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Schulers Pestizid-Schule

Der Landwirtschaftslandesrat gibt auf Facebook Grundlagenunterricht in Sachen Pflanzenschutz.
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Foto: commons.wikimedia.org

Der heiße Herbst in Sachen Pestizide versetzt Landwirtschaftslandesrat Arnold Schuler in Aktionismus. Auf die Klage gegen die lautesten Kritiker des Südtiroler Pflanzenschutz-Regimes folgt nun ein nächster Schritt – die Aufklärung.  Denn Schuler scheinen nicht nur die „nicht mehr tolerierbaren Vorwürfe“ eines Alexander Schiebels oder des Münchner Umweltinstituts zu stören. „Auch bei den täglichen Gesprächen mit Bürgerinnen und Bürgern merkt man immer wieder, wie wenig man über das komplexe Thema Pflanzenschutz eigentlich weiß“, schreibt der Landwirtschaftslandesrat auf seiner Facebook-Seite. Was also liegt näher, als das soziale Netzwerk, das schließlich auch hinlänglich zur Verunglimpfung der Südtiroler Landwirtschaft eingesetzt wurde, für ein wenig Grundlagenunterricht zu nutzen?  Nicht „in einem  langen Vortrag, den eh niemand in voller Länge liest“, wie Arnold Schuler beruhigt. Vielmehr lieferte der Landwirtschaftslandesrat seit Samstag täglich nackige 30-Zeiler zu den Kernfragen der Diskussion: Warum Pflanzenschutz? Was hat sich geändert? Was wird sich ändern?

Von der Geschichte von Hungersnöten infolge von Pilzkrankheiten und Schadinsekten und ihrer Überwindung durch Pflanzenschutzmittel bis hin zur zunehmenden Erkenntnis über deren Schattenseiten, reicht der Bogen, den der Obstbauer und Politiker in seiner auf grün gehaltenem Blätterhintergrund gestalteten Serie spannt. Klarerweise mit Hervorhebung des „ganzheitlichen Betriebsmanagements“, das in Südtirol mittlerweile statt „eines reinen Bekämpfens von Pilzkrankheiten und Schädlingen“ betrieben würde. Dabei verweist Schuler unter anderem auf die oft zitierte Bekämpfung der Obstmade und des Fruchtschalenwicklers durch ihre natürlichen Gegenspieler und prophezeit auch dank immer mehr pilzresistenter Sorten einen stets sinkenden Pestizid-Einsatz.

 

Dass Südtirols Landwirtschaft in 20 Jahren eine komplett andere sein wird, steht für den Landwirtschaftslandesrat außer Zweifel. Konkrete Visionen, wohin die Reise führen soll, liefert der Landesrat aber nicht. Vielmehr listet er auf, was man alles tut, um einen immer schonenderen Schutz der Pflanzen zu erreichen: Von der Bienenstudie bis zu laufenden Rückstandsmessungen, von der Einrichtung eines neuen Kompetenzzentrums Pflanzenschutz, das zwischen Laimburg und Uni Bozen eingerichtet wird, bis hin zu einer Nachhaltigkeitsstudie, die gerade erarbeitet würde, um die Auswirkungen der Landwirtschaft auf die Umwelt und Artenvielfalt zu dokumentieren.

Ob grüne Weste oder ehrliches Bemühen – viral werden die jüngsten Bemühungen des Landwirtschaftslandesrats bislang nicht. 20 bis 30 Mal geteilt wurden die letzten Teile seiner Mini-Serie, immerhin mehr als 200 Mal der erste. Damit hat Schuler zumindest das Video von einer Pestizidwolke über Kortsch übertrumpft, das auf Alexander Schiebels Facebook-Seite in den Tagen davor knapp 90 Mal geteilt wurde. Und auch wenn unter den Kommentatoren so manch einer lästert: „'Pflanzenschutz' ??? Sie meinen Pflanzenvergiftung durch Pestizide !!“. Zumindest auf Schulers Facebook-Seite überwiegen die „Bravo Arno“-Rufe. „Nor werden endlich mol de gonzen pseudo-experten richtig aufgeklehrt und i hoff dass men donn endlich wieder in frieden leben konn ohne dass dauernd sobold uaner schreit damit er sein buach verkafen konn, olle aufn gleichn zug aufhupfn ohne dass sie nix von dor gonzen soch verstian!“ 

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Sell Woll Mi., 18.10.2017 - 10:48

... ansonsten wird diese aufklärung schon schulers sohn übernehmen wenn er erst mal von der laimburg aus die naturwissenschaftliche Fakultät der UNI bozen geentert haben wird

Mi., 18.10.2017 - 10:48 Permalink
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Markus Gufler Mi., 18.10.2017 - 11:01

Frau Pitro gehört entweder zur perfekten Zielgruppe der unwissenden, schlecht informierten Bürger die Schuler erreichen will , oder versucht eine als Journalismus getarnte Manipulation zu beherrschen.
Warum erwähnt sie das "Video von einer Pestizidwolke über Kortsch" und legt auch dar, dass sie die Kommentare darunter gelesen hat, unterschlägt aber sämtliche Hinweise - selbst von kompetenter "Krippe" - darüber, dass es sich hier eben NICHT um Pestizide handelt? Im Gegenteil, sie hebt sogar gezielt einen Kommentar hervor, der suggeriert dass jede Spritzung zwingend immer reines Gift sei.
Fake news Frau Pitro! Man kann sich und anderen auch nur etwas einreden. Ob sie damit journalistische Ansprüche erfüllen? Der irgendwo in der Mitte liegenden Wahrheit ist damit wohl eher nicht gedient.

Mi., 18.10.2017 - 11:01 Permalink
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Oskar Egger Mi., 18.10.2017 - 12:07

Wenn Herr Schuler sich den Film auf arte.tv vom 17.10., Roundup-der Prozess, anschaut, muss es eine Lehrplanänderung in seiner facebook-Pestizidschule geben. Er hat doch gelobt, sein Amt zum Wohle Aller auszuüben, soviel mir bekannt ist.

Mi., 18.10.2017 - 12:07 Permalink
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Klemens Kössler Mi., 18.10.2017 - 13:49

"Dass Südtirols Landwirtschaft in 20 Jahren eine komplett andere sein wird, steht für den Landwirtschaftslandesrat außer Zweifel. Konkrete Visionen, wohin die Reise führen soll, liefert der Landesrat aber nicht."
Diese Aussage von Frau Pitro klingt irgendwie nach Vorwurf: "der weis nichts". Dabei ist das Ziel das stets im Auge behalten wird und deshalb von Herrn Schuler nicht wiederholt wird, immer das selbe: Gesunde Lebensmittel Ressourcen-schonend und Umweltschonend produzieren um unseren Wohlstand mit Lebensmittelsicherheit zu erhalten.
Da man davon ausgehen kann dass man im Zeitraum von zwanzig Jahren viele neue Erkenntnisse zur Verfügung hat um diese Ziele zu erreichen, kann man auch davon ausgehen dass die Landwirtschaft in 20 Jahren wieder eine andere ist wie sie jetzt ist, so wie die jetzige eine andere ist wie die Landwirtschaft die vor 20 Jahren war.

Mi., 18.10.2017 - 13:49 Permalink
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Stereo Typ Mi., 18.10.2017 - 14:50

Naja, Innovationsgeist und besser als andere. Südtirols Landwirtschaft wird in zwanzig Jahren nur eine bessere sein, weil Menschen mit Zivilcourage nicht locker lassen.

Mi., 18.10.2017 - 14:50 Permalink
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rotaderga Mi., 18.10.2017 - 17:52

Laut Rückstandsanalysen von Italienischen Honigen vom Istituto Zooprofilatico Sperimentale VE ist Südtiroler Honig aus dem Intensivobstanbau sehr mit Pestiziden kontaminiert. Monitoring- auf Deutsch betrachten - alleine bringt nichts. Also lieber Arnold, wie willst du die Qualität des Honigs wieder steigern?

Mi., 18.10.2017 - 17:52 Permalink
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Sepp.Bacher Mi., 18.10.2017 - 22:16

Antwort auf von rotaderga

In einer wissenschaftlichen Doku aus der Schweiz wird nachgewiesen, dass nicht nur der Honig von Pestiziden und anderen sogenannten Pflanzenschutzmitteln kontaminiert ist, sondern, dass auch die Bienen selbst geschädigt werden, zum Teil die Orientierung verlieren und nicht mehr zum eigenen Volk zurück finden. Das Allerschlimmste aber sei nach neuesten Erkenntnissen, dass sich die Bienenlarven fehl-entwickeln und so einen großen Teil des Bienen-Sterbens ausmachen.

Mi., 18.10.2017 - 22:16 Permalink
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Klemens Kössler Do., 19.10.2017 - 09:03

Antwort auf von rotaderga

Südtiroler Honig kann man untersuchen, in anderen Regionen gibt es gar keinen. So kann man eben nur dort Rückstände finden wo es Honig gibt. Sie finden auch Schadstoffe aus nicht landwirtschaftlicher Herkunft, unsere Welt und auch die Natur hat eine Vielfalt von Schadstoffen.
Man sollte aber nicht vergessen daß in Südtirol die größte Dichte an Bienenvölkern steht 5 Stöcke/km² , in Deutschland nur 1,9. Dies verdanken wir den Südtiroler Imkern und unserer Natur und Landwirtschaft. Die einzelnen Reibungspunkte sollten nicht zu sehr überbewertet werden.

Do., 19.10.2017 - 09:03 Permalink
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rotaderga Do., 19.10.2017 - 09:37

Antwort auf von Klemens Kössler

Es sind knapp unter 3 Bienenvölker / km² in Südtirol ganz jährlich vorhanden. Viele wandern bis in die Toskana, die sollten nicht in die Südtirol Statistik einfließen, bzw zur Menge Südtiroler Honig gerechnet werden.
Südtirol liegt an der Südseite der Alpen und sollte nicht unbedingt mit den Imker Verhältnissen nördlich der Alpen abgewogen werden.

Do., 19.10.2017 - 09:37 Permalink
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Klaus Griesser Sa., 21.10.2017 - 15:20

Wie lange wohl hat sich der Bauernbund mit teurer Werbung bemüht, dem Südtiroler/der Südtirolerin die sprühenden, hochsubventierten Musterbetriebe schmackhaft zu machen? Mit welchem Ergebnis? Warum muss jetzt der mit des Süditrolers/ der Südtirolerin Steuergeld honorierte LR als werbender Lehrer einspringen? Für die Rettung der segensreichen Pestizide vor bösen Anklagen? Ach Himmel, es ist...

Sa., 21.10.2017 - 15:20 Permalink
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Peter Gasser Sa., 21.10.2017 - 15:24

Drei Fragen werden hier ausgeblendet:
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Steigen die Preise für alle Lebensmittel weltweit ohne den Einsatz von Pestiziden um das 2fache oder um das 5fache an?
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Ist eine 100% Versorgung mit Lebensmitteln ohne Pestizide gewährleistet? (Falls nicht, steigen die Preise noch höher und beginnen die Kriege).
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Nehmen wir Bozen: sind für die Bevölkerung die Abgase durch die Autobahn schädlicher oder der Einsatz von Pestiziden? Was müsste gemäß höherer Priorität und größerer Gefahr zuerst angegangen werden?

Mit freundlichen Grüßen PG

Sa., 21.10.2017 - 15:24 Permalink
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Klaus Griesser Sa., 21.10.2017 - 19:10

PG, Sie stellen viele Fragen. 1. Bsp Milchpreise von 28c/l ruinieren massenhaft Betriebe, in Europa wie in Afrika, die großen hier können nur durch Subventionen überleben. Ein Pleitemechanismus. Höhere Preise für gesunde, vielfältige Produkte sind die Verbraucher bereit zuzahlen, das kann viele Kleinbauern retten, die "vom Traktor runtersteigen" (Agathle). 2: Wenn ich auf den Bauernmarkt gehe, sehe ich ein Riesenangebot von Produkten, allerdings werden viele verseucht sein. Pestizide müssen auf Dauer verschwinden, per Gesetz, ist ansatzweise in Italien schon vorgesehen, die Verbraucher kaufen zunehmend bewusst, wissen aber immer noch zu wenig über die Gefährlichkeit der Pestizide, v.a. ist es noch schwer zu testen. 3. Verseuchung durch Autobahn oder Pestizide? Beides gehört weg, sowohl Diesel wie Glyphosat, die Gesundheit muss Vorrang haben, oder?

Sa., 21.10.2017 - 19:10 Permalink
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Profil für Benutzer Peter Gasser
Peter Gasser So., 22.10.2017 - 11:00

Antwort auf von Klaus Griesser

da gibts nichts dran zu rütteln, an dem, was Sie sagen, ich stimme Ihnen zu.
Mit einer Einschränkung, nein, 2 Einschränkungen:
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1. es macht nur Sinn, wenn dies für alle möglichst zugleich, und zwar für das PRODUKT gilt, und nicht für den ERZEUGER: also auch keine Bananen, Ananas, Orangen, Kiwi, Gemüse und anderes, das mit Pestiziden erzeugt worden ist: welches Dorf macht da noch mit, wenn nicht nur die Erzeugung solcher Produkte am Pranger stehen, sondern vor allem deren Verkauf veroten wird; versuchen Sie's, denn dann tut es nicht nur dem Produzenten, sondern auch dem rebellierenden Konsumenten weh. Und jeder, der dann ins Nachbardorf zum Einkaufen geht, wird auch als Konsument an den Pranger gestellt....
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2. und dann natürlich auch kein 2-Euro-T-Shirt: ist noch viel schlimmer in der Produktion, da sind wir uns doch einig.
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Mit freundlichen Grüßen PG

So., 22.10.2017 - 11:00 Permalink