Politik | Nahverkehr

Trän Italia

Die SAD AG dürfte den Zugdienst im Vinschgau verlieren. Trenitalia hat ein weit besseres Angebot hinterlegt. Ingemar Gatterer & Co haben den Bogen überspannt.
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Foto: salto

Andreas Pöder hat einen guten Riecher. Oder einen Insider als Informanten.
Der Landtagsabgeordnete der Bürger Union hat vergangene Woche eine Anfrage an Verkehrslandesrat Florian Mussner gestellt. „Wird die Vinschgau-Strecke nach der Elektrifizierung von Trenitalia übernommen?“, will Pöder wissen.
Der Landtagsabgeordnete meint: „Nach der Elektrifizierung wird der Dienst für die gesamte Strecke Mals-Bozen vergeben und im Vinschgau befürchtet man, dass das Land die Gesamtstrecke teilweise an die Trenitalia übergeben will. Bislang befährt die SAD die Vinschgaustrecke, die gut ausgelastet ist und mit der die Passagiere weitgehend zufrieden sind.“ Pöder will deshalb von der Landesregierung wissen, was die diesbezüglichen Pläne sind.
Am Dienstag wird Andreas Pöder seine Antwort bekommen. Dann in diesem Tag wird die Landesregierung den Vorschlag der zuständigen Ämter zur Vergabe der Konzession für die Vinschger Bahn absegnen. Auf dem Vorschlag steht – nach Informationen von salto.bz – nicht SAD AG sondern „Trenitalia SPA“.

Die Elektrifizierung

Die „Südtiroler Transportstrukturen AG“ (STA) verfolgt seit Jahren einen ehrgeizigen Plan. Die Vinschger Bahnlinie funktioniert mit Diesellokomotiven. Was nicht nur teurer ist, sondern bei der Zugfahrt auch zu unangebrachten Verzögerungen führt. Konkret: Alle Passagiere, die vom Vinschgau nach Bozen fahren wollen, müssen in Meran umsteigen.

Meraner Bahnhof: Umsteigen von Dieselzügen auf Elektrozüge.

Damit soll jetzt aber Schluss sein. Der Plan: Die gesamte Vinschger Bahnlinie soll bis 2019 elektrifiziert werden. Die Kosten dafür betragen rund 66,5 Millionen Euro. Bereits im Juli 2016 hat die Landesregierung 13,6 Millionen Euro für dieses Projekt genehmigt. Vergangene Woche wurden weitere 22,5 Millionen Euro zweckgebunden. Zudem hat das Land für die Elektrifizierung ebei der Europäischen Investitionsbank ein Darlehen von 26 Millionen Euro aufgenommen.
Damit ist das Projekt finanziert. In diesen Tagen beginnen bereits die Bauarbeiten für die Umstellung.

Die Konzession

2017 verfallen die Konzessionen für die Eisenbahndienste in Südtirol. Die Bahnstrecke Bozen-Mals wird derzeit von zwei Konzessionären befahren. Trenitalia fährt auf der Strecke Bozen-Meran. Ebenso die SAD, die zudem auch die Bahnstrecke Meran-Mals betreut. Die SAD kann für diesen Dienst auf die Flirtzüge zurückgreifen, die der STA und somit dem Land gehören.
Laut EU-Bestimmungen kann das Land die Eisenbahndienste direkt mit Dienstleistungsauftrag vergeben. Sie müssen nicht ausgeschrieben werden. Bereits im Juli 2016 hat die Landesregierung beschlossen Verhandlungen mit den beiden Anbietern für den Dienstleistungsvertrag 2017 bis 2024 aufzunehmen. Mobilitäts-Landesrat Florian Mussner erklärte damals: „Sowohl mit Trenitalia als auch mit SAD gibt es im lokalen Bahnverkehr eine sehr gute und konstruktive Zusammenarbeit, und das möchten wir im Sinne unserer Fahrgäste beibehalten“.

Die Vergabe

Am Dienstag wird sich die Landesregierung mit dem Dienstleistungsvertrag für die Bahnstrecke Meran-Mals befassen. Dabei soll nicht der amtierende Konzessionsnehmer SAD AG, sondern Trenitalia die Nase vorne haben. Der Grund dafür ist einfach: Trenitalia bietet mit der Elektrifizierung eine durchgehenden Bahndienst von Mals bis zum Brenner an. Demnach könnte die Vinschgerbahn im Halbstundentakt fahren. Die Lösung mit Trenitalia ist auch deshalb günstiger, weil das Land in diesem Fall zwei Zuggarnituren weniger ankaufen muss, als mit der SAD. „Damit erspart sich die STA sehr viel Geld“, heißt es im Mobilitätsassessorat.

SAD-Zug: 22 Millionen Gewinn für die Südtiroler Unternehmer?

Zudem dürfte die SAD einen taktischen Fehler begangen haben. Ingemar Gatterer & Co, die bei den Verhandlungen mit dem Land immer gerne die Muskeln spielen lassen, haben auch diesmal ein sehr selbstbewusstes Angebot vorgelegt. Die Techniker des Landes haben errechnet, dass am Ende ein Gewinn von rund 22 Millionen Euro für die private SAD herausschauen könnte.
Das ist dann doch des Guten etwas zu viel.

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Markus Gufler Mo., 03.10.2016 - 08:20

Für den normalen Leser könnte in Bezug auf diesen Artikel vielleicht noch interessant sein, dass Trenitalia nicht automatisch und zwingend alte, grüne oder braune Rattelkisten bedeutet. Die beiden Flirt in den Trentino-Farben, wie auch einige im Südtirol-Design, fahren bereits seit Jahren für die TI.

Mo., 03.10.2016 - 08:20 Permalink
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Klemens Kössler Mo., 03.10.2016 - 09:30

Die SAD ist bei den Verspätungen auf der Linie Bozen Meran auch nicht die Bessere als TI. Man kann nur hoffen dass diese bis zu 20 Minuten langen Verspätungen endlich der Vergangenheit angehören.
Die Anbindung des Bahnhof Sigmundskron an die Busverbindungen ins Überetsch sind auch weiterhin noch nicht verbessert worden, auf die nächste Anbindung ist laut Fahrplan 30 Minuten zu warten, da ist der Zwang zum Umsteigen für die Vinschger geradezu eine Lappalie, trotzdem werden dort 70 Mio. investiert während ins Überetsch eine weitere Linie um den Halbstundentakt zu erweitern einfach ignoriert wird.

Mo., 03.10.2016 - 09:30 Permalink
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Albert Hofer Mo., 03.10.2016 - 11:01

Antwort auf von Klemens Kössler

Bei der Elektrifizierung der Vinschger Bahn geht es nicht nur ums Umsteigen, sondern auch um eine ganze Reihe anderer Sachen, die das Projekt enorm sinnvoll machen. Da hätten wir etwa:

* Die Vinschger Bahn hat aktuell zu Stoßzeiten ihre Kapazitätsobergrenze erreicht, die elektrischen Züge sind deutlich länger und können mehr Passagiere befördern.
* Eine elektrifizierte Bahn fährt auch schneller, wodurch dann im Vinschgau endlich ein Halb-Stunden-Takt umgesetzt.
werden kann.
* Das Umsteigen in Meran verlangt aktuell, dass zwei Züge gleichzeitig mit Zeitpuffer parat stehen und in ihrem Fahrplan genau aufeinander abgestimmt werden müssen, bei entsprechenden Problemen, falls ein Zug mal Verspätung hat, und sonst noch allen möglichen Komplikationen bei der Fahrplangestaltung. Bei einem durchfahrenden Zug ohne Umsteigen ist die Bahn nicht nur zeitlich attraktiver und bequemer für Pendler, sondern auch insgesamt zuverlässiger.
* Strom ist umweltfreundlicher als Diesel.
* Strom kann man in Südtirol kaufen, weshalb die Wertschöpfungskette im Land bleibt. Bei Diesel verdienen Ölscheichs, der italienische Staat und außerhalb Südtirols ansässige Endverkäufer.
* Man braucht nicht mehr spezielle Zuggarnituren für den Vinschgau kaufen und warten, sondern kann mit den sonst auch in ganz Südtirol fahrenden Zügen arbeiten.

Die letzten zwei Punkte führen auch dazu, dass das Land langfristig durch die Elektrifizierung sogar ihre Investionssumme wieder reinholt. Ein Bahnl ins Überetsch halte ich auch für sinnvoll, aber man muss die Projekte ja nicht gegeneinander ausspielen. Prioritär ist meiner Merinung nach zunächst mal, eine bereits vorhandene Infrakstruktur auf einen sinnvollen technischen Stand zu bringen.

Mo., 03.10.2016 - 11:01 Permalink
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Klemens Kössler Mo., 03.10.2016 - 14:00

Antwort auf von Albert Hofer

Das Bahnl ins Überetsch ist für so manche "die Lösung" ich bin absolut nicht von einer Bahn ins Überetsch überzeugt da meiner Meinung zu teuer und zuviel Umweltzerstörung durch den Trassenneubau.
Die Verbindung des bestehenden Bahnhofes Sigmundskron an die Expresslinie ist aber eine halbe Weltreise über Girlan und einmal mit der Anbindung nach St.Pauls bei Pilhof möglich. ein Halbstundentakt über St.Pauls und Girlan würde dabei Abhilfe schaffen. Leider wird von den politischen Vertretern aber nicht so viel darüber nachgedacht weil " das Bahnl" für viele die Lösung aller Probleme darstellt das es aber leider gar nicht ist.
Somit ist jede Diskussion zum Thema "Überetscherbahn" schlussendlich kontraproduktiv und wirkt sich negativ auf die kleinsten Ansätze zu einer guten Verbindung Überetsch - Bozen aus.
Krankenhaus, Gries, Freiheitsstrasse, Industriegebiet, Haslach, Leifers usw. das sind Destinationen welche die Überetscher anpeilen und von einer Bahnlinie nie erfasst werden können.

Mo., 03.10.2016 - 14:00 Permalink
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Martin Daniel Mo., 03.10.2016 - 10:24

Was die Verlässlich- und Pünktlichkeit angeht, bereitet die Aussicht auf Tränitalia schon Grund zur Sorge, ist es doch so, dass die heutigen Verspätungen regelmäßig von der Strecke Bz-Meran auf die Vinschger Linie überschwappen und sich schrittweise Richtung Mals abbauen.

Mo., 03.10.2016 - 10:24 Permalink
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Albert Hofer Mo., 03.10.2016 - 10:34

Antwort auf von Martin Daniel

Die Verspätungen hängen aber in erster Linie mit dem allgemeinen Zustand der eingleisigen und kurvenreichen Strecke Bozen-Meran zusammen, in die die RFI keinen Cent investiert. Der Dienstleister, der die Strecke dann mit Zügen befährt (ob SAD oder Trenitalia), ist der Infrastruktur ausgeliefert.

Mo., 03.10.2016 - 10:34 Permalink
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Redaktion - Re… Mo., 03.10.2016 - 14:23

Die SAD Nahverkehrs AG hat der Redaktion folgende Stellungnahme zukommen lassen, die wir gerne abdrucken:

Betreff: Stellungnahme der SAD bezüglich der heutigen Artikel in der Tageszeitung Dolomiten und im Online-Portal Salto

Mit Bezug auf die heutigen Artikel in der Tageszeitung Dolomiten und im Online-Portal Salto nehme ich wie folgt Stellung:
Über eine exklusive Bedienung der Strecke Mals - Bozen ist SAD mit der Landesverwaltung nun seit fast einem Jahr in Verhandlung. Dabei haben wir in dieser Frage weniger materielle Interesse vertreten, sondern mehr emotional-historische. SAD hat nämlich seit Inbetriebnahme der neuen Bahn im Vinschgau dieses Gebiet immer exclusiv bedient. Insofern besteht eine enge Bindung mit dem Territorium, den Fahrgästen und den bisherig guten Leistungen, die dort erbracht wurden. SAD beschäftigt zudem lokale Mitarbeiter und schafft damit Arbeitsplätze für die Südtiroler Bevölkerung - jeder Leistungszuwachs bei SAD bedeutet daher auch einen Zuwachs für die heimische Beschäftigung. Auch haben wir in diesem Zusammenhang darauf verwiesen, dass es aus ethnisch-politischer Sicht nicht verständlich ist, dass Regierungsvertreter der Südtiroler Volkspartei die italienischen Staatsbahnen in ein Tiroler Territorium erneut einbinden, wo sie vorher nicht vertreten waren. Dies vor allem auch deshalb, da SAD im Eisenbahnbereich neben den Zweisprachigkeitsvorgaben auch freiwillig den ethnischen Proporz berücksichtigt, was Trenitalia nicht macht. Der öffentlichen Nahverkehr ist zudem keine gewöhnliche Dienstleistung, welche Politik einfach zukauft, sondern sie gehört zur Kernindustrie eines Landes. Nahverkehr ist nämlich präsent in allen Tälern und Ortschaften unseres Landes, wird von zahlreichen Menschen tagtäglich genutzt und stiftet somit Identität und Verwurzelung mit dem Territorium. Eine Politik, wie sie derzeit betrieben wird, wäre unter LH Magnago oder LH Durnwalder nie denkbar gewesen und ist in autonomiepolitischer Hinsicht als klarer Rückschritt zu werten.
In den gesamten Verhandlungen haben wir zudem darauf verwiesen, dass die Gesellschaft SAD den Steuersitz in Südtirol hat - Trenitalia eben nicht. Mit dem Abschluss des Dienstleistungsvertrages mit Trentialia hat Landeshauptmann Kompatscher und Landesrat Mussner gemeinsam mit dem Amt für Mobilität auf etwa 11,5 Millionen Euro Mwstr-Anteil zugunsten des Landes Südtirol verzichtet.

Wäre der Vertrag mit SAD abgeschlossen worden, hätte die Verwaltung demnach keinen Euro mehr ausgegeben und ohne jedes weitere Zutun Geldmittel im Rahmen der Mwstr-Rückführung eingenommen, die jetzt verloren sind. Diese Finanzmittel hätten beispielsweise für die Geburtenabteilung im Krankenhaus Sterzing verwendet werden können, wodurch auch für die Wipptaler Bevölkerung ein wichtiger Dienst hätte aufrecht bleiben können. Auch für mich als SVP-Ortsobmann ist es unverständlich, wenn die SVP-Politik in den verschiedensten Bereichen unseres Landes gute Projekte mit dem Verweis auf mangelnde Geldmittel abweist und andererseits Fehler dieser Art verübt; - ich wiederhole - öffentliche Mittel wären hier nämlich für unser Land nur einzusammeln gewesen.
Mit der Elektrifizierung der Vinschgauer Bahn wird der Knoten Meran durchgebunden, was bedeutet, dass die Züge zwischen Mals und Bozen ohne Umstieg in Meran verkehren. Der Vorschlag des Landes ist nun die Linien zwischen Mals - Meran - Bozen Innsbruck durchzubinden. In betriebswirtschaftlicher Hinsicht ist dieser Ausrichtung auch lukrativ, da SAD auf der Brennerachse die Zugkilometer in einer höheren Geschwindigkeit erbringen kann als im Vinschgau oder Pustertal, wodurch die Fixkosten pro Leistungseinheit absinken; insofern ist diese Planvorlage für die SAD kein materieller Schaden. Salto berichtet, dass SAD gemäß Berechnungen des Amtes 22 Millionen Euro Gewinn erwirtschaften würde... es entzieht sich meiner Kenntnis, wie diese Gewinnprognose errechnet wurde - von unserer Seite kann diese jedenfalls nicht bestätigt werden. Ich merke vielmehr an, dass SAD im Rahmen des neuen Dienstleistungsvertrages den selben Preis pro Km zugesprochen bekommt wie Trenitalia. Insofern besteht Kostengleichheit zwischen beiden Unternehmen. Wenn das Amt nachweist, dass SAD den Dienst nun günstiger erbringen könnte, dann hätte die Verwaltung - im Sinne einer maximalen Einsparung von öffentlichen Steuergeldern - den gesamten Zugverkehr im Vorfeld an SAD übertragen müssen und nicht etwa einen Teil an Trenitalia.
Die Berichterstattung in der Dolomiten und im Salto ist einseitig und unausgewogen. Die Artikel werden verfasst, ohne bei SAD eine Stellungnahme zur Faktenlage einzuholen. Dies ist vermutlich auf eine persönliche Animosität zurückzuführen, was ich in journalistischer Hinsicht als sehr unprofessionell erachte und deshalb nur belächeln kann.

DDr. Ingemar Gatterer, MBA

Mo., 03.10.2016 - 14:23 Permalink
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utente cancellato Mo., 03.10.2016 - 17:44

Antwort auf von Redaktion - Re…

"Auch haben wir in diesem Zusammenhang darauf verwiesen, dass es aus ethnisch-politischer Sicht nicht verständlich ist, dass Regierungsvertreter der Südtiroler Volkspartei die italienischen Staatsbahnen in ein Tiroler Territorium erneut einbinden, wo sie vorher nicht vertreten waren. "

echt jetzt? :-O

Mo., 03.10.2016 - 17:44 Permalink
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Profil für Benutzer Daniele Menestrina
Daniele Menestrina Mo., 03.10.2016 - 20:27

Antwort auf von Redaktion - Re…

Diese Stellungnahme ist doch nicht die eines Geschäftsführers eines Unternehmens, sondern - wie auch irgendwann mal gesagt wird - die eines SVP-Obmannes. Es handelt sich um eine politische Stellungnahme und man kann hier ganz genau herauslesen, dass es sich um einen Vertreter der Alten Garde handelt, der ein Gefecht mit der neuen von Kompatscher angeführten vom Zaun bricht.

Mo., 03.10.2016 - 20:27 Permalink