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Römische Heuschrecke

Wer ist Francesco Grillo? Und wie kommt der römische Politologe in den Verwaltungsrat der Uni Bozen? Die Hintergründe eines PD-Postenschachers.
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Foto: upi
Es war ein harter politischer Machtkampf zwischen den zwei höchsten politischen Vertretern im Land. Arno Kompatscher und Christian Tommasini. Wochenlang hielt man sich in Schach. Dabei ging es vordergründig um ein Amt. In Wirklichkeit aber trafen zwei Verwaltungskulturen und zwei Auffassungen von Politik aufeinander.
Am Ende setzten sich Tommasini und der PD durch. Das Ergebnis: Ein weiteres Beispiel, das deutlich macht, wie sehr der Südtiroler PD am römischen Gängelband hängt und wie willfährig man sich als Parkplatz und Postenlieferant für die nationale Regierungspartei anbiedert.
 

Der neue Unirat

 
Die Südtiroler Landesregierung hat am Dienstag die vier Vertreter des Landes im neuen Universitätsrat nominiert. Wie von Salto.bz angekündigt wurden Ulrike Tappeiner, Dekanin der Fakultät für Biologie an der Universität Innsbruck, der Politologe und Wirtschaftswissenschaftler Francesco Grillo, der Unternehmer Harald Oberrauch und als Vertreterin der Ladiner Heidi Siller-Runggaldier, Professorin am Institut für Romanistik an der Universität Innsbruck, ernannt. Die Landesregierung hat sich gleichzeitig für Ulrike Tappeiner als Nachfolgerin des scheidenden Präsidenten Konrad Bergmeister ausgesprochen. Da ein Italiener Vizepräsident werden muss, dürfte Francesco Grillo für dieses Amt designiert sein.
 
Was in den offiziellen Verlautbarungen aber verschwiegen wird: Es war eine Schwergeburt, bei der einiges politisches Porzellan zerschlagen wurde.
Eigentlich hätte die Nominierung bereits im alten Jahr erfolgen sollen. Am 15. Dezember hielt der amtierende Unirat seine letzte Sitzung ab. Zu diesem Zeitpunkt schien die Nachfolge geregelt. Das Paket war geschnürt. Auch der italienische Vertreter stand fest.
Als neuer Vizepräsident der Uni Bozen war Vinicio Biasi vorgesehen. Der perfekt zweisprachige Bozner Unternehmer (Microgate), der seit Jahren mit in- und ausländischen Universitäten zusammenarbeitet, sollte gleichzeitig auch der Vertreter der Wirtschaft im Unirat sein.
Doch der PD stellte sich gegen Biasi quer. Der Grund des Vetos: Tommasini & Co wollten und mussten einen anderen mit diesem Amt versorgen.
 

Der Politologe

 
Der 52jährige Neapolitaner Francesco Grillo hat in seinem Curriculum zwar den honorigen Titel „Visitingprofessor in Oxford“ stehen, bei genauerem Hinsehen fällt aber auf, dass es sich um einen Gastauftritt im St. Anthony College in Oxford handelt. Denn in Wirklichkeit ist der Politologe und Wirtschaftswissenschaftler, der auch als Berater für McKinsey gearbeitet hat, mehr im Journalismus als in der akademischen Welt zuhause. Grillo ist unter anderem Kolumnist für den Corriere della Sera und hat einige Meinungsbeiträge auch im englischen Guardian veröffentlicht. Zudem ist Francesco Grillo Präsident des Think Tank „Vision“, zu dem auch eine kommerzielle Beratungsgesellschaft gehört.
Vor allem aber ist der gutaussehende Grillo politisch im PD bestens vernetzt. So gibt es ein Nahverhältnis zur amtierenden Ministerin für Unterricht, Universitäten und Forschung Valeria Fedeli (PD). Es ist kein Zufall, dass Francesco Grillo auch als Berater für das Unterrichtsministerium arbeitet.
 

Der PD-Mann

 
Es ist dieser parteipolitische Hintergrund, der Francesco Grillo zum neuen Vizepräsidenten der Uni Bozen machen wird. Eingefädelt von Carlo Costa, soll der römische PD-Mann an der Südtiroler Alma Mater in Zukunft die Belange der lokalen akademischen Welt vertreten.
Dass Grillo kein Deutsch spricht, keinerlei Beziehung zu Südtirol hat und weder Land noch Leute kennt, ja selbst die Bozner Uni nur von außen kennt, zählt dabei nicht. Es geht darum, einen PD nahen Intellektuellen zu platzieren.
Landeshauptmann Arno Kompatscher hat sich lange gegen diese Personalie gewehrt. Auch weil die geplante Ernennung vor allem an der Spitze der Bozner Universität auf Ablehnung und auch auf eine gewisse Entrüstung gestoßen ist. Deshalb pilgerte Carlo Costa vorvergangene Woche auch zu Rektor Paolo Lugli, um ihn von der Güte des Kandidaten zu überzeugen. Nach Informationen von Salto.bz soll der Auftritt Costas aber eher das Gegenteil ausgelöst haben.
 
Am Ende gaben der Landeshauptmann und die SVP aber nach. Auch im Hinblick auf die anstehenden Parlamentswahlen wollte man keine öffentliche Diskussion mit dem Bündnispartner PD riskieren.
Deshalb wurde Vinicio Biasi auch durch Wirtschaftsvertreter Harald Oberrauch im Unirat ersetzt.
Damit sind zwei Dinge klar geworden.
Erstens: Der PD importiert nicht nur nationale Kandidaten bei Wahlen nach Südtirol, auch Schlüsselpositionen in der Südtiroler Gesellschaft werden inzwischen von Tommasini, Costa & Co nach den Bedürfnissen der nationalen Parteilogik vergeben.
Und zweitens: Es gibt in Südtirol anscheinend keinen Italiener, der als Vizepräsident der Uni Bozen geeignet ist.
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alfred frei Mi., 10.01.2018 - 12:37

Im Dreieck Wien – Bozen – Rom gewinnt die Hypotenuse als längste Seite bei Wahlen ein besonderes Gewicht, ausgefüllt von erfahrenen Macht- und Interessenmanagern, denen Kompatscher leider wenig entgegenzusetzen hat.

Mi., 10.01.2018 - 12:37 Permalink
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Martin B. Mi., 10.01.2018 - 23:28

Pfui Tommasini, Costa & Co: wenn auch Rektor Paolo Lugli scheinbar eindeutig einen lokalen kompetenten Kandidaten bevorzugen würde, dann haben sie Ihrer Kreditibilität sicher einen Bärendienst getan. Berichten die italienischen Provinzmedien dazu? Ich denke das ist empörend und beschämend.

Mi., 10.01.2018 - 23:28 Permalink
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Richard Lang So., 14.01.2018 - 21:33

Was ist "Kreditibilität", Eindeutschung von credibilitá? Besser dann wohl Glaubwürdigkeit.
Und das " scheinbar" müsste wohl korrekterweise "anscheinend" heißen?

So., 14.01.2018 - 21:33 Permalink