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Unstimmiges Quintett

Heute oder morgen wird der neue Direktor des Bozner Konservatoriums gewählt. Geht die Amtszeit von Heinrich Unterhofer nach drei Jahren zu Ende?
Konservatorium
Foto: Suedtirolfoto.com / Othmar Seehauser
Die Entscheidung fällt am frühen Abend. Entweder am Mittwoch oder spätestens am Donnerstag.
Ich gehe davon aus, dass es einen Wechsel an der Spitze geben wird“, beschreibt ein Dozent das Klima am Bozner Konservatorium „Claudio Monteverdi“. Dort findet derzeit die Wahl des Direktors statt, der für die nächsten drei Jahre an der Spitze des renommierten Institutes stehen wird. Die große Frage dabei: Wird Direktor Heinrich Unterhofer im Amt bestätigt oder nach nur drei Jahren an der Spitze des Konservatoriums abgelöst?
 

Die Wahl

 
Heinrich Unterhofer ist seit November 2014 Direktor des Bozner Konservatoriums. Die Amtszeit dauert 3 Jahre. Deshalb hat Unterhofer, wie vom Gesetz vorgesehen bereits am 14. Juni 2017 die Neuwahlen des Direktors ausgeschrieben. Bis zum 6. September mussten die Interessenten ihre Kandidatur hinterlegen. Ingesamt haben sich sechs Kandidaten und Kandidatinnen für das höchste Verwaltungsamt in der Bozner Musikhochschule beworben. Am 19. September konnten die Kandidaten auf einer Vollversammlung der Dozenten ihr Wahlprogramm vorstellen.
Wahlberechtigt sind alle Dozenten. Das sind derzeit 77.
 
Der erste Wahlgang ging gestern Dienstag und heute Mittwoch über die Bühne. Für die Wahl zum Direktor braucht es in diesem ersten Wahlgang die absolute Mehrheit der Wahlberechtigten. Das heißt, dass ein Kandidat konkret auf mindestens 39 Stimmen kommen muss. Man geht davon aus, dass kein Kandidat diese Mehrheit im ersten Wahlgang erreichen wird. Im zweiten Wahlgang ist dann nur mehr die relative Mehrheit nötig. Dieser zweite Wahlgang findet am Donnerstag statt.
 

Die Kandidaten

 
Es gibt fünf Anwärter auf den Posten des Direktors. Heinrich Unterhofer möchte unbedingt eine zweite Amtszeit anhängen. Aber auch sein Vorgänger Felix Resch strebt das Amt wieder an. Der Harmonieprofessor war bereits von 2008 bis 2014 Direktor am Konservatorium gewesen. Weil es eine Beschränkung auf zwei Mandate gibt, musste er damals das Amt an Unterhofer abgeben. Nach drei Jahren Pause darf und will Resch jetzt wieder.
 
Dazu kommen als Kandidaten die Professoren Marina Giovannini und Giacomo Fornari. Fornari ist ein international anerkannter Mozart-Experte und war lange Präsident des „Istituto musicale Antonio Vivaldi“. Der eindeutige Überaschungskandidat ist aber Pietro Varrone. Der Pianist und Professor ist in Imperia geboren, spricht aber perfekt Deutsch. Das liegt daran, dass Varrone lange Zeit im deutschsprachigen Sprachraum tätig war. In Basel, Tübingen und vor allem in Innsbruck. In der Tiroler Landeshauptstadt hat er mit dem „Tiroler Ensemble für neue Musik“ zusammengearbeitet. Varrone hat auch an der musikalischen Biografie des verstorbenen Magreider Musikers und Attentäters Günther Andergassen mitgearbeitet. Mit dem er auch verwandt war. Für viele ist Pietro Varrone der Geheimtip.
Tatsache ist, dass es aber noch nie so viele Kandidaten bei der Wahl des Direktors am Bozner Konservatorium gegeben hat. Das macht es selbst für die Dozenten am Konservatorium schwierig Prognosen abzugeben.
Dabei gab es zu Beginn sogar einen sechsten Anwärter auf den Direktorenposten.
 

Der Ausschluss

 
Schon vor dem Start der eigentlichen Wahlhandlungen kam es zu einem angekündigten Eklat. Offiziell reichte auch Peter Paul Kainrath seine Kandidatur ein. Der Leiter des „Internationalen Klavierwettbewerbs Ferruccio Busoni“ und künstlerischer Leiter des Festivals für zeitgenössische Musik „Klangspuren Schwaz-Tirol“, sowie des Festivals für zeitgenössische Kultur „Transart“ ist ausgebildeter Konzertpianist. Kainrath hat am Bozner Konservatorium nicht nur seine Grundausbildung absolviert, sondern er war 20 Jahre lang auch als Dozent an dieser Musikhochschule tätig.
Seit langem ist das Verhältnis zwischen Peter Paul Kainrath und Heinrich Unterhofer konfliktbelastet. Als Unterhofer im November 2014 die Leitung des Konservatoriums übernahm, fuhr er mit dem Stahlbesen drein. Er machte wegen diverser Nebenbeschäftigungen Kainraths mehrere Eingabe beim Unterrichtsministeriums, holte ein Rechtsgutachten der Staatsadvokatur ein und begann dem Eppaner Musiker überall wo es nur ging auf die Zehen zu steigen.
 
Im November 2015 zog Peter Paul Kainrath im eskalierenden Konflikt dann selbst die Handbremse. Er trat als Dozent am Bozner Konservatorium zurück. Gleichzeitig strengte er aber einen Arbeitsprozess wegen Mobbing gegen das Konservatorium und Unterhofer an. Das Verfahren läuft noch.
Als Kainrath jetzt seine Kandidatur einreichte, war von vornherein klar, dass er ausgeschlossen wird. Denn zu den Voraussetzungen zählt eine Stammrolle am Bozner Konservatorium. Diese Stammrolle hat Kainrath aber seit November 2015 nicht mehr. „Ich wollte mit meinem Antreten noch einmal deutlich machen“, begründet Peter Paul Kainrath diesen Schritt, „dass es Unterhofer nur darum geht, einem lästigen Konkurrenten durch Mobbing aus dem Weg zu räumen.
 

Der Direktor

 
Heinrich Unterhofer wird es bei dieser Wahl nicht leicht haben. Denn der Musiker und Direktor hat in den vergangenen Jahren einiges an verbrannter Erde am Bozner Konservatorium hinterlassen. So warf nicht nur Peter Paul Kainrath das Handtuch, auch der renommierte Konzertpianist Davide Cabassi hat aus Protest gegen Unterhofer vor zwei Jahren das Konservatorium verlassen. Zudem verlagerte sich der Konflikt Kainrath-Unterhofer auch auf den „Internationalen Klavierwettbewerbs Ferruccio Busoni“. Unterhofer wollte und will den internationalen Preis mit aller Kraft wieder unter die Fittiche des Konservatoriums bringen. Doch dagegen wehren sich nicht nur Kainrath, sondern auch die Stadt Bozen und das Land. 2015 bedurfte es einer Intervention des damaligen Bozner Bürgermeisters Luigi Spagnolli und von Landeshauptmann Arno Kompatscher um einen größeren Eklat zu vermeiden.
In einem Interview mit Mauro Fattor sagte Heinrich Unterhofer bereits vor zwei Jahren:
„2017 wird es zur Nominierung des neuen Direktors kommen. Einige sagen mir ich sei verrückt, weil ich mir selbst das Grab schaufle. Aber meine Absicht ist es nicht mich durchs Leben zu schlagen, um mich wiederwählen zu lassen.“
Der amtierende Direktor wusste schon damals, dass seine Beliebtheit im Konservatorium gegen Null tendiert.
 

Der Umzug

 
Ganz gleich wer am Ende bei dieser Wahl die Nase vorne haben wird. Auf den neuen Direktor kommt schon bald eine ganz besondere Herausforderung zu.
Der Konservatoriums-Komplex am Bozner Dominikanerplatz befindet sich seit vielen Jahren bautechnisch in einem katastrophalen Zustand. Immer wieder wurde die Forderung laut, das Gebäude einer dringend nötigen Generalsanierung zu unterziehen.
Jetzt ist es soweit. Die Landesregierung hat in ihrem Bautenprogramm beschlossen, dass man 2019 den Umbau der Konservatoriums in Angriff nehmen wird.
Die Studenten und Dozenten werden dann in das ehemalige TIS-Gebäude in der Bozner Industriezone übersiedeln müssen. Weil das TIS in den neuen Technologiepark übersiedelt, wird der Turm in Bozen Süd frei. Dort sollen die 400 Studenten und die über 70 Dozenten des Bozner Konservatoriums während der Bauarbeiten ihr Ausweichquartier beziehen.
Am Donnerstag wird man wissen, wer sie dabei als Direktor begleiten wird.
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Profil für Benutzer Christoph Franceschini
Christoph Fran… Do., 28.09.2017 - 12:23

Nur zur Präzisierung: Laut offiziellen Unterlagen (italienisches Firmenregister) ist Peter Paul Kainrath kein Unternehmer. Kainrath ist Präsident einer Genossenschaft. Diese Gesellschaftsform ist in dem von Ihnen zitierten Gesetz ausdrücklich erlaubt.
Damit dürfte auch die Frage beantwortet sein, wer hier streng ist.

Do., 28.09.2017 - 12:23 Permalink