Politik | Bozen

“Buona serata e arrivederci”

Was muss eine Politikerin aushalten (können)? Nach den Attacken auf ihre Person hat die Grüne Bozner Stadträtin Marialaura Lorenzini die Schnauze voll.
Marialaura Lorenzini
Foto: Comune di Bolzano

Wann ist zu viel zu viel? Was muss ein Politiker, eine Politikerin aushalten (können)? Für Marialaura Lorenzini war das Maß am Donnerstag Abend voll.

Die Sitzung des Bozner Gemeinderates ist eigentlich schon zu Ende. Da ergreift die Grüne Stadträtin das Wort, in eigener Sache.
Am Montag hatte Bürgermeister Renzo Caramaschi bekannt gegeben, dass die Stadtverwaltung 48.556 Euro für die “künstlerische Gestaltung” der 21 Betonblöcke ausgeben will. Die so genannten “New Jersey”-Barrieren wurden im August als Anti-Terror-Maßnahme im Bozner Stadtzentrum aufgestellt. Und sollen nun von vier Künstlern “ästhetisch bearbeitet” werden.
Obwohl die gesamte Stadtregierung von Bozen das Vorhaben gutgeheißen und die Ausgabe genehmigt hat, wird in erster Linie Marialaura Lorenzini heftig dafür kritisiert. Allen voran von der Lega Nord. Nicht zum erstem Mal schießen sich die Leghisti auf die Grüne Stadträtin ein. Am Mittwoch verteilte man 1.000-Euro-Scheine mit dem Konterfei der Grünen Stadträtin in der Bozner Altstadt. Als “assessora allo spreco”, “Stadträtin der Verschwendung” bezeichnen die Leghisti Lorenzini. Als “Irrsinn” (“pazzia”) bezeichnet Carlo Vettori von der Lega gegenüber den Medien die knapp 50.000 Euro für die Bemalung der Betonblöcke (die wiederum auch von der Lega begrüßt wurden). Auch in den sozialen Netzwerken wird die Stadträtin tagelang heftigst attackiert.
Lorenzinis Parteikollegen springen ihr bei. “Die Grünen Südtirols und die Grünen Bozens verurteilen die Initiative der Lega”, schreibt die Parteispitze in einer Aussendung. “Wir finden sie zutiefst verurteilenswert, da sie weit über die normale politische Debatte hinausgeht. Hier wird das Foto der Stadträtin verwendet, die im Auftrag des gesamten Stadtrates gehandelt hat, um sie persönlich zu beleidigen und zu demütigen. Das ist inakzeptabel.”

Auch auf Facebook erreichen Stadträtin Lorenzini zahlreiche Solidaritätsbekundungen. Von der Linken, PD und sogar von Claudio Della Ratta. “Unangebracht” seien die persönlichen Attacken, so der PSI-Gemeinderat. Doch Marialaura Lorenzini hätte sich eine deutlichere Geste erwartet: eine Verurteilung der Angriffe gegen ihre Person durch den Bozner Gemeinderat als Institution. Das lässt sie am Donnerstag Abend den Gemeinderat wissen. Lorenzini ist den Tränen nahe als sie sagt, sie sei “als Frau, als Mutter und als Person” in der Öffentlichkeit lächerlich gemacht worden und spricht von einem “systematischen Angriff gegen meine Person”. Am Ende ihrer kurzen Wortmeldung verabschiedet sich Lorenzini – “Io vi saluto, vi auguro una buona serata e arrivederci” – und verlässt den Sitzungssaal. Ihre Parteikollegin Chiara Rabini eilt ihr hinterher.
Dann ergreift Carlo Vettori das Wort. “È giusto riconoscere i propri errori”, sagt der Lega-Vertreter. Erst vergangene Woche hat der Bozner Gemeinderat das Thema Gewalt an Frauen diskutiert – und in diesem Sinne habe er “eine Grenze überschritten”, gesteht Vettori. “Mi scuso personalmente per aver recato danno alla persona dell’assessora Lorenzini.” Seine Wortwahl gegenüber den Medien sei “unglücklich” und kein persönlicher Angriff auf die Stadträtin gewesen. Doch die Kritik an den 48.556 Euro als “irrsinnige Ausgabe” bleiben.

Nach ihrem Abgang kommt manchem der Verdacht, dass Marialaura Lorenzini als Stadträtin zurücktreten könnte. Doch das wird sowohl vom Bürgermeister als auch von den Grünen selbst dementiert.

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Mensch Ärgerdi… Fr., 24.11.2017 - 12:41

Ich kann der Meinung, dass die "Geldscheinaktion" als persönlicher und somit nicht politischer Angriff einzustufen ist, nur beipflichten. In wie fern dieser Angriff sie aber als "Frau und Mutter" beleidigt, bleibt mir schleierhaft. Ich hege für die Lega wahrlich wenig Sympathien, aber ich glaube kaum dass man mit dieser Aktion Lorenzini als Frau oder Mutter angreifen wollte. Wäre an ihrer Stelle ein Mann gewesen, hätte es ziemlich sicher die gleiche Aktion gegeben. Wahrscheinlich handelt es sich nur um eine schlechte Wortwahl, welche auch durch die Emotionen des Momentes ergeben hat und durchaus verständlich ist.

Fr., 24.11.2017 - 12:41 Permalink
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Hans Heiss Fr., 24.11.2017 - 13:07

Lieber Menschärgerdichnicht, muss Sie korrigieren: Frauen in öffentlicher Funktion werden bei solchen Anlässen mit besonderer Schärfe attackiert und kriegen gleich die doppelte Dröhnung ab, oft stellvertretend für ihre Kollegen: Brigitte Foppa kann davon ein Lied singen, aber auch Landesrätin Kasslatter Mur hat in der "Froschaffäre" und dann beim sog. Rentenskandal kübelweise Angriffe abgekriegt. Im Falle von ML Lorenzini handelt es sich nicht um "schlechte Wortwahl", sondern um Brutal-Attacken in übelster Lega-Tradition. Daher unsere volle Solidarität mit Maria Laura!

Fr., 24.11.2017 - 13:07 Permalink
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Mensch Ärgerdi… Fr., 24.11.2017 - 14:28

Antwort auf von Hans Heiss

Also wollen Sie Herrn Vettori in diesem Fall einer frauenfeindliche Haltung bezichtigen? Dafür fehlt schlichtweg ein Beweis. Hätte Herr Vettori gesagt, Frau Lorenzini solle lieber zu Hause bleiben und sich um Küche und Kinder kümmern, dann wäre so eine Anschuldigung korrekt. Das ist aber nicht der Fall.
Kann es nicht eher sein, dass durch gesellschaftlichen Usus, eine Frau als Opfer mehr Empathie hervorruft als ein Mann und man deswegen den Eindruck hat Beleidigungen an Frauen wären schlimmer als an Männer? Das müsste doch gerade die Art von gesellschaftlichen Rollenbilder sein, gegen welche die Grünen sich doch sonst so vehement wären, oder?

Fr., 24.11.2017 - 14:28 Permalink
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Corinna Lorenzi Fr., 24.11.2017 - 21:57

Antwort auf von Mensch Ärgerdi…

Frauenfeindlich heißt nicht nur, auf althergebrachte, banale Klischees zurückzugreifen.
Denken Sie wirklich, Herr Vettori hätte im gleichen Fall denselben Wortlaut, nämlich "pazza" verwendet, wenn es sich um einen Stadtrat, z.B. Herrn Walcher oder Herrn Baur gehandelt hätte (natürlich in der männllichen Form, sprich "il Walcher/Baur è un pazzo..")?
Klarerweise kennt hier niemand die Antwort. Ich wage jedoch die Hypothese, dass er dies nicht getan hätte. Zu verlockend ist das Bild einer "ver-rückten, gierigen" (vielleicht sogar hysterischen?) Frau, die mit am Steuer der Bozner Stadtregierung steht. In diesem Sinne ist dies wohl durchaus eine untergriffige Diskreditierung einer Frau.

Fr., 24.11.2017 - 21:57 Permalink
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Corinna Lorenzi So., 26.11.2017 - 21:32

Antwort auf von vettori carlo

Con tutto il rispetto, ma 2.350 € a New Jersey (Iva inclusa) sono tutt'altro che follia. Ma ovviamente ogniuno è libero di pensarla come vuole.
Che però abbia aggredito in questo modo inaccettabile e indegno un'assessora che ha semplicemente messo i soldi del proprio budget istituzionale, che non ha deciso nulla se non insieme e su proposta della Giunta comunale, la dice lunga sulle fantastoria che si cerca di raccontare adesso, dopo.
Questo modo non ha nulla a che vedere con l'espressione di dissenso o un dibattito politico, è violenza verbale e come tale va indicata e condannata.
Ha intenzione di trattare ancora peggio i suoi avversari politici uomini? Dispiace leggere queste affermazioni. Con le sue scuse pubbliche in aula si poteva pensare che avesse ammesso un errore. Evidentemente non è così. Mi chiedo a cosa siano allora servite quelle scuse.

So., 26.11.2017 - 21:32 Permalink
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Mensch Ärgerdi… Sa., 25.11.2017 - 19:45

Antwort auf von Corinna Lorenzi

"Ich wage jedoch die Hypothese, dass er dies nicht getan hätte."
Das ist eine durchaus gewagte Hypothese welche keinerlei objektive Begründung findet. Ohne es zu merken fallen Sie gerade in sexistische Klischees welche Sie anprangern! Als würde jeder Mann wenn er eine Frau angreift sie gleich als hysterische Verrückte bezeichnen. Nein! Das geht entschieden zu weit und ist mehr als unangebracht.

Sa., 25.11.2017 - 19:45 Permalink
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Marcus A. Fr., 24.11.2017 - 16:22

Antwort auf von Hans Heiss

Dass Frau Foppa "mit besonderer Schärfe" attackiert wird, dürfte wohl nicht verwundern und liegt wohl viel weniger daran, dass sie eine Frau ist, sondern wohl mehr am Inhalt ihrer Aussagen.
Sie verwechseln da wohl Korrelation und Kausalität.
Frau Foppa schafft es ganz geschickt, in den Schlagzeilen zu bleiben und danach immer wieder in die Opferrolle zu schlüpfen.

Fr., 24.11.2017 - 16:22 Permalink
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Profil für Benutzer Ludwig Thoma
Ludwig Thoma Fr., 24.11.2017 - 16:41

Antwort auf von Marcus A.

@Marcus A.
Lesen Sie sich nochmal die Reaktionen auf Foppas Aussage, man "müsse darüber nachdenken, ob man die Kreuze aus öffentlichen Gebäuden entfernen sollte." (oder so ähnlich)
Geschickt in die Opferrolle schlüpfen sieht mir dann doch irgendwie anders aus.

Fr., 24.11.2017 - 16:41 Permalink
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Profil für Benutzer alfred frei
alfred frei Fr., 24.11.2017 - 13:45

.... es kommt nicht von ungefähr daß man ML Lorenzini so angreift, sie ist die Speerspitze einer mutigen, aufgeschlossenen Reformpolitik im Bozner Stadtrat und eine Frau dazu, das ist wahrlich zuviel. Nach Francesco Saverio Borelli: "resistere, resistere, resistere ......"

Fr., 24.11.2017 - 13:45 Permalink
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Profil für Benutzer Robert Tam...
Robert Tam... Sa., 25.11.2017 - 18:38

Es ist absolut legitim, eine Ausgabe von 49.000 € für die künstlerische Bearbeitung von Betonklötzen als "pazzia" und "spreco" zu bezeichnen. Man kann eben für oder gegen dieses Projekt sein.

Wenn Frau Lorenzini dann behauptet, als "Frau und Mutter" in der Öffentlichkeit lächerlich gemacht worden zu sein, dann bleibt sie (und natürlich auch ihre Parteigenossin Lorenzi, die ihr hier gleich zu Hilfe eilt) dafür den Beweis schuldig.
Aus der Legakritik an Frau Lorenzini geht übrigens nirgendwo hervor, dass sie Mutter ist (z.B. so etwas wie "statt Betonklötze zu verzieren, sollte Frau Lorenzini für ihre Familie kochen").

Generell ist Lorenzinis mimosenhaftes Getue nicht gerade förderlich für die Frauenpolitik: wenn Frauen genau so gute Politiker sein können wie Männer (woran ich absolut glaube), dann müssen sie politisch legitime Kritik einstecken können, ohne dann gleich zu versuchen, diese auf ihr Geschlecht zu schieben.
Oder wünscht sich Frau Lorenzini etwa eine Sonderbehandlung der Art "wir kritisieren Frau Lorenzinis Ausgaben, trauen uns aber nicht, mehr zu sagen, damit man uns ja nicht Frauen- und Mutterfeindlichkeit vorwirft"?

Also, Frau Lorenzini: etwas mehr Mumm und Kritikfähigkeit, bitte! Was würden die tapferen Suffragetten sagen, wenn sie Ihre Selbstmitleidsaktion sehen könnten?

Sa., 25.11.2017 - 18:38 Permalink
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Profil für Benutzer Corinna Lorenzi
Corinna Lorenzi So., 26.11.2017 - 23:03

Der Punkt ist ja, dass nicht die "künstlerische Bearbeitung" als "pazzia" betitelt wurde - was ja, wie Sie richtig schreiben, eine legitime persönliche Meinungsäußerung wäre, - sondern die Stadträtin als "pazza" bezeichnet wurde.
Das ist keine politische Kritik.
Ich finde es schade, dass Sie von anderen Kritikfähigkeit einfordern (worüber man ja durchaus diskutieren könnte), sich selbst aber nicht mit vollem Namen zeigen. Etwa selbst Angst vor persönlicher Kritik? ;)

So., 26.11.2017 - 23:03 Permalink
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Profil für Benutzer Robert Tam...
Robert Tam... Mo., 27.11.2017 - 07:43

Antwort auf von Corinna Lorenzi

Liebe Corinna,
im Artikel steht:
"Als 'Irrsinn' ('pazzia') bezeichnet Carlo Vettori von der Lega gegenüber den Medien die knapp 50.000 Euro für die Bemalung der Betonblöcke (die wiederum auch von der Lega begrüßt wurden)"
Hat Salto etwa das Zitat falsch gebracht?
Übrigens bleibt die Tatsache, dass Lorenzini nicht als "Frau und Mutter" in der Öffentlichkeit lächerlich gemacht wurde. Das mimosenhafte Getue von Deiner Parteigenossin tut der Frauenpolitik wahrlich nichts Gutes.

Mein voller Name ist Robert Tamanini, wie ich auf diesem Portal schon mehrmals klipp und klar geschrieben habe. Ob Du meinen vollen Namen kennst oder nicht, liebe Corinna, ändert aber nichts am Inhalt meines Beitrags - netter Ablenkungsversuch.
Sprich doch mal mit Marialaura Lorenzini und fordere sie zu mehr Mut auf.
WwSt? (Was würden Suffragetten tun?) ;)

Mo., 27.11.2017 - 07:43 Permalink