Politik | Verfassungsreform

Die partisane Verfassungsreform

An dieser Stelle hätte mein drittes Video mit den Fragen und Antworten zum Verfassungsreferendum stehen sollen.

Dass diese Initiative von Salto und mir bei einigen für Bauchschmerzen gesorgt hat, bedaure ich sehr, zumal sowohl die Redaktion als auch ich in den letzten Wochen eine Vielzahl positiver Rückmeldungen bekommen haben.

In den Videos habe ich stets versucht, objektiv und auch selbstkritisch auf die Fragen einzugehen und zwischen den Pro- und Contra-Punkten der Reform abzuwägen. Dies mache ich auch bei den verschiedenen Veranstaltungen nicht anders, zu denen ich eingeladen werde (Ich würde übrigens zu allen Veranstaltungen gehen, sofern mein Kalender dies zulässt, ganz unabhängig von den Organisatoren, und mir geht es dabei stets um die Erläuterung der Inhalte, nie um die Werbetrommel. Wenn jemand also an meiner Meinung interessiert ist, dann bitte einfach fragen). Natürlich kann ich dabei auch mein zwiegespaltenes Gedankenmuster schildern, warum ich als (Südtiroler, und gerade nur weil Südtiroler) Senator dafür gestimmt habe, warum ich aber als Privatbürger noch meine Bedenken habe. Aber das ist ein anderes Paar Schuhe.

Die Initiative hatte stets die Information, nie aber die Beeinflussung oder gar die Überzeugung der Leserschaft zum Ziel, und wir haben dies auch von Anfang an klar betont. Gerade weil nicht das Meinungsmachen, sondern die Erläuterung im Mittelpunkt stehen sollte, war ich von der Idee begeistert und habe sie als Chance angesehen. Jeder Mensch ist aus aristotelischer Sichtweise ein homo politicus und das Abwägen von Argumenten sollte Aufgabe eines jeden sein. Aber meine Wahl zum Senator hat mich nicht von einem politisch interessierten Menschen zu einem Parteipolitiker in der üblichen Form gemacht. Im politischen Ambiente, bei dem der Schwarz-oder-Weiß-Gedanke überwiegt und sogar aufgezwungen wird, mag es für viele jedoch schwierig sein, die Politik als Dienstleistung fernab des partisanen Engagements zu betrachten.

Jegliche Streitigkeit um diese (als harmlos gedachte) Initiative will ich allerdings mir und der Redaktion sparen. Ich habe keine Lust, in diese politisierte Polemik hineingezogen zu werden, und meine Zeit kann ich gerne auch anderem widmen. Daher auch mein spontaner Entschluss, die Initiative im jetzigen Format trotz des starken Interesses der Leserschaft vorerst einzustellen. Gerne kann auch an ein anderes Format gedacht werden, bei dem zwischen den Pro- und Contra-Punkten eine stärkere Linie gezogen wird. Mit meinem Sein als ständig grübelnder Zweifler würde ich mir dabei sogar zutrauen, sowohl die Rolle des Gegners als auch jene des Befürworters der Reform einzunehmen ;-)

Auch werden die nächsten Wochen bis zum Referendum genügend Gelegenheiten und Termine bieten, die ausbleibenden Fragen zu beantworten.

Mein großer Dank gilt der Salto-Redaktion, die an dieses Experiment geglaubt hat, und vor allem den Fragestellern die sich an der Initiative beteiligt haben, auch wenn nicht alle Fragen eine Antwort finden konnten.

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gorgias Fr., 30.09.2016 - 15:42

>Jegliche Streitigkeit um diese (als harmlos gedachte) Initiative will ich allerdings mir und der Redaktion sparen. Ich habe keine Lust, in diese politisierte Polemik hineingezogen zu werden, und meine Zeit kann ich gerne auch anderem widmen. Daher auch mein spontaner Entschluss, die Initiative im jetzigen Format trotz des starken Interesses der Leserschaft vorerst einzustellen. <

Wer so dünnhäutig und mimosenhaft ist sollte es sich besser zweimal überlegen ob er ein öffentliches Amt annimmt und öffentlich auftritt .

Auch verstehe ich nicht wie man zwischen einer öffentlichen und einer privaten Meinung unterscheiden soll. Werden beide veröffentlicht und nicht in einem privaten Kreis geäußert, sind beide öffentlich. Wie aber eine Person gelungen zwei von einander abweichende Positionen gleichzeitig nach außen kommunizieren kann, ist mir leider schleierhaft.

Ich finde übrigens das Format Pro und Kontra als Vorlage missglückt, weil man in diesem Format zwei entgegengesetzte Positionen gegenüber stellt. Einer ist pro, der andere kontra.
Besser wäre es einfach mehrere Position nebeneinander zu haben, dann braucht man auch nicht künstlich die Schnittmenge zu kaschieren, aber man kann trotzdem noch unterschiedliche authentische Haltungen vergleichen.

Fr., 30.09.2016 - 15:42 Permalink
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Sepp.Bacher Fr., 30.09.2016 - 17:45

Antwort auf von gorgias

Wir wollen keine dünn-häutigen Feingeister in der Politik, sondern Trampel-Elefanten mit einer zentimeter-dicken Haut, auf die man in Gorgias-Manier draufhauen kann. Denn Einsicht und "mea culpa" scheint Gorgias nicht zu kennen. Schuld ist der , der sich nicht alles gefallen lässt.

Fr., 30.09.2016 - 17:45 Permalink
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gorgias Fr., 30.09.2016 - 17:53

Antwort auf von Sepp.Bacher

Nein. Ich wünsche mir Politiker mit intellektueller Redlichkeit, die bereit die die Palle haben zu ihrer Position zu stehen. Wer beim ersten Anzeichen einer Polemik den Schwarz einzieht ist am falschen Platz.
Ich würde mich hüten der Rückzug der Anständigen zu idealisieren. Von dem hat niemand was.

Fr., 30.09.2016 - 17:53 Permalink
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Sepp.Bacher Fr., 30.09.2016 - 17:40

Herr Palermo, ich finde es schade, dass Sie jetzt diese Konsequenz ziehen. Wollen Sie es sich nicht noch einmal überlegen und zumindest die bei Ihnen bereits eingegangenen Fragen - wie bisher - beantworten? Das fände ich schön! Andernfalls haben Sie meinen Dank für die bisherigen beiden Videos!

Fr., 30.09.2016 - 17:40 Permalink
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Christian Mair Fr., 30.09.2016 - 23:11

In meiner Meinungsbildung zur Abstimmung konnte ich bisher folgendem Beitrag von Giuseppe Vandai am meisten abgewinnen.
http://www.flassbeck-economics.de/italien-wie-man-eine-kranke-demokrati…
http://www.flassbeck-economics.de/italien-wie-man-eine-kranke-demokrati…

In Trentino/Südtirol wird die Reform aber grossteils ausschliesslich aus einer provinziell/regionalen Perspektive betrachtet. Die Autonomie wird als Schutzschild zur gefürchteten Zentralisierung instrumentalisiert und man könnte den Schluss ziehen, ein "JA" abzugeben ohne den negativen Effekt einer Zentralisierung fürchten zu müssen.
Dieser Vorteil könnte zu einem Faustpfand für Südtirol werden, anstatt das "Modell Autonomie" als Vorbild einer föderalen Struktur aller Regionen ähnlich den deutschen Bundesländern zu positionieren.

Meine Fragen:
- Was sind die relevanten Elemente der geplanten Zentralisierung von regionalen Kompetenzen?
- Welche institutionellen Möglichkeiten bietet die Reform für eine europäische Republik und "multilevel-governance" auf regionaler Ebene?
- Kann Trentino/Südtirol sich den Opportunismus leisten durch die Autonomie geschützt egoistisch zu wählen oder wird es zu einem politischen Boomerang?

Fr., 30.09.2016 - 23:11 Permalink
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Karl Gudauner Sa., 01.10.2016 - 00:55

Durchziehen, lieber Senator! Die Informationsinitiative zum Verfassungsreferendum, die Salto mit Ihnen gestartet hat, ist lobenswert: innovativ in der Form, qualitativ ansprechend, getragen vom Bemühen, juridische und politische Aspekte aus unterschiedlicher Perspektive zu beleuchten - und ein Beispiel dafür, wie ein Beitrag zur politischen Debatte ohne hemdsärmelige Zuspitzung und aggressive Untertöne geleistet werden kann. Das aufgeworfene Par-condicio-Problem ist eine an die Redaktion adressierte formale Spitzfindigkeit, zu der sich diese ihre Gedanken machen wird. Ein Video mit einem/r prononcierten Vertreter/in der Ablehnung dieser Verfassungsreform könnte ja noch Platz finden. Was bei all dem wichtig ist: ein respektvoller Umgang mit Menschen, die die politische Verantwortung ernst nehmen und sich eingehend mit der Thematik auseinandersetzen, und die Offenheit für eine unaufgeregte Befassung mit den Argumenten, die diese vorbringen. Sie verdienen Wertschätzung, oder zumindest Anstand.

Wird das jetzt ausarten, wenn der Wahlkampf zum Referendum richtig startet? Die Trumpisierung der politischen Auseinandersetzung ist Ausdruck der Hilflosigkeit unserer Gesellschaft und der Verweigerung des Bemühen um Sinngebung. In Rohheit und Beschimpfung kommt eine regressive Dynamik zum Tragen. Gebraucht wird hingegen dringend die Bereitschaft, gemeinsame Werte und Ziele aufzubauen. Ob im Parlament, im Fernsehen oder auf den Internetforen: Emotionen sollen für eine Sache eingesetzt werden. Aggressivität vertreibt die Argumente, vernebelt die Urteilskraft und verliert die Ziele aus den Augen.

Sa., 01.10.2016 - 00:55 Permalink
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Marcus A. Sa., 01.10.2016 - 09:01

Antwort auf von Karl Gudauner

Die "Trumpisierung" der Gesellschaft ist Ausdruck, dass das Volk langsam aber sicher kapiert, dass etwas nicht stimmt und leider (alternativlos?) in die Arme von Rattenfängern läuft. Geschichte wiederholt sich nicht, aber sie reimt sich, leider.

Was aber ist die Ursache und was Wirkung? Eine Politik, die sich immer weiter von den Wählern entfernt hat und weniger um die Interessen der Wähler als mehr um jene ihrer "Kunden" kümmert? Wer der Wirkung entgegegensteuern will, sollte die Ursache verstehen und beheben.

P.S. Entschuldigen Sie meine Ignoranz, was ist eine "regressive Dynamik"?

Sa., 01.10.2016 - 09:01 Permalink
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Karl Gudauner Sa., 01.10.2016 - 10:27

Antwort auf von Marcus A.

Die Gesellschaft muss imstande sein, einen konstruktiven Diskurs dazu aufzubauen, welche Werte in einer Zeit des grundlegenden Umbruchs und in Zukunft imstande sind, eine positive Entwicklung zu fördern. Daraus sind Handlungsmaximen für die politische Verantwortung und das gesellschaftliche Handeln (auch der einzelnen Bürgerinnen und Bürger) abzuleiten. Derzeit herrscht Desorientierung, auch angesichts des heftigen Kampfes um die Vorherrschaft der künftigen Steuerungsmodelle der Gesellschaft, der in der öffentlichen Diskussion und hinter den Kulissen geführt wird. Eine regressive Dynamik entsteht, wenn den gesellschaftlichen Akteuren und der Gesellschaft als organisierter sozialer Struktur die Fähigkeit verloren geht, ihre Entwicklungsfähigkeit sicherzustellen. Dazu gehört es, positive Handlungsansätze zu erkennen und diesen in der Auseinandersetzung Priorität zu geben, sekundäre Interessenskonflikte als solche einzuordnen und zu lösen, verantwortungsvolle und besonnene Menschen einzubinden und an den besten Wertkategorien orientierte Lösungsoptionen zu vermitteln, damit sie in der Gesellschaft Tragfähigkeit erhalten. Diese Herangehensweise muss sich als stärker erweisen als persönliches Geltungsbedürfnis und kurzfristige Gruppenegoismen, und auch die Oberhand gegenüber dem Ärger und der Verunsicherung gewinnen, die diese auslösen. Die Verfassungsreform wird in der Öffentlichkeit zu einer grundlegenden Reform hochstilisiert, ist aber vermutlich nur ein Nebenschauplatz der allgemeinen Suche nach Orientierung.

Sa., 01.10.2016 - 10:27 Permalink
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Marcus A. Sa., 01.10.2016 - 08:50

Herr Palermo, mit allem Respekt muss ich leider feststellen, dass Sie leider das Bild des akademischen Elfenbeinturmes bestätigen.

Politik ist immer polemisch gewesen und wird immer Polemik sein. Eine Verfassungsreform ist auch (oder hauptsächlich und zum Glück) Politik und kein intellektueller Schönheitswettbewerb unter Verfassungswissenschaftlern und da kann es halt leider auch ein wenig grob, unsachlich und polemisch hergehen. Wenn Sie sich gedacht haben, dass diese Initiative nur Begeisterungsstürme und Freudensprünge auslöst, verwundert das doch sehr.

Man kann sich einem Problem stellen, ausstellen oder davonlaufen.

P.S. Wer die Logiken eines Herrn Renzi & Kollegen verstehen will, sollte weniger wissenschaftliche Lektüre und mehr Machiavelli lesen...

Sa., 01.10.2016 - 08:50 Permalink
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Gerhard Mumelter Sa., 01.10.2016 - 09:37

Der zwanghafte Dauerkommentator Gorgias schwingt wieder die Keule. Zitat:"Ich wünsche mir Politiker mit intellektueller Redlichkeit, die bereit die die Palle haben zu ihrer Position zu stehen". Zur intellektuellen Redlichkeit, lieber Gorgias, gehört zuallererst der Mut, zur eigenen Meinung zu stehen und sich nicht hinter einem Pseudonym zu verstecken. Von wegen Palle......

Sa., 01.10.2016 - 09:37 Permalink
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gorgias Sa., 01.10.2016 - 11:14

Antwort auf von Gerhard Mumelter

Ich habe keine politische Verantwortung übernommen und deswegen ist meine Identität auch zweitrangig. Mich als einfacher Bürger, der seine Meinung anonym äußert, mit einem Senator auf die gleiche Ebene zu stellen ist nicht angebracht.
Intellektuelle Redlichkeit hängt nicht davon ab wie prominent jemand sich hinstellt, wenn er etwas von sich gibt, sondern ob er offen und ehrlich argumentiert, keine rethorischen Tricks anwendet, nicht Sachverhalte verschleiert und alle möglichen Bias (siehe Rolf Dobelli Die Kunst des klaren Denken) ausnutzt um billig andere zu überreden.

Es nicht allen gegeben sich öffentlich - und das gilt für mich zumindest in Onlineforen - als Person hinzustellen und Angriffsfläche zu bieten, doch wer sich auf die Bühne und ins Rampenlicht stellt sollte damit auch umgehen können.

Was Palermo angeht gab es gegen ihn auch schon eine hintertückische Kampagne und da habe ich mich auf seine Seite gestellt. Das hier ist eine Posse und die gibt es, weil ein Medium wie Salto nicht fähig mit valider Kritik umzugehen.

Sa., 01.10.2016 - 11:14 Permalink
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Sepp.Bacher Sa., 01.10.2016 - 17:22

"Die partisane Verfassungsreform"? - Scheinen alle zu verstehen. Ich leider nicht! Der Duden kennt den Begriff "partisan(e)" als Adjektiv auch nicht. Ich kann mir auch im Sinne von analogem Denken keinen Reim drauf machen. Senator Palermo, was bedeutet das? Danke für eine evtl Antwort!

Sa., 01.10.2016 - 17:22 Permalink
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Claudio Campedelli Di., 04.10.2016 - 08:01

Dopo il maldestro tentativo da parte di Salto di informare sul referendum attraverso un esperto che ha votato a favore della riforma costituzionale e la lettera di critica che ha evidenziato un evidente corto circuito di interessi mi sarei aspettato che la redazione dicesse:
Ok. Abbiamo un problema. Vediamo di garantire un'informazione equilibrata portando anche le ragioni del NO.
Invece come possiamo leggere su Salto sembra che prevalga una sola possibilità dettata da una delle parti.

Di., 04.10.2016 - 08:01 Permalink