Gesellschaft | Diskussion

Was Frauen stört

Warum ist Politik immer noch weitgehend Männersache? Welche Rolle spielen dabei die Medien? Eine Diskussion liefert einige Erkenntnisse.
Frauen – Medien – Politik
Foto: Salto.bz

Nur wenige Männer hatten sich am vergangenen Donnerstag Abend im Innenhof der EURAC in Bozen eingefunden. Dabei ging es in der Diskussionsveranstaltung, die an jenem Abend stattfand, um ein Thema, das vor allem dem männlichen Geschlecht zu denken geben sollte. “Frauen, Politik und Medien” – unter diesem Titel hatte die EURAC gemeinsam mit der Frauenorganisation im KVW und dem Frauenbüro des Landesbeirates für Chancengleichheit zur Diskussion geladen. Mit von der Partie, “das erste weibliche Gesicht der hiesigen RAI” – wie Moderator Josef Bernhart die Journalistin und ehemalige EU-Kandidatin Oktavia Brugger präsentierte – und die österreichische Politik- und Medienanalytikerin Maria Pernegger.

Warum ist Politik immer noch weitgehend Männersache? Was steht Frauen, die sich politisch engagieren wollen, im Weg? Und welche Rolle spielen dabei die Medien? Diesen Fragen wurde bei lauen frühsommerlichen Temperaturen versucht auf den Grund zu gehen.
Schnell einig war man sich darüber, dass es nur wenig Frauen schaffen, die Karriereleiter hoch zu klettern und Führungspositionen einzunehmen. Auch in Redaktionen, betonte Oktavia Brugger. “Die meisten Chefredakteure sind Männer, während es Frauen meist nur bis zur einfachen Redakteurin schaffen. Und es sind die Chefredakteure, die Themen filtern.” Mit ein Grund, dass frauenpolitische Themen von Medien kaum aufgegriffen werden, bestätigte Maria Pernegger: “Es geht vielfach nur um Schlagzeilen, Medien wollen polarisieren und Verkaufszahlen oder Clicks steigern.” Frauenthemen seien eben nicht ‘sexy’ für Medienkonzerne, die häufig von wirtschaftlichen Interessen gelenkt würden. “Und auch bei der Burka-Diskussion, die in Österreich letzthin medial dominiert hat, geht es wie meistens wenn Frauenthemen aufgegriffen werden, nicht um die Rechte von Frauen, sondern um eine Wertediskussion.” Wie sonst sei es zu erklären, dass die FPÖ (Freiheitliche Partei Österreich) nach den Übergriffen in Köln in der Silvesternacht 2015 plötzlich Schutz für “unsere Frauen” forderte, während sie im Jahr zuvor dagegen war, dass das Sexualstrafrecht verschärft wird?, fragte sich Pernegger. Es liegt also auch an der Politik, dass Frauenpolitik in der Öffentlichkeit kaum diskutiert wird, so die gemeinsame Erkenntnis.

“In den Redaktionen braucht es mehr Mut, Frauenthemen anzugehen und aufzupeppen!”
(Oktavia Brugger)

Denn auch Politikerinnen hätten es schwer, sich mit eigenen Inhalten und Kompetenzen zu profilieren, unterstrich Pernegger. Ein Beispiel: Die neue Landeshauptfrau von Niederösterreich, Johanna Mikl-Leitner, wurde nach ihrem Antritt von der Kronenzeitung unter anderem gefragt, ob ihr Dirndlsortiment denn für ihr neues Amt reiche. Das Interview erschien unter dem bezeichnenden Titel “Packen Sie das, Frau Mikl-Leitner”? Dass Frauen häufig nicht zugetraut wird, gewisse Ämter oder Positionen zu übernehmen, zeigt auch ein Fall aus Vorarlberg. Nachdem sie massiv unter Druck gesetzt worden war, zog eine Bürgermeisterkandidatin ihre Kandidatur vergangenes Jahr zurück. Ihr war vorgeworfen worden, als Mutter von drei kleinen Kindern für das Bürgermeisteramt nicht geeignet zu sein. Zum Bürgermeister erkoren die Wähler schließlich einen Mann – einen Vater von vier Kindern. “Die Debatte, ob er geeignet sei, gab es nicht”, berichtete Pernegger.

Bei Frauen wird genauer hingeschaut, wenn sie in die Politik gehen. So die zweite Erkenntnis. Vor allem das Aussehen und weniger die Fähigkeiten spielen eine Rolle, sobald eine Frau das öffentliche Bühne betritt. Doch nicht nur dort, auch im Netz “werden Frauen allzu oft auf ihre Sexualität, den Körper und ihre Figur reduziert”, so Pernegger. Insbesondere die sozialen Medien sind zu einer Brutstätte von Hass verkommen, die vermehrt auf Frauen abzielen. “Und es sind vor allem Männer, die Hasskommentare posten”, berichtete Oktavia Brugger aus eigener Erfahrung, “als ich noch für salto.bz bloggte”. Hinter Hass, Beleidigungen und Attacken in sozialen Medien, aber auch auf Onlineportalen stünden häufig “organisierte Gruppen, die bei feministischen oder frauenpolitischen Themen aktiv werden und Hasskommentare liefern”, erklärte Maria Pernegger. Sie zeigte sich überzeugt: “Frauen fehlt der Hang zur Selbstinszenierung. Sie müssen bei der Nutzung von sozialen Medien aufholen. Immerhin erreichen etwa Politiker über ihr Facebook-Profil mehr Menschen als die traditionellen Medien.”
Männliche Politiker wüssten diese Reichweite geschickt zu nutzen – wie etwa jene, die von Moderator Bernhard zur “Generation Slim Fit” gezählt werden. “Junge Politiker in schicken Anzügen” gibt es immer mehr: Sebastian Kurz, Emmanuel Macron, Matteo Renzi und Philipp Achammer waren die Beispiele, die am Donnerstag Abend genannt wurden. “Sie legen viel Wert auf das Optische, geben sich jung und dynamisch – zwei Eigenschaften, die mit Erfolg gleichgesetzt werden”, erläuterte Pernegger. Was den Frauen in der Politik zum Verhängnis werden kann – ihr Aussehen –, nutzen Männer, zur eigenen Markenbildung. Erkenntnis Nummer drei.

“Frau-Sein allein ist in der Politik kein Vorteil.”
(Maria Pernegger)

Eine Ausnahme wurde dann doch gefunden: Angela Merkel. Die deutsche Bundeskanzlerin, “die mächtigste Frau der Welt, lässt sich nicht verbiegen und schert sich nicht um niederschwellige Angriffe”, so die Analyse von Oktavia Brugger. Doch auch Merkel hat ihren Aufstieg mit dem ehemaligen Bundeskanzler Helmuth Kohl einem mächtigen – männlichen – Fürsprecher zu verdanken. “Ja, es gibt auch gescheite Männer”, schlussfolgerte Brugger unter Gelächter des Publikums. Und mit diesen Männern, die die Talente von Frauen erkannt hätten und sie aufbauen wollten, gelte es, Seilschaften zu knüpfen, sich unterstützen zu lassen. “Viele Frauen haben keine Chance, weil sie keine einflussreichen Förderer haben”, stimmte Pernegger zu. Solidarität unter Frauen gebe es nämlich kaum, so die Forscherin. Lautet die letzte Erkenntnis des Abends also: Ganz ohne Männer geht es doch nicht?

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gorgias Mi., 14.06.2017 - 00:05

Warum werden Frauenthemen nicht so stark von Redaktionen aufgenommen? Weil Frauen sich mehr für ihre Lebenswelt und weniger für das System entscheiden. Sie nehmen die Realität in ihrem persönliche Umfelt war, haben aber für das selbe Thema keine Affinität wenn es in einer gesellschaftspolitischen Diskussion erörtert wird.

>Nur wenige Männer hatten sich am vergangenen Donnerstag Abend im Innenhof der EURAC in Bozen eingefunden. Dabei ging es in der Diskussionsveranstaltung, die an jenem Abend stattfand, um ein Thema, das vor allem dem männlichen Geschlecht zu denken geben sollte.<

Es gibt eine Vielzahl von Veranstaltungen in denen die Frauen fehlen oder kaum anwesend sind. Dabei sollten die Frauen doch auch mitdenken, wenn sie am Ende mitbestimmen möchten. Oder?

“Und es sind vor allem Männer, die Hasskommentare posten”, berichtete Oktavia Brugger aus eigener Erfahrung, “als ich noch für salto.bz bloggte”.

Wenn es um das Stalking und Cybermobbing gegen Frauen geht, sind Frauen dort in erster Linie aktiv.

>Hinter Hass, Beleidigungen und Attacken in sozialen Medien, aber auch auf Onlineportalen stünden häufig “organisierte Gruppen, die bei feministischen oder frauenpolitischen Themen aktiv werden und Hasskommentare liefern”, erklärte Maria Pernegger.<

Organisierte Gruppen? Schon dass es nicht an Verschwörungstheorien fehlt. Auch sollte man Aufpassen was man als Hass bezeichnet. So immunisiert man sich gleich einmal gegen jegliche Kritik.

>“Ja, es gibt auch gescheite Männer”, schlussfolgerte Brugger unter Gelächter des Publikums.<

Ist das nicht Sexismus?

Mi., 14.06.2017 - 00:05 Permalink