Politik | Bozen

Flaue Sommernacht

In Bozen organisiert die Lega Nord einen Abend mit dubiosen Gästen. Aus dem Gemeinderat wird Kritik laut.
Generazione Identitaria
Foto: Facebook

Zumindest war man so ‘tolerant’, das Ganze nicht just am Weltflüchtlingstag zu organisieren. Doch dass die Veranstaltung “Immigrazione – Visioni da Catania a Bruxelles” einen Tag später, am 21. Juni, stattfindet, macht die Sache auch nicht besser. Hinter dem Abend mit dem scheinbar harmlosen Titel steckt eine neue unheilvolle Allianz, die sich für Mittwoch Abend ins Bistro Seltz in der Passage zwischen Lauben- und Dr. Streitergasse eingemietet hat.
Zu Gast werden an jenem Abend Lorenzo Fiato und Andrea Crippa sein. Der eine wird als “responsabile nazionale Generazione Identitaria”, der andere als “coordinatore federale Movimento Giovani Padani, nonché Assistente Parlamentare di Matteo Salvini angekündigt.
Als Anführer der “Generazione Identitaria” steht Fiano dem italienischen Ableger einer Bewegung vor, die gemeinhin als rechtsextrem, völkisch, islam- und demokratiefeindlich und rassistisch gilt. Die Identitären gehen von einer geschlossenen “europäischen Kultur” aus, deren “Identität” insbesondere von einer “Islamisierung” bedroht sei. Unter dem Slogan “Defend Europe” (“Verteidige Europa”) sammelte die Identitäre Generation jüngst Spenden (PayPal hat inzwischen den Dienst blockiert), um damit eine Protestaktion gegen die Rettungsmaßnahmen im Mittelmeer zu starten. Mit einem angemieteten Schiff versuchte man, ein NGO-Rettungsschiff zu blockieren.

“Die Identitären kopieren linke Protestkultur und auch ihr Kleidungsstil ist dem hippen Zeitgeist angepasst. Das ändert natürlich nicht viel: Hinter dieser Fassade verbirgt sich ihre stark nationalistisch-rassistische Haltung.”
(Antifa Meran)

Stolz wird Lorenzo Fiato am Mittwoch Abend in Bozen davon berichten. Mit von der Partie ist auch Filippo Maturi. Der Lega-Nord-Gemeinderat, der auch für das lokale “Movimento Giovani Padani”, der Jugendorganisation der Lega, tätig ist, rührt seit Tagen kräftig die Werbetrommel für die Veranstaltung, die in einem Lokal stattfindet, das sich im Besitz der Gemeinde Bozen befindet. Eine Umfrage unter den – jungen – Bozner Gemeinderäten, die zugleich Fraktionssprecher der Mehrheit sind, zeigt: Diese Art von “Jugendkultur” will man in der Landeshauptstadt nicht haben.

 

Sebastian Seehauser (SVP): “Beunruhigt und verwundert”
“Dies scheint ein erneuter Versuch zu sein, die rechtsextreme Identitäre Bewegung in Südtirol bekannt zu machen. Dies ist sehr beunruhigend. In Österreich hat diese Bewegung bereits mit rechtsextremen Aktionen Aufmerksamkeit erregt und verbreitet menschenverachtende Positionen. Mich verwundert sehr, dass diese Veranstaltung von der Jugendorganisation der Lega Nord und Lega-Gemeinderat Filippo Maturi organisiert wird. Die ideologische Nähe zu rechtsextremen Gedankengut entspricht eher Casapound als Lega Nord. Daher fordere ich, dass der Fraktionssprecher der Lega, Luigi Nevola, sich von dieser Veranstaltung klar distanziert. Zum Glück halten sich die Zusagen auf Facebook für die Veranstaltung bisher in Grenzen. Ich hoffe, das bleibt auch so.”

 

Nicol Mastella (Io sto con Bolzano): “Nicht unser Europa”
“Unsere Vorstellung von Europa ist sicher nicht eine, wo Mauern gebaut werden, Angst gegen Fremde geschürt wird oder gar gehetzt wird. Der Slogan “Defend Europe”, die Vortragenden und die Veranstalter geben ja schon eine klare Vorstellung, welche politische Ausrichtung diese Veranstaltung haben wird.
Die Räumlichkeiten gehören zwar der Gemeinde, aber es liegt in diesem Falle im Ermessen des derzeitigen Barbetreibers, welche Veranstaltungen er anbietet bzw. wem er die Räumlichkeiten zur Verfügung stellt.”

 

Alessandro Huber (PD): “L’ennesimo evento xenofobo”
“Ritengo che sia una iniziativa retrograda e folcloristica. Un movimento che tenta di definire in poche righe un percorso complesso e non ancora risolto come “che cosa sia l'identità” si iscrive da solo nelle liste dei ciarlatani del terzo millennio.
Stupisce che la Lega Nord con i suoi giovani si riduca a lotte di retroguardia e si rivolga ad ambiente vicini a CasaPound.
Ora è chiaro che non ci siano argomenti altri rispetto al tema delle migrazioni per loro, ma questa iniziativa – come molta iniziativa della Lega – abbassa ulteriormente il livello del dibattito politico della destra cittadina.
Vogliono difendere l'Europa, vogliono difendere la purezza dell'italianità.. auguri... Noi preferiamo difendere i diritti dei bambini che nascono in Italia da genitori di origine straniera, preferiamo creare gli Stati Uniti d'Europa, pronti ad accogliere chi vuole lavorare, chi scappa dalle guerre e da situazioni di insicurezza. Non abbiamo bisogno dell'ennesima sigla e dell'ennesimo evento xenofobo in città, ma credo che i bolzanini e le bolzanine sapranno scegliere cosa fare di meglio in una bella serata estiva.”

 

Tobe Planer (Grüne): “Im Auge behalten”
“Inhaltlich sind wir natürlich nicht damit einverstanden, was die Lega hier veranstaltet, vor allem weil in Bozen die Lage eh schon recht angeheizt ist. Wir stehen bekanntlich für Toleranz, Menschenrechte, Solidarität, Integration. Der Pächter des Lokals trägt die Verantwortung, wem und in welcher Form er seine Räumlichkeiten zur Verfügung stellt. Wenn laut Pachtvertrag politische Veranstaltungen zugelassen sind, dann hat auch die Lega das Recht diese abzuhalten. Die Grenze zwischen dem hohen Gut des Rechts auf freie Meinungsäußerung und Hetze, simplen Slogans und generellem Ängsteschüren ist oft gefährlich hauchdünn und muss von den zuständigen Behörden im Auge behalten werden.”

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Mensch Ärgerdi… Di., 20.06.2017 - 17:28

Ob den "giovani padani" schon aufgefallen ist, dass sie sich nicht in Padania befinden? Vielleicht sind ja die Identitären so nett und klären sie auf... hmmm... nein, eigentlich auch keine gute Idee.

Di., 20.06.2017 - 17:28 Permalink
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gorgias Mi., 21.06.2017 - 14:52

>In Österreich hat diese Bewegung bereits mit rechtsextremen Aktionen Aufmerksamkeit erregt und verbreitet menschenverachtende Positionen.<

Am liebsten würde man die CSU, die Identitäre Bewegung, die FPÖ, die AfD zusammen mit der NPD in eine Schublade stecken, doch es gibt verschiedene Schattierungen, uns wer das nicht sehen will, macht es um in seinem geschlossenen linken Weltbild nicht gestört zu werden.

Ich frage mich wirklich was >rechtsextreme Aktionen< sein sollen? Es gab einen für mich strittigen Fall wo eine Veranstaltung unterbrochen wurde und sie ihre Sprüche aufgesagt haben und dann wieder verschwunden sind. Ansonsten hängen sie an Gebäuden Transparente auf. Wenn das was auf den Transparenten steht rechtsextrem sein soll, dann würde ich mir wünschen dass das auch begründet wird.

Ich habe mir noch kein abschließendes Urteil über die IB in Österreich gemacht, auf wenn ich diese Veranstaltung der italienischen Identitären Bewegung mit der Lega nicht als gutes Zeichen betrachte. Doch sie einfach mit Nazis gleich zu setzen tut man es sich zu einfach und gibt ihnen sogar noch Auftrieb weil man sich nur oberfläch mit ihnen außeinander gesetzt hat und sie daraus Bestätigung holen, dass die Kritik gegenüber ihnen inkompetent ist.

Wie die Einwanderung unsere europäische Gesellschaften prägen wird, kann keiner genau sagen. Doch wer bei der Bildung von Parallelgesellschaften und bei Demonstrationen für Erdogan mit mehreren 100.000 aber bei Demonstrationen von Seiten von liberalen Muslimen gegen den islamischen Terror kaum 1000 Gläubige auf die Straße gehen, muss man auch besorgt sein, falls man nicht (ideologisch) blind ist.

Mi., 21.06.2017 - 14:52 Permalink