Gesellschaft | Flüchtlinge

Eine wirklich wahre Geschichte ...

... von Flüchtlingen, Senioren und einer Genossenschaft.
Hinweis: Dies ist ein Partner-Artikel und spiegelt nicht notwendigerweise die Meinung der SALTO-Redaktion wider.
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Foto: Mensa Clab

Freitags kamen sie zur Tür der Mensa Clab herein: Eine irakische Flüchtlingsfamilie. Der Vater trug mit viel Mühe seine siebenjährige Tochter auf den Arm. „Anfangs dachte ich an ein Trotzverhalten. Erst später, als ich die Kleine beim Tisch sitzen sah, bemerkte ich, dass hier etwas nicht in Ordnung war“, Marina Degaudenz erinnert sich noch genau an diesem Tag, als sie die querschnittgelähmte Nergz (Name wurde geändert) kennenlernte. Es war für die Geschäftsführerin der Sozialgenossenschaft Mensa Clab von Anfang an klar: Man musste dieser Familie helfen.

Mittags stehen die Flüchtlinge unweit des Bozner Bahnhofes vor der Mensa Clab Schlange. In den Räumlichkeiten der Bozner Sozialgenossenschaft, die einst ausschließlich Mittagessen für Senioren zubereitete, werden seit letztem Jahr auch Asylbewerber empfangen. Die sogenannten „fuori quota“ – also Migranten, die außerhalb der staatlichen Zuweisungen und unabhängig vom staatlichen Aufnahmesystem nach Südtirol kommen – erhalten hier eine warme Mahlzeit. Klingt alles ganz banal. Aber bei der Mensa Clab läuft irgendwie alles anders.

Das was die Mensa Clab so besonders macht ist nicht die Dienstleistung – also die 1.300 Mittagessen, die tagtäglich hier zubereitet werden – sondern die Menschen, die hier arbeiten und ehrenamtlich mithelfen. Allen voran Marina Degaudenz. Sie hat im August 2016 die Leitung der Mensa übernommen, nachdem die Sozialgenossenschaft ihre Tätigkeit erweitert hat. Die Mensa Clab wurde nämlich als Seniorenmensa konzipiert, aber seit letztem Jahr werden hier auch Asylantenbewerber – vor allem Familien, Kinder und Frauen – verpflegt.

Marina, wie haben die Senioren reagiert, als in ihrer Mensa erstmals auch die Migranten zum Essen empfangen wurden?
Marina Degaudenz: Es ist so, dass Senioren und Asylantenbewerber nicht gleichzeitig essen. Die Senioren kommen schon ab 11.30 Uhr oder früher zu uns und die Mensa gehört bis 13.00 Uhr nur ihnen. Erst ab 13.00 Uhr werden die Migranten empfangen. Die meisten Senioren sind dann schon weg. Dennoch bleiben einige etwas länger hier bei uns. Anfangs standen die Senioren den Migranten eher skeptisch gegenüber. Es waren für sie fremde Leute, unbekannte Menschen mit einer anderen Kultur. Mit der Zeit haben sich die Senioren an die neuen Kunden gewöhnt und einige von ihnen bleiben jetzt auch etwas länger, um mit den Migranten zu plaudern oder sie bringen Spielzeug für die Kinder mit.

Seitdem hat sich rund um die Mensa Clab eine Gruppe von freiwilligen Helfern gebildet, die Gebrauchsgegenstände, wie zum Beispiel Windeln, Seife oder anderes, sammeln und den Asylantenbewerbern hier täglich vorbeibringen. Wie ist dieses Netzwerk entstanden?
Als ich im August angefangen habe hier zu arbeiten, sah ich mich dieser Notstandssituation gegenübergestellt. Die Asylantenbewerber besitzen nichts. Sie haben weder Kleidung, noch Hygieneartikel. Eltern müssen ihre Kleinkinder tragen, denn sie haben keine Kinderwagen. Ich konnte nicht wegschauen und nichts tun. Deswegen habe ich einen ersten Aufruf auf der Facebook-Gruppe “Solidarität mit Flüchtlingen” gemacht. Sogleich haben sich Privatpersonen gemeldet und uns mehrere Kinderwagen geschenkt. Diesem ersten Appell sind zahlreiche weitere gefolgt. Immer wieder poste ich Anfragen und kurze Berichte über die Arbeit mit den Flüchtlingen auf meiner Facebook-Seite unter dem Namen „Diario di bordo“, was soviel bedeutet wie „Schiffstagebuch“. Diese Beiträge werden von zahlreichen Personen gelesen und in Anika, Marion, Sara und Raffaella habe ich vier tatkräftige Unterstützerinnen gefunden. Wir teilen uns die Arbeiten unter uns auf. Anika, Raffaella und Marion kommen fast täglich nach Bozen mit Windeln, Kinderwagen, Kleidung, Spielzeug usw. Sara, hingegen, hat uns eine Garage zur Verfügung gestellt, wo wir die gespendeten Gegenstände sortieren und aufbewahren können. Wir können dies nämlich nicht in der Mensa Clab tun, da hier gewisse Hygienevorschriften eingehalten werden müssen.

Und ihr macht das alles auf ehrenamtlicher Basis?
Ja, wir sind private Personen, hauptsächlich junge Mütter, die eine große Sensibilität gegenüber anderen Menschen haben. Einige Mütter haben zum Beispiel Kinderstühle für uns gesammelt und sie mit einem Laster bis nach Bozen transportiert. Nun benutzen wir die Stühle für die kleinen Gäste unserer Mensa.

Was bringt euch dazu, eure Zeit für diese Menschen zu opfern?
Wir stellen keine Fragen. Es ist uns egal woher die Menschen kommen, wieso sie geflüchtet sind und weshalb sie nicht in ihren Heimatländern geblieben sind. Wir sehen in ihnen einfach nur Menschen, die Hilfe benötigen. Und wir sind für sie da. Wir wollen dabei auf keinen Fall die öffentlichen Einrichtungen ersetzen. Wir sind auch nicht Mitglieder eines Vereins, sondern lediglich private Personen. Ich treffe Entscheidungen aus dem Bauch heraus. Wenn ich den Bedarf sehe, dann versuche ich zu helfen. Das Leid der anderen ist mir nicht egal, so bin ich nun mal.

Welche Gebrauchsgegenstände benötigen die Asylbewerber am dringendsten?
Ich und die anderen freiwilligen Helfer habe das Glück, dass wir die Flüchtlinge täglich hier in der Mensa sehen. Wir setzten uns zu ihnen an den Tisch und versuchen zu verstehen, wie wir ihnen helfen können. Im Herbst haben wir Winterkleidung und Schulsachen für sie gesammelt. Andere Gebrauchsgegenstände brauchen wir immer wieder, wie zum Beispiel Windeln, Damenbinden, Seife, Shampoo, Handcremen, Zahnbürsten, Zahnpasta, Jausen für die Kinder oder auch Koffer. Die Flüchtlinge haben oft keine Taschen und Schränke, wo sie ihre Gegenstände aufbewahren können. Dinge, die für uns selbstverständlich sind, sind für diese Menschen außergewöhnlich. Dank der großzügigen Hilfe zahlreicher Personen, können wir vieles für die Flüchtlinge tun. Wir können aber nicht immer ihre Wünsche erfüllen. Manchmal fragen sie uns, ob wir ihnen Wasserkocher besorgen können. Aus Sicherheitsgründen sind diese Geräte aber in den Flüchtlingsunterkünften verboten und deswegen können wir das nicht tun.

Ist es nicht etwas blauäugig zu denken, dass man diesen Menschen mit einer Seife oder einer Windelpackung helfen kann?
In der Mensa Clab geben wir diesen Leuten ein paar unbeschwerte Stunden und das Nötigste, um den Alltag zu bewältigen. Man muss auch immer aufpassen, wem man was und wieviel gibt, denn sonst könnte es leicht passieren, dass sich diese Menschen die Sachen untereinander verkaufen. Ich habe nie geglaubt, dass ich das Leben der Asylantenbewerber verändern kann. Ich kann ihnen im jetzigen Moment helfen; wobei ich nicht darüber nachdenke, wie es mit ihnen weitergehen wird. Ich habe keine Lösung für ihre Zukunft. Ich bin mit dem, was ich mache, dennoch zufrieden. Natürlich möchte man immer mehr machen, aber es geht einfach nicht. Das ist nicht meine Aufgabe.

Immer wieder wirst du dem Leid dieser Menschen begegnen. Gibt es auch Momente, wo du wieder Hoffnung schöpfst und die dir positiv in Erinnerung geblieben sind?
Ja, sicher. Wenn ich durch die Stadt gehe, so erkennen mich die Flüchtlinge und grüßen mich. Oft entstehen auch Freundschaften, wie zum Beispiel mit der jungen Mutter Florence und ihrem Sohn Daniel oder mit einer Familie, die derzeit im Zeilerhof in Gries untergebracht ist. Die Familie kommt noch immer bei uns vorbei und bringt uns selbst zubereitete Gerichte mit.
Vor kurzem hat mich eine Frau kontaktiert, welche zu ihrem 80. Geburtstag den Flüchtlingen ein Geschenk machen wollte: Sie wollte für die Kinder Kekse backen. Eine Freundin, die Mitglied der Facebook-Gruppe „Solidarität mit Flüchtlingen” ist, hatte ihr von uns erzählt. Ich habe der Frau gesagt, sie soll vorbeikommen und die Kekse selbst verteilen. Anfangs hat sie mein Angebot abgelehnt, dann aber konnte ich sie überzeugen. Nun ist sie schon zweimal hier bei uns gewesen, hat Süßigkeiten verteilt und mit den Flüchtlingen geplaudert. Ich ermutige die Leute immer wieder, selbst vorbeizukommen und den Asylbewerbern ihre Spenden zu übergeben.

Welche Rolle spielt die Sozialgenossenschaft Mensa Clab in diesem Hilfsnetzwerk?
Die Sozialgenossenschaft Mensa Clab dient als Stützpunkt für die Freiwilligen, die sich für die Asylantenbewerber einsetzen. Wir können das hier tun, weil der Präsident Francesco Iurlaro dahintersteht und uns unterstützt. Auch die Mitarbeiter der Mensa Clab stehen stets zur Verfügung, wenn Hilfe gebraucht wird. Wenn wir uns zum Beispiel mit den Asylbewerbern nicht verstehen, springen sie als“ Dolmetscher“ ein. Bei der Mensa Clab sind nämlich Menschen aus aller Welt beschäftigt; aus Iran, Marokko, Indien, Georgien, Pakistan... Als Mensa Clab haben wir auch zwei Flüchtlinge eingestellt: Eine junge Frau für den Self-Service und einen jungen Mann für die Verteilung der Mahlzeiten beim Alimarket, wo zirka 150 Asylantenbewerber untergebracht sind.
Sozialgenossenschaften sollten ein soziales Ziel verfolgen. Was gibt es „sozialeres“ als den Menschen wirklich zu helfen? Unsere Arbeit ist es, den Asylbewerbern ein Essen zu geben. Aber wir gehen darüber hinaus und versuchen daraus das Beste zu machen.

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Max Benedikter Mo., 06.03.2017 - 10:45

Herr Johann, sie sugerieren menschenfeindliche Assoziationen! Menschen mit (kuschligen) Tieren gleichzusetzten, entpersonalisiert den Menschen und öffnet ein weites Spektrum an Schlussfolgerungen. Weiters ist es augenscheinlich, dass sie selbstbefriedigende Gespräche unter sich mit mehreren Accounts führen. Sie versuchen den Raum dieses Forum zu irritieren und tragen zu keinem einen dialektischen Mehrwert bei. Sie sind ein Troll.

Mo., 06.03.2017 - 10:45 Permalink