Politik | Aus dem Blog von Cactus Meran/o

“Die kranken Körper sind ethnisch vereint”

Politikwissenschaftler und Journalist Günther Pallaver über Selbstbestimmung, Luis Durnwalder, die SEL AG und die ethnische Trennung.
Hinweis: Dieser Artikel ist ein Beitrag der Community und spiegelt nicht notwendigerweise die Meinung der SALTO-Redaktion wider.
Ossimori / Oxymora, Stadtgalerie
Foto: Privat

Am 22. Mai 2013 lud Markus Lobis wieder zum OstWest-Zigoriclub in die Meraner Passeirergasse. Diesmal war der Politikwissenschaftler und Journalist Univ. Prof. Günther Pallaver zu Gast und diskutierte mit den Anwesenden über die jüngere Südtirolpolitik.

Da nur wenige Tage vorher die Schützen durch Meran marschiert waren, nahm auch das Thema der Selbstbestimmung einen breiten Raum ein. Günther Pallaver betonte, dass ein Selbstbestimmungsrecht für Südtirol völkerrechtlich gar nicht besteht und dass die Selbstbestimmungsdiskussion eine Argumentation des 19. Jahrhunderts, nämliche eine nationalstaatliche ist. Im Europa des 21. Jahrhunderts gehe es vielmehr um die Überwindung der nationalen Grenzen und nicht um deren Verschiebung.


Wichtiger sei es, die Autonomie weiterzuentwickeln. Dabei gehe es nicht darum, die Autonomie durch weitere Kompetenzen zu vergrößern, sondern sie nach innen zu erweitern. Besonderes Augenmerk müsse dabei auf den Ausbau der Demokratie im Lande gelegt werden. In einer erweiterten Autonomie müsse z.B. der Bozner Zentralismus verkleinert und die lokalen Körperschaften in ihrer Mitsprache gestärkt werden.
Dieser Bozner Zentralismus, der quasi den römischen ersetzt hat, ist nach Pallaver auch einer der wesentlichen Gründe, warum der SEL-Skandal solche Ausmaße annehmen konnte. Der zweite wesentliche Grund für die SEL-Affäre sieht er im CSU-Effekt: das Regieren der selben politischen Seilschaften über Jahrzehnte hinweg gepaart mit unzureichender politischer Kontrolle. So sei es auch nicht verwunderlich, dass der alte SEL-Verwaltungsrat vorwiegend aus einer illustren Jägerrunde bestand.

Der Bozner Zentralismus hat den römischen ersetzt. Die Demokratisierung nach “innen” ist die große Herausforderung bei der Weiterentwicklung der Südtiroler Autonomie.

Markus Lobis wollte denn auch wissen, wie der Politikwissenschaftler die historische Rolle von Landeshauptmann Durnwalder einschätze. Pallaver erläuterte die diversen politischen Leaderkonzepte und stellte die Frage in den Raum, ob Durnwalder ein politischer Leader, ein charismatischer Politiker oder ein politischer Manager sei. Pallaver kam zum Schluss, dass letzteres auf Durnwalder zutreffe. Sobald er seine institutionelle Rolle verliere, würde die Macht von LH Durnwalder implodieren und in diesem Sinne sei dieser, trotz einiger unbestrittener Verdienste, austauschbar. Ein ca. zehnminütiger Gesprächsmitschnitt zur politischen Beurteilung Durnwalders, ist in diesem Video zu hören:

 

Einen breiten Raum des fast zweistündigen Gesprächs nahm das Thema Zusammenleben der Sprachgruppen ein. Pallaver ist in Branzoll aufgewachsen und lebt sozusagen an der sprachlichen Nahtstelle. Daher hat er bereits von Kindesbeinen an eine besondere Sensibilität entwickelt. Politisch setzt Südtirol auf ein dissoziatives, also trennendes, Konfliktlösungsmodell um die Sprachgruppen zu befrieden. Am meisten fand diese politische Haltung Ausdruck in der Ausage von LR Zelger: „Je klarer wir trennen, desto besser verstehen wir uns“.

In den letzten Jahrzehnten zeichnet sich aber ab, dass die Bevölkerung von unten gegen dieses Modell Druck macht; z.B. indem Familien ihre Kinder in die Schule der anderen Sprachgruppe schicken. Auch gibt es immer mehr sprachgruppenübergreifende Vereine. Pallaver drückte das so aus: „Die kranken Körper sind in Südtirol mittlerweile ethnisch vereint: Parkinson-, Krebs- und andere Patientenvereinigungen schauen heute nicht mehr auf die Sprachzugehörigkeit.“ Die Südtiroler Gesellschaft werde trotz Schützenaufmärschen durchlässiger, auch wenn dies ein Prozess ist, der sehr langsam vor sich geht.

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Harald Knoflach Fr., 31.05.2013 - 12:53

ich bin kein freund der vision der schützen und war auch nicht in meran. dennoch kommt mir der beitrag eher tendenziös vor.

1. sind die schützen beim "iatz!" tatsächlich durch meran marschiert? ich hätte in den medien nichts dieser art vernommen. das höre ich hier zum ersten mal. kann mich wer bitte aufklären?
2. "da die Selbstbestimmungsdiskussion eine Argumentation des 19. Jahrhunderts, nämliche eine nationalstaatliche ist."
das ist doch nicht notwendigerweise so. selbstbestimmung heißt erstens nur, dass ich mich entscheiden darf, in welche richtung es gehen kann. diese richtung kann sein, dass wir die autonomie abschaffen oder auch dass wir alles beibehalten wie es ist.
und wenn die entscheidung auf unabhängigkeit fällt, muss das nicht notwendigerweise nationalistisch, egoistisch oder anti-europäisch sein. den kausalzusammenhang, den günther da konstruiert, gibt es nicht.
kurzer auszug aus dem "nationalistischen" selbstverständnis der schottischen snp. (kennt jemand einen einzigen europäischen staat der ein progressiveres und inklusiveres staatsbürgerschaftsrecht hat, als es die snp da vorschlägt? wo ist da die argumentation des 19. jahrhunderts?)

The opponents of Independence often use the word "nationalism" to mean ethnic strife, intolerance or isolation. Obviously, the SNP rejects any of these as deserving any place in Scotland. Nationalism, like many other political ideas, can indeed be misused, but not when it is founded in democracy and a respect for human rights.

People know that what the SNP promotes is civic nationalism. That means that we believe all who live in Scotland have a valued part to play in our new country, regardless of their place of birth or ethnic background. We pursue our goal by exclusively peaceful and democratic means. That’s why so many people of different national backgrounds, and large numbers in Scotland’s ethnic minority communities, vote SNP

The SNP’s nationalism is about Scotland ending its present isolation, and regaining its place in the international community as a tolerant, outward-looking country.

Will I be a citizen of the new Scotland?

In the context of EU citizenship, the SNP has an open and inclusive approach to citizenship. The automatic right of citizenship will be open by right to all those living in Scotland, all those born in Scotland, and all those with a parent born in Scotland. All others are free to apply, and dual citizenship would be an option. The SNP believes that Scotland is not full up – Scotland’s problem is emigration, not immigration. We should therefore welcome the contribution of the new Scots who choose to make this country their home.

What if I don't want to become a Scottish citizen?

Even if a resident of Scotland, as of Independence Day, chooses not to take up Scottish citizenship, he or she will continue to enjoy an unaffected right to residency in the country, and the constitution proposed by the SNP would preclude any laws which sought to remove these rights.

Fr., 31.05.2013 - 12:53 Permalink
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Martin Geier Sa., 01.06.2013 - 22:31

Antwort auf von Harald Knoflach

Es ist mA sinnlos wenn Du hier die Schotten zitierst. Hier geht es nicht um das von Dir verfochtene Modell(dem ich bei aller Kritik dennoch zugute halte daß es sich von dem der STFler, Schützen und Freiheitlichen unterscheidet) sondern um das was die übergroße Mehrheit des Südtiroler Sezessionismus ausmacht; und da kann ich bei aller Wertschätzung das Modell eines Blogs weniger Intellektueller nicht gleich gewichten wie Parteien die zehntausende Stimmen bekommen und im Landtag vertreten sind. Ihr wollt Euch ja von dieser übergroßen Mehrheit unterscheiden und habt wohl deshalb nicht mit einem eigenen Standl bei iatz! teilgenommen. Muß Pallaver und auch Stefano Fait weiter unten zustimmen; die Selbstbestimmungsdiskussion ist gerade bei uns sehr nationalistisch und vom Revanchismus geprägt; auch andere Selbstbestimmungsdiskussionen in Europa tun sich schwer sich vom ethnischen Nationalismus abzugrenzen; denke da bsw. an die Basken und Flamen. Südtirol kann sich da nahtlos anschließen zumal sich die 'Unseren' immer auf 'größere Brüder' hoffen. Die Südtiroler Diskussion ist meist wenig mehr als 19. Jahrhundert ins digitale Zeitalter verlegt.

Sa., 01.06.2013 - 22:31 Permalink
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niwo . So., 02.06.2013 - 04:45

Antwort auf von Harald Knoflach

"1. sind die schützen beim "iatz!" tatsächlich durch meran marschiert? ich hätte in den medien nichts dieser art vernommen. das höre ich hier zum ersten mal. kann mich wer bitte aufklären?"

Meines Wissens - ich war kurze Zeit als Zaungast in Meran anwesend - ist niemand durch Meran marschiert. Aber mit Stereotypen läßt sich gut leben, wenn Argumente knapp werden. Schützen marschieren und die Selbstbestimmung ist vom 19 Jh. Ist dies alles was (einige) Unionisten zur Diskussion beizutragen haben.
Da ist es schon wesentlich ambitionierter, z.B. das Programm der SNP zu studieren. In diesem Sinne bravo Harald.

So., 02.06.2013 - 04:45 Permalink
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Rupert Gietl -r So., 02.06.2013 - 07:35

Antwort auf von Harald Knoflach

...wohingegen die heutige Situation überhaupt nichts mit italienischem Nationalismus und Revanchismus (ante 1861) zu tun hat?
Warum sonst sollte der Staat uns sonst das Selbstbestimmungsreferendum verweigern?
Wie schön, dass wir nicht die einzigen sind, die mit zweierlei Maß messen...

So., 02.06.2013 - 07:35 Permalink
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Harald Knoflach So., 02.06.2013 - 09:20

Antwort auf von Harald Knoflach

es stimmt, dass die diskussion in südtirol anleihen im 19. jahrhundert nimmt. wobei alle sezessionistischen kräfte südtirols die notwendigkeit einer "gemeinsamen" lösung betonen - also dann doch wieder nicht so nationalistisch argumentieren. ob ihnen das gelingt, ist freilich eine ganz andere frage.
es wäre dennoch aufgabe des wissenschaftlers, in solchen diskussionen eine wissenschaftlich klare und differenzierte haltung einzunehmen. entweder hat das günther nicht gemacht oder er wurde unzureichend zitiert. das kann ich nicht beurteilen. jedenfalls ist die aussage "da die Selbstbestimmungsdiskussion eine Argumentation des 19. Jahrhunderts, nämliche eine nationalstaatliche ist" so pauschal gesprochen nicht richtig, da dieser suggerierte kausalzusammenhang nicht besteht. und somit argumentiert günther bzw. der artikelschreiber in genau den selben eingefahrenen stereotypen, die es eigentlich zu hinterfragen gilt.

So., 02.06.2013 - 09:20 Permalink
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Harald Knoflach So., 02.06.2013 - 09:24

Antwort auf von Harald Knoflach

wenn hätte er "selbstbestimmungsrecht der völker" sagen müssen. dann lass ich mir den sager eher noch eingehen. aber selbstbestimmung an sich hat keine ethnische dimension. es kann auch eine pluri-ethnische gesellschaft wie die amerikanische selbstbestimmt über ihre belange entscheiden.

So., 02.06.2013 - 09:24 Permalink
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Martin Geier So., 02.06.2013 - 09:38

Antwort auf von Harald Knoflach

Habe ich etwas anders behauptet? Natürlich fußt der Italienische Nationalstaat im 19. Jahrhundert. Das tut aber der deutsche Nationalismus in Tirol (der im wesentlichen auch im 19. Jahrhundert fußt) ebenfalls. Was wir in der Südtiroler Diskussion hier hauptsächlich erleben ist ja im wesentlichen nix anderes als die nationalen Diskussionen im alten Tirol im 19. und 20. Jh. vor Ausbruch des WK I. Einige Befürworter stecken tief drin in dieser Diskussion und auch Jene die glauben sie stehen für ein anderes Modell tun sich sehr schwer sich vom deutschen Nationalismus zu lösen&abzugrenzen. Das merkt man nicht nur an den vielen 'im Norden ist alles besser' Einträgen sondern nicht zuletzt an der Haltung in vielen Sachfragen. @Rupert das letzte Mal haben wir uns beim mangelnden Angebot und Verständnis für die Italiener in Südtirol getroffen:
http://www.salto.bz/de/article/24052013/brennerbasisdemokratie-contra-z…
Seitdem hat sich nichts geändert; dieses Angebot existiert bestenfalls als wohlwollendes Zugeständnis; nicht aber als Partnerschaft auf Augenhöhe. Du und die anderen Sezessionisten hier werdet scheitern solange ihr wie die Iatz! Veranstalter auf die deutsche Sprachgruppe und dem patriotischen Kern beschränkt bleibt. Auch wenn jetzt heftig Gegenwind kommen wird so ist deutlich daß ihr von der SNP unendlich weit entfernt seid. Ihr wollt keinen politischen Preis zahlen; das ist Euer Problem. Im Gegensatz zu anderen Gebieten ist Südtirol eher eine Kontaktzone und Schlachtfeld wo deutscher und italienischer Nationalismus ein Armdrücken austragen; kein Gebiet mit eigener (Südtiroler) Regionalgeschichte und noch weniger Eines mit 'national neutralen' Akteuren.

So., 02.06.2013 - 09:38 Permalink
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Martin Geier So., 02.06.2013 - 09:48

Antwort auf von Harald Knoflach

Womit wir wieder beim Ausgangspunkt wären. Es gibt keine 'gemeinsames Angebot' ohne einer Diskussion und Verhandeln auf Augenhöhe; da gebe ich Silvia Rier im anderen Strang auch recht daß ein solches Angebot erstens kaum existiert und zweitens aus Sicht der Unabhängigkeitsbefürworter die wesentlichen Punkte bereits feststehen. Aus heutiger Sicht wären die Italiener für die übergroße Mehrheit der Sezessionisten bestenfalls eine geduldete Minderheit und kein Faktor der die Geschicke des Landes mitbestimmen soll; wird ihnen ja bei jeder Gelegenheit die eigene Herkunft und Geschichte zum Vorwurf gemacht und als Waffe im hier und heute benutzt. Gebe Dir recht; "da die Selbstbestimmungsdiskussion eine Argumentation des 19. Jahrhunderts, nämliche eine nationalstaatliche ist" ist so pauschal gesagt falsch; aber die übergroße Mehrheit der Sezessionisten(und da beziehe ich mich auf iatz! und die im Landtag vertretenen Parteien) denkt tief in nationalen Kategorien des 19. Jh. und auch anderen gelingt es kaum sich von diesem Denken zu lösen.

So., 02.06.2013 - 09:48 Permalink
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stefano fait Sa., 01.06.2013 - 21:34

è la versione politicamente corretta del nazionalismo classico. Poiché essere nazionalisti è sconveniente, i nazionalisti sono stati costretti a:
1. far credere che se è regionale, allora non è veramente nazionalismo;
2. far credere che se non è neoliberista, allora è progressista;
Naturalmente si tratta di una scemenza. Se le cose stessero così gli scozzesi sarebbero massicciamente pro-indipendenza, mentre solo un terzo di loro ritiene che la maniera migliore di essere progressisti sia quella di aggiungere un altro staterello al già complicato mosaico dell'Unione Europea.

Sa., 01.06.2013 - 21:34 Permalink
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Harald Knoflach Sa., 01.06.2013 - 21:45

Antwort auf von stefano fait

irgendwelche einheiten werden wir immer brauchen. und der "civic nationalism" macht die zugehörigkeit nicht an einem unveränderlichen merkmal (geburt bzw. ethnie) fest. das ist für mich progressiv. eine andere, bessere möglichkeit der zuordnung hab ich noch nicht gefunden als dieses territorial-prinzip.

Sa., 01.06.2013 - 21:45 Permalink
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Martin Geier Sa., 01.06.2013 - 22:17

Interessantes Gespräch; stimme in den wesentlichen Punkten zu. Die SelAffäre war in ihren desaströsen Ausmaßen auch nur möglich weil das Land Kompetenzen nicht bsw. an Gemeinden und Bezirke weitergereicht hat; und vor allem in einem Anfall an Allmacht zugleich Spieler und Schiedsrichter spielen wollte; und unter gewissen Gesichtspunkten es auch tun 'mußte' weil die SelVerträge so angelegt waren daß bei nicht errungenen Konzessionen die Gesellschaft herbe Verluste hätte hinnehmen müssen. Das war der größte Fehler des LH; die finanziellen wie auch politischen Folgen sind noch nicht absehbar. Ironischerweise haben Italienische Gerichte den oppositionellen Grünen die Einsichtnahme in die SelVerträge ermöglicht und und Italienische Richter und Staatsanwälte arbeiten und die Affäre auf und ziehen die Verantwortlichen zur Rechenschaft.
Die Gewaltenteilung funktioniert also. :)
Da wäre ich mir in einem 'Freistaat' (Ironie on)'aller drei Sprachgruppen'(Ironie off)nicht so sicher; da könnte eine solche Affäre auch anders ausgehen. Im Artikel oben kommt mir der LH aber dennoch zu schlecht; seine lange Amtszeit hat viele Meriten; nicht zuletzt auch die FUB die er gegen harten Widerstand innerhalb seiner Partei durchgesetzt hat. Daß das heutige Südtirol liberaler und freier ist als das Ende der 80er ist auch sein Verdienst.
Und die Schützen sind in Meran nicht marschiert; vielmehr wurde die erfolgreiche adunata2012 kopiert zumal auch in diesen Kreisen die Botschaft angekommen ist daß ein Fest mehr Leute anzieht als ein Marsch. Nichtsdestotrotz war iatz! ein zutiefst deutsches Fest und hat einmal mehr gezeigt daß Sezessionismus in Südtirol fast nur die deutsche Sprachgruppe berührt und selbst dort eine Minderheit ist. Und zur Diskussion hier; 'unser' Sezessionismus ist natürlich national ausgerichtet und nationalistisch. Dafür sorgen allein schon die Protagonisten in Meran vor 2 Wochen. Deshalb stimme ich Pallaver in diesem Punkt zu.

Sa., 01.06.2013 - 22:17 Permalink
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Harald Knoflach So., 02.06.2013 - 09:38

Antwort auf von Martin Geier

1. soweit ich informiert bin, wurde bei der adunata marschiert
2. dass die gewaltenteilung in einer eurpäischen demokratie funktioniert würde ich jetzt nicht als enorm großen verdienst darstellen. das geht für mich eher in richtung selbstverständlichkeit.
3. die mutmaßung, dass die gewaltenteilung in einem unabhängigen südtirol schlechter als in anderen ländern oder gar gar nicht funktionieren würde, ist schon eine ziemliche dreiste behauptung. das erinnert mich an die argumentation des kolonialismus: "diese neger sind zu blöd, zu korrupt und zu gierig, als dass sie sich selbst verwalten könnten. die sollen froh sein, das wir ihnen den fortschritt gebracht haben."

So., 02.06.2013 - 09:38 Permalink
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Martin Geier So., 02.06.2013 - 09:59

Antwort auf von Martin Geier

1. Das Vorbeiziehen der veci alpini kann man wohl kaum als Marschieren bezeichnen; im wesentlichen handelte es sich um ein mehrtägiges Fest. Verstehe Deine politische Meinung aber Dir fehlt die Neutralität zwischen Schützen und Alpini.
2. Ja; das ist ein (Italienischer) Verdienst zumal man ja sonst von Deiner Seite behauptet daß das nicht funktioniert.
3. Überhaupt nicht dreist. Andersrum gefragt; wieso soll man ein funktionierendes System versenken um ein anderes u schaffen von dem man nicht sicher ist ob es funktioniert und heutige Freiheiten garantiert?
Empirisch kann man leicht davon ausgehen daß das Antlitz des Freistaates im wesentlichen Jene schaffen werden die heute bereits die Mehrheiten im Südtiroler Sezessionshimmel stellen; und eben nicht eine handvoll wohlmeinende Intellektuelle. Dreist ist es aus Zweifeln von Skeptikern so etwas wie Rassismus konstruieren zu wollen um daraus ein Totschlagargument zu machen; ein colpo basso.
Ja ich bezweifle zutiefst ob das 'andere Südtirol' eine im heutigen Sinne freie Gesellschaft wäre.

So., 02.06.2013 - 09:59 Permalink
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Sebastian Felderer So., 02.06.2013 - 06:25

Dr. Pallaver ist ein Wissenschaftler. Wenn ich mit seiner Meinung über Kernthemen Südtriols voll übereinstimme, dann bin ich sehr beruhigt und mir auch sicher, auf dem richtigen Weg zu sein. Eine Analyse aus seinem Munde ist nebenbei ein Genuss. Wären alle Professoren so klar und verständlich. Danke!

So., 02.06.2013 - 06:25 Permalink
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pérvasion So., 02.06.2013 - 10:51

Harald, du hast einfach nicht die nötige Neutralität zwischen Schützen und Alpini: Wie man auf dem Foto hier (http://www.brennerbasisdemokratie.eu/?p=11378) ganz deutlich sieht, sind die Alpini nicht marschiert — sie haben lediglich ihre Waffen spazieren geführt. Du bist einfach sowas von voreingenommen!

Und bitte setze ein Justizsystem, das internationalen Ranglisten zufolge hinter jenem Ghanas herhinkt, nicht leichtfertig auf's Spiel. (Zum Glück gibt es solche Ranglisten, sonst würden uns Unionisten auch noch weismachen, es sei eines der besten der Welt...)

So., 02.06.2013 - 10:51 Permalink
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Martin Geier So., 02.06.2013 - 11:08

Antwort auf von pérvasion

Mir ist schon klar daß Ihr in einem mehrtägigen Fest genau nur jene Punkte heraussucht die in Euer Weltbild passen; daß die adunata2012 insgesamt ein erfolgreiches Fest(von den Schützen kopiert) war wird selbst der geneigte Sezessionist zur Kenntnis nehmen müssen; da waren auch sonst so unterschiedliche Medien wie ff und Dolomiten einer Meinung. Daß die Justiz in Italien zu langsam ist und nicht immer und nicht in allen Regionen gleich funktioniert mag stimmen; aber in Südtirol funktioniert sie sehr gut. Wie eben der Fall oben beweist.
Denke ich werde mich auch diesmal wenig irren; gleich wie bei den Grünen und Sezession.
„freilich gegen Buchstabe und Geist der Autonomie“, finden Hans Heiss und Riccardo Dello Sbarba von den Grünen.
Es sei „zielführend und notwendig, dass auch jene Parteien im Lande, die die Autonomie überzeugt und ohne Sezessionsgelüste mittragen, in die Vorgespräche und in das Bozner Treffen mit Premier Letta einbezogen werden.“
http://www.stol.it/Artikel/Politik-im-Ueberblick/Lokal/Gruene-Kein-SVP-…
Die hattest Du ja schon anders verortet. ;)

So., 02.06.2013 - 11:08 Permalink
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Martin Geier So., 02.06.2013 - 11:12

Antwort auf von pérvasion

PS: Nur eine ganz harmlose Frage. Wenn Ihr schon so positiv zu den Schützen steht und schreibt ja wo war denn Euer Unabhängigkeits-Standl bei iatz! ?
Ich war nicht dort und in den Medien und in Deinem Blog war darüber nix zu finden.

So., 02.06.2013 - 11:12 Permalink
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pérvasion So., 02.06.2013 - 11:18

Antwort auf von pérvasion

Wir haben mit den Schützen nichts am Hut. Du versuchst schon wieder etwas zu konstruieren, was nicht existiert. Nur, weil wir versuchen, einige Realitätsverzerrungen (Schützen sind marschiert, Alpini sind nicht marschiert) im Sinne einer objektiven Auseinandersetzung geradezurücken, haben wir noch lange nicht Partei ergriffen. Du solltest eben nicht immer von dir auf andere schließen.

So., 02.06.2013 - 11:18 Permalink
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Martin Geier So., 02.06.2013 - 11:28

Antwort auf von pérvasion

Partei ergriffen? Rücke nur einige Dinge korrekt und bewerte Ereignisse in einem mehrtägigen Kontext; ohne mir das oder Jenes herauszupicken. Auch wenn ich dem Artikel sonst zustimme so teile ich Haralds Kritik vom 'marschieren in Meran'; die Schützen haben vielmehr erfolgreich die erfolgreiche adunata 2012 kopiert.
Zu Dir; wennschon in Meran solch unterschiedliche Parteien wie SVP auf der einen und STF und FH auf der anderen(wobei es zwischen Letzteren wieder viele Unterschiede gibt) anwesend waren dann wärt ihr auch nicht mehr oder weniger aufgefallen; dahingehend kannst Du meine Frage als so neutral wie nur möglich betrachten. Sie SVP ist verglichen mit der STF auch von den Schützen sehr weit entfernt und meines Wissens schreibt ja auch ein Schütze auf Deinem Blog. Eine ganz normale Frage also; nix mehr und nix weniger.
Daß ausgerechnet Du mir Parteilichkeit vorwirfst betrachte ich als humorvollen Einwurf für den Sonntag. :)

So., 02.06.2013 - 11:28 Permalink
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pérvasion So., 02.06.2013 - 12:09

Antwort auf von pérvasion

»Rücke nur einige Dinge korrekt und bewerte Ereignisse in einem mehrtägigen Kontext; ohne mir das oder Jenes herauszupicken.« Du windest dich wie immer und drehst dir alles wie's dir grad passt. Fakt ist: Du hast Haralds Aussage »soweit ich informiert bin, wurde bei der adunata marschiert« widersprochen und ich habe dir bewiesen, dass du unrecht hast. Dazu muss ich mir zwangsläufig was rauspicken — nämlich jene Episode, wo sehr wohl marschiert wurde.
Die SVP hat sehr wohl direkte und indirekte, historische und gegenwärtige Kontakt- und Schnittpunkte mit den Schützen. BBD hat damit wie gesagt nichts am Hut, wenngleich ich den Schützen (genauso wie du) Fortschritte attestiere. Insgesamt kann ich mich nur Haralds Aussage anschließen, wenn er schreibt, dass er die Vision der Schützen nicht teilt. Es stimmt, dass unter anderem ein Schütze bei uns schreibt, genauso wie es übrigens auch ein Alpinifreund tut. Beides lässt keine Rückschlüsse auf BBD zu: BBD definiert sich aufgrund seines Manifests.
Ad Parteilichkeit: Natürlich bin ich parteiisch, nämlich zugunsten unserer Ideale und Vorschläge. Mir munden aber — mal davon abgesehen, dass sie nur sehr bedingt miteinander vergleichbar sind — weder Alpini, noch Schützen.

So., 02.06.2013 - 12:09 Permalink
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Martin Geier So., 02.06.2013 - 12:59

Antwort auf von pérvasion

Parteiisch bin ich auch bzgl. meiner Ideale; eine Autonomie getragen von allen drei Sprachgruppen auf der gleichen Augenhöhe. Rauspicken ist eben nicht meine Spezialität zumal das erstens wenig zum Gesamtkontext beiträgt und ich zweitens auch nicht ein mehrtägiges Fest an einer Episode messe. Beim Rauspicken passiert halt wie bei Schützen-Alpini ansonsten das Gleiche wie bei den Grünen und Deinem Blog. Man sucht sich 1/2 Personen(Episoden) die in den eigenen Kram passen raus und glaubt dann daraus auf die ganze Partei(Fest) schließen zu können. Das ist eben ein Fehler weil die Sicht auf den gesamten Kontext und das gesamte Umfeld fehlt. In meiner Antwort auf Harald habe ich auf den mehrtägigen Kontext der adunata verwiesen. Das 'Winden' ist eher Dein Kennzeichen zumal es interessant bis humorvoll ist wie oft Du über die Unzulänglichkeiten Italiens fabulierst aber die politische und ethnische 'Natur' der meisten 'Unabhängigkeitsbefürworter 'umschiffst'. Die zentrale Aussage ist aber daß die meisten Südtiroler Unabhängigkeitsbefürworter(und da nehme ich Dich mal freundlicherweise teilweise aus) tief im Denken des 19. Jh. stecken.

So., 02.06.2013 - 12:59 Permalink
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Harald Knoflach So., 02.06.2013 - 13:14

Antwort auf von pérvasion

wer bitte "umschifft" die ethnische und nationale natur vieler unabhängigkeitsbefürworter? ich habe gerade geschrieben, dass viele (!) in südtirol anleihen im 19. jahrhundert nehmen und pérvasion hat zahlreiche (!) artikel geschrieben, in denen er das konzept der freiheitlichen und die privat-umfrage der stf zerklaubt. uns geht es einzig und allein darum, dass selbstbestimmung, sezession und unabhängigkeit nicht notwendigerweise so (national) sein muss und wir an unserem manifest und nicht an unserem ziel bewertet werden möchten. das ist alles. nur passiert das leider nicht sehr oft. wenn man sagt, man ist für die unabhängigkeit, dann ist man - wie auch salto beweist - bei vielen (!) automatisch rückwärtsgewandt, anti-italienisch, rechts und was weiß ich noch alles.

So., 02.06.2013 - 13:14 Permalink
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Rupert Gietl -r So., 02.06.2013 - 20:57

Antwort auf von pérvasion

Bez. Deiner Ideale: "eine Autonomie getragen von allen drei Sprachgruppen auf der gleichen Augenhöhe"
Warum kann das Zusammenleben unserer Sprachgruppen nur unter der Suprematie des Staates Italien funktionieren? Warum nur???
Warum nicht ohne Suprematie von irgendwem?
So gesehen können wir gleich zu Österreich zurückgehen und der italienischen Sprachgruppe dieselbe Autonomie geben, die wir zur Zeit "genießen"...
Schließlich ist es ja "die beste Autonomie der Welt". Die der Sprachgruppe, welche im Nationalstaat nur eine verschwindend geringe Minderheit darstellt, so super Möglichkeiten des kulturellen Austausches und der Immersion am Schnittpunkt der Kulturen bietet.
Warum also nicht das historische Unrecht wiedergutmachen und zurück zu Österreich gehen?
Ich kann Dir sagen, warum nicht:
Weil es eben nicht so toll ist, weil die Heile-Welt Autonomie eben zu großen Teilen nur ein schöner Schein ist und Du weißt das im Grunde genau.
Wenn das Staatsvolk die Alpini, Carabinieri, Finanzer, Digos, den Regierungskommissar und das Mussolinirelief braucht, um sich sicher zu fühlen, um zu wissen, wer bis zum Schluss immer noch der Herr im Hause ist, welches Angebot sollte es dann je hinter dem Ofen hervorlocken, um gemeinsam in eine bessere Zukunft zu gehen?

So., 02.06.2013 - 20:57 Permalink
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Martin Geier So., 02.06.2013 - 21:31

Antwort auf von pérvasion

Beste Autonomie der Welt habe ich nie geschrieben; aber selbst unabhängige Experten wie Thomas Benedikter sind der Meinung daß sie recht gut ist. Die ganze Diskussion hier hat sich ja mittlerweile ziemlich verkrustet und kreist nur mehr um die Themen Eigenstaatlichkeit, Autonomie und Rückkehr zu Österreich. Das beweist ja unter anderem auch Dein Beitrag; darin gibt es ja kein Angebot an die Italiener; den Iatz! Leuten wird es ja kaum gelingen die Italiener hinter dem Ofen hervorzulocken. Was heute fehlt ist ja die überraschende Offerte die einer Diskussion die Wende geben kann; an anderer Stelle habe ich ja bereits geschrieben daß die aufgrund der politischen 'Natur' der iatz! Macher ja kaum von dieser Seite kommen kann. Dabei wird verkannt daß die heutige Autonomie Möglichkeiten der Fortentwicklung bietet die durchaus diskutierenswert sind und von angesehener Seite kommen:
Souveräne BürgerInnen
http://www.brennerbasisdemokratie.eu/?p=15262
(wohlgemerkt der Artikel von Thomas Benedikter und nicht die Kommentare darunter ;)
Finde Einiges gut und anderes weniger interessabt aber es wäre langfristig ein anderer Weg der wenig bis nix mit neuen Staaten und Grenzziehungen zu tun hat; weil außerhalb der Verfassung und internationalen Rechts wird es gelinde gesagt sehr problematisch; das würde die Diskussion um das Dritte Statut verbreitern. Auf einem anderen Blatt steht ob Sezessionisten aller Couleur überhaupt Interesse daran haben; wird ja mittlerweile der Graben immer breiter und tiefer; wie man auch hier an der Diskussion auf salto.bz sehen kann; politisch schließen sich die beiden Richtungen ja quasi aus.

So., 02.06.2013 - 21:31 Permalink
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Rupert Gietl -r Mo., 03.06.2013 - 23:37

Antwort auf von pérvasion

Ich fasse also zusammen:
1. Die Diskussion ist verkrustet (...da wir noch nicht eingesehen haben, dass wir mit unseren Freiheits-Ideen auf dem Holzweg sind)
2. Obwohl eine überwältigende Mehrheit der Südtiroler Bevölkerung für einen Verbleib bei Italien stimmen würde, kann die Abstimmung leider nicht durchgeführt werden, da die Verlierer so sehr demokratisch zurückgeblieben sind, dass sie das Ergebnis nicht anerkennen würden.
3. Das Modell eines freien Südtirol mit Partnern auf Augenhöhe kann nicht funktionieren, da die Menschen emotional an ihren Nationen hängen. (Wobei dieses Gefühl bei den einen positiv konnotiert ist - siehe Adunata - bei den anderen jedoch negativ: Tirol & Heimat = Rechts & rückständig.
4. Die Einladung von Iatz an die italienischen Parteien war nicht ehrlich gemeint. Von dieser Seite kann grundsätzlich nichts ausgehen, wovor unsere italienisch-sprachigen Mitbürger nicht auf der Hut sein müßten.
5. Diese sind gar nicht Teil eines politischen Diskurses, sondern befinden sich quasi in der Position desjenigen, an den "Werbegeschenke" herangetragen werden müssen, um sie für diese oder jene Idee zu gewinnen. Schließlich müssen sie ja dazu überredet werden, den sicheren Schoß der eigenen Nation, welche ihnen sprachliche und kulturelle Identität, sowie regelmäßige, gemeinschaftsbildende Akte garantiert, zu verlassen, um sich dem unsicheren Experiment des Zusammenlebens auf Augenhöhe zu stellen.
Recht hast Du: Echt unmöglich...
:-)

Mo., 03.06.2013 - 23:37 Permalink