene Meldungen eingegangen, aber diese müssen noch entsprechend überprüft werden bevor gesagt werden kann ob sie auch geeignet sind.” Das Thema Asylunterkünfte soll heute (Freitag, 2. September) bei einem Treffen mit dem Gemeindenverband erneut mit den Bürgermeistern besprochen werden. Im Hinblick darauf schwört man die Bürgermeister im Herzogspalast darauf ein, sich kooperativ und solidarisch zu zeigen: “Es unerlässlich, dass auch die BürgermeisterInnen sich nach besten Kräften bemühen, um den Bedürfnissen der Gemeinde Bozen tatkräftig entgegenzukommen.”

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Daniele Menestrina Fr., 02.09.2016 - 11:15

Je mehr man zu dieser Problematik liest je mehr stellt sich die Frage: Legt Frau Stocker bewusst undurchsichtige Zahlen auf den Tisch oder haben alle Journalisten den Mathe-Unterricht geschwänzt ?
In den letzten Wochen war zu lesen in BZ befänden sich 532 Quoten-Flüchtlinge und das ergibt nach Adam Riese 532/900 = 59% und nicht 55%.
Wenn wir mal die Flüchtlinge außer acht lassen, die sich selbsständig (!!) organisiert haben und nicht nachfragen wo sie sich befinden, so verbleiben 900 + 300 ungefähr. BZ beherbergt also (532+300)/1200 = das sind nun mal satte 69% !!!
Das nicht elegante Jonglieren mit den Zahlen und die evidente aber schon zur Tradition gehörende Ungleichbehandlung der Landeshauptstadt kommt dem Spielen mit dem Feuer in einer Feuerwerksfabrik gleich.
Ach ja, disagio gibt es aber nicht. Kann es sein, dass es sich also nur ganz einfach um Rassismus gegenüber den Boznern handelt ?

Fr., 02.09.2016 - 11:15 Permalink
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Mensch Ärgerdi… Fr., 02.09.2016 - 12:41

Antwort auf von Daniele Menestrina

Ich glaube kaum dass es sich um Rassismus gegen Bozen handelt. Beim "disagio" geht es doch um ganz was anderes. Die Asylbewerber kommen eben am Bozner Bahnhof an und somit hat Bozen das Problem. Beim jetzigen politischen Wind wundert es wohl keinen, dass keine Gemeinde von sich aus hergeht und sagt "schickt sie zu uns, wir nehmen sie gerne auf".
Auf jeden Fall gibt es genügend Gemeinden die noch keine Menschen aufgenommen haben und sollten wirklich keine Immobilien zur Verfügung stehen, lassen sich ein Paar Container in Handumdrehen überall aufstellen.

Fr., 02.09.2016 - 12:41 Permalink
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Daniele Menestrina Fr., 02.09.2016 - 22:12

Antwort auf von Mensch Ärgerdi…

Was die Asylbewerber angeht, die werden geschickt und man kann die auch an einem anderen Bahnhof aussteigen lassen, wenn sie überhaupt mit dem Zug kommen. Oft werden die ja mit eigenen Bussen in Italien verteilt.
Und es gibt wahrlich genügend Gemeinden, so an die 100 soviel ich gesehen habe, die keine Menschen aufgenommen haben.
Schließlich würde mich schon interessieren, um was es denn ihrer Ansicht nach beim "disagio" geht. Wahrscheinlich pflegen wir unterschiedliche Bekanntschaften in der italienischen Sprachgruppe und unsere Wahrnehmung ist verschieden.

Fr., 02.09.2016 - 22:12 Permalink