Kultur | Salto Afternoon

Schwarze Augen

Der Künstler Stefan Fabi hat gemeinsam mit Flüchtlingen Kunstwerke entstehen lassen. Die Ausstellung ist vom 19. bis zum 23. Dezember in Bozen zu sehen.
fabi_2.jpg
Foto: Quelle: Kulturzeit/Rai Südtirol/Fuscaldo

Salto.bz: BLACK EYES nennt sich Ihr aktuelles Ausstellungsprojekt bei „Arte in casa" in Bozen. Dabei werden Sie als Künstler mit Flüchtlingen arbeiten. Was soll entstehen?
Stefan Fabi: Fünf Menschen – Maood, Tamash, Famara, Yankuba, Lamin – aus den Flüchtlingsheimen von Meran und Riffian wurden eingeladen, einen mit Holzwürmern befallenen Apfelbaumwurzelstock zu bearbeiten und daraus eine Skulptur anzufertigen.
Neben diesen Arbeiten wird auch mein Selbstportrait aus Wurzelstockholz, die Arbeit EINBLICK zu sehen sein. Es sind zehn mit einem Holzschnitt bedruckte, Afrikanische Stoffe. Dazu das Werk ALBERO, das sind vier bemalte alte Werkstattbretter und das Werk EINSCHLUSS, vier bearbeitete Apfelbaumstämme.

Es entstehen also Arbeiten, wo mitunter „der Wurm drin ist"...
Black Eyes ist ein Ausstellungsprojekt an dem mehrere Menschen beteiligt sind. Verschiedene Positionen werden sich mit der Thematik des Verwurzeltseins künstlerisch auseinandersetzen. Beim ersten Treffen im Atelier wurde den Teilnehmern die Idee vorgestellt. Dabei wurde als Denkanstoß die Bedeutung des Obstbaues in Südtirol, die Funktion eines Wurzelstocks und das Vorhandensein eines Wurmbefalls erläutert und folgende Fragen aufgeworfen:

Wo liegt unsere Vernetzung begraben? Ist unser Werk in uns verwurzelt oder spielt sich die Handlung nur an der Oberfläche ab? Bleibt das Loch, und mit ihm der Wunsch nach Anschluss, Rückhalt, internen Freiraum, Verwurzelung und Aufnahme? Wo liegen unsere Wurzeln begraben?

Sie arbeiten immer wieder künstlerisch mit Menschen mit Migrationshintergrund. Wie fruchtbar sind diese Zusammenarbeiten? Was bringen sie für die Kunst?
Durch das gemeinsame Thema, die individuelle Arbeit und die gemeinsame Ausstellung entsteht ein interessanter und zugleich spannender Austausch, eine Kombination zwischen individueller und kollektiver Aussage. Dabei geht es mir vor allem um das gemeinsame Tun. Themen werden beleuchtet, Arbeitsschritte überlegt, Aufgaben gestellt, Lösungen gefunden. Das künstlerische Arbeiten ermöglicht es, uns unbefangen in Interaktion treten zu lassen. Somit wird die Kunst zum Bindeglied unterschiedlicher Ausdrucksformen, zum Baustein zwischenmenschlicher Beziehung.

Wie sehen die beteiligten Flüchtlinge Ihren Ansatz?
Sie sind neugierig und hungrig etwas zu tun, etwas zum Ausdruck zu bringen. Die Arbeit befreit sie von ihrem gewohnten Alltagstrott im Camp und ermöglicht es Ihnen mit Anderen – den Angewurzelten – in Kontakt zu treten, ins Gespräch zu kommen. Durch genaues Hinhören erkennen wir Gemeinsamkeiten, finden plötzlich die gleichen Bedürfnisse hinter unseren Bestrebungen und unseren Verhaltensmustern. Dabei wird oft klar, welche Bilder und Vorstellungen wir voneinander haben, die nicht der Realität entsprechen.

Ist Black Eyes ein einmaliges Projekt, oder soll es fortgeführt werden?
Die Ausstellung BLACK EYES ist eine Kunstbaustelle im Rahmen des Projekts GRENZE UND GEBIET, welches im Frühjahr 2017 gestartet ist, folgende Fragen aufwirft und nach Stellungnahmen sucht: Was gebieten uns unsere Grenzen? Welches Gebiet begrenzen wir? Was bieten uns unsere Grenzgebiete? Wo liegen Gebietsgrenzen in und um uns herum? Wann wird das Gebiet zum Bereich? Welche Bereiche tangieren wir und wo stoßen wir an? Reicht unser Gebiet bis an die Grenze? Gibt es Grenzbereiche in unserem Gebiet? Welcher Bereich liegt uns und welcher liegt vor uns?