Wirtschaft | Pestizide & Co

Pestizide

Erstaunlich wie ein Plakat die Gemüter erhitzen kann. Fast schon wie der Kippenberger Frosch (hieß der wirklich so?). Also muss dieses Plakat irgendwie Kunst sein, oder?
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Am Ende entscheidet wieder mal jeder selber worin die Wahrheit liegt. War die heftige Reaktion einiger ein Schuldeingeständnis? Sind Pestizide Teil einer „normalen“ Lebensmittel-Produktion? Was ist Bio, was ist konventionell (oder agrios)? Ich blick wieder mal gar nicht durch.

Theoretisch wäre es doch ganz einfach. Jeder von uns (nehme ich mal an) möchte seine Lebensmittel so unbelastet wie möglich zu sich nehmen. Aber wiederum jeder von uns hat seine eigenen Wahrheiten was nun gesund ist oder nicht. Ob Grenzwerte wahr, schädlich, lobbygesteuert oder absoluter Quatsch sind. Ist das nicht wundervoll? Es scheint, dass die wenigsten von uns nur mehr passiv konsumieren. Ist es nicht das, was wir alle fordern? Aufgeklärte, bewusste Konsumenten? Wir scheinen nicht weit davon entfernt zu sein.

Dass ein Verband, ein System, eine etablierte Struktur für sein Art und Weise Lebensmittel anzubauen kämpft ist doch absolut normal. Die Frage ist doch ganz eine andere: Wo wollen wir hin? Ist es realistisch zu meinen, die Natur würde alleine für genügend Ernte sorgen um eine Bauersfamilie überleben zu lassen? Nein, denn wenn wir eines wissen, dann dass die Natur sich wenig um uns Menschen kümmert. Ehrlich gesagt, sie nimmt uns gar nicht wahr, sorry. Sie hat ihre eigenen Regeln. Wir wissen (zumindest die Aufgeklärten von uns:-)), dass die Natur UNS nicht braucht, wir sie allerdings schon. In diesen Zusammenhang könnte man auch mal diskutieren, wieso gewisse Menschen meinen, Tiere (Bären, Wölfe, …) besser zu verstehen als Menschen, aber das ist eine andere Geschichte.

Somit wäre es doch schon mal ein erster Schritt, dankbar zu sein, dass Wissenschaftler Mittel erfunden haben, die eine sichere Ernte ermöglichten. Die Hungersnöte beendet haben. Das verdanken wir Pestiziden (oder schöner ausgedrückt, Pflanzenschutzmitteln). Das war irgendwie der erste Schritt. Sicher nicht der Beste, aber ein Erster. Dann kam Bio & Co. Der Versuch mit (irgendwie) natürlichen Mitteln Krankheiten vorauszusehen und so präventiv wirksam zu werden. Wow, und nun? Nun haben wir ein (ich konzentriere mich nun ausschließlich auf Südtirol) perfekt organisiertes System, worin Landwirte die Arbeitnehmer der Genossenschaften sind und das wäre doch an und für sich genial. Warum fordern wir eigentlich von jedem Landwirt ein „Bewahrer“ der Natur zu sein? Ist es nicht eine Südtiroler Errungenschaft so vielen Menschen (20.000 Betrieben) ein sicheres Einkommen gewährleistet zu haben? Ist das nicht auch ein Menschenrecht mit der eigenen Landwirtschaft meine Familie ernähren zu dürfen? Ist es nicht eine Errungenschaft durch diese 20.000 Familien das Land, unsere Eigenheiten und unsere Kultur der landwirtschaftlichen Beschäftigung erhalten zu haben? Können wir das nicht einmal in Ruhe anerkennen? Für einen ersten, aber ehrlichen Moment.

Aber dann, lieber Bauernbund, lieber Leo, lieber Siegfried, dann könnt ihr auch zugeben, dass wir an einem Scheideweg stehen. Dass unsere Apfelproduktion nicht nur pestizidmäßig, sondern vor allem ökonomisch an einer Grenze angelangt sind? Dass unsere Monokultur nicht nur die Biodiversität, sondern auch die Resilienz der ganzen Branche bei den nächsten Krisen gefährdet (tut sie das nicht schon??)? Dass wir neue Formen der Wertschätzung der Landwirte finden müssen (das Steuersystem oder der „Erhalt der Landschaft“ scheint mir dazu nicht mehr wirklich geeignet zu sein)? Dass wir realistisch einschätzen können müssen, was kann unser Land produzieren und was nicht (entgegen aller unrealistischen „Lokal-Produkt-Fetischisten“)?

Boh, Fragen über Fragen. Ich kann mir vorstellen, dass ihr euch schwer tut zuzugeben, dass nicht alles perfekt läuft, wenn immer wieder selbst ernannte Glaubenskrieger auf euch einschlagen. Doch ich bitte euch, seit offen und nachsichtig mit uns Unwissenden. Wir wollen das Gleiche wie ihr:

-Die Natur bewahren

-Den Menschen, die in der Natur arbeiten, ein würdevolles Einkommen gönnen

-Gesunde Lebensmittel genießen

Wer weiß, vielleicht kriegen wir das gemeinsam hin.

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Christoph Moar Do., 17.08.2017 - 18:51

"Zuerst die Füße" war der Titel der Skulptur (von Martin Kippenberger), die hier im Lande so sehr die Gemüter erregte. Aber da es eh ein ironisches Selbstporträt war, ist der "Kippenberger Frosch" ein absolut passender Name, finde ich :)

Do., 17.08.2017 - 18:51 Permalink
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Klaus Griesser Do., 24.08.2017 - 17:41

Wo die Wahrheit liegt? Meine Kenntnisse über Pestizide beziehe ich vom Weltagrarbericht, der 2008 vom Weltagrarrat IAASTD auf Initiative der Weltbank veröffentlicht wurde mit dem Ziel, Unterernährung und Armut zu bekämpfen und zwar nachhhaltig. Er besagt bezüglich der Pestizide: 1. es braucht sie nicht 2. sie sind schädlich; was es braucht ist Biodiversität. Was aber die Chemie-Riesen wissenschaftlich wohlklingend als "Pflanzenschutzmittel"auf den Markt werfen - einschließlich Kunstdünger, berücksichtigt insgesamt nicht deren negative Auswirkungen auf die Bodenfruchtbarkeit (Siehe https://www.salto.bz/de/article/28052016/lebewesen-im-boden). Und meines Wissens nuckeln die Beratungsringe die Wahrheit am Busen der Chemiekonzerne, die die ganze Welt mit einem Netz von besoldeten Wissenschaftlern, sowie die Regierungen mit einem Heer von Lobbyisten überzogen haben, mit dem Ziel der absoluten Marktdominanz.
Bezüglich der Gesundheit der Menschen sind Pestizide schädlich, weil deren Rückstände nicht einfach wie Wasser ausgeschieden werden, sondern Organe durchlaufen, je nach Qualität dort gespeichert und sukzessive angereichert werden bis hin zur Schädigung des Organs. Wer nur einmal im Monat Bier trinkt, braucht vor der Pestizidmenge darin weniger Angst zu haben als einer, der das täglich tut.

Do., 24.08.2017 - 17:41 Permalink