Politik | Katalonien

Südtirol ist nicht Katalonien

Keinen Sieger sieht die SVP-Leitung in Katalonien. Vor allem aber sieht sie keinen Grund, Parallelen zu Südtirol zu ziehen.
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Foto: Suedtirolfoto.com/Othmar Seehauser

Auch die SVP-Leitung hat das Referendum in Katalonien nicht kalt gelassen „Weder die Initiatoren des Unabhängigkeitsreferendums noch der spanische Zentralstaat dürfen sich heute als Sieger fühlen – weil eine derartige, anhaltende Konfrontation schlussendlich ein Schaden für alle Seiten ist“, so Parteiobmann Philipp Achammer. Nur der Weg des ständigen, beharrlichen Dialogs könne zum Ziel führen. Den Katalanen seien jahrelang Gespräche über den Ausbau ihrer Autonomie verweigert worden. „Die spanische Zentralregierung hat durch diese Haltung ganz bewusst eine weitere Zuspitzung in Kauf genommen. Das ist mehr als unverständlich“, so Achammer. Völlig inakzeptabel sei die gewaltsame Reaktion der Regierung auf das gestrige Unabhängigkeitsreferendum; in diesem Zusammenhang spricht die SVP-Leitung ihre Solidarität aus: „Das gewaltsame Vorgehen des Zentralstaates gegen die katalanischen Separatisten und die eigene Bevölkerung ist entschieden zu verurteilen.“

Auch wenn der Unmut der Katalanen verständlich sei – den katalanischen Separatisten müsse bewusst sein, dass es ein einklagbares Recht, bei einem Referendum einseitig über die Abspaltung von Spanien entscheiden zu können, nicht gebe, so die SVP-Leitung. Spanien sei ein demokratischer Rechtsstaat, eine Abstimmung zur Abspaltung einer Region habe keine rechtliche Grundlage. Gesetze und Entscheidungen von Gerichten müssten befolgt werden. „Auch wenn die Situation derzeit eher ausweglos erscheint, sollte jetzt mit kühlem Kopf der Weg des Dialogs gegangen werden“, so auch SVP-Europaparlamentarier Herbert Dorfmann. Der spanische Zentralstaat und die Region Katalonien müssten einen gemeinsamen Nenner finden. Die Europäische Union sei hingegen erneut angehalten, über die Wichtigkeit des Minderheitenschutzes in Europa nachdenken: „Sowie über eine Entwicklung hin zu einem Europa der Regionen, welche dem Willen nach mehr Eigenverantwortung entsprechen kann“, so Parteiobmann Achammer.

Einige Oppositionsparteien würden nun zum wiederholten Male versuchen, voreilige Parallelen zu Südtirol zu ziehen. Diese seien schlichtweg falsch, so die SVP-Leitung: „Weil es in Südtirol möglich wurde, über zähe und beharrliche Verhandlungen eine funktionierende Autonomie umzusetzen, und dies vor allem auf der Grundlage eines völkerrechtlichen Vertrages.“

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Hartmuth Staffler Mo., 02.10.2017 - 21:51

Die SVP scheint vergessen zu haben, warum Südtirol zu einer Autonomie gekommen ist, mit der das Gruber-Degasperi-Abkommen mindestens teilweise erfüllt wurde. Silvius Magnago hat es noch gewusst und auch ausgesprochen, als er die Freiheitskämpfer gewürdigt hat - nachdem er sie jahrzehntelang verleugnet hatte.

Mo., 02.10.2017 - 21:51 Permalink
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Max Benedikter Di., 03.10.2017 - 10:59

Ich muss der SVP recht geben. Südtirol hat bis heute keine Territorialautonomie. Solange ausschließlich eine Sprachgruppe die Unabhängigkeit verlangt und nicht ein breites interethnisches Parteienspektrum (wie anscheinend in Katalunien), sind die beiden Kontexte nicht vergleichbar. Die SVP will bei einer Autonomie zum Schutz der ladinischen und deutschsprachigen Minderheit bleiben und kohärenterweise möchte die SVP die beiden geschichtlichen und juridischen Kontexte nicht verglichen wissen.

Di., 03.10.2017 - 10:59 Permalink
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Karl Trojer Mi., 04.10.2017 - 18:04

Autonomien oder Rechtsstaatlichkeit, dieses "entweder/oder" erscheint mir als nicht zielführend. Bedarfsgerechte, im Sinne der Subsidiarität gestaltete Autonomien und Rechtsstaatlichkeit, dieses gleichzeitig zu ermöglichen erscheint mir aber möglich und zukunftsfähig zu sein. In Katalonien ist das "entweder/oder" hart aufeinander geprallt, Eine beide Seiten zufriedenstellende Lösung ist mit den derzeitigen Führungen in Madrid und Barcelona nicht in Sicht. Obschon es nicht zur institutionellen Aufgabe der EU gehört, in solche Streitfälle einzugreifen, wäre es meines Erachtens ihre politische Aufgabe rechtzeitig vermittelnd und lösungsorientiert auf die Streitparteien  einzuwirken. Ähnlich der Afd in Deutschland wird  auch anderenorts mit Begriffen wie "Volk", "Identität", "Freiheit" gegen bestehende (immer verbesserbare) Zustände Stimmung gemacht.  Fragt man diese Leute aber was sie unter diesen Bergiffen verstehen, dann kommen wirre Antworten und es werden nur Lösungen angeboten, deren Durchführung in jedem  Falle Streit und Unfrieden mit Verletzten und Toten zur Folge hat. Hätten die Katalanen eine so weitreichende Autonomie wie die (durchaus noch verbesserbare) Südtirols erhalten, so wäre es nie soweit gekommen wie in letzter Zeit. Madrid hat den Katalanen aber wesentliche Inhalte einer bestehenden Autonomie übers Verfassungsgericht aberkannt, hat deren berechtigte Forderungen langjährig ignoriert  und Ihren regional geschaffenen Reichtum übermäßig abgezogen. Zukunftsfähige Politik ist und bleibt die Kunst des Möglichen. Fanatiker jeder Farbe bringen keine Lösungen,
Karl Trojer, Terlan, [email protected]

Mi., 04.10.2017 - 18:04 Permalink
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pérvasion Do., 05.10.2017 - 08:59

Antwort auf von Karl Trojer

Hat Südtirol eine Landespolizei? Hat Südtirol einen Justizminister? Hat Südtirol ein eigenes Zivilgesetz? Hat Südtirol einen eigenen Konsumentenschutz? Ist Südtirol für Berufskammern zuständig? (...) Nein. Katalonien schon. Informieren Sie sich bitte, bevor Sie Katalonien eine Südtirolautonomie empfehlen.

Do., 05.10.2017 - 08:59 Permalink
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19 amet Do., 05.10.2017 - 10:02

Antwort auf von pérvasion

Was wollen die Nationalisten also noch ? Seit Jahren wird in Katalonien die spanische Weltsprache unterdrückt. Es gibt nur mehr katalanische Schulen und hunderttausenden spanischer Kinder wird das Recht auf einen Unterricht in ihrer Muttersprache verwehrt. Jede Aufschrift auf spanisch wird gelöscht und der Urheber mit einer Strafe belegt. Bei den Ämtern bewegt sich nichts, wenn man nicht katalanisch spricht oder schreibt. Und das alles obwohl das geltende Autonomiestatut die Gleichberechtigung beider Sprachen vorschreibt. All dies hatten auch wir schon. Bei den Faschisten unter dem Benito. Deswegen halte ich diese Nationalisten auch für Verbrecher und Faschisten. Deshalb sind auch, genauso wie 2014, 60% der Wahlberechtigten nicht zur irregulären, illegalen Wahl gegangen. 70% der Bevölkerung Katloniens sind nicht katalanischen Ursprungs. Das deckt sich mit den 36% die für die Unabhängigkeit stimmen. Wenn sie so weitermachen werden die Katalanen ein böses Erwachen haben. Ihr Hauptmarkt Spanien wird zusammenbrechen, denn die stolzen Spanier werden den "Feinden" und Unterdrückern ihres Volkes herzlich wenig abkaufen. Sie fallen aus der EU, brauchen einen Pass um nach Valencia oder Perpignan zu fahren, vorausgesetzt die Franzosen und Spanier erkennen einen katalonischen "Pass" überhaupt an . Export nach Europa wird behindert und Zöllen unterworfen. Ausländische Firmen verlegen ihren Sitz nach Spanien, da dies der wichtigere Markt ist als Katalonien. Verhandlungen mit der Eu wird es nicht geben, da es dazu das Einverständnis aller Mitglieder braucht, und von Spanien und auch Frankreich wird es das nie geben. Und wenn wir in Südtirol auch so was wollen, dann machen wir es den Katalanen nach. Ganz nach dem Motto. Die Goas kratzt solang bis sie schlecht liegt. Auch bei uns haben wir Parteien die seit Jahrzehnten von der Unabhängigkeit träumen, aber ihren Wählern die zu erwartenden Probleme nie erklärt haben. 1961 wurden in der Freiheitstrasse in Meran Sandsäcke und Maschinengewehre in Stellung gerbracht.
Einige Tage danach waren die Touristen verschwunden, und die Hotels leer. Wollen wir das wieder haben ?

Do., 05.10.2017 - 10:02 Permalink