Politik | Wahlgesetz

Legalisierung des Einparteiensystems

Die Generaldebatte zum neuen Wahlgesetz beginnt heute in der Kammer. Der Bozner Kammerabgeordnete Florian Kronbichler kritisiert die neue Regelung als SVP-Gesetz.
 
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Foto: upi
Der Fahrplan steht. Über das Pfingstwochenende hat der Verfassungsausschuss der Abgeordnetenkammer den Entwurf für das neue Wahlgesetz genehmigt. Heute beginnt in der Abgeordnetenkammer die Generaldebatte. Man geht davon aus, dass das Gesetz noch diese Woche in der Kammer genehmigt wird.
Offiziell spricht man von einem neuen Wahlgesetz nach deutschem Vorbild. Florian Kronbichler sieht das ein Wenig anders. „Die Unterschiede zum deutschen Wahlgesetz sind groß und grundsätzlich“, sagt der Südtiroler Kammerabgeordnete, „deshalb tritt eher die Bezeichnung deutsches Wahlgesetz all’italiana zu.
Florian Kronbichler hat im Verfassungsausschuss mehrere Abänderungsanträge eingebracht, die aber allesamt abgelehnt wurden. „Bei der Abstimmung hat die neue Wahlreform-Allianz bestehend aus Partito Democratico, Movimento 5 Stelle, Forza Italia und Lega geschlossen Nein gesagt“, erklärt Kronbichler. Selbst der Trentiner Fünfsterne-Abgeordnete Riccardo Fraccaro haben dabei das Spiel der Regierungsparteien mitgespielt.
Der linke Parlamentarier verweist darauf, dass auch diesmal Südtirol eine Sonderstellung einnehmen wird. Denn auch das neue System wird in Südtirol keine grundlegenden Änderungen mit sich bringen.
"Die parlamentarische Vertretung wird per Gesetz der Südtiroler Volkspartei vorbehalten."
Im Entwurf bleibt damit die Klausel, wonach eine Sprachminderheitenpartei innerhalb ihrer Region 20 Prozent erreichen muss, um ins Parlament zu kommen. 20 Prozent auf Regionalebene heißt angewandt auf die Region Trentino-Südtirol 40 Prozent in Südtirol allein. „Die parlamentarische Vertretung wird per Gesetz der Südtiroler Volkspartei vorbehalten“, interpretiert Florian Kronbichler diese Regelung. Und weiter: „Das ist die Legalisierung des Einparteiensystems und das De-facto-Verbot jedes Pluralismus."
Der Bozner Kammerabgeordnete hatte im Verfassungsausschuss eine Senkung dieser Hürde auf 10 Prozent vorgeschlagen. Doch das Abänderungsantrag wurde abgelehnt.
Kronbichler kritisiert auch die Einteilung Südtirols in vier Wahlkreise sowie den Zählmodus für die drei Sitze gemäß Proportionalsystem. Beide Regelungen wären ein Zugeständnis für die SVP.
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Karl Trojer Di., 06.06.2017 - 11:22

Wer Anderen grobe Arroganz vorwirft wie diese Behauptung : „Das ist die Legalisierung des Einparteiensystems und das De-facto-Verbot jedes Pluralismus." , der muss sich selbst die Frage stellen, wie er´s mit der Demokratie hält .... Selbt auf eine mit 60% frei von den Bürgern gewählte Partei träfe diesen Vorwurf nicht zu; geschweige denn eine 40%.Hürde . Tragisch ist, dass die selbsternannten "Reinen" keine Regierungsmehrheit zustande bringen, weil sie sich weder konsens- noch kompromisfähig verhalten und einzeln bei 3,5% herumhusten.... Politik ist nun mal die Kunst des Möglichen....

Di., 06.06.2017 - 11:22 Permalink
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Martin Daniel Di., 06.06.2017 - 14:46

Lieber Herr Troyer, nicht Arroganz ist hier das Thema, sondern beispiellose Präpotenz. Wenn ein Wahlgesetz de facto nur einer einzigen Partei die Vertretung ermöglicht, dann ist Politik nicht die Kunst des Möglichen, sondern es handelt sich schlicht und einfach um Diskriminierung. Die deutsch- und ladinischsprachigen Südtiroler werden durch diese maßgeschneiderte Arithmetik auf eine einzige Partei reduziert, denn seit 1945 hat nur diese bei Wahlgängen 40% der Stimmen in Südtirol zu holen vermocht, dies dafür jedes Mal mit genügend Sicherheitsabstand. Bei einem einzigen Verhältniswahlkreis in Südtirol mit bspw. 5 zu vergebenden Mandaten bekäme diese Partei bei ihrer aktuellen Stärke 2, vielleicht 3 Sitze, aber auch die deutschsprachige/sprachgruppenübergreifende Opposition würde wahrscheinlich eine Vertretung erhalten. So aber ist es kein Wunder, dass sich das Kandidatenkarussell einzig innerhalb einer Partei dreht, und wenn es nach der Presse geht, die Frauenquote nur ihre Angelegenheit ist.
@Max: wichtig wäre, geschlossen diese Schweinerei anzuprangern, aber so wie sich der M5S positioniert, geht das jetzt im Rekordtempo durch beide Kammern und wir freuen uns auf eine Neuauflage von Renzusconi von Tirols Gnaden!

Di., 06.06.2017 - 14:46 Permalink