Politik | Politische Moral

Wahlkampf im Amt

In Wahlkampfzeiten tun sich Regierungspolitiker besonders schwer zwischen Amt und Partei zu unterscheiden. Etwa Landeshauptmannstellvertreter Christian Tommasini.
Christian Tommasini
Foto: Suedtirolfoto.com/Othmar Seehauser
Die Absender der Nachricht ist klar beschrieben.
Christian Tommasini“ darunter steht „Vicepresidente della Provincia e Assessore alla Cultura, Istruzione e Formazione in lingua italiana, Edilizia abitativa, Libro Fondiario, Catasto, Cooperazione e Lavori pubblici - Landeshauptmannstellvertreter und Landesrat für italienische Kultur, Bildung, Wohnungsbau, Grundbuch, Kataster, Genossenschaftswesen und öffentliche Bauten“. Plus amtlicher Telefon- und Faxnummer.
Auch die Email-Adresse ist amtlich. 
Nur die Nachricht, die vergangene Woche an hunderte Adressen ging, ist weniger amtlich.
Im Betreff „Invito“ schreibt Christian Tommasini:
 
„Buongiorno
 siete cortesemente invitati ad un incontro/confronto con i candidati del PD Maria Elena Boschi e Gianclaudio Bressa sul tema: 
“Mondo associativo e cooperativo, e riforma del Terzo Settore”
Che si terrà il giorno 21 febbraio alle ore 17:00 nella sede del PD in piazza Domenicani a Bolzano. 
 L’incontro predeve una breve introduzione iniziale, per poi passare la parola ai rappresentanti del mondo cooperativo e associazionistico, per proposte, suggestioni, critiche, richieste di approfondimento, ecc.
Per dare adeguato spazio alle repliche dei candidati, per questo momento iniziale saranno riservati circa 20 minuti. Si prega quindi di restare nei due minuti di tempo per intervento. 
Si prega di dare conferma della presenza in risposta a questa mail.
 
Grazie
Cordiali saluti
Christian Tommasini“
 
Eine Einladung zu einer PD-Wahlveranstaltung verschickt mit dem offziellen Signum des Landes, der Landesregierung und des Landeshauptmannstellvertreters.
 
 
 

Die Unterstaatssekretärin

 
Salto.bz macht in seiner Wahlarena Streitgespräche zwischen verschiedensten Kandidaten und Kandidatinnen für die anstehenden Parlamentswahlen. Geplant war auch ein Gespräch zwischen Michaela Biancofiore (FI-Pdl) und Maria Elena Boschi (PD/SVP).
Die Redaktion stellte - wie vorgesehen - an den Wahlkampfleiter Boschis eine offizielle Anfrage. Die Email-Adresse an die die Anfrage geht, ist eine klar gekennzeichnete Adresse des Renzi- und PD-Teams. Der Name und die Endung “matteorenzi.it”.
Wie sich erst später herausstellt, gibt es im PD-Wahlkampf eine klare Regel. Jedenfalls in Südtirol. Keine offene Auseinandersetzung mit dem politischen Gegner. Deshalb haben zuerst Maria Elena Boschi und dann auch Gianclaudio Bressa eine Teilnahme an einem Salto-Streitgespräch abgelehnt.
Interessant ist aber die offizielle Antwort Boschis:
 
„Gentilissimi, con la presente siamo ad informarVi che purtroppo non è possibile inserire in Agenda il Vostro confronto.
Un saluto cordiale
 
Darunter die Unterzeichnerin: „La Segreteria Particolare della Sottosegretaria di Stato alla Presidenza del Consiglio dei Ministri, On. Avv. Maria Elena Boschi Piazza Colonna, 370 - 00187 Roma
Versehen mit dem offiziellen italienischen Staatswappen, dem Zeichen der Regierung.
Versendet wurde die Mail von Amtsadresse Boschis mit der Endung “governo.it”.
Eine Vertreterin der Regierung, die einen Medienauftritt als PD-Kandidatin über ihr Ministerium absagen lässt.
 
 
 

Die andere Seite

 
Der Landerat, der sein Amt und seine Mitarbeiter im Wahlkampf einsetzt. Eine Unterstaatssekretärin, die ihre Wahlkampftermine vom eigenen Ministerium koordinieren lässt. Hier verschwimmen die Grenzen zwischen Partei und öffentlichem Amt. Hier werden öffentliche Mittel für Parteipolitik eingesetzt.
Es mag eine Formalität sein. Doch diese Lässlichkeit legen ein Bewusstsein offen, das doch bedenklich ist.
Vor allem, wenn man weiß, dass man auch ganz anders vorgehen kann.
Vor einigen Jahren hat Brigitte Foppa, damals noch grüne Gemeinderätin in Bozen, einen Fehler gemacht. Die Landesangestellte verschickte über ihre amtliche Email-Adresse einen Leserbrief an die Dolomiten.
Das Tagblatt der Südtiroler blies diese Mail zum Skandal auf. Nach drei Artikeln und einer Würdigung in der Rubrik „Abgestiegen“, musste sich die heutige grüne Landtagsabgeordnete beim Personalchef des Landes schriftlich rechtfertigen.
Moral hängt anscheinend von der Partei ab.
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Alois Abart Do., 22.02.2018 - 23:19

Lieber Christoph Franceschini, es ist nicht nur eine "Lässlichkeit" von "Formalitäten" .... sondern, es sind eben diese Gesetze und Normen welche jene Leute selbst verabschiedet haben und danach "lässig selbst übertreten. Es ist gut, dass diese Leute selbst ins Fettnäpfchen treten, denn dann, wissen wir, wie wir sie zu "nehmen" haben. Ich habe etwas gegen unlautere und präpotente Einflussnahme und gegen Spielchen mit ungleichen Regeln. Schließlich haben Wir diesmal das Kreuzchen zu setzen.

Do., 22.02.2018 - 23:19 Permalink