Politik | Richtung Rom

Bressa for President?

Hat die SVP Gianclaudio Bressa bereits zum Chef der Autonomiegruppe im Senat erkoren? “Schenken Fraktionsvorsitz sicher nicht her”, prescht JG-Chef Premstaller vor.

“Zellers Erbe.” Als solcher wurde Gianclaudio Bressa in den vergangenen Wochen von den Medien präsentiert. Selbst hat Karl Zeller Bressa öffentlich nie als solchen bezeichnet – auch wenn klar ist: Mit dem Ausscheiden aus der römischen Politik hinterlässt der Meraner Senator nach einem Vierteljahrhundert eine große Lücke. Da auch Hans Berger und Francesco Palermo nicht mehr antreten, stellt sich unweigerlich die Frage, wer dem erfahrenen Zeller als Präsident der Autonomiefraktion im Senat nachfolgen wird.

Die Neuen der SVP in Rom – Meinhard Durnwalder und Julia Unterberger gelten in ihren Wahlkreisen so gut wie fix als künftige Senatoren, auf regionaler Ebene könnte es Dieter Steger über die Verhältniswahl schaffen – müssen sich auf dem römischen Parkett erst zu bewegen lernen.
Was also wäre naheliegender, als den PD-Verbündeten Gianclaudio Bressa, der im Wahlkreis Bozen-Unterland mit Unterstützung der SVP kandidiert, “so viel für alle Südtiroler getan” (Karl Zeller) hat und auf eine langjährige Erfahrung in Rom zurückblicken kann, zum Präsidenten der Autonomiegruppe zu erküren?

Vor den Wahlen bereits über Posten zu spekulieren ist nicht die feine Art. Und doch hat nun Barbara Repetto eine Andeutung gemacht, die in der SVP für Unruhe sorgt.
“Penso che ormai lo si possa davvero considerare un ‘locale’”, sagt die ehemalige PD-Landesrätin, von salto.bz interviewt, über Gianclaudio Bressa. “Lo garantisce la stessa Svp che lo ha fortemente voluto come proprio candidato, tanto da essere destinato a fare, a Palazzo Madama, il capo dei senatori della Volkspartei.”

Es sei demnach die SVP gewesen, die sich Bressa derart stark als Kandidaten gewünscht habe, dass sie ihn bereits zum “capo dei senatori della Volkspartei” bestimmt habe. So die Aussage von Repetto. Nun lässt diese Formulierung – “capo” – einigen Spielraum für Interpretationen offen. Doch einer prescht vor.

“Bressa sicher nicht Fraktionschef der Autonomiegruppe” – so der Titel einer Aussendung, die wenige Stunden nach Veröffentlichung des salto-Interviews am Freitag verschickt wird. Der Absender ist Stefan Premstaller, Vorsitzender der Jungen Generation der SVP, der übrigens bis vor Kurzem in der Anwaltskanzlei von Meinhard Durnwalder tätig war. Repetto schätze “das Abkommen mit dem PD falsch ein”, Nachfolger von SVP-Mandataren in Rom “waren und werden SVP-Mandatare”, schreibt Premstaller.

“Die Aussagen der ehemaligen Landesrätin Barbara Repetto, wonach Gianclaudio Bressa dafür bestimmt sei, ‘der Fraktionschef der SVP-Senatoren im Senat zu werden’  und dies von der Südtiroler Volkspartei im Rahmen der Vereinbarung zur Kandidatur gewährleistet werde, ist auf mehreren Ebenen falsch”, so der JG-Vorsitzende. In seiner Aussendung kritisiert er Barbara Repetto scharf – und versucht ihre Worte zu zerlegen.

“Erstens wird das politische Erbe der SVP-Senatoren Hans Berger und Karl Zeller mit Sicherheit nur von den neuen SVP-Exponenten angetreten. Zweitens kann sich der PD glücklich schätzen, dass die SVP einen der ihrigen als Gastkandidat mit unterstützt. Bekanntlich wird der Gast nicht zum Hausherrn. Drittens sind die SVP-Parteigremien dafür zuständig, innerhalb der SVP-Mandatare jenen auszuwählen, der die SVP-Mannschaft in den beiden Kammern anführt.”

Auch im Geiste der Reform der Senatsgeschäftsordnung, die eine eigene Fraktion für Senatoren vorsieht, die einer sprachlichen Minderheit angehören, lese die ehemalige PD-Exponentin – Repetto ist derzeit nicht Mitglied des Partito Democratico – die Sachlage falsch, so Premstaller: “Die Ausnahmeregelung für die Autonomiefraktion ist der Idee des Schutzes der sprachlichen Minderheiten geschuldet.” Premstaller schickt den entsprechenden Auszug aus der Geschäftsordnung des Senats mit. Dort wird festgehalten, dass Senatoren, die einer gesetzlich anerkannten Sprachminderheit angehören, eine eigene Fraktion bilden können. Allerdings gilt diese Ausnahmeregelung auch für jene Senatoren, die in einer Region gewählt werden, deren Statut den Schutz von sprachlichen Minderheiten vorsieht – der Belluneser Gianclaudio Bressa wäre ein solcher, wird er in Südtirol gewählt.

Doch Premstaller wehrt ab: “Weder die Senatoren Berger und Zeller noch die anderen Fraktionen im Senat haben diese Ausnahmeregelung gemacht, um dem PD auf Umwegen noch eine Fraktion zu verschaffen. Im Übrigen wird das Abkommen mit dem PD dadurch begründet, dass sich die SVP nicht alle drei Einmannwahlkreise holen will, weil damit die Italiener in Südtirol ohne Sitz blieben: Wir werden dann sicher nicht den Fraktionsvorsitz herschenken.

Der JG-Chef will sich nachsichtig geben: “Ich gehe davon aus, dass die Einschätzungen von Frau Repetto über das Ausmaß der Zusammenarbeit zwischen der SVP und dem PD nicht einer Boshaftigkeit geschuldet ist, sondern der Unkenntnis über die aktuellen politischen Umstände in der Partei und auf Ebene der Geschäftsordnung des Senats.”
Man wird sehen, wer nach dem 4. März die Präsidentschaft der Autonomiegruppe im Senat antritt. Und Karl Zeller tatsächlich beerben wird.

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alfred frei Fr., 23.02.2018 - 18:07

Südtiroler Bürgerbeteiligung an den Wahlen in Reinform: man streitet schon über die Ämterverteilung in Rom bevor die Wahlurnen
stehen. Ein Volk von Komparsen harrt der Dinge.

Fr., 23.02.2018 - 18:07 Permalink