Politik | Tirol

Platters Triumph

Viele Gewinner gibt es bei den Tiroler Landtagswahlen – und in Südtirol findet (fast) jeder Grund mit zu jubilieren.
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Foto: LPA/Jakob Glaser

Die Location war zugleich das Motto des gestrigen Wahlabends. „felix“ heißt das Lokal nahe des Innsbrucker Bahnhofs, in dem am Sonntag Abend die Wahlparty der Tiroler Volkspartei stieg. Und zum Glücklichsein gab das Ergebnis der Tiroler Landtagswahlen für Günther Platter und seine MitstreiterInnen tatsächlich Anlass.  Laut vorläufigem Endergebnis hat die Tiroler ÖVP klar zugelegt, von 39,4 Prozent der Stimmen im Jahr 2013 auf 44,26 Prozent. „Niemals erwartet“, hätte er ein solch „sensationelles“ Ergebnis, frohlockte der alte und mit ziemlicher Sicherheit neue Landeshauptmann, der somit die Weichen für seine dritte Periode als Landeschef gestellt hat. "Das Tiroler Wahlergebnis hat unsere Erwartungen übertroffen", gratulierte auch Bundeskanzler und ÖVP-Parteichef Sebastian Kurz, der sich die Tiroler Siegesfeier nicht entgehen ließ.

Auch anderenorts in Innsbruck gab es Grund, die Sektkorken knallen zu lassen. SPÖ und FPÖ erzielten ebenfalls fette Zuwächse: von 13,7 auf 17,25 Prozent die Roten, von 9,3 auf 15,53 Prozent die Blauen. Der Zugewinn von 6,2 Prozentpunkten blieb aber dennoch unter dem ehrgeizigen Vorhaben von Tirols FPÖ-Chef Markus Abwerzger, das Ergebnis gegenüber 2013 zu verdoppeln. Vor allem verloren die Tiroler Blauen nicht nur Platz Zwei knapp an die SPÖ. Ebenso knapp verfehlten sie ein sechstes Landtagsmandat.

Stimmenanteile von knapp zwei Prozentpunkten büßten dagegen die Grünen ein, von 12,6 Prozent vor fünf Jahren auf 10,67 Prozent. Damit ist zumindest das Ziel im zweistelligen Bereich zu bleiben erreicht. Tirols Parteichefin und bisherige Landeshauptmannstellvertreterin Ingrid Felipe sprach nach dem Wahldebakel bei den Nationalratswahlen von einem „Achtungserfolg“, der wohl zumindest die Chance auf eine weitere Regierungsbeteiligung offen hält. Der größte Rückschlag für die Tiroler Grünen ist der mit dem Wahlergebnis verbundene Verlust ihres Sitzes im Bundesrat.

 

Gewinner gab es auch bei den Kleinparteien. Obwohl es bei den ersten Hochrechnungen nicht danach aussah, schafften sowohl die Liste Fritz mit 5,46 Prozent und die erstmals in Tirol antretenden NEOS mit 5,21 Prozent knapp den Sprung über die Fünf-Prozent-Hürde und somit den Einzug in den Landtag. Chancenlos waren die Listen Family und Impuls mit 1,14 bzw. 0,48 Prozent.

Weiterhin niedrig bleibt die Tiroler Wahlbeteiligung: Mit exakt 60 Prozent schrammt man nur knapp an der 5er-Marke vorbei, womit die Tiroler die wahlmüdesten ÖsterreicherInnen sind.

„Tirol - das Land, wo alle lachende Siegerinnen und Sieger sind“, brachte Caritas-Generalsekretär Klaus Schwertner das gestrige Wahlergebnis in einem Tweet auf den Punkt. Interessant wird nun, wer nach den Koalitionsgesprächen noch lacht. Platter will nun mit allen potenziellen Partnern sprechen. „Ich werde rasch das Gespräch suchen, um die Inhalte auszuloten“, erklärte er am Sonntag nach der ersten Hochrechnung. Große Töne spuckte am Wahlabend FPÖ-Chef Abwerzger . Seine Partei sei für etwaige Koalitionsverhandlungen bereit, aber: „Wir sind keine billigen grünen Bettvorleger“, lästerte er. Landeshauptmann Günther Platter habe in jedem Fall seine Handynummer, und könne ihn „ab morgen Mittag anrufen“.

Unter den ÖVP-WählerInnen gibt es jedenfalls keine klare Präferenz, mit wem die eigene Partei in den kommenden fünf Jahren regieren soll. Laut einer SORA-Umfrage sprechen sich jeweils rund drei von zehn für die Zusammenarbeit der ÖVP mit SPÖ, FPÖ und den Grünen aus.

Süditroler Glückwünsche

Rege Anteil genommen wurde an der Tiroler Wahl auch in Südtirol. Landeshauptmann Arno Kompatscher ließ es sich nicht nehmen, seinem Amtskollegen Platter persönlich zur Wiederwahl zu gratulieren. Bei einem Kurzbesuch in Innsbruck interpretierte er das Tiroler Wahlergebnis als Anerkennung der erfolgreichen Arbeit der von Platter angeführten Tiroler Landesregierung und Ausdruck des Wunsches nach Kontinuität und Stabilität: „Sowohl als Landeshauptmann von Südtirol als auch als Präsident der Europaregion Tirol-Südtirol-Trentino freue ich mich, die bewährte Zusammenarbeit mit Landeshauptmann Platter fortsetzen zu können und weiterhin die Anliegen unserer Alpenländer auch auf europäischer Ebene vorantreiben zu können“, sagte Kompatscher.

Für Parteichef Philipp Achammer zeigt das breite Vertrauen, das dem Tiroler Landeshauptmann ausgesprochen wurde, dass dessen politischer Stil überzeuge – „nämlich das Miteinander in den Mittelpunkt zu stellen und nicht das Gegeneinander.“  Vor dem Bundesland Tirol und dem Land Südtirol würden viele gemeinsame Projekte liegen, die Wiederwahl Platters sei diesbezüglich ein Zeichen für Kontinuität.  Achammer kündigt an, auch auf Parteiebene den regelmäßigen Austausch mit der Tiroler Volkspartei fortsetzen zu wollen. „Immer mehr Themen dies- und jenseits des Brenners erfordern eine gemeinsame politische Linie. Und durch diesen Austausch können beide Seiten nur gewinnen“, so der SVP-Obmann.

Mit den Tiroler Freiheitlichen freute sich dagegen der freiheitliche Landesparteiobmann Andreas Leiter Reber. „Von allen Parteien haben unsere Freunde von der Tiroler FPÖ mit fast sieben Prozent am meisten zulegen und gleichzeitig ihr bisher bestes Ergebnis in Tirol einfahren können“, schrieb er am Wahlabend. Mit diesem hohen Zuwachs bringe sich die Tiroler FPÖ in eine sehr gute Position um auch im Reigen der künftigen Regierungspartner eine gewichtige Rolle zu spielen. „Dies umso mehr, da die Tiroler Grünen mindestens ein Mandat verlieren werden und damit den Abwärtstrend linksgrüner Politik eindeutig bestätigen. Eine Neuauflage von Schwarz-Grün würde dem Wählerwillen in Tirol nicht gerecht werden“, meint Leiter Reber, der bei Themen wie dem Transit weiterhin eng mit den Tiroler Freiheitlichen zusammenarbeiten will.

Beim Südtiroler Heimatbund und der Südtiroler Freiheit freut man sich über die Stärkung "patriotischer Kräfte“.  Das starke blau-schwarze Abschneiden wird dabei vor allem im Sinne eines eigenen Herzensanliegens gedeutet:  „Dieser Wahlausgang gibt auch uns im südlichen Tirol die Hoffnung, dass die im Regierungsprogramm festgeschriebene doppelte Staatsbürgerschaft baldmöglichst umgesetzt wird“, schreiben Matthias Hofer und Roland Lang. 

"Wenn bei einer weitaus aktiveren Opposition in Nordtirol die Regierungspartei ÖVP auch noch deutlich an Stimmen zulegt, dann droht uns auch in Südtirol bei teilweiser Kuschelopposition ein ordentliches schwarzes Schreckgespenst.“

„Grün wirkt“, gratulierten dagegen Südtirols Grüne Ingrid Felipe und ihrem Team. „Wir freuen uns mit unseren grünen KollegInnen in Tirol, dass sie mit Inhalten in diesem Wahlkampf überzeugen konnten und die gute Arbeit in den letzten Jahren von den WählerInnen gewürdigt wurde.“ Dass das kühne zweistellige Wahlziel tatsächlich erreicht und übertroffen wurde, gebe Hoffnung, schreiben Brigitte Foppa, Tobias Planer, Riccardo dello Sbarba und Hans Heiss.  „Wenn man sich vor Augen führt, dass die Grünen Österreichs im Herbst die Wiederwahl in den Nationalrat nicht geschafft hatten und man auch in Tirol gerade einmal bei 4 Prozent lag, so ist es eine echte Trendwende, die gelungen ist.“  Unbeirrt von Kritik hätten die Tiroler Grünen ihren Kurs insbesondere gegen die Transitbelastung und für eine solidarische Sozial- und Migrationspolitik in diesen Jahren durchgesetzt – und es habe sich gelohnt. Nun hofft man bei Südtirols Grünen, dass Landeshauptmann Platter am bewährten grünen Koalitionspartner festhält. „Für die Natur, die Umwelt und das Zusammenleben im Alpenraum wäre dies die beste Nachricht.“

Andreas Pöder zog als einziger Schlussfolgerungen aus dem Tiroler Wahlergebnis auf die Südtiroler Wahlen im Herbst. Und sieht Günther Platters Triumph als klares „Warnsignal“. „Südtirols Opposition hat in Teilen dieser Legislaturperiode weiß Gott nicht durch Mega-Arbeit und Machtkontrolle geglänzt“, findet der Abgeordnete der BürgerUnion. „Wenn bei einer weitaus aktiveren Opposition in Nordtirol die Regierungspartei ÖVP auch noch deutlich an Stimmen zulegt, dann droht uns auch in Südtirol bei teilweiser Kuschelopposition ein ordentliches schwarzes Schreckgespenst.“

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Sigmund Kripp Mo., 26.02.2018 - 08:53

Ergebnis der gestrigen LT-Wahl in Nordtirol: Platter + die ÖVP klare Wahlsieger! Alle anderen aber gewinnen auch dazu!! (Außer die Grünen). Wie geht das? Die Erklärung ist, dass ca. 20% der Stimmen von Parteien stammten, die das letzte Mal angetreten waren, diesmal aber nicht. Insofern ist der Verlust der Grünen doppelt so stark zu werten! (deshalb sollte Platter die Grünen in die Regierung nehmen, weil sie am meisten geschwächt sind und daher wohl gefügiger sein werden als die anderen Parteien, denen jetzt der Kamm steigt...)
Warum aber gewinnt Platter? Ich denke, weil er von den Grünen einige essenzielle Themen übernommen hat und sie auch konsequent umsetzt. Vorallem bei der leidigen Transit-Frage! Platter macht wirklich ernst! Nicht, wie sein Südtiroler Amtskollege und dessen Vorgänger, die immer nur geklagt haben und klagen, es gäbe so viele LKW, aber ROM will nicht handeln! Nein, Platter handelt und bleibt bei Blockabfertigung, Luft-100er und sektoralem Fahrverbot hart. Bravo Herr Platter.
P.s. Ich habe gestern die Grünen gewählt.

Mo., 26.02.2018 - 08:53 Permalink
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Sigmund Kripp Di., 27.02.2018 - 16:31

Antwort auf von Sepp.Bacher

In der EU haben ca. 3% der Menschen 2 oder mehrere Staatsbürgerschaften. Das sind also mindestens 15.000.000 Menschen. Durch das bis zum 18. Geburtstag verzögert angewandte IUS SOLI, das Italien seit Jahrzehnten praktiziert, konnte ich mich in diese Zahl einreihen....Ja.

Di., 27.02.2018 - 16:31 Permalink
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Sigmund Kripp Mo., 26.02.2018 - 11:02

Man kann auch seinen politischen Mitbewerber dort loben, wo er erfolgreich handelt, Vorallem, wenn diese Erfolge auf den Ideen beruhen, die man selbst seit Jahren voranzutreiben versucht. Sozusagen als Bestätigung des copyrights....

Mo., 26.02.2018 - 11:02 Permalink
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Robert Tam... Mo., 26.02.2018 - 11:10

Du hast absolut recht, Sigmund: der Verlust der Grünen ist wirklich doppelt so stark zu werten.
Lustig, welches Vokabular Frau Pitro in diesem "Artikel" verwendet:
- Frau Felipe (Chefin des absoluten Wahlverlierers) "spricht"
- Herr Abwerzger (Chef von einem der zwei größten Wahlgewinner) "spuckt große Töne"

Es ist genau diese fehlende Trennung zwischen Berichterstattung und Meinung, die Salto - trotz üppiger direkter und indirekter Landesförderungen - zu einem so leserschwachen Portal machen. Liebe Saltoredaktion: ich bin mir sicher, Ihr könnt es besser.

Mo., 26.02.2018 - 11:10 Permalink
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Christoph Fran… Di., 27.02.2018 - 10:20

Herr Tamanini, ich würde Ihnen empfehlen eine ausführliche Exegese der salto-Berichterstattung an den Landesbeirat für Kommunikationswesen zu schicken und gleichzeitig den Widerruf der "üppigen direkten und indirekten Landesförderungen" für Salto.bz wegen augenscheinlicher Grün- und Linkslastigkeit einzufordern. Frau Pitro soll umgehen von der Journalistenkammer ausgeschlossen werden, weil sie Ihren hehren Ansprüchen von Journalismus nicht entspricht.
Lieber Herr Tamanini, Ihre Auszeichnung als "leserschwaches Portal" kann ich nachvollziehen.
Mancher Leser/Kommentator von Salto.bz ist wirklich schwach.

Di., 27.02.2018 - 10:20 Permalink
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Robert Tam... Di., 27.02.2018 - 20:29

Antwort auf von Christoph Fran…

Sehr geehrter Herr Chefredakteur, Lieber Christoph,

vielen Dank für Deine Antwort. Vielleicht solltest Du aber statt Deine Energie eher darin investieren, die Qualität von Salto zu heben (siehe meinen obigen Hinweis auf fehlende Trennung zwischen Berichterstattung und Meinung), statt absichtlich den Punkt zur Leserschwäche misszuverstehen. Kürzlich berichtete doch die ff über die Südtiroler Onlinemedien und Eure Zugriffszahlen waren nicht gerade berauschend, gerade in Anbetracht Eurer bisherigen Förderungen durch die öffentliche Hand. Oder hat die ff etwa fake news verbreitet?

Schau Christoph, Deine Enthüllungsgeschichten zur Sparkasse und fragwürdigen Hinterzimmerdeals lese ich immer wieder gerne. Auch Dein Fachwissen zu den Bombenjahren ist unglaublich. Das ist der Journalist Franceschini, den Südtirol so dringend braucht (meine ich ernst, also bitte nicht als Ironie missverstehen!).

Du hast also das journalistische Rüstzeug, die nötigen direkten Landesförderungen (über 100.000 €, oder?) und auch noch jede Menge Werbeaufträge durch die öffentliche Hand. An Ressourcen fehlt es Dir nun wirklich nicht. Warum hat also Salto nicht mehr Leser? Das ist doch eine viel wichtigere Frage, als ein Geplänkel mit einem betagten, kritischen Leser hier im Kommentarbereich, oder?

Nochmal, Christoph: ich bin mir sicher, Salto kann es besser. Alles Gute!

Di., 27.02.2018 - 20:29 Permalink
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Sigmund Kripp Mi., 28.02.2018 - 08:25

Bitte zählen Sie mir die Länder auf, wo durch die Regierungsbeteiligung der Grünen die Abgabenlast gestiegen ist und dann reichen Sie mir die Liste jener Länder nach, wo OHNE dieselbe Beteiligung die Abgabenlast gestiegen ist! Ich kann Ihnen sagen: diese Liste ist unendlich viel länger!

Mi., 28.02.2018 - 08:25 Permalink