Gesellschaft | Minderheitenschutz

Totengräber der Autonomie?

Das neue Kindergartenkonzept der SVP stößt rechts wie links auf Kritik. Symbolisch für die Auseinandersetzung: Ulli Mairs Angriff auf Francesco Palermo.
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Foto: radionbc

Die geplante Verteilung von Kindergartenkindern ohne Deutschkenntnisse auf mehrere Kindergärten löst wie erwartet neue Polemiken hervor. Was den volkstumspolitischen Hardlinern der Südtiroler Freiheit viel zu wenig weit geht – „Deutsche Kindergärten müssen für deutschsprachige Kinder zur Verfügung stehen“ –, lässt Befürwortern eines mehrsprachigen Bildungssystems teils auf die Barrikaden gehen. Kindergärtnerin, Gewerkschafterin und Ex-PD-Exponentin Cornelia Brugger spricht auf Facebook gar von „Ghettolösungen“. Die Grünen stellen in zwei Landtagsanfragen unbequeme Fragen zur praktischen Umsetzung der Regelung. Zum Beispiel: Wie wird die „Deutschheit” von Kindern, die teils jünger als zwei Jahre alt sind, festgestellt?

Auch Senator Francesco Palermo, der bekanntlich über eigene gesetzgeberische Initiativen versucht, zweisprachige Kindergarten- und Schulsektionen voranzutreiben, kann dem Wurf wenig abgewinnen. „Dieses Konzept kann nur eine Zwischenlösung sein“, sagt der Senator. Auch wenn Palermo die Probleme, die durch mangelnde Sprachkenntnisse in Kindergärten entstehen können, nicht kleinreden will – „mit dieser Lösung wird ein neues Problem geschaffen, die Ausgrenzung von italienischsprachigen und Migrantenkindern“, sagt er. Vor allem sieht auch Francesco Palermo aber ein äußerst diskussionswürdiges Konzept hinter den nun geplanten Maßnahmen: die Trennung von Kindern nach Ethnizität, nach Blut, wie er meint. „Rein rechtlich kann man Kinder keiner Sprachgruppe zuordnen, das passiert erst mit der Volljährigkeit“, sagt der Jurist. Mit diesem Schritt würde sich die Spaltung zwischen den Sprachgruppen in Südtirol noch weiter verstärken.

Aussagen, die auf die Freiheitliche Ulli Mair wie ein rotes Tuch wirken. „SVPD-Palermo entwickelt sich zum Totengräber der Südtirol-Autonomie – und arbeitet als - Senator der SVP-Bezirke Bozen und Unterland arbeitet gegen die eigene Bevölkerung“, übertitelt die Freiheitliche eine Aussendung zu Palermos Äußerungen. Diese würden einmal mehr die Verwässerungstendenzen des PDs in Sachen Autonomie beweisen. „Mit einer derartigen Rhetorik wird seitens des PDs versucht, die Säulen der Autonomie und den Schutz der deutschen und ladinischen Volksgruppe madig zu reden“, findet Mair. Und nicht nur das, wie ihre Rundum-Kritik zeigt.

„Krampfhaft versucht der PD die Auflösung des Minderheitenschutzes voranzutreiben und die Errungenschaften von Jahrzehnten im Sinne der linken Multikulti-Ideologie verschwinden zu lassen. Bereits bei den Kindern soll diese Ideologie greifen, indem die vertraute Muttersprache an den Kindergärten durch ein Sprachengewirr ersetzt werden soll.

Gemischtsprachige Kindergärten oder „das Überhandnehmen von ausländischen Sprachen wie Arabisch“ laufen dem Minderheitenschutz zuwider und sind nicht akzeptabel. „Auch wenn es Senator Palermo nicht zuträglich erscheint, dass im Sinne des Minderheitenschutzes die deutschen Kindergärten den deutschen Kindern zustehen und dass in diesen Einrichtungen ausschließlich die deutsche Sprache zu verwenden ist, wird an diesem Prinzip nicht gerüttelt“, so Mair. So wie es aussieht, zumindest ganz sicher nicht vor den Landtagswahlen 2018. 

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Mensch Ärgerdi… Mi., 26.07.2017 - 14:58

Ich würde in Bozen mal die Hälfte der italienischen Kindergarten zu deutschen kindergarten machen, da anscheinend sowieso die große Mehrheit der Eltern diese den italienischen bevorzugt.

Mi., 26.07.2017 - 14:58 Permalink
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alfred frei Mi., 26.07.2017 - 15:00

Hallo, hallo Cornelia, so schnell schießen auch die Preußen nicht, ziviler Ungehorsam bedarf einer genauen Festlegung einer Unrechtssituation und einer überlegten Aufzeigung möglicher Alternativen. Davon sind wir noch weit entfernt. Wenn die Ulli Mair mit dem roten Tuch wedelt. ist der Stierkampf noch lange nicht eröffnet. Und Senator Palermo als Torero im Auftrag der SVPD kann ich mir nicht gut vorstellen. Oder ?

Mi., 26.07.2017 - 15:00 Permalink
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gorgias Mi., 26.07.2017 - 15:38

Bei der Einschulung ist natürlich die Sprachkompetenz sehr wichtig, doch im Kindergarten ist es vor allem wichtig dass die Bezugspersonen Muttersprachler sind. Auch ist wichtig dass in einen bestimmten Umfeld eine Sprache gesprochen wird und Bezugspersonen nicht dauernd die Sprache wechseln. Jedoch ist es von Vorteil wenn nicht alle mit Sprachschwächen sich in einer Gruppe konzentrieren. Diese verstärken dann die Fehler.

Und man sollte endlich mit den dummen Wort gemischsprachig aufhören. Die einzige Person die in der Öffentlichkeit stolz ist gemischsprachig zu sein ist Elena Artioli und die spricht ein zusammengewursteltes Deutsch.

Mi., 26.07.2017 - 15:38 Permalink
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Andreas Berger Mi., 26.07.2017 - 21:47

Was für einen Sinn macht ein deutscher Kindergarten, indem nicht einmal mehr die Kindergärtnerinnen deutsch sprechen, weil sie die meisten Kinder gar nicht verstehen würden...

Mi., 26.07.2017 - 21:47 Permalink
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Mensch Ärgerdi… Do., 27.07.2017 - 10:08

Antwort auf von Andreas Berger

Die deutschen Kindergärtnerinnen sollen deutsch sprechen, deswegen schicken italienische und ausländische Eltern ihre Kinder doch dort hin! Das macht durchaus Sinn, denn wenn nur Deutsch gesprochen wird, dann ist es für die Kinder leichter die Sprache zu lernen. Das funktioniert aber wahrscheinlich nur wenn die nicht deutschen Kinder einen kleinen Teil der Gruppe ausmachen, nicht wenn sie die Mehrheit sind.

Do., 27.07.2017 - 10:08 Permalink
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Sergio Sette Do., 27.07.2017 - 15:53

Più che altro funziona se i bambini di lingua tedesca non parlano con gli altri in italiano. E qui sta il problema perchè specialmente nel capoluogo i bimbi di madrelingua tedesca sanno esprimersi un po' in italiano e forse anche per via che è più semplice va a finire che fra di loro parlano in italiano.

Do., 27.07.2017 - 15:53 Permalink