Gesellschaft | Tourismus

“Was soll man da antworten?”

Ein Gast fragt an, ob es in Mühlbach Flüchtlinge oder einen hohen Ausländeranteil gebe – “bezüglich Sicherheit”. Hotelier Horst Nössing verschlägt es die Sprache.
Horst Nössing
Foto: Facebook/Hotel Weisse Lilie Mühlbach

“Ich bin ja vieles gewöhnt, aber so etwas ist mir noch nie passiert.” Auch am Tag danach ist Horst Nössing sein Erstaunen noch anzuhören. Am Sonntag hat der Mühlbacher Hotelier eine E-Mail-Anfrage erhalten, die ihn fassungslos gemacht hat:

“Sehr geehrte Damen und Herren
Ich würde gerne mit meiner Frau am 16. Nov ein Konzert in Bozen besuchen und bei ihnen schlafen/essen.
Bezüglich Sicherheit: Gibt es in Mühlbach ein Flüchtlingsheim oder einen hohen Ausländeranteil?
Bitte um Rückmeldung, Danke”

 

“Wenn Sie kommen, sind 2 Ausländer mehr hier”

Sicherheit, Flüchtlinge, Ausländer – alles in einem Satz. Doch was hat das eine (Sicherheit) mit dem anderen (Flüchtlinge/Ausländer) zu tun? “Ich habe über diese Zeilen sehr gestaunt”, gesteht Nössing, der in Mühlbach das Hotel “Weisse Lilie” führt. Noch am Sonntag druckt er die E-Mail aus, macht den Namen des Absenders unkenntlich und zeigt die Anfrage herum. “Alle, die sie gesehen haben, waren baff”, berichtet Nössing. Der Absender sei ein Diplomingenieur aus Österreich – so lässt die Mail zumindest vermuten, sagt der Hotelier.

 

 

Einen Screenshot der E-Mail stellt er auf die Facebook-Seite seines Betriebs und auf sein persönliches Facebook-Profil. Dazu die Frage: “Was sollte man da antworten?” Prompt trudeln zahlreiche Vorschläge ein: “Ausländeranteil sehr hoch – speziell mit ausländischen Gästen” oder “Wenn Sie kommen, sind 2 Ausländer mehr hier” oder: “Ich würde die Wahrheit schreiben. Bei 30 Mio. Übernachtungen jährlich in Südtirol hoher Ausländeranteil. Ausländer putzen Krankenhäuser, pflegen unsere Alten…”. “Und wenn sie nicht wären, könnte wahrscheinlich die Hälfte aller Hotels in Südtirol zusperren”, spinnt Horst Nössing den Faden weiter. Als Mitarbeiter seien ausländische Angestellte im Hotel- und Gastgewerbe unverzichtbar.

 

 

Keine Antwort die beste Antwort?

356 Ausländer waren laut ASTAT am 31.12.2016 in der Gemeinde Mühlbach ansässig. Bei einer Einwohnerzahl von 3.081 entspricht das einem Anteil von 11,6 Prozent. Für eine kleine Gemeinde wie Mühlbach ein vergleichsweise hoher Prozentsatz, weiß auch Horst Nössing – zurückzuführen auf den brummenden Tourismus in der Gegend. Die meisten Ausländer, die es in Mühlbach gibt, sind im Gastgewerbe beschäftigt und stammen aus dem europäischen Ausland. Doch was macht das, wenn die Zugezogenen “bestens integriert” sind und “keine Probleme” bereiten, wie es der Hotelier auf den Punkt bringt?
Zweitens: Die Gemeinde Mühlbach hat am 29. Juni dieses Jahres beschlossen, sich am SPRAR-Programm zur Aufnahme von Flüchtlingen zu beteiligen. Elf Flüchtlinge sollen künftig in der kleinen Eisacktaler Gemeinde eine (zeitweilige) Bleibe finden. Bis dato leben in Mühlbach keine Flüchtlinge.

All das wird der Verfasser der E-Mail an die “Weisse Lilie” wohl nie erfahren. Zumindest nicht von Nössing selbst. “Bisher habe ich nicht geantwortet und habe es auch nicht vor. Im Übrigen frage ich mich, warum jemand, der ein Konzert in Bozen – wahrscheinlich das von Bryan Adams – besuchen will, 50 Kilometer entfernt übernachten will. Hat er in Bozen zu viel Angst?”

Wer sich allein aufgrund der Anwesenheit geflüchteter Menschen bzw. solcher mit ausländischer Staatsbürgerschaft die Frage der Sicherheit stellt, für den hat Horst Nössing eine kurze, aber umso klarere Botschaft: “Wir sind eine offene Gemeinde.” Allzu gerne hätte er die Zeilen auch mit der Hochzeitsgesellschaft, die er am Tag zuvor bewirtet hat, besprochen. SVP-Obmann Philipp Achammer und Nicole Uibo luden nach ihrer Hochzeit in der Mühlbacher Kirche zum Aperitif bei Horst Nössing. “Mich hätte ja interessiert, was die hohe Politik dazu gesagt hätte”, meint dieser beinahe wehmütig.

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gorgias Di., 19.09.2017 - 07:36

Von Ausländern zu reden ist wenig hilfreich, ist doch der Gast rein formell doch auch in Südtirol Ausländer auch wenn er kulturell uns sehr nahe steht. Auch ist zu unterscheiden zwischen den Ausländern die in Mühlbach mit ihren Familien leben und meist eine geregelte Arbeit nachgehen, und jenen die im Bahnhofspark in Bozen herumlungern, Drogen konsumieren und weiter verkaufen und im Park defäkieren und urinieren, weil sie nicht zivilisiert genug sind, eine in der Nähe befindlichen öffentlichen Notdurftsaanstalten aufzusuchen.

Di., 19.09.2017 - 07:36 Permalink
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Sigmund Kripp Di., 19.09.2017 - 11:30

Antwort auf von gorgias

Also mir steht so jemand kulturell nicht nahe. Und das Nichtaufsuchen von öffentlichen Klos erlebe ich ausschliesslich bei einheimischen Festbesuchern, die zuviel Bier in sich gekippt haben und das Verhältnis vom Bierglas zur eigenen Blase nicht kennen.

Di., 19.09.2017 - 11:30 Permalink
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Paul Stubenruss Di., 19.09.2017 - 08:47

Neue Erkenntnis in der Medizin. Es gibt nun nicht nur Allergieren gegen Nüsse, Pollen, Katzen und so weiter, sondern auch gegen Zustände wie sie in den Bozner Parks zu sehen sind. Es kann ja durchaus sein, das der Gast von einem Ort kommt wo nun Zugewanderte das Ortsbild bestimmen und davon will er Urlaub machen. Solche Orte gibt es bereits in Deutschland. Genau so ist es berechtigt zu fragen ob noch heimische Kost zu haben ist, denn M-Preis hat der Gast selbst zu Hause.

Di., 19.09.2017 - 08:47 Permalink
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Lisa Maria Gasser Di., 19.09.2017 - 19:32

Guten Abend, Herr Kofler, zunächst freut es mich zu lesen, dass salto-Leser auch andere Medien aufmerksam verfolgen. Natürlich macht das die salto-Redaktion auch, aber ich kann Ihnen versichern, dass wir durchaus andere Quellen für Nachrichten haben. Für Redakteure unterschiedlicher Medien sind es eben häufig dieselben. (P.S.: Soweit mir bekannt ist, erscheint die Neue Südtiroler Tageszeitung montags nicht...)

Di., 19.09.2017 - 19:32 Permalink
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Emil George Ciuffo Mi., 20.09.2017 - 19:39

Die Stimmung in Österreich ist mittlerweile schon sehr beunruhigend ... Die glauben wohl, mit solchen Methoden andere unter Druck setzen zu können? Bravo, Horst Nössing!!

Mi., 20.09.2017 - 19:39 Permalink